- |
Der Schädiger kann den Geschädigten gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien" Fachwerkstatt verweisen, wenn er darlegt und beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt entspricht und wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb einer markengebundenen Werkstatt unzumutbar machen würden.
|
- |
Bei Fahrzeugen, die älter sind als drei Jahre, kann der Verweis auf eine technisch gleichwertige Reparaturmöglichkeit in einer "freien" Fachwerkstatt insbesondere dann unzumutbar sein, wenn der Geschädigte konkret darlegt, dass er sein Fahrzeug bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen und dies vom Schädiger nicht widerlegt wird.
|
- |
Ist ein über neun Jahre altes und bei dem Unfall verhältnismäßig leicht beschädigtes Fahrzeug zwar stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt repariert, dort aber in den letzten Jahren vor dem Unfall nicht mehr gewartet worden, ist der Verweis auf eine "freie" Fachwerkstatt nicht unzumutbar.
|
BGH v. 25.09.2018:
1. |
Bei fiktiver Abrechnung der Reparaturkosten muss sich der Geschädigte, der mühelos eine ohne weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit hat, unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf diese verweisen lassen.
|
2. |
Dies gilt auch dann, wenn der Reparaturkostenkalkulation des von ihm beauftragten Sachverständigen bereits mittlere ortsübliche Sätze nicht markengebundener Fachwerkstätten zugrunde liegen. Es kann keinen Unterschied machen, ob im Privatgutachten von durchschnittlichen regionalen Stundenverrechnungssätzen markengebundener oder freie Fachwerkstätten ausgegangen worden ist.
|
- nach oben -
Verweis auch bei Sonderkonditionen?:
LG Hamburg v. 18.07.2008:
Der fiktiv abrechnende Geschädigte hat Anspruch auf Erstattung der Lohnkosten einer Markenfachwerkstatt. Müsste sich der Geschädigte auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit verweisen lassen, hätte es der Schädiger einseitig in der Hand, die Dispositionsbefugnis des Geschädigten dadurch zu unterlaufen, dass er beispielsweise ein Netz von eigenen, besonders kostengünstigen Werkstätten für die Schadensregulierung schafft oder mit einzelnen Werkstätten besonders günstige Tarife vereinbart.
BGH v. 22.06.2010:
Der Schädiger kann den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, wenn er darlegt und gegebenenfalls beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht. Unzumutbar ist eine Reparatur in einer "freien Fachwerkstatt" für den Geschädigten jedoch dann, wenn sie nur deshalb kostengünstiger ist, weil ihr nicht die marktüblichen Preise dieser Werkstatt, sondern auf vertraglichen Vereinbarungen mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers beruhende Sonderkonditionen zugrunde liegen.
LG Mannheim v. 22.10.2010:
Eine meistergeführte freie Reparaturwerkstatt ist einer markengebundenen gleichwertig, wenn sie Originalersatzteile der Hersteller verwendet, ZKF-zertifiziert ist und in großem Umfang als Subunternehmerin für zahlreiche markengebundene Vertragswerkstätten zu Sonderkonditionen Unfallschäden an Pkw repariert.
BGH v. 28.04.2015:
Unzumutbar ist eine Reparatur in einer "freien Fachwerkstatt" für den Geschädigten insbesondere dann, wenn sie nur deshalb kostengünstiger ist, weil ihr nicht die (markt-)üblichen Preise dieser Werkstatt, sondern auf vertraglichen Vereinbarungen mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers beruhende Sonderkonditionen zugrunde liegen (Bestätigung Senatsurteil vom 22. Juni 2010, VI ZR 337/09, VersR 2010, 1097 Rn. 7). - Allein der Umstand, dass die fragliche "freie Fachwerkstatt" mit dem Haftpflichtversicherer in Bezug auf Reparaturen von Kaskoschäden seiner Versicherungsnehmer vertraglich verbunden ist, lässt eine Verweisung auf sie nicht unzumutbar erscheinen.
AG Essen v. 08.01.2016:
Zwar muss sich die Klägerin grundsätzlich dann nicht auf eine Referenzwerkstatt verweisen lassen, wenn diese nur kostengünstiger ist, weil die Preise auf Sondervereinbarungen mit dem Haftpflichtversicherer beruhen. Dafür, dass dies im konkreten Fall zutrifft, trägt der Geschädigte die Darlegungslast. Das pauschale Bestreiten der Stundenverrechnungssätze mit Nichtwissen ist unbeachtlich.
- nach oben -
Darlegungs-- und Beweislast:
AG Düsseldorf v. 17.02.2009:
Es ist dem Geschädigten zuzubilligen, ohne weitere Darlegungen in Höhe der Stundensätze von Markenwerkstätten wie sie in einem Sachverständigengutachten festgestellt wurden, auch fiktiv abrechnen zu können. Eine vom Schädiger zu beweisende Ausnahme hiervon ist daher nur dann anzunehmen, wenn die Abwicklung auf Gutachtenbasis aus der Sicht eines wirtschaftlich denkenden Geschädigten in einem Maße unwirtschaftlich ist, das mit tragfähigen Argumenten nicht mehr zu rechtfertigen ist.
BGH v. 20.10.2009:
Der Geschädigte darf seiner (fiktiven) Schadensberechnung grundsätzlich die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. Will der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, muss der Schädiger darlegen und ggf. beweisen, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht (sog. VW-Urteil).
AG Bonn v. 11.01.2010:
Insbesondere, wenn der Geschädigte darlegen kann, dass er auch vor dem Unfall sein Fahrzeug stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat pflegen lassen, sind ihm im Fall der fiktiven Schadensabrechnung die entsprechenden Stundensätze der Schadensberechnung zu Grunde zu legen.
BGH v. 13.07.2010:
Der Schädiger kann den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, wenn er darlegt und gegebenenfalls beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht, und wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen würden. Für die tatrichterliche Beurteilung der Gleichwertigkeit der Reparaturmöglichkeit gilt auch im Rahmen des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB das erleichterte Beweismaß des § 287 ZPO.
LG Landau v. 14.04.2016:
Die Zumutbarkeit für den Geschädigten, sich für eine kostengünstigere Reparatur in einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt verweisen zu lassen, setzt eine technische Gleichwertigkeit der Reparatur voraus. Will der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB zu einer günstigeren Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne weiteres zugänglichen freien Fachwerkstatt verweisen, so muss er darlegen und ggfs. beweisen, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht.
- nach oben -
Prozessuales:
BGH v. 14.05.2013:
Im Fall einer fiktiven Schadensabrechnung des Geschädigten kann der Verweis des Schädigers auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen anderen markengebundenen oder freien Fachwerkstatt noch im Rechtsstreit erfolgen, soweit dem nicht prozessuale Gründe, wie die Verspätungsvorschriften, entgegenstehen.
BGH v. 15.07.2014
Der Verweis auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit kann seitens des ersatzpflichtigen Schädigers im Fall einer fiktiven Schadensabrechnung des Geschädigten noch im Rechtsstreit erfolgen, soweit dem nicht prozessuale Gründe, wie die Verspätungsvorschriften, entgegenstehen. Für den Geschädigten, der fiktiv abrechnet, ist es unerheblich, ob und wann der Versicherer auf die alternative Reparaturmöglichkeit verweist.
LG Essen v. 03.09.2014:
Der Geschädigte kann bei einer fiktiven Abrechnung des Schadens auch noch während des Rechtsstreits auf eine preisgünstigere Reparaturmöglichkeit in einer technisch gleichwertigen Fachwerkstatt verwiesen werden (Anschluss BGH, 14. Mai 2013, VI ZR 320/12, NJW-Spezial 2013, 425).
LG Köln v. 06.01.2015:
Bei fiktiver Schadensabrechnung kann der Geschädigte eines Verkehrsunfalls unter Umständen auch noch im Rechtsstreit auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer Referenzwerkstatt verwiesen werden. - Der Vorlage eines konkreten Reparaturangebots der Referenzwerkstatt bedarf es nicht, wenn im Prüfbericht eine Vergleichsrechnung anhand des vom Geschädigten eingeholten Sachverständigengutachtens und dem dort vorgeschlagenen Reparaturweg unter Zugrundelegung der in der Referenzwerkstatt geltenden Stundenverrechnungssätze vorgenommen wird.
- nach oben -
Streitwertreduzierung bei wirksamem Verweis?
Streitwert - Gegenstandswert - Rechtsmittelbeschwer
AG Dortmund v. 27.09.2016:
Für den Streitwert im Verhältnis zur ggf. erstattungspflichtigen Gegenpartei ist nicht die geltend gemachte Forderung maßgeblich, sondern der Betrag, der sich letztlich als begründet herausstellt. Dabei ist es egal, ob der Anspruch sich deshalb reduziert weil im Laufe des Verfahrens eine Haftungsquote zu berücksichtigen war oder weil sich im Laufe des Verfahrens herausstellt, dass der materielle Schaden vom Kläger zu hoch beziffert war. Die s gilt auch im Fall des wirksamen Nachweises einer günstigeren Fachwerkstatt.
- nach oben -