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OLG Naumburg Urteil vom 03.04.2014 - 4 U 59/13 - Indizien gegen einen Unfallbetrug

OLG Naumburg v. 03.04.2014: Indizien, die gegen einen Unfallbetrug sprechen


Das OLG Naumburg (Urteil vom 03.04.2014 - 4 U 59/13) hat entschieden:
Gegen einen fingierten Verkehrsunfall kann u. a. sprechen, dass das Geschehen am späten Vormittag auf einem belebten Parkplatz vor einem Einkaufszentrums stattfand, beide beteiligten Fahrzeuge nach dem Unfall vor Eintreffen der Polizei nicht bewegt worden waren und der Geschädigte sein Fahrzeug vor einer Veräußerung dem Sachverständigen des gegnerisches Haftpflichtversicherers zur Begutachtung zur Verfügung gestellt hat.


Siehe auch Unfallmanipulationen - Unfallbetrug - Berliner Modell und Indizienbeweisführung und Unfallbetrug


Gründe:

I.

Der Kläger macht als Eigentümer eines Mercedes Benz Schadensersatz aus einem nach Behauptung der Beklagten zu 2 gestellten Verkehrsunfall geltend.

Am Vormittag des 01. Oktober 2011 kam es auf dem Parkplatz des ... -Centers in M. zur Beschädigung eines Mercedes Benz E 200 CDI, den der Kläger zuvor mit schriftlichem Kaufvertrag vom 24. Februar 2010 (Bl. 183 Bd. I d. A.) vom Zeugen K. für 13.400,00 € erworben hatte.

Nach der polizeilichen Unfallanzeige (Bl. 8 ff. Bd. I d. A.) streifte der Beklagte zu 1 mit seinem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten, elf Jahre alten Skoda Octavia, der eine Laufleistung von rund 177.000 km aufwies und mit einem Kurzzeitkennzeichen versehen war, beim Einparken an der rechten Seite des neben ihm stehenden Pkw des Klägers entlang, wodurch umfangreiche Karosserieschäden an dem Mercedes entstanden. Gegenüber den beiden Polizeibeamten M. und Me., die kurz darauf den Unfall aufnahmen, räumte der Beklagte zu 1 sein Verschulden unumwunden ein.

Der Kläger ließ die Schäden an seinem Mercedes durch den von ihm beauftragten Diplom-​Ingenieur G. schriftlich begutachten, der in seinem schriftlichen Gutachten vom 07. Oktober 2011 (Bl. 64 - 71 Bd. I d. A.) zu Nettoreparaturkosten in Höhe von 5.499,47 € gelangte. Nachdem auch die Beklagte zu 2 das Fahrzeug durch den ihrerseits beauftragten Sachverständigen S. am 08. Dezember 2011 hatte besichtigen lassen, veräußerte der Kläger den Wagen schließlich im März 2012 im beschädigten Zustand weiter.

Mit Schreiben seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 03. November 2011 forderte er die Beklagte zu 2 unter Fristsetzung bis zum 15. November 2011 erfolglos zur Regulierung seines Schadens auf.

Der Kläger hat ein gestelltes Unfallgeschehen nachdrücklich in Abrede gestellt. Außer dem Fahrzeugschaden in Höhe von 5.499,47 € hat er die unstreitig angefallenen Gutachterkosten von insgesamt 926,77 € sowie 30,00 € als Kostenpauschale und vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 607,50 € geltend gemacht.

Der Kläger hat beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 6.456,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16. November 2011 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 607,50 € zu zahlen.
Die Beklagte zu 2 hat für sich und als Streithelferin für den Beklagten zu 1 beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte zu 2 hat behauptet, der Unfall sei vom Kläger im Zusammenwirken mit ihrem Versicherungsnehmer, dem Beklagten zu 1, inszeniert worden. Darüber hinaus hat sie die Höhe des Schadens bestritten und zuletzt behauptet, der beschädigte Mercedes habe vor dem Unfall lediglich noch einen Wiederbeschaffungswert von 2.000,00 € aufgewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 52 - 56 Bd. II d. A.) und den Berichtigungsbeschluss des Landgerichts vom 29. September 2013 (Bl. 80, 81 Bd. II d. A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der beiden Polizeibeamten M. und Me., des Diplom-Ingenieurs G. und der im Auftrage der Beklagten zu 2 tätig gewordenen Schadensermittlerin F. als Zeugen. Des Weiteren sind auch der Verkäufer des Mercedes K. und der bei den Verkaufsgesprächen anwesende Bekannte des Klägers K. als Zeugen angehört worden. Darüber hinaus hat es zum Unfallhergang den Beklagten zu 1 als Partei vernommen wie auch den Kläger informatorisch angehört und anschließend zur Plausibilität des Unfallgeschehens und der streitigen Kompatibilität der Schäden an den beteiligten Fahrzeugen ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen Diplom-​Ingenieur R. vom 20. März 2012 eingeholt.

Mit Urteil vom 26. August 2013 ist die Klage abgewiesen worden, da, so die Begründung, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme von einem gestellten Unfallgeschehen auszugehen sei. Es lägen eine Reihe von Indizien vor, die anerkanntermaßen für eine Unfallmanipulation sprächen. Gegen eine solche Manipulation sprechende oder eher neutrale Aspekte fielen demgegenüber nicht sonderlich ins Gewicht, vor allem dann nicht, wenn man berücksichtige, dass der Kläger den schriftlichen Kaufvertrag nicht von sich aus vorgelegt und eine höhere Laufleistung seines Fahrzeugs, das vor Erwerb mit einem Austauschmotor versehen worden sei, verschleiert habe. Zudem sei es verdächtig, dass der Kläger auf seinem Mobiltelefon Telefonnummern des Beklagten zu 1 und von dessen Bruder abgespeichert habe.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er insbesondere eine unzureichende, nicht nachvollziehbare Beweiswürdigung des Landgerichts rügt. In einer Gesamtschau aller Umstände, unter Einbeziehung gerade auch der gegen einen gestellten Unfall sprechenden Umstände, sei keinesfalls von einem manipulierten Geschehen auszugehen.

Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils, wie in erster Instanz beantragt, zu erkennen.
Die Beklagte zu 2 beantragt für sich und den Beklagten zu 1 als Streithelferin,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.


II.

Die gemäß § 511 Abs. 1 und 2 Nr. 1 ZPO statthafte und auch sonst formell zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gemäß den §§ 517, 519, 520 ZPO eingelegte und begründete Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch in zuerkannter Höhe von 6.456,24 € sowie auf Zahlung der vorgerichtlichen Anwaltskosten gegen die Beklagten als Gesamtschuldner zu, und zwar sowohl aus § 823 Abs. 1 BGB als auch nach den §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 und 2, 18 Abs. 1 StVG, jeweils in Verb. mit § 115 Abs. 1 VVG hinsichtlich der Beklagten zu 2.

Indizien, welche bei isolierter Betrachtung für einen manipulierten Unfall sprechen könnten (1), werden durch entgegenstehende andere Umstände im Rahmen einer Gesamtwürdigung derart entkräftet, dass ein gestellter Unfall nicht erheblich wahrscheinlich erscheint (2). Angesichts des einseitigen Verkehrsverstoßes des Beklagten zu 1 und einer auf Seiten des Klägers nicht gegebenen Betriebsgefahr haben die Beklagten für den gesamten, der Höhe nach keinen Bedenken begegnenden Schaden des Klägers aufzukommen (3).

1. Steht wie hier ein Zusammenstoß der beteiligten Fahrzeuge fest, trifft den in Anspruch genommenen Haftpflichtversicherer die Beweislast dafür, dass der Geschädigte in die Beschädigung seines Fahrzeugs eingewilligt hat, also ein gestellter Unfall vorliegt (BGH, VersR 1979, 281; VersR 1979, 514).

Für einen solchen Nachweis reicht allerdings aus, dass der Pflichtversicherer derart gewichtige Indizien vorbringt und gegebenenfalls beweist, die bei einer Gesamtschau den Schluss auf eine Unfallmanipulation zulassen. Hierfür ist keine wissenschaftlich lückenlose Gewissheit notwendig, sondern der Nachweis einer erheblichen Wahrscheinlichkeit für ein unredliches Verhalten ausreichend. Die Rechtsprechung wendet die Grundsätze des Anscheinsbeweises für die Frage eines abgesprochenen Unfallgeschehens entsprechend an (BGH, VersR 1979, 514, 515; KG, VersR 2006, 614, 615; OLG Düsseldorf, Urteil vom 05. Oktober 2010, Az.: 1 U 190/09, zitiert nach juris, Rdnr. 49 - 51; OLG Celle, Urteil vom 30. Juli 2010, Az.: 14 U 6/10, zitiert nach juris, Rdnr. 6 ff.; OLG Karlsruhe, MDR 2007, 1019; Kaufmann, in: Geigel, Haftpflichtprozess, 26. Aufl., 2011, § 25 Rdnr. 12, 13; Born, in: ZV 1996, 257, 260; Krumbholz, DAR 2004, 67, 69). Hiernach haben sich in der Rechtsprechung typische, für eine Unfallmanipulation sprechende Anzeichen herausgebildet, die es allerdings im konkreten Einzelfall in einer Gesamtschau zu gewichten und zu würdigen gilt.

Danach ist der Beklagten zu 2 zuzugestehen, dass einige Umstände bei isolierter Betrachtung durchaus in das Muster eines gestellten Unfalls passen könnten.

So handelte es sich bei dem Pkw Skoda, der offensichtlich erst kurze Zeit vor dem Unfall zugelassen worden war, um ein älteres Fahrzeug von eher geringem wirtschaftlichen Wert, wohingegen der Pkw Mercedes des Klägers dem gehobenen Preissegment zuzurechnen ist. Zudem liegt ein Unfall unter Beteiligung eines stehenden Fahrzeugs vor, wobei es an dem Mercedes zu bloßen Karosserieschäden kam, deren Beseitigung sich bei einer Reparatur in einer Fachwerkstatt allerdings als recht kostenintensiv darstellt.

Den weiteren vom Landgericht in diesem Zusammenhang ins Feld geführten Umständen, vermag der Senat hingegen nicht die in dem angefochtenen Urteil besonders herausgestellte Bedeutung für ein manipuliertes Unfallgeschehen beizumessen.

Anders als etwa im Bereich der Kaskoversicherung bestand für den Kläger, der lediglich einen Haftpflichtversicherungsschaden geltend macht, keine versicherungsvertragliche Aufklärungsobliegenheit, weshalb er auch nicht gehalten war, den schriftlichen Kaufvertrag vom 24. Februar 2010 noch Unterlagen zu den vorausgegangenen eBay-Kontakten mit dem Verkäufer K. der Beklagten zu 2 oder später dem Gericht von sich aus vorzulegen.

Zudem steht, anders als das Landgericht offenbar meint, keineswegs fest, dass dem Kläger die recht hohe Laufleistung des Mercedes von über 300.000 km tatsächlich bekannt war und er von einem weitaus geringeren als dem vom Sachverständigen G. angenommenen Wiederbeschaffungswert von 12.500,00 € ausging oder ausgegangen wäre.

Ganz im Gegenteil spricht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auf Grund der vom Landgericht zu Recht herausgestellten Bedenken gegen die Person des Zeugen K. und die Richtigkeit seiner Angaben sowie unter weiterer Berücksichtigung des schriftlichen Kaufvertrages und der glaubhaften Bekundungen des Zeugen Kr. alles dafür, dass der Kläger beim Kauf über die hohe Laufleistung des Mercedes, die Anzahl der Vorbesitzer des Fahrzeugs und dessen gewerbliche Nutzung als Taxi getäuscht wurde. Anders ist auch nicht recht erklärlich, warum der Kläger, was unstreitig geblieben ist, den recht hohen Kaufpreis von 13.400,00 € an den Verkäufer K. gezahlt haben sollte, wenn er selbst nicht diesen Preis für gerechtfertigt und angemessen gehalten hätte.

Hinzu kommt, dass der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs für die geltend gemachte Schadensregulierung ohnehin nur für den, hier allerdings nicht anzunehmenden Fall Bedeutung erlangt hätte, dass er hinter den festgestellten Reparaturkosten zurückgeblieben wäre.

Ebenso wenig vermag der Senat den Umstand, dass der Kläger, wie von ihm selbst eingeräumt, Telefonnummern des Beklagten zu 1 und von dessen Bruder auf seinem Mobiltelefon abgespeichert hatte, als wesentliches Kriterium für einen gestellten Unfall anzusehen.

Die vom Landgericht hierzu, ohnehin nur auf rein hypothetischer Basis angestellte Überlegung, die Weitergabe der Telefonnummer des Bruders an den Kläger lasse sich nicht allein mit schlechten Sprachkenntnissen des Beklagten zu 1 erklären, da dieser sich bei seiner gerichtlichen Anhörung ohne größere Schwierigkeiten habe artikulieren können, ist bereits deshalb bedenklich, weil sich die Sprachkenntnisse des Beklagten zu 1 in der Zeit nach dem Unfall bis zu seiner gerichtlichen Anhörung möglicherweise verbessert haben könnten.

Dessen ungeachtet sieht es der Senat allerdings auch nicht als sonderlich ungewöhnlich oder verdächtig an, dass ein Unfallbeteiligter, wie hier der Beklagte zu 1, was der Kläger bei seiner Anhörung im mündlichen Termin vom 06. März 2014 durchaus nachvollziehbar geschildert hat, der besseren Erreichbarkeit wegen, nach einem Unfall neben seiner eigenen auch noch die Telefonnummer einer weiteren, ihm nahestehenden Person, wie hier die des Bruders, angibt, zumal hier keine weiteren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich Kläger und Beklagter zu 1 oder dessen Bruder bereits vor dem Unfallgeschehen gekannt haben könnten. Daneben lässt sich eine Weitergabe der Telefonnummern nach dem Unfall auch zwanglos mit der Aussage des Polizeibeamten Me., der ausdrücklich von einem seinerseits beobachteten Datenaustausch der beiden Unfallbeteiligten berichtet hat, in Einklang bringen. Ebenso hat der Beklagte zu 1 bei seiner eigens angeordneten Parteivernehmung von sich aus den Austausch der Telefonnummern mit dem Kläger angegeben, und zwar bereits zu einem Zeitpunkt, als die Beklagte zu 2 hierzu noch gar nicht näher vorgetragen hatte und auch die Zeugin F. noch nicht vernommen worden war.

2. Berücksichtigt man demgegenüber im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller für und gegen eine Manipulation sprechenden Aspekte die folgenden weiteren Umstände, so erachtet der Senat einen gestellten Unfall für insgesamt nicht erheblich wahrscheinlich.

Gegen ein manipuliertes Geschehen spricht danach vor allem, dass der Unfall nicht an einem abgelegenen Ort und nicht, wie recht häufig bei gestellten Unfällen anzutreffen, nachts oder in den frühen Morgen- oder späten Abendstunden stattgefunden hat, sondern am späten Vormittag auf einem belebten Parkplatz vor einem Einkaufszentrum. Bei einem betrügerischen Vorgehen entspricht es stattdessen für gewöhnlich eher dem Bestreben der Schadensverursacher, durch Wahl eines wenig frequentierten Ortes und einer ungewöhnlichen Uhrzeit das Risiko, unliebsamen Zeugen zu begegnen, denen der inszenierte Parkunfall als nicht echt, gewollt oder zumindest als ungewöhnlich auffallen könnte, möglichst zu minimieren.

Hinzu kommt, dass das Unfallgeschehen vom Schadensbild und Verlauf her völlig plausibel erscheint und keine irgendwie gearteten Auffälligkeiten in Richtung einer Manipulation aufweist.

So waren die beiden Fahrzeuge nach dem Unfall nicht bewegt worden und befanden sich immer noch im direkten Kontakt miteinander, als die beiden Polizeibeamten Me. und M. vor Ort eintrafen. Besonderheiten im Spurenbild oder Auffälligkeiten im Verhalten des Klägers und des Beklagten zu 1 als Unfallverursacher haben die Polizeibeamten nicht bemerkt oder ausmachen können. Vielmehr ist ihnen der Unfall erklärtermaßen völlig unverdächtig erschienen.

Daneben sind die Schilderungen des Klägers und des Beklagten zu 1 ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 05. Juli 2012 (Bl. 85 - 87 Bd. I d. A.), was zudem auch ausdrücklich in dem angefochtenen Urteil Erwähnung findet, in sich geschlossen, plausibel und ohne Widersprüche geblieben.

Dementsprechend haben sich die in diesem Zusammenhang von der Beklagten zu 1 gegen eine Plausibilität des Unfallgeschehens vorgebrachten Einwände, die Schäden an den beiden Fahrzeugen seien vom Beklagten zu 1 erst durch mehrfaches Hin- und Herfahren hervorgerufen worden, nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen R. als völlig haltlos erwiesen. Nach dem Sachverständigengutachten bestehen keinerlei Zweifel an der Plausibilität der Unfallschilderung des Beklagten zu 1 noch an einer Kompatibilität der dadurch hervorgerufenen Schäden. Ebenso wenig wies der Mercedes verdeckte, von der Beklagten zu 2 zuvor gemutmaßte Vorschäden im Kollisionsbereich auf.

Ebenso wenig bestehen Anhaltspunkte dafür, dass es vor oder nach dem streitgegenständlichen Geschehen zu einer Häufung von Verkehrsunfällen unter Mitwirkung des Klägers oder des Beklagten zu 1 oder unter Beteiligung der beiden betroffenen Fahrzeuge gekommen wäre. Auch sonstige in der Person der Unfallbeteiligten liegende Auffälligkeiten, wie etwa einschlägige Vorstrafen wegen Vermögens- oder Aussagedelikten oder schlechte wirtschaftliche Verhältnisse als mögliches Motiv für eine Manipulation sind nicht zutage getreten.

Schließlich verhält es sich auch nicht etwa so, dass sich der Kläger seines Fahrzeugs bereits kurze Zeit nach dem Unfall durch Verkauf entledigt hätte, um auf diese Weise eine unliebsame Begutachtung des Fahrzeugs ausschließen zu können. Im Gegenteil ist zu konstatieren, dass der Kläger, bevor er sein Fahrzeug schließlich nach fast einem halben Jahr wegen der einerseits recht hohen Reparaturkosten und der andererseits ausstehenden Regulierung der Beklagten zu 2 veräußerte, dieses zuvor noch deren Sachverständigen S. für eine Besichtigung zur Verfügung gestellt hatte, was ebenfalls darauf hindeutet, dass er aus seiner Sicht nichts zu verbergen hatte, sondern vielmehr an einer schnellen und objektiven Aufklärung des Unfallgeschehens interessiert gewesen war.

3. Die Beklagten haben den Schaden des Klägers vollständig gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 StVG zu ersetzen. Angesichts des vom Beklagten zu 1 allein verursachten und verschuldeten Unfalls kann eine vom geparkten Fahrzeug auch nicht ausgehende Betriebsgefahr auf Seiten des Klägers nicht als Verantwortungsbeitrag zum Zuge kommen.

Der mit der Klage geltend gemachte Schaden unterliegt auch der Höhe nach gemäß den §§ 249 Abs. 2, 251 Abs. 1 BGB keinen Bedenken.

Dies gilt zunächst und vor allem für den auf Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen G. in Höhe der Nettoreparaturkosten geltend gemachten und angemessen erscheinenden Sachschaden von 5.499,47 €.

Soweit sich die Beklagte zu 1 gegen einen Schadensersatz in dieser Höhe mit der nicht weiter ausgeführten Behauptung gewendet hat, der Wiederbeschaffungswert des Mercedes sei lediglich auf 2.000,00 € zu veranschlagen, weshalb die höheren Reparaturkosten außer Ansatz bleiben müssten, entbehrt ihr Vorbringen bereits der gebotenen Substanz und kann hier deshalb nach den weiteren Umständen des Einzelfalls keine Berücksichtigung finden.

Vor dem Hintergrund der schriftlichen Ausführungen wie auch der gleichermaßen plausibel und gut nachvollziehbaren mündlichen Angaben des als Zeugen gehörten Sachverständigen G., der den Wiederbeschaffungswert zwar unter Annahme einer geringeren Fahrleistung, aber gleichwohl unter Berücksichtigung eines einschließlich Getriebe ausgetauschten Ersatzmotors mit 12.500,00 € veranschlagt hat, hätte sich die Beklagte zu 2 angesichts ihrer besonderen Sachkunde als Haftpflichtversicherer und ihrer umfangreichen Erfahrung bei der Bewertung havarierter Kraftfahrzeuge im Einzelnen mit den Ausführungen des Sachverständigen G., vor allem auch mit dem wertsteigernden späteren Facelifting des Pkw durch Einbau eines sogenannten AMG-​Pakets und der erneuerten Lederausstattung im Inneren des Fahrzeugs auseinandersetzen müssen und durfte sich nicht, wie geschehen, mit der lapidar behaupteten Angabe eines Wiederbeschaffungswertes von nur 2.000,00 € begnügen, zumal sie den Mercedes sogar noch zuvor durch den eigens ihrerseits beauftragten Sachverständigen S. am 08. Dezember 2011 kritisch hatte in Augenschein nehmen lassen.

Ebenfalls von den Beklagten, das heißt von der verklagten Versicherung als intern allein gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 VVG verantwortlicher Schuldnerin, zu ersetzen sind die durch den Verkehrsunfall in zurechenbarer Weise durch Hinzuziehung des Sachverständigen G. in Höhe von insgesamt 926,77 € entstandenen Kosten sowie die in unbedenklicher Höhe geltend gemachte Kostenpauschale von 30,00 €, wonach sich, zusammen mit dem Sachschaden von 5.499,47 €, die zugesprochene Hauptforderung in Höhe von 6.456,24 € ergibt.

Auch die verlangten Nebenforderungen begegnen keinen Bedenken.

Die unfallbedingt entstandenen Kosten der vorgerichtlichen Tätigkeit der späteren Prozessbevollmächtigten des Klägers sind nach einem Gegenstandswert von bis zu 7.000,00 € zu erstatten, unter Hinzurechnung der Pauschale nach Nr. 7002 und den entsprechend Nr. 7000 Nr. 1 lit. a des Vergütungsverzeichnisses der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG berücksichtigungsfähigen sechs Ablichtungen ergibt dies insgesamt einen Betrag von 607,50 €.

Die zugesprochenen Zinsen in gesetzlicher Höhe folgen, entsprechend dem verzugsbegründenden Mahnschreiben des Klägers vom 03. November 2011, aus den §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 und 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB in Verb. mit § 247 BGB.


III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verb. mit § 100 Abs. 4 Satz 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils entspricht den §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 713 ZPO in Verb. mit § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nicht ersichtlich. Weder kommt der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.