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OLG Saarbrücken Urteil vom 25.07.2013 - 4 U 244/12 - Ersatz des Haushaltsführungsschadens
OLG Saarbrücken v. 25.07.2013: Zur Kompensation einer unter 10% liegenden Beeinträchtigung durch Umorganisation des Haushalts bzw. Einsatz von Hilfsmitteln
Das OLG Saarbrücken (Urteil vom 25.07.2013 - 4 U 244/12) hat entschieden:
Es ist im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO nicht erfahrungswidrig, dass eine unter 10% liegende Beeinträchtigung in der Haushaltsführung durch Umorganisation oder Einsatz von Hilfsmitteln mit zumutbarem Aufwand schadensvermeidend kompensiert werden kann.
Siehe auch Ansprüche wegen des Entgangs der Fähigkeit, den Haushalt zu führen - Haushaltsführungsschaden und Stichwörter zum Thema Personenschaden
Gründe:
I.
Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin die beklagte Haftpflichtversicherung auf Zahlung von Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall in Anspruch.
Am 30.3.2005 war die Klägerin als Beifahrerin in dem von ihrem Ehemann gesteuerten Fahrzeug ihres Sohnes auf der B 51 unterwegs. In Höhe des Kreuzungsbereichs der wollte der Unfallgegner mit seinem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeug (damaliges amtliches Kennzeichen:) nach links abbiegen. Er übersah hierbei das entgegenkommende Fahrzeug, so dass es zur Kollision kam. Die vollständige Haftung der Beklagten steht außer Streit.
Bei dem Unfall wurde die damals 51-jährige Klägerin erheblich verletzt: Sie erlitt einen Bruch des rechten Schlüsselbeines. Für den Zeitraum von 6-8 Wochen musste sie einen so genannten Rucksackverband tragen. Vom 30. März bis 31.5.2005 war sie zu 100% in der Erwerbsfähigkeit beschränkt. Im Zeitraum vom 1. Juni bis 31.7.2005 bestand eine 50-prozentige Minderung der Erwerbsfähigkeit. Ein fachorthopädisches Gutachten der W...kliniken kam zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin eine dauerhafte Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 % verbleibe.
Die Klägerin litt fortdauernd unter erheblichen Schmerzen und Einschränkungen im Bereich des rechten Schultergelenks. Sie hat die Auffassung vertreten, dass zum Ausgleich der erlittenen Schmerzen die Zahlung eines Schmerzensgeldes von 11.000 EUR angemessen sei. Unstreitig leistete die Beklagte vorprozessual auf das geltend gemachte Schmerzensgeld einen Betrag von 5.000 EUR. Die Differenz bildet den Gegenstand des Klageantrags zu 1). Darüber hinaus hat die Beklagte beginnend mit dem 1.7.2010 eine monatliche Schmerzensgeldrente in Höhe von 50 EUR geltend gemacht.
Die Klägerin hat des Weiteren einen Anspruch auf Erstattung des Haushaltsführungsschadens erhoben. Sie hat hierzu behauptet, dass sie mit ihrem Ehemann, zwei Kindern und einem Enkelkind zum Zeitpunkt des Unfalls eine Wohnung mit einer Größe von 120 m² sowie einer Terrasse bewohnt habe. Eine Spülmaschine und ein Trockner seien nicht vorhanden gewesen. Sie werde auf Dauer in ihrer Haushaltstätigkeit um 20% eingeschränkt bleiben. Insbesondere sei ihr bis heute das Putzen von Fenstern, Gardinen sowie das Einräumen von Gegenständen in Oberschränke nicht möglich. Unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von zehn Euro für eine Ersatzkraft hat die Klägerin einen Haushaltsführungsschaden für den Zeitraum bis zum 30.6.2010 in Höhe von 12.960 EUR geltend gemacht, wobei sie eine Haushaltstätigkeit in gesunden Tagen von 4 h pro Tag in Ansatz gebracht hat. Ab dem 1.7.2010 hat die Klägerin eine monatliche Haushaltsführungsrente von 150 EUR geltend gemacht.
Die Klägerin hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes weiteres Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 5.500 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
- die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Schadensersatz (Haushaltsführungsschaden) in Höhe von 17.760 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
- die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ab dem 1.7.2010 eine vierteljährlich vorauszahlbare monatliche Rente in Höhe von 600 EUR jeweils im Voraus zum 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober eines jeden Jahres bis zum 31.12.2019 sowie rückständige Rente seit dem Verkehrsunfall vom 30.3.2005 für den Zeitraum vom 1.4.2005 bis 30.6.2010 in Höhe von 12.400 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem jeweils gültigen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;
- es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Zukunftsschäden zu ersetzen, die aus dem Verkehrsunfallereignis vom 30.3.2005 resultieren;
- die Beklagte zu verurteilen, als Nebenforderung nicht anzurechnende Geschäftsgebühren des Rechtsanwalts in Höhe von 832,88 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Dem ist die Beklagte entgegengetreten.
Die Beklagte hat behauptet, dass bei der Klägerin lediglich eine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 10% gegeben sei. Eine haushaltsspezifische Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20%, jedenfalls aber eine Minderung in Höhe von lediglich 10% sei wegen der gegebenen Kompensationsmöglichkeiten außer Betracht zu lassen.
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 3.000 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Darüber hinaus hat es die Beklagte dazu verurteilt, an die Klägerin einen Haushaltsführungsschaden in Höhe von 17.760 EUR nebst Zinsen zu zahlen und der Klägerin beginnend mit dem 1.7.2010 eine vierteljährlich vorauszahlbare monatliche Rente in Höhe von 150 EUR zugesprochen. Weiterhin hat das Landgericht festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Zukunftsschäden zu ersetzen, die aus dem Verkehrsunfallereignis vom 30.3.2005 resultieren. Schließlich hat das Landgericht der Klägerin 1.196,63 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen zugesprochen. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung wird auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Im Berufungsrechtszug steht nunmehr lediglich die Position „Haushaltsführungsschaden“ im Streit, soweit der ausgeurteilte Betrag 2.654,62 EUR übersteigt. Dieser Betrag ergibt sich daraus, dass die Beklagte einen Stundenverrechnungssatz von 7,50 EUR und bei 100%-iger Minderung der Haushaltsführung einen zu ersetzenden Zeitaufwand von 27,1 Wochenstunden akzeptiert. Die Berufung der Beklagten wendet sich zunächst gegen die Feststellung des Landgerichts, wonach eine hundertprozentige Einschränkung der Klägerin in der Haushaltsführung für die Dauer von zwei Monaten unstreitig sei. Bereits in der Klageerwiderung habe die Beklagte den Eintritt eines Haushaltsführungsschadens vollumfänglich bestritten. Aufgrund der vorliegenden Verletzungen könne zu keinem Zeitpunkt von einer Einschränkung im Bereich "Haushaltsführung, Planung" ausgegangen werden, weshalb der Schluss auf eine 100-prozentige Einschränkung in der Haushaltsführung allein schon deshalb nicht trage.
Darüber hinaus fehle es an hinreichenden Feststellungen für die Annahme einer 50-prozentigen bzw. einer dauerhaften 20-prozentigen Beeinträchtigung: Das Landgericht nehme auf die Ausführungen des Sachverständigen Bezug, der sich jedoch lediglich auf die Angaben der Klägerin gestützt habe. Hierbei habe es sich jedoch um streitigen Parteivortrag gehandelt. Insbesondere seien die Ausführungen des Sachverständigen nicht nachvollziehbar, soweit bei der Ernährung, der Zubereitung von Speisen und beim Geschirrspülen Einschränkungen vorhanden seien. Der Sachverständige habe sich bei seiner Einschätzung auf Tabellen gestützt, ohne die konkrete Situation im Haushalt der Klägerin zu beleuchten. Zu dieser konkreten Situation habe die Klägerin allerdings bereits nicht hinreichend vorgetragen.
Auch die Ausführungen des als Zeuge vernommenen Ehemanns der Klägerin seien nicht geeignet, die Entscheidungsfindung zu stützen, da Bedenken gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage bestünden: So sei es wenig glaubhaft, dass der Zeuge vor dem Unfall absprachegemäß keinerlei Hausarbeit verrichtet habe, obwohl er bereits berentet und daher zuhause gewesen sei. Diese Untätigkeit scheine schon deshalb lebensfremd, weil der Zeuge andererseits bereit gewesen sei, den gesamten Haushalt alleine zu führen, sofern die Klägerin wieder einer Tätigkeit nachgegangen wäre.
Unter Annahme einer maximal 20-prozentigen Minderung in der Haushaltstätigkeit rechtfertige auch diese Beeinträchtigung die Zuerkennung eines Haushaltsführungsschadens nicht. Denn es sei der Klägerin im Rahmen der Schadensminderungspflicht zuzumuten, den Ausfall in diesem geringen Umfange durch Einsatz von technischen Hilfsmitteln und auch durch Mithilfe von Familienangehörigen zu kompensieren. Dies sei zwischenzeitlich auch geschehen: So habe die Klägerin einen Geschirrspüler angeschafft. Auch werde die Klägerin bei schweren Haushaltstätigkeiten, insbesondere beim Bügeln unterstützt. Zumindest zwischenzeitlich werde die Haushaltstätigkeit unter den Eheleuten hälftig geteilt, weshalb für die Zeit ab dem 1.8.2005 kein weiterer Haushaltsführungsschaden verbleibe.
Weiterhin sei hinsichtlich des zu Grunde zu legenden Stundensatzes lediglich der TVöD in der Entgeltgruppe 2 als Vergleichsmaßstab heranzuziehen. Dieses Entgelt habe sich im Jahr 2006 auf 6,85 EUR, im Jahr 2008 auf 7,28 EUR und im Jahr 2010 auf 7,57 EUR belaufen.
Hinsichtlich der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten habe das Landgericht der Klägerin mehr zugesprochen, als diese beantragt habe. In jedem Falle sei auf die berechtigte Nebenforderung die bereits erfolgte Zahlung der Beklagten in Höhe von 627,13 EUR anzurechnen.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils der 1. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 18.5.2012 - 1 O 168/10 - die Klage abzuweisen, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, an die Klägerin
- Schadensersatz in Höhe von mehr als 2.654,42 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 29.8.2010,
- ab dem 1.7.2010 eine vierteljährlich im Voraus vorauszahlbare monatliche Rente in Höhe von 150 EUR jeweils im Voraus zum 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober eines jeden Jahres bis zum 31.12.2019,
- Rechtsanwaltskosten in Höhe von mehr als 661,16 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 22.8.2010 zu zahlen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung. Sie vertritt die Auffassung, wonach die von der Klägerin erstinstanzlich vorgetragenen körperlichen Einschränkungen von der Beklagten lediglich pauschal, mithin prozessual unwirksam bestritten worden seien. In jedem Falle seien die Beeinträchtigungen der Klägerin durch die gutachterlichen Ausführungen des Gerichtssachverständigen als bewiesen anzusehen. Die Ausführungen der Klägerin basierten auf den Ergebnissen der im Rahmen der vorgerichtlichen Korrespondenz mit der Beklagten eingeholten ärztlichen Berichte.
Entgegen der Auffassung der Beklagtenseite sei die Aussage des Zeugen glaubhaft. Denn es sei zu berücksichtigen, dass der Zeuge selber aufgrund eines schweren Arbeitsunfalls, welcher eine erhebliche Einschränkung seines Armes hervorgerufen habe, verrentet worden sei. Vor diesem Hintergrund sei die Haushaltsführung in erster Linie immer durch die Klägerin wahrgenommen worden.
Eine Mithilfe von Familienangehörigen könne nur dann Berücksichtigung finden, wenn diese auch tatsächlich stattgefunden habe.
Schließlich sei der vom Landgericht zu Grunde gelegte Stundenverrechnungssatz von zehn Euro unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Saarländischen Oberlandesgerichts (Urt. vom 18.10.2011 - 4 U 400/10-119) nicht zu beanstanden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 23.7.2012 (GA II Bl. 230 ff.) und der Berufungserwiderung vom 17.8.2012 (GA II Bl. 239 ff.) verwiesen. Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll vom 11.7.2013 (GA III Bl. 253 ff.) Bezug genommen.
II.
A.
Die zulässige Berufung bleibt im Wesentlichen ohne Erfolg. Die angefochtene Entscheidung bedarf hinsichtlich der Hauptsache nur insoweit einer Korrektur, als sich die ab dem 1.8.2005 dauerhafte Beeinträchtigung in der Haushaltsführung unter Berücksichtigung der bereits vor dem Unfall geleisteten Mitarbeit ihres Ehemanns auf einen prozentualen Anteil von 15% reduziert.
1. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach gem. § 7 Abs. 1 StVG i.V.m. § 3 Nr. 1 PflVG in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung steht außer Streit. Die Beklagte greift den ausgeurteilten Haushaltführungsschaden nur teilweise an. Nach der Antragstellung (Ziffer 1) und dem Inhalt der Berufungsbegründung akzeptiert die Beklagte den ausgeurteilten Haushaltsführungsschaden, soweit das Landgericht die Beklagte zur Zahlung von 2.654,42 EUR verurteilt hat. Nach den in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragenen Erläuterungen bezieht sich die Summe auf den Zeitraum vom 30.3.2005 bis zum 31.7.2005. Für diesen Zeitraum hat das Landgericht einen Haushaltsführungsschaden von 3.600 EUR zugesprochen und ist hierbei davon ausgegangen, dass die Klägerin vor dem Unfallereignis täglich 4 Stunden Hausarbeit verrichtete. Mit Blick auf den in diesem Zeitraum für nachgewiesen erachteten 100-prozentigen Ausfall hat das Landgericht unter Zugrundelegung eines erstattungsfähigen Stundenverrechnungssatzes von 10 EUR einen Haushaltsführungsschaden von 2.400 EUR und im anschließenden Zeitraum bis zum 31.7.2005 1.200 EUR zuerkannt.
2. Mit diesem selbständigen Anspruch setzt sich die Berufungsbegründung nur insoweit auseinander, als sie die Höhe der zugesprochenen Stundenvergütung als überzogen rügt. Demgegenüber finden sich hinsichtlich dieses Zeitintervalls keine qualifizierten Angriffe gegen die Tatsachenfeststellung des Landgerichts, wonach der auszugleichende Haushaltsführungsschaden auf der tatsächlichen Grundlage zu liquidieren war, dass die Klägerin in gesunden Tagen Haushaltsführung im Umfang von 4 Stunden täglich leistete. Im Umfang der Anfechtung bleibt die Berufung ohne Erfolg, da die tatrichterliche Schätzung der zu erstattenden Stundenvergütung nach dem insoweit maßgeblichen Rechtsrahmen des § 287 ZPO keine Rechtsfehler erkennen lässt. Die Schätzung steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats:
a) Nach anerkannten Rechtsgrundsätzen kann der Haushaltsführungsschaden entweder konkret durch Ausgleich der Lohnkosten liquidiert werden, die an eine Haushaltshilfe gezahlt werden, deren Einstellung notwendig geworden ist, um die verletzungsbedingt nicht mehr ausführbaren Haushaltstätigkeiten zu erledigen. Daneben steht es dem Geschädigten frei, von der Einstellung einer Ersatzkraft abzusehen und die Netto-Lohnkosten einzufordern, die eine fiktive Haushaltshilfe verdient hätte (BGH, Urt. v. 10.10.1989 - VI ZR 247/88, NJW-RR 1990, 34). Hinsichtlich der Bemessung dieser fiktiven Lohnkosten ist der Tatrichter im Anwendungsbereich des § 287 ZPO weitgehend frei. So gibt § 287 ZPO insbesondere die Art der Schätzungsgrundlage nicht vor. Der Tatrichter darf die Schadenshöhe zwar nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festsetzen. Auch sind die für die Schätzung wesentlichen Tatsachen in Betracht zu ziehen (BGH, Urt. v. 18.12.2013 - VI ZR 316/11, MDR 2013, 334; vgl. auch BGHZ 181, 242; Urt. v. 22.2.2011 - VI ZR 253/09, VersR 2011, 643). Bezogen auf die vorliegend zu beurteilende Tatsachengrundlage übersteigt er sein Schätzermessen nicht, wenn er sich an dem Tarifvertrag über die Vergütung im Haushalt tätiger Personen orientiert (Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl., § 843 Rdnr. 8).
b) Nach der von der Klägerin zitierten Rechtsprechung des Senats (Urt. vom 18.10.2011 - 4 O 400/10-119) richtet sich die fiktive Vergütung für eine Hilfskraft im Regelfall nach den Nettolöhnen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst oder der Tarifverträge für hauswirtschaftliche Tätigkeiten. Hierbei hat der Senat in dieser Entscheidung ausdrücklich Stundenverrechnungssätze bis zu zehn Euro als ortsübliche Stundensätze für unbedenklich erklärt. Ein Stundensatz von 10 EUR steht auch mit der Rechtsprechung anderer Obergerichte in Einklang (ebenso: OLG Köln, Beschl. v. 19.11.2012 - 19 U 125/12; 9 EUR: OLG Hamm, Urt. v. 15.3.2013 - 9 U 187/12; OLG Düsseldorf, NJW 2011, 1152; 8 EUR: st. Rspr. des OLG München, zuletzt Urt. v. 14.6.2013 - 10 U 3314/12, wobei zu berücksichtigen ist, dass die seit 2006 geltende Rspr. inflationsbedingt im Sinne der hier vertretenen Auffassung einen moderaten Aufschlag verlangt).
Der Senat verkennt nicht, dass ein Stundensatz von 10 EUR die Nettolöhne für eine Hilfskraft nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst bzw. nach dem Tarifvertrag für haushaltswirtschaftliche Tätigkeiten moderat übersteigt. Gleichwohl ist eine sklavische Anlehnung an das tarifvertragliche Lohnniveau nicht interessengerecht. Denn diese Betrachtungsweise verkennt, dass eine Haushaltshilfe im Haushalt der Klägerin - anders als das Leitbild des TVöD - nicht vollschichtig, sondern nur stundenweise beschäftigt wird. Bei einer nur stundenweisen Beschäftigung fallen für die Haushaltshilfe regelmäßig Fahrtkosten an, die ebenfalls in die Vergütung - sei es als gesonderter Aufschlag, sei es als unbenannter Aufschlag auf den Stundenlohn - Eingang finden. Demnach liegt die vom Landgericht als erstattungsfähig anerkannte Stundenvergütung von 10 EUR für eine professionelle Haushaltshilfe nicht außerhalb des dem Tatrichter zuzubilligenden Schätzermessens.
B.
Die weitergehende Berufung hat in geringem Umfang Erfolg: Der ab dem 1.8.2005 geltend gemachte Haushaltsführungsschaden ist lediglich auf der Grundlage einer dauerhaften Beeinträchtigung der Klägerin in der Haushaltsführung von 15% zu liquidieren.
1. Hierbei ist von folgenden Rechtsgrundsätzen auszugehen:
Der gemäß § 843 Abs. 1 BGB zu erstattende Haushaltsführungsschaden gehört zu den vermehrten Bedürfnissen, soweit sich die ausgefallene Haushaltsführung auf die eigene Bedarfsdeckung bezieht. Erfüllte der Geschädigte in gesunden Tagen mit seiner Haushaltsführung eine Unterhaltsleistung für Familienangehörige, so führen die gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die den Ausfall der Haushaltstätigkeit bedingen, zu einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (so die allg. Meinung; statt aller: BGH, NJW-RR 1990, 34; 25.9.1973 - VI ZR 49/72 - VersR 1974, 162, 163). Unter beiden rechtlichen Aspekten ist der Ersatzanspruch nicht nach den gesetzlich geschuldeten Arbeitsleistungen, sondern danach zu bemessen, welchen Wert die tatsächlich erbrachten Arbeitsleistungen in gesunden Tagen besaßen (BGH, NJW 1974, 1651). Hierbei darf sich der Richter bei seiner Schätzung an den Tabellenwerten von Schulz-Brock/Hofmann (Schadensersatz bei Ausfall von Hausfrauen und Müttern im Haushalt, 6. Aufl.) orientieren (BGHZ 104, 113, 117 f.; Urt. v. 3.2.2009 - VI ZR 183/08, NJW 2009, 2060) oder seinen Menschenverstand in die Schätzung nach § 287 ZPO einbringen.
Der aus § 843 BGB herzuleitende Schadensersatzanspruch setzt den Nachweis eines Vermögensschadens voraus. Denn die Vorschrift kompensiert nicht die immaterielle Einbuße, aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen nicht mehr zur Haushaltsführung in der Lage zu sein. Vielmehr muss die Beeinträchtigung in der Haushaltsführung zu konkreten unmittelbaren vermögensmäßigen Erschwernissen führen (Pardey, Berechnung von Personenschäden, 3. Aufl., Rdnr. 1100). Dieser Nachweis eines konkreten Vermögensschadens ist unschwer erbracht, wenn der Geschädigte eine Ersatzkraft beschäftigen muss, um die ihm nicht mehr mögliche Hausarbeit zu erledigen. Sieht der Geschädigte stattdessen von der Beschäftigung einer Ersatzkraft ab, kommt eine Erstattung fiktiver Kosten letztlich nur aus normativen Gesichtspunkten in Betracht. Ein solcher anerkannter Aspekt ist es etwa, dass der Geschädigte die Hausarbeit nur noch mit überobligationsmäßigem Einsatz bewältigen kann (BGH, Urt. v. 18.2.1992 - VI ZR 367/90, NJW-RR 1992, 792) oder etwa auf die Mithilfe von Dritten angewiesen ist (Pardey, aaO). Dem liegt die Wertung zu Grunde, dass es unbillig wäre, wenn der Geschädigte aus dem überobligationsmäßigen Einsatz oder der unentgeltlichen Mitarbeit Dritter Vorteile genösse.
Darüber hinaus ist bei der Zuerkennung des Haushaltsführungsschadens die Schadensminderungspflicht des § 254 Abs. 2 BGB zu beachten (zuletzt Senat, Urt. vom 23.3.2013 - 4 U 400/11). Demnach ist der Geschädigte gehalten, den Ausfall seiner Arbeitskraft in der Haushaltsführung durch Umorganisation oder den Einsatz technischer Hilfsmittel zu kompensieren (Palandt/Sprau, aaO, § 843 Rdnr. 8). Hierbei darf die Umorganisation nicht dazu führen, dass ein anderes Haushaltsmitglied als Folge des Unfalls in stärkerem Umfang als bisher im Haushalt mitarbeiten muss. Vielmehr beschränkt sich die Obliegenheit zur Umverteilung darauf, die Arbeitsleistungen in dem vor dem Unfall praktizierten Umfang neu zu verteilen (OLG Köln, Beschl. v. 19.11.2012 - 19 U125/12; KG, VersR 2005, 237). Die Anwendung des § 254 Abs. 2 BGB ist einzelfallbezogen und einer generalisierenden Betrachtung nur eingeschränkt zugänglich. So verbietet sich insbesondere der Schluss, ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls eine Geringfügigkeitsgrenze anzuerkennen, deren Unterschreitung der Zuerkennung von Haushaltsführungsschaden grundsätzlich entgegensteht. Gleichwohl ist es im Rahmen der Anwendung des § 287 Abs. 1 ZPO nicht rechtsfehlerhaft, von dem Erfahrungssatz auszugehen, dass eine unter 10 % liegende Beeinträchtigung der Haushaltführung zumindest im Regelfall vollständig schadensvermeidend kompensiert werden kann. Andererseits ist die Grenze der zumutbaren Umorganisation, die zu einem vollständigen Haftungsausschluss führt, regelmäßig bei einer höheren als einer 20-prozentigen Beeinträchtigung überschritten (vgl. OLG Rostock, ZfS 2003, 233; BGH, VersR 1965, 461, 462).
2. Angewandt auf den vorliegenden Sachverhalt ergibt sich dies:
a) Zunächst begegnet die Entscheidung des Landgerichts keinen Bedenken, soweit das Landgericht in tatsächlicher Hinsicht die haushaltsspezifische Beeinträchtigung der Klägerin im Ausgangspunkt auf Dauer mit 20 % festgestellt hat:
aa) Das Landgericht hat seine Feststellungen auf das Ergebnis der persönlichen Anhörung der Klägerin gestützt (GA I Bl. 63), die ausgesagt hat, sie sei in der Ausübung von Tätigkeiten mit dem rechten Arm stark eingeschränkt. Dies gelte insbesondere für all diejenigen Tätigkeiten, die in oder gar über Schulterhöhe zu verrichten seien. Auch falle es ihr schwer, Gegenstände hoch zu heben. Desweiteren habe die Klägerin Schwierigkeiten beim Bügeln. Auch Fensterputzen sei praktisch nicht möglich. Gleiches gelte für das Ausputzen von Schränken. Sie habe Schwierigkeiten beim Ankleiden und beim Einsteigen in die Badewanne, da auch insoweit der rechte Arm benötigt werde.
bb) Diese Schilderung wurde in der Begutachtung durch den Sachverständigen Professor Dr. R. verifiziert: Der Sachverständige hat in dem Gutachten vom 20.11.2011 bestätigt, dass als Folge des Erstschadens im Frakturbereich eine Falschgelenksbildung mit deutlicher Fehlstellung aufgetreten sei. Dieses ungünstige Heilungsergebnis präge die daraus abzuleitende Einschätzung hinsichtlich der Minderung der Erwerbsfähigkeit. Der Sachverständige hat die von der Klägerin geschilderten Einschränkungen anhand des objektiven Befundes für plausibel erachtet und die Beeinträchtigung der Klägerin in ihrem aktiven Umfang im Gutachten lichtbildlich dokumentiert.
cc) Auch soweit der Sachverständige ausgehend von diesem Befund die Minderung der Klägerin in der Ausübung ihrer Haushaltstätigkeit zusammenfassend mit 20 % geschätzt hat, begegnet weder die sachverständige Beurteilung, noch die darauf basierende richterliche Schätzung, die das abgeschwächte Beweismaß des § 287 Abs. 1 ZPO zu Grunde legen durfte, Bedenken:
Es ist ohne weiteres plausibel, dass sich die Beeinträchtigung im Gebrauch des rechten Armes bei fast allen Haushaltstätigkeiten, vor allem bei solchen, die einen erhöhten Kraftaufwand erfordern, spürbar äußert. Dies gilt in besonderem Maße für die Überkopftätigkeiten wie Fensterputzen und Gardinenwechseln. Gleiches gilt für das Nutzen hoher Schränke. Zwar mögen diese Tätigkeiten nicht täglich anfallen. Dies gilt jedoch nicht für die gleichfalls mit Kraftaufwand verbundenen Tätigkeitsfelder „Einkauf“, „Aufräumen“ und „Pflege der Wäsche“ (insbesondere das Bügeln).
3. Allerdings zwingt der Einwand der Berufung, das Landgericht habe den Mitverschuldenseinwand nicht hinreichend geprüft, zu einer - geringfügigen - Korrektur der landgerichtlichen Entscheidung:
a) Zwar scheidet - wie dargelegt - ein Schadensersatzanspruch nicht grundsätzlich aus, wenn die zu kompensierende Beeinträchtigung in der Haushaltsführung unter Anrechnung der zumutbaren Umorganisation unter 20% herabsinkt. Gleichwohl ist die zu erstattende Quote um 5% herabzusetzen, da es der Klägerin in diesem Umfang zumutbar ist, die unfallbedingten Beeinträchtigungen in der Haushaltsführung durch Umorganisation zu kompensieren:
aa) Eine Kompensation wurde zum einen dadurch erreicht, dass im Haushalt der Klägerin eine Spülmaschine angeschafft worden ist. Der Einsatz dieser Maschine ermöglicht es der Klägerin, den nicht unerheblichen Spülaufwand, der zwar im Regelfall keine größere Kraftanstrengung erfordert, jedoch ohne den Einsatz des gehandikapten rechten Arms nicht bewältigt werden kann, zu verringern. Zum andern ist zu berücksichtigen, dass der Ehemann der Klägerin nach eigener Aussage bereits vor dem Unfallereignis im Haushalt nicht vollständig untätig blieb, sondern der Klägerin insbesondere beim Einkauf schwerer Gegenstände und gelegentlich bei Kleinigkeiten zur Hand gegangen ist (GA I Bl. 178 f.). Im Umfang dieser Tätigkeiten trug der Zeuge bereits vor dem Unfallereignis zur Entlastung der Klägerin in der Haushaltsführung bei. Mithin ist es ein Gebot der Schadensminderung, dass die Klägerin auch nach dem Unfallereignis im Umfang der vor dem Schadensfall geleisteten Arbeit den Zeugen zu ihrer eigenen Entlastung in die Haushaltsführung einbindet.
bb) Gleichwohl ist die durch die Mitarbeit des Ehemanns zu erzielende Entlastung vergleichsweise gering: Nach dem vorzitierten Rechtsgrundsatz darf die Anwendung des § 254 Abs. 2 BGB im Ergebnis nicht dazu führen, Familienmitglieder in stärkerem Maße zur Haushaltsführung heranzuziehen, als diese vor dem Schadensereignis zur Mitarbeit bereit waren. Demnach ist für die Bemessung der Entlastungsquote von Relevanz, dass der Zeuge der Klägerin vor dem Unfall im Kernbereich der Haushaltsführung, dem Waschen, Kochen und Bügeln, keine Hilfe war. Soweit das Landgericht die Aussage des Zeugen als glaubhaft eingeschätzt hat, ist der Senat im eingeschränkten Prüfungsrahmen des § 529 ZPO an die tatrichterlichen Feststellungen des Landgerichts gebunden: Die Berufungsbegründung zeigt keine konkreten Anhaltspunkte auf, die Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der Tatsachenfeststellung wecken: Es mag sein, dass die vom Zeugen beschriebene Zurückhaltung bei der Haushaltsführung aus der Sicht eines modernen Familienbildes - insbesondere mit Blick auf die Verrentung des Zeugen - ungewöhnlich erscheint. Gleichwohl ist die vom Zeugen geschilderte Arbeitsteilung nicht von vornherein - so die Auffassung der Berufung - „lebensfremd“, so dass allein die Abweichung von einer nicht näher definierten Lebenswirklichkeit im Sinne einer empirischen Erfahrungstatsache keine durchgreifende Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage weckt.
Der Klarheit halber bleibt anzumerken, dass die nunmehr tatsächlich vom Zeugen vermehrt geleistete Hausarbeit bei der Bemessung ebenso außer Betracht bleiben muss, wie die Tatsache, dass jetzt auch Kinder und Schwiegerkinder die Klägerin in der Haushaltsführung unterstützen: Hierbei handelt es sich um überobligationsmäßige Mitarbeit, die den Schädiger nicht entlastet.
4. In der rechnerischen Umsetzung steht der Klägerin unter Anwendung der geringeren Quote für den Zeitraum vom 1.8.2005 bis 30.6.2010 statt der zuerkannten 14.352 EUR lediglich 13.634,40 EUR zu. Die ab dem 1.7.2010 zugesprochene monatliche Haushaltsführungsrente reduziert sich von 150 EUR auf 142,50 EUR.
5. Hinsichtlich der Nebenforderung bedarf die Entscheidung schon deshalb der Korrektur, weil das Landgericht den Rechtsgrundsatz des § 308 Abs. 1 ZPO missachtet und der Klägerin mehr zugesprochen, als diese beantragt hat: Von der zutreffend berechneten Nebenforderung (1.196,43 EUR) war die bereits geleistete Zahlung von 627,13 EUR abzuziehen, weshalb ein zu erstattender Betrag von 569,30 EUR verbleibt.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).