Das Verkehrslexikon

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OLG Naumburg Urteil vom 10.07.2014 - 2 U 101/13 - Reichweite einer Schmerzensgeldklage

OLG Naumburg v. 10.07.2014: Zur Reichweite einer Schmerzensgeldklage bei nicht voraussehbaren Unfallfolgen


Das OLG Naumburg (Urteil vom 10.07.2014 - 2 U 101/13) hat entschieden:
  1. Mit dem auf eine unbeschränkte Klage zuzuerkennenden Schmerzensgeld werden nicht nur alle bereits eingetretenen, sondern auch alle erkennbaren und objektiv vorhersehbaren künftigen unfallbedingten Verletzungsfolgen abgegolten. Weiter gehende Ansprüche aufgrund von nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eintretender, objektiv nicht vorhersehbarer immaterieller Schäden können durch einen Antrag auf Feststellung der Einstandpflicht für künftige immaterielle Schäden aufgrund des Urteils geltend gemacht werden.

  2. Schmerzensgeld in Höhe von 150.000,00 € bei 100%iger Haftung aufgrund eines Verkehrsunfalls für eine 66-jährige Frau, Verletzungen: u. a. Schädel-Hirn-Trauma mit intrakranieller Blutung, nicht dislozierte Dens-Fraktur, Effendi-II-Fraktur, Thoraxkontusion, Beckenschaufelfraktur links; Behandlung: 1 Monat stationär, mehr als 4 Monate neurologische Frührehabilitation; Implantation eines Shuntsystems unter die Schädeldecke zur Ableitung des Hirnwassers; Dauerfolgen: armbetonte Halbseitenlähmung rechts; erhebliche Hirnleistungsdefekte und kognitive Leistungseinbußen, Gedächtnisdefizite, psychomotorische Verlangsamung, bleibendes Angewiesensein auf die Hilfe Dritter, grundlegende Antriebslosigkeit.

  3. Erheblicher Schmerzensgeldaufschlag wegen des ungebührlich zögerlichen Regulierungsverhaltens.

Siehe auch Schmerzensgeld


Gründe:

A.

Am 07.03.2010 ereignete sich auf der Bundesstraße ... in der Nähe der Ortslage H. ein Verkehrsunfall.

Die Klägerin war Insassin des von O. E. geführten, in Richtung H. fahrenden Personenkraftwagens der Marke Mazda mit dem amtlichen Kennzeichen ... . Während der Fahrt hatte die hinter dem Fahrer sitzende Klägerin den Sicherheitsgurt angelegt. In entgegen gesetzter Richtung nach G. fuhr K. T. mit dem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Pkw VW Golf mit dem amtlichen Kennzeichen ... . Zwischen den Ortschaften J. und H. geriet K. T. in einer Rechtskurve auf die Gegenfahrbahn. Dort kam es zu einem Zusammenstoß der beiden Fahrzeuge. K. T. verstarb noch an der Unfallstelle. Die Klägerin erlitt durch den Unfall erhebliche Verletzungen.

Nach dem Unfall wurde die Klägerin in das Klinikum G. eingewiesen. Im Anschluss an die Primärversorgung wurde sie zur weiteren Therapie in die Klinik für Neurochirurgie der Universität … M. verlegt. Am 07.04.2010 erfolgte die Verlegung der Klägerin in die Klinik ... M. zur neurologischen Frührehabilitation, in der sie sich bis zum 12.08.2010 befand. Am 13.12.2010 schloss sich eine Rehabilitationsmaßnahme an, die bis zum 07.01.2011 andauerte.

Am 23.01.2011 stürzte die Klägerin und zog sich eine LWS-​Prellung mit immobilisierenden Schmerzen zu. Aufgrund des Sturzes befand sie sich bis zum 25.01.2011 in stationärer Behandlung.

In der Folgezeit zahlte die Beklagte an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 55.000,00 Euro sowie Schadensersatz in Höhe von 2.013,11 Euro.

Mit Schreiben vom 25.05.2011 forderten die Bevollmächtigten der Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 08.06.2011 auf weitere 182.761,35 Euro zu zahlen.

Der Ehemann der Klägerin P. S. wurde zwischenzeitlich zum Betreuer der Klägerin bestellt.

Die Klägerin hat vorgetragen, dass sie durch den Verkehrsunfall ein Schädel-​Hirn-​Trauma mit intrakranieller Blutung, eine nicht dislozierte Dens-​Fraktur ohne neurologisches Defizit sowie eine Effendi-​lI-​Fraktur, eine Thoraxkontusion, ein stumpfes Bauchtrauma ohne Anhalt für eine intraabdominelle Verletzung, eine Beckenschaufelfraktur links sowie größere subkutane Wunden in beiden Leistenregionen und eine größere Hautwunde am Handrücken rechts erlitten habe. Das durch den Verkehrsunfall bedingte Schädel-​Hirn-​Trauma habe gravierende motorische Defizite und Hirnleistungsdefizite zur Folge gehabt. Es bestehe ein kombiniert neurologisch-​psychiatrisches Störungsbild nach Schädel-​Hirn-​Trauma. Eine Streckung im rechten Ellenbogengelenk sei nur bis 160 Grad möglich. Ferner sei die Feinmotorik im Bereich der rechten Hand eingeschränkt.

Aufgrund ihres unfallbedingten Allgemeinzustandes könne sie ohne Hilfsmittel nur Gehstrecken von ca. 10 Metern zurücklegen. Ihr Auffassungsvermögen sei unfallbedingt verlangsamt. Ebenso sei die Konzentration reduziert. Gleiches gelte für die Merkfähigkeit, das Gedächtnis und insbesondere das Altgedächtnis.

Sie leide unter Depressivität mit reduziertem Antrieb. Sie leide ferner unter generellen kognitiven Leistungseinbußen und könne im alltäglichen Leben nur mit Unterstützung der Familie zurecht kommen. Zuvor habe sie den gesamten Haushalt allein geführt; aufgrund des Unfalls sei sie zu keinerlei Haushaltstätigkeiten mehr in der Lage. Von besonderer Bedeutung sei die Antriebsarmut. Über 30 Minuten hinaus sei eine Beschäftigung nicht möglich. Sie bedürfe stets der Ermutigung sowie der ständigen Aufsicht. Selbständig könne sie lediglich die eigene - kleine - Körperpflege realisieren. Ihre gesamte weitere Lebensführung sei durch den Unfall vollständig entwertet. Sie könne weder einen Pkw führen noch an der Seniorensportgruppe in V. auf absehbare Zeit teilnehmen. Auch könne sie ihrem Hobby als Mitglied der Singgemeinschaft nicht mehr aktiv nachgehen. Ihre Freizeitbeschäftigung beschränke sich nunmehr auf das Ausfüllen von Kreuzworträtseln. Zur Regulierung des Gehirnwassers befinde sich auch eine Drainage unterhalb der Schädeldecke. Diese Drainage werde zeitlebens nicht mehr entfernt werden können.

Aufgrund des Unfalles sei bei der Klägerin auch eine vollständige Neuversorgung der Zahnprothesen erforderlich geworden. Auch der Krankenhausaufenthalt vom 20.06. bis 13.07.2011 im Fachklinikum U. sei unfallbedingt erforderlich gewesen. Noch immer befinde sie sich in neurologisch-​psychiatrischer sowie physio- und ergotherapeutischer Behandlung.

Der Sturz am 23.01.2011 beruhe auf den unfallbedingt erlittenen Verletzungen. Die Fahrtkosten ihres Ehemanns seien notwendig und medizinisch indiziert gewesen, zumal sie sich zunächst längere Zeit im Koma befunden habe. Gleiches gelte für die Besuche ihrer Tochter, der Zeugin B. S. . Auch während ihres stationären Aufenthaltes vom 13.12.2010 bis 06.01.2011 sei die Anwesenheit ihres Ehemannes erforderlich gewesen, da sie hilflos gewesen sei. Ohne dessen Anwesenheit sei sie nicht in der Lage gewesen, Behandlungen wahrzunehmen und sich aus der häuslichen Umgebung zu entfernen.

An eine eigenständige Lebensführung sei nicht mehr zu denken. Gleiches gelte für die Führung des Haushaltes. Zwar seien die Gartenarbeiten überwiegend von ihrem Ehemann vorgenommen worden, sie habe hiervon jedoch 20 % getragen, was einem Anteil von 4 Stunden wöchentlich entspreche. Im Übrigen habe sie durchschnittlich 40 Stunden für den Haushalt aufgewandt. Hiervon entfielen auf den Einkauf 8 Stunden, auf die Essenszubereitung 15 Stunden, auf Geschirrspülen 4 Stunden, auf Staubsaugen und Wischen 4 Stunden, auf Fußboden wischen und Wäsche waschen jeweils 2 Stunden, Bettwäsche wechseln 0,5 Stunden, Bügeln 2,5 Stunden, Fensterputzen 2,5 Stunden, Wohnung aufräumen 2 Stunden und auf Kleinreparaturen 0,5 Stunden. Von den insgesamt 43 Stunden wöchentlich entfielen auf sie mindestens 40 Stunden.

Für den Haushaltsschaden sei ein Stundensatz von mindestens 10,00 Euro in Ansatz zu bringen, so dass sich ein Haushaltsführungsschaden von 400,00 Euro wöchentlich errechne. Für die Zeit vom 07.03.2010 bis einschließlich 05.06.2011, mithin für einen Zeitraum von 65 Wochen, errechne sich demgemäß ein Haushaltsführungsschaden in Höhe von insgesamt 26.000,00 Euro.

Darüber hinaus seien Fahrtkosten für ihren Ehemann in Höhe von insgesamt 6.092,03 Euro, Besuchskosten für die Tochter in Höhe von 3.584,60 Euro und Auslagen (Kleidung, Pflegeartikel, Zuzahlungen sowie Differenzkosten für die Zahnbehandlung) in Höhe von insgesamt 4.098,05 Euro entstanden.

Aufgrund der von ihr erlittenen Verletzungen sei auch mit dem Eintritt weiteren Schadens zu rechnen.

Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
  1. an die Klägerin 145.000,00 Euro Teilschmerzensgeld im Wege der Teilklage zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 09.06.2011 zu zahlen;

  2. an die Klägerin weitere 37.761,35 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 09.06.2011 zu zahlen;

  3. die Klägerin von Gebührenansprüchen der Rechtsanwälte Sch., G. -Straße 147, B., in Höhe eines Betrages von 1.105,51 Euro freizustellen sowie

  4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sämtliche materiellen und immateriellen weiteren Schäden ab Klagerhebung zu ersetzen, die aus dem Verkehrsunfallereignis vom 07.03.2010 resultieren, soweit kein Anspruchsübergang auf öffentlich-​rechtliche Versorgungsträger oder sonstige Dritte vorliegt.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Verletzungen sowie die Verletzungsfolgen - und dass diese kausal auf den Verkehrsunfall zurückzuführen sind - bestritten. Es sei ein Schmerzensgeldanspruch von allenfalls 78.650,00 Euro gerechtfertigt. Insoweit sei auch das Alter der Klägerin zu berücksichtigen, die bereits das Renteneintrittsalter erreicht gehabt habe. Erhebliche Beeinträchtigungen in deren weiterer Amtsführung und Berufsausübung seien daher nicht mehr zu erwarten.

Den Vortrag zu den Schadenspositionen hält sie, die Beklagte, überwiegend für unsubstantiiert. Der Verweis auf Anlagenkonvolute ersetze nicht den erforderlichen substantiierten Vortrag. Hinsichtlich der geltend gemachten Fahrtkosten sei nicht ersichtlich, dass diese in vollem Umfang erforderlich gewesen seien, um den Heilungsverlauf zu verbessern. Gleiches gelte für die Begleitung des Ehemannes betreffend den stationären Aufenthalt vom 13.12.2010 bis 06.01.2011. Zu den Kosten der Klägerin fehle substantiierter Vortrag. Das Vorbringen zum Haushaltsführungsschaden sei nicht glaubhaft. Der Stundensatz sei überhöht; als Nettovergütung könne lediglich ein Betrag von 8,00 Euro pro Stunde angesetzt werden.

Ferner sei der Feststellungsanspruch unzulässig. Es sei nicht ersichtlich, dass weitere Schäden absehbar seien, welche in Zukunft zu weiteren Ansprüchen führen könnten. Hinsichtlich der außergerichtlichen Tätigkeit der Bevollmächtigten der Klägerin sei nicht dargetan, weshalb eine Abweichung von der Mittelgebühr gerechtfertigt sei. Es handele sich bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus einem Verkehrsunfall um keine überdurchschnittliche Leistung eines Fachanwaltes für Verkehrsrecht.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (Bl. 128 - 132, II).

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Facharztes für Neurochirurgie Dr. med. R. Sn. vom 05.11.2012 (Bl. 1 - 19, II) sowie hinsichtlich dessen Anhörung auf das Sitzungsprotokoll vom 03.07.2013 (Bl. 109 - 114, II) verwiesen. Das Landgericht hat ferner den Ehemann der Klägerin als deren Vertreter angehört und die Zeugin B. S. vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird ebenso auf das Sitzungsprotokoll vom 03.07.2013 verwiesen.

Mit am 24.07.2013 verkündeten Urteil hat das Landgericht Stendal - unter Abweisung der Klage im Übrigen - die Beklagte zur Zahlung eines Teilschmerzensgeldes von 95.000,00 Euro nebst Zinsen, weiterer 33.810,44 Euro nebst Zinsen und zur Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren in Höhe 1.105,51 Euro verurteilt sowie die Einstandspflicht der Beklagten für sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfallereignis ab Klagezustellung festgestellt. Wegen der Gründe wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen (Bl. 132 - 141, II).

Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt.

Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des am 24.07.2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Stendal die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Akte 125 UJs 3036/10 - Staatsanwaltschaft Stendal - hat vorgelegen und ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung am 02.07.2014 gewesen.

Die Rechtsauführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 07.07.2014 haben Berücksichtigung gefunden.


B.

Die Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden. In der Sache hat sie teilweise Erfolg.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 95.000,00 (Klageantrag zu 1.), ein materieller Schadensersatz von 20.159,88 Euro (Klageantrag zu 2.), ein Anspruch auf Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 641,41 Euro (Klageantrag zu 3.) und ein Anspruch auf Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten für die ab Schluss der mündlichen Verhandlung am 02.07.2014 entstehenden weiteren immateriellen und die ab Klageerhebung entstehenden materiellen Schäden aus dem Unfallereignis vom 03.07.2010, die durch die vorgenannten Leistungsverpflichtungen der Beklagten nicht abgegolten sind (Klageantrag zu 4.), gemäß §§ 7 Abs. 1, 11 StVG, 280, 286 BGB, 115 VVG zu.

I.

Die 100 % ige Haftung der Beklagten dem Grunde nach für die von der Klägerin durch den Unfall vom 03.07.2010 entstandenen Schäden ist zwischen den Parteien unstreitig.

II.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 95.000,00 Euro (150.000,00 Euro abzüglich bereits geleisteter 55.000,00 Euro).

1. Allerdings ist die Geltendmachung eines Teilschmerzensgeldes unzulässig.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebietet es der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes, die Höhe des dem Geschädigten zustehenden Schmerzensgeldes aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes zu bemessen (Urteil vom 20.03.2001, VI ZR 325/99, NJW 2001, 3414). Mit dem auf eine unbeschränkte Klage insgesamt zuzuerkennenden Schmerzensgeld werden nicht nur alle bereits eingetretenen, sondern auch alle erkennbaren und objektiv vorhersehbaren künftigen unfallbedingten Verletzungsfolgen abgegolten werden (Urteil vom 07.02.1995, VI ZR 201/94, NJW 1995, 1614).

b) Zwar ist die Geltendmachung eines Teilschmerzensgeldes im Wege einer offenen Teilklage ausnahmsweise dann zulässig, wenn die Möglichkeit der Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen und nicht überschaubar ist. Da die Schmerzensgeldforderung auf Zahlung einer Geldsumme gerichtet ist, ist sie grundsätzlich teilbar. Dem steht nicht entgegen, dass es sich um einen einheitlichen Anspruch handelt. Ob ein einheitlicher Anspruch im rechtlichen Sinne teilbar ist, hängt davon ab, ob er quantitativ abgrenzbar und eindeutig individualisierbar ist und in welchem Umfang über ihn Streit bestehen kann, ohne dass die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen besteht. Ist die Höhe des Anspruchs im Streit, kann grundsätzlich ein ziffernmäßig oder sonst wie individualisierter Teil davon Gegenstand einer Teilklage sein, sofern erkennbar ist, um welchen Teil des Gesamtanspruchs es sich handelt (BGH, Urteil vom 20.01.2004, VI ZR 70/03, NJW 2004, 1243).

c) Es kann in diesem Zusammenhang ungeklärt bleiben, ob die letztgenannten Voraussetzungen vorliegend gegeben sind. Denn jedenfalls fehlt der Klägerin für eine Teilklage ein Rechtsschutzbedürfnis, da weitergehende Ansprüche aufgrund von nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eintretender, objektiv nicht vorhersehbarer immaterieller Schäden bereits von der von ihr mit dem Klageantrag zu 4. begehrten Feststellung der Einstandspflicht für sämtliche ab Klageerhebung - richtig ab Schluss der mündlichen Verhandlung - eintretende immaterielle Schäden - abgedeckt sind. So hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 20.01.2004 (a. a. O.) ausdrücklich ausgeführt, dass es im Hinblick auf die Möglichkeit einer Feststellungsklage der dort erhobenen offenen Teilklage nicht bedurft hätte, da sich der Kläger durch einen Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für zukünftige immaterielle Schäden seinen Anspruch hätte sichern können. Da im vorliegenden Fall die Klägerin diesen Feststellungsantrag aber geltend macht, kann ein Rechtsschutzinteresse an einer offenen Teilklage nicht angenommen werden.

2. Der Schmerzensgeldklage kann jedoch im vorgenannten Umfang stattgegeben werden, soweit sie auf einen uneingeschränkten - den vorhersehbaren immateriellen Schaden vollständig umfassenden - Anspruch gestützt wird, wie es die Klägerin zumindest hilfsweise getan hat.

a) Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes steht die mit der Verletzung verbundene Lebensbeeinträchtigung im Verhältnis zu den anderen zu berücksichtigenden Umständen stets im Vordergrund. Denn Heftigkeit und Dauer der Schmerzen und Leiden bilden das ausschlaggebende Moment für den angerichteten immateriellen Schaden (BGH, Urteil vom 20.01.2004, a. a. O.).

b) Im vorliegenden Fall ist die Lebensbeeinträchtigung der Klägerin als sehr erheblich zu bewerten.

Auf die in diesem Zusammenhang getroffenen zutreffenden Feststellungen des Landgerichts wird verwiesen. Hervorzuheben ist, dass das Leiden der Klägerin erheblich aber eben nicht ausschließlich durch die notwendigen operativen und sonstigen medizinischen Behandlungen, u. a. die Implantation eines Shuntsystems (Ventilsystems) unter die Schädeldecke zur Ableitung des Hirnwassers sowie die - auch durch den aufgrund unfallverursachter Verletzungen geschehenen Sturz der Klägerin - notwendige stationären Aufenthalte geprägt worden ist. Denn darüber hinaus ist die Lebensqualität der Klägerin fortdauernd in einem sehr erheblichen Maße eingeschränkt. Auf die Feststellungen des Landgerichts wird Bezug genommen. Hervorzuheben sind insoweit die armbetonte Halbseitenlähmung rechts, die erheblichen Hirnleistungsdefekte, bleibende kognitive Einbußen im täglichen Leben, Gedächtnisdefizite, psychomotorische Verlangsamung, das bleibende Angewiesensein auf die Hilfe Dritter, die Notwendigkeit künftiger ärztlicher und therapeutischer Behandlung, die mangelnde Konzentrationsfähigkeit sowie die grundlegende Antriebslosigkeit.

c) Die vorbeschriebene Lebensbeeinträchtigung (Buchst. aa)) hat das Landgericht in nicht zu beanstandender Weise auf der Grundlage der Angaben des Ehemannes und der Tochter der Klägerin und vornehmlich der durch den gerichtlichen Sachverständigen Dr. Sn. bestimmten Verletzungen und Verletzungsfolgen zutreffend festgestellt. Hiernach haben sich die Behauptungen der Klägerin weitestgehend bestätigt. Die Klägerin hat durch den Verkehrsunfall ein schweres Schädel-​Hirn-​Trauma, eine Fraktur des zweiten Halswirbelkörpers, eine Mehrfachfraktur am Beckenkamm links, eine ausgedehnte Subarachnoidalblutung mit Einblutungen in die Hirnkammer und um den Hirnstamm sowie größere Hautwunden im Bereich der linken und rechten Leiste und eine offene Durchtrennung der Haut im Arm und des Handrückenbereichs erlitten. Auch insoweit wird auf die Feststellungen des Landgerichts verwiesen.

d) aa) Nach der Zivilprozessrechtsreform ist gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich von der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlich festgestellten Tatsachen, auch soweit die Feststellung auf einer Beweiswürdigung beruht, auszugehen, es sei denn, dass konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die Zweifel hieran begründen (BGH, Urteil vom 25.04.2007, VIII ZR 234/06, NJW 2007, 2919).

bb) Solche Anhaltspunkte sind vorliegend mit der Berufung nicht vorgetragen worden. Die erstinstanzliche Beweiswürdigung ist nicht zu beanstanden. Sie wird von der Beklagten auch nicht substantiell angegriffen. Die Beklagte verliert sich vielmehr im Angriff auf wenige - verhältnismäßig unbedeutende - Punkte, die jedoch an dem vom Landgericht gewonnenen richtigen Gesamtbild nichts zu ändern vermögen.

(1) Das Landgericht hat den Ehemann der Klägerin völlig richtig als deren gesetzlicher Vertreter und somit als Partei persönlich angehört. Die Grenzen zu einer Parteivernehmung sind, anders als die Beklagte mutmaßt, nicht überschritten. Die Beklagte kann nicht ernsthaft die Auffassung vertreten, dass wohl eine Parteivernehmung deshalb vorläge, weil die Angaben des Ehemannes im Sitzungsprotokoll weit mehr Seiten ausfüllten als die Aussage der Zeugin B. S. .

(2) Dem Gesamtbild der Beeinträchtigung der Klägerin kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Klägerin - nach ihrem Vorbringen allerdings in nur eingeschränktem Umfang - zum Lösen von Kreuzworträtseln in der Lage ist. Denn dass das Ausfüllen von Feldern in Kreuzworträtseln hier keine Rückschlüsse auf kognitive Fähigkeiten der Klägerin zulässt, folgt bereits daraus, dass völlig im Dunkeln bleibt, innerhalb welcher Zeit und mit welchem Erfolg die Klägerin diese Tätigkeit ausübt.

(3) Soweit die Beklagte die Behauptung der Klägerin, dass sie zum Gehen einer Strecke von nur 10 Metern in der Lage sei, mit dem Vorbringen bestreitet, dass der Klägerin das Begehen einer Treppe über zwei Etagen möglich gewesen sei (Seite 3 der Berufungsbegründung), übersieht sie, dass dieses Treppensteigen ausschließlich im Wege der Erfassung des Treppengeländers zu bewerkstelligen war.

(4) Soweit die Beklagte Verletzungen und Verletzungsfolgen weiterhin bestreitet (Seite 2 und 3 der Berufungsbegründung), ist sie darlegungsfällig geblieben. Es ist weder ersichtlich, aufgrund welchen anderen Ereignisses sich die Klägerin die gutachterlich festgestellten Verletzungen zugezogen haben könnte, noch hat die Beklagte gegen die in der angefochtenen Entscheidung aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen vorgenommenen Begründung - über die vorgenannten irrelevanten Einwände hinaus - konkrete Berufungsangriffe vorgenommen.

e) aa) Das Schmerzensgeld ist aufgrund der vorgenannten Umstände mit 150.000,00 Euro zu bemessen. Eine Vergleichbarkeit mit dem vom Landgericht angeführten Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg (Urteil vom 25.04.1997, VersR 1998, 732) ist gegeben. Aber auch eine Vergleichbarkeit mit dem Sachverhalt, welcher der von der Beklagten selbst vorgelegten Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg (Urteil vom 23.06.2011, 12 U 263/08, Schaden-​Praxis 2011, 361) zugrunde gelegen hat, ist anzunehmen. Allerdings ist, worauf die Klägerin zutreffend hinweist, in dieser Entscheidung allein deshalb auf ein Schmerzensgeld von nur 75.000,00 Euro erkannt worden, weil sich die dortige Geschädigte ein hälftiges Mitverschulden hat anrechnen lassen müssen.

bb) Zwar ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin, anders als in den von den Oberlandesgerichten Nürnberg und Brandenburg entschiedenen Rechtsstreiten, in denen eine 34-​jährige Frau bzw. ein 38-​jähriger Mann geschädigt worden waren, und auch anders als in der von der Beklagten zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm, bei der es um den Unfall eines 16-​Jährigen ging (Urteil vom 25.09.2002, 13 U 62/02, DAR 2003, 118), im Unfallzeitpunkt bereits 66 Jahre alt war. In diesem Zusammenhang hat der Bundesgerichtshof es als sachgerechtes Kriterium benannt, dass ein verhältnismäßig alter Geschädigter (dort 73 Jahre alt) keinen so langen Leidensweg vor sich habe wie ein jüngerer Mensch und dass deshalb bei ihm im Verhältnis zu einem jungen Verletzten ein geringerer Schmerzensgeldbetrag angemessen ist (Urteil vom 15.01.1991, VI ZR 163/90, NJW 1991, 1544).

cc) Dies führt im Ergebnis aber deshalb zu keiner anderen Bemessung des Schmerzensgeldes, weil aufgrund des zögerlichen Regulierungsverhaltens der Beklagten ein erheblicher Schmerzensgeldaufschlag gerechtfertigt ist, der den vorgenannten, wegen des Alters der Klägerin vorzunehmenden „Abzug“ vollständig ausgleicht (vgl. zu diesem Schmerzensgeld erhöhenden Kriterium: OLG Nürnberg, Urteil vom 22.12.2006, 5 U 1921/06; OLG Naumburg, Urteil vom 28.11.2001, 1 U 161/99 sowie Urteil vom 15.10.2007, 1 U 46/07, jeweils zitiert nach juris; OLG Köln, Urteil vom 09.08.2013, 19 U 137/09, NJW-​Spezial 2014, 75).

(1) Die Beklagte hat bisher eine Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 55.000,00 Euro - und von materiellem Schadensersatz in Höhe von 2.013,11 Euro - vorgenommen.

(2) Diese Zahlung war auch für die anwaltlich beratene Beklagte - nicht zuletzt angesichts der von ihr selbst angeführten einschlägigen Rechtsprechung - erkennbar völlig unzureichend. Darüber hinaus hat die Beklagte in diesem Prozess unmissverständlich ausgeführt, dass sie selbst ein Schmerzensgeld in Höhe von 75.000,00 Euro (Seite 4 der Berufungsbegründung) bzw. 78.650,00 Euro für angemessen hält. Daher handelt es sich um eine treuwidrige, ungebührliche Verzögerung.

Die Beklagte kann sich nicht auf - an sich zulässiges - Verteidigungsvorbringen berufen. Soweit sie auch in diesem Zusammenhang die Verletzungen und deren Folgen in Abrede gestellt, kann dem, wie ausgeführt, keine Bedeutung beigemessen werden. Es stand vielmehr fest, dass die Klägerin bei dem Unfall erheblich verletzt worden ist. Diese Verletzungen machten schon für sich genommen die Zahlung eines nicht unerheblichen Schmerzensgelds erkennbar erforderlich. Dass die Beklagte dennoch lediglich ca. ein Drittel des der Klägerin zustehenden Schmerzensgeldes ausgekehrt hat, stellte für diese eine Manifestierung der bereits erlittenen Schmerzen, aber auch die Zufügung weiteren Leides dar. Denn aufgrund des Nichterhalts des ihr erkennbar zustehenden Schmerzensgeldes ist es ihr über viele Jahre hinweg nicht möglich gewesen, sich die Annehmlichkeiten zu verschaffen, die die von ihr erlittenen Schmerzen zumindest teilweise hätten ausgleichen können. Darüber hinaus hat es der Klägerin bereits nach der Lebenserfahrung weiteres Leid verschafft, dass sie sich aufgrund der von der Beklagten vorgenommenen Verteidigungsstrategie, die von einem Bestreiten auch offensichtlich von der Klägerin wahrheitsgemäß vorgetragener Tatsachen, wie etwa der eingetretenen Verletzungen, geprägt gewesen ist, dem Anschein einer Simulantin ausgesetzt gesehen hat, der es allein um die Erlangung eines hohen - unberechtigten - Schmerzensgeldes gehe.

dd) Abzüglich bereits gezahlter 55.000,00 Euro verbleibt ein zuzuerkennendes Schmerzensgeld in Höhe von 95.000,00 Euro.

III.

Ein Anspruch auf materiellen Schadensersatz ist abweichend von der landgerichtlichen Entscheidung nur in Höhe von insgesamt 20.159,88 Euro gegeben.

1. Ein Haushaltsführungsschaden besteht in Höhe von 13.000,00 Euro.

a) aa) Bei der Bemessung des Haushaltsführungsschadens kommt es allein auf die tatsächlichen Verhältnisse der Klägerin zum Zeitpunkt des Unfallereignisses am 07.03.2010 an. In diesem Zeitpunkt befand sich die Klägerin bereits in Rente. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob die Klägerin vor dem Erreichen des Rentenalters in Vollzeit oder lediglich in Teilzeit, wie von der Beklagten mit Nichtwissen bestritten worden ist, tätig gewesen ist.

bb) Aufgrund ihres Lebens als Rentnerin konnte sich die Klägerin ihrer Haushaltstätigkeit in einem höheren Maße widmen, als dies einer berufstätigen Person möglich ist. Dass sich die Klägerin als Rentnerin in diesem Maße dem Haushalt zugewandt und erhebliche Arbeiten geleistet hat, folgt aus den Angaben ihres Ehemannes im Rahmen seiner persönlichen Anhörung als Vertreter der Klägerin und den zeugenschaftlichen Bekundungen ihrer Tochter B. S. . Die Aussage der Zeugin ist nicht deshalb unglaubhaft, weil sie zwischenzeitlich nicht mehr im Haushalt ihrer Eltern wohnt. Bei dieser Bewertung kann dahin stehen, ob die Aufenthalte der Zeugin im Einfamilienhaus ihrer Eltern auf wenige Stunden beschränkt waren, so die Beklagte, oder auch Übernachtungen, wie die Klägerin vorträgt, umfasst haben. Denn um einen fundierten Eindruck von der Haushaltstätigkeit der Klägerin zu gewinnen, genügte die Wahrnehmung des Ergebnisses - des „Erfolgs“ - dieser Tätigkeit. Hierzu bedurfte es aber keiner sich über Nacht erstreckenden Aufenthalte der Zeugin.

cc) Auf der anderen Seite erscheint dem Senat eine 40-​Stunden-​Woche zur Führung des Haushalts nicht erforderlich. Hierbei ist zum Einen zu berücksichtigen, dass es sich lediglich um einen 2- bzw. 3-​Personen-​Haushalt handelt. Zum Anderen ist auch dem Ehemann der Klägerin eine Mitarbeit im Haushalt, wenn auch aufgrund des von ihm erlittenen Schlaganfalls nur in Form einer Zuarbeit, möglich und zumutbar.

dd) Unter Zugrundelegung dieser Umstände - und auch eines 20 %igen Anteils der Klägerin an der vornehmlich von ihrem Ehemann ausgeführten Gartenarbeit - erachtet der Senat einen wöchentlichen Aufwand für die Haushaltstätigkeit von 25 Stunden als angemessen.

b) Die Höhe des Stundenlohns bemisst der Senat in Abweichung von der Bewertung des Landgerichts auf nur 8,00 Euro. Aufgrund des weiterhin bestehenden Unterschieds im Lohnniveau der alten und neuen Bundesländer erscheint dieser Stundenlohn für die Wahrnehmung von Haushaltstätigkeiten angemessen. Dies entspricht im Übrigen der Bewertung der Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren. Soweit die Beklagte entgegen dieser Bewertung nunmehr im Berufungsverfahren einen Stundenlohn von nur noch 6,00 Euro mit der Begründung als richtig erachtet, dass das Landgericht 10,00 Euro zuerkannt habe (Seite 7 des Schriftsatzes vom 19.02.2014), kann diese Änderung der Auffassung nicht mehr als sachgerecht qualifiziert werden.

c) Hieraus ergibt sich unter Zugrundelegung von 65 Wochen ein Haushaltsführungsschaden in Höhe von 13.000,00 Euro (25 x 65 x 8).

2. Fahrtkosten betreffend die von ihrem Ehemann durchgeführten Fahrten vom Wohnort zum Krankenhaus kann die Klägerin nur in Höhe von 3.640,00 Euro beanspruchen.

a) Es unterliegt keinen Zweifeln, dass Besuche naher Verwandter die Gesundung gerade Schwerstverletzter befördern können. Soweit die Beklagte diesen ursächlichen Zusammenhang in Zweifel zieht, hätte sie dies mit konkreten Tatsachen unterlegen müssen, um die Annahme zu rechtfertigen, dass die zunächst abstrakt anzunehmende Eignung der Besuche zur Gesundungsförderung vorliegend ausnahmsweise nicht gegeben war.

b) aa) Allerdings besteht kein Anspruch auf eine Erstattung der Fahrtkosten des Ehemannes für tägliche Fahrten zum Krankenhaus über den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum. Zwar ist neben der Gesundheitsförderung durch Besuche auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Ehemann aufgrund des Gesundheitszustands der Klägerin, die sich anfänglich im Koma befand, mit den Ärzten Absprachen treffen musste. Dass dies aber auch nach einer gewissen Anfangsphase noch täglich geschehen musste, hätte die Klägerin detailliert vortragen müssen.

bb) Vor diesem Hintergrund hält der Senat die vom 08.03. bis zum 31.05.2010 durchgeführten täglichen Fahrten (= 84 Fahrten) und die im Zeitraum vom 01.06. bis zum 31.07.2010 jeden dritten Tag durchgeführten Fahrten (= 20 Fahrten), mithin insgesamt 104 Fahrten für erstattungsfähig.

cc) Der von der Klägerin in Ansatz gebrachte km-​Preis von 0,21 Euro ist zu niedrig bemessen. Angemessen ist die in § 5 Abs. 2 S. 1 Ziff. 1 JVEG normierte km-​Pauschale von 0,25 Euro. Der Senat verstößt hiermit nicht gegen die Dispositionsmaxime des § 308 Abs. 1 ZPO, da es sich lediglich um die Erhöhung hinsichtlich einer Einzelposition im Rahmen einer Gesamtabrechnung handelt und der Senat insgesamt nicht höhere Fahrtkosten als beantragt zuerkennt.

dd) Hieraus folgen Fahrtkosten für die Fahrten nach M. von 3.640,00 Euro.

3. Hinzu kommen die Fahrtkosten für die Fahrt von V. nach G. in Höhe von 11,50 Euro.

4. Ferner sind hinzuzurechnen die vom Landgericht zuerkannten weiteren Auslagen von 218,72 Euro (Rezeptanteil, Parkgebühren, Zuzahlungen für Krankenhaustage und den Rettungswagen sowie die Brille) und 3.289,66 Euro (für beschädigte Kleidung, Zuzahlungen zur Halsstütze und für Krankenhaustage, Zahnersatz etc.).

5. Hieraus ergibt sich mithin ein Ersatzanspruch für materielle Schäden von insgesamt 20.159,88 Euro (13.000,00 + 3.640,00 + 11,50 + 218,72 + 3.289,66).

6. Zu den Fahrtkosten der Tochter der Klägerin - wie auch zu weiteren abschlägig beschiedenen Schadenspositionen - ist vom Senat keine Entscheidung zu treffen, da die Klägerin keine (Anschluss-​)Berufung eingelegt hat.

IV.

Der zulässige Feststellungsantrag ist begründet.

Die Zulässigkeit ist auch hinsichtlich weiterer immaterieller Schäden gegeben. Der Bundesgerichtshof hat das nach § 256 ZPO vorausgesetzte Feststellungsinteresse für die Feststellung der Ersatzpflicht zukünftiger immaterieller Schäden bejaht, wenn aus der Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung die Möglichkeit des Eintritts weiterer Schäden besteht (Urteil vom 20.03.2001, a.a.O.). Das ist hier unzweifelhaft der Fall, wie auch die für die Begründetheit des Feststellungsantrags vorauszusetzende gewisse Wahrscheinlichkeit eines weiteren - immateriellen wie auch materiellen - Schadenseintritts gegeben ist (Urteil vom 16.01.2011, VI ZR 381/99, NJW 2001, 1431). Der Senat schließt sich insoweit der landgerichtlichen Auffassung an, dass sowohl die Schwere der Verletzungen, insbesondere das schwere Schädel-​Hirn-​Trauma, als auch die vorgenommenen Operationen, hier vor allem die Implantation des Ventilsystems zur Hirnwasserableitung, es nahelegen, dass die Entstehung weiterer Schäden wahrscheinlich ist. Zwar setzt die Notwendigkeit der Entfernung des Ventilsystems das Entstehen einer Entzündung voraus. Allerdings lassen gerade die Komplexverletzungen der Klägerin das Entstehen einer solchen Entzündung nicht als ausgeschlossen erscheinen.

V. Ein Anspruch auf Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren besteht in Höhe von 641,41 Euro. Der Senat teilt die Auffassung der Beklagten nicht, dass hier eine Abweichung von der Mittelgebühr deshalb nicht gerechtfertigt sei, weil die Geltendmachung von Ansprüchen aus einem Verkehrsunfall keine überdurchschnittliche Leistung eines Fachanwalts für Verkehrsrecht erfordere. Es kann dahin stehen, ob dies grundsätzlich zutrifft. Jedenfalls ist vorliegend eine höhere Schwierigkeit anzunehmen, weil einerseits die eingetretenen Verletzungsfolgen massiv und mit zahlreichen Einzelansprüchen verbunden sind, deren Bewertung eine eingehende, über das gewöhnliche Maß hinausgehende Bearbeitung erfordert, andererseits die Beklagte mit ihrem durchgängigen Bestreiten einer Vielzahl von Tatsachen eine überdurchschnittliche Beschäftigung mit diesen Tatsachen und den mit ihnen verknüpften Rechtsfragen erforderlich gemacht hat.


C.

I.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, 97 Abs. 1 ZPO.

II.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

III.

Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.