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BayObLG Beschluss vom 05.06.2002 - 2 ObOWi 208/01 - Im Urteil müssen neben dem Mittelwert auch die zugrunde liegenden Einzelmesswerte der Atemalkoholkonzentration mitgeteilt werden

BayObLG v. 05.06.2002: Im Urteil müssen neben dem Mittelwert auch die zugrunde liegenden Einzelmesswerte der Atemalkoholkonzentration mitgeteilt werden




Das BayObLG (Beschluss vom 05.06.2002 - 2 ObOWi 208/01) hat entschieden, dass im Bußgeldurteil nach § 25 a StVG neben dem Mittelwert auch die Einzelwerte einer Atemalkoholmessung mit dem Gerät Dräger Alcotest 7110 Evidential mitgeteilt werden müssen:

   Liegt einer Verurteilung nach StVG § 24a Abs 1 die Feststellung einer Atemalkoholkonzentration zugrunde, müssen im Urteil neben dem Mittelwert auch die zugrunde liegenden Einzelmesswerte der Atemalkoholkonzentration mitgeteilt werden.

Siehe auch
Atemalkohol - Atemalkoholtest
und
Stichwörter zum Thema Alkohol

Aus den Entscheidungsgründen:


"... Vorliegend ist an Hand der Urteilsgründe aber nicht auszuschließen, dass eine fehlerhafte Mittelwertbildung erfolgte. Die Urteilsgründe geben die der Mittelwertbildung zugrunde liegenden Einzelwerte nicht an. Der Senat verlangt aber die Angabe der Einzelmesswerte (BayObLG aaO), um dem Rechtsbeschwerdegericht die Nachprüfung zu ermöglichen. Soweit das OLG Stuttgart (Justiz 2000, 423 = VRS 99, 286 = DAR 2000, 537 BA 2000, 388) hierauf verzichten will, tritt der Senat dem nicht bei. Bei der bis September 1999 verwandten Software konnte in Einzelfällen eine fehlerhafte Mittelwertbildung durch unzulässige Aufrundung erfolgen (Bulletin der Bayerischen Staatsregierung 20/99 vom 1.10.1999, S.12; Mitteilung des Bayerischen Staatsministerium des Inneren vom 22.9.1999). Aus diesem Grund wurde empfohlen, bis zur Neuprogrammierung der Geräte eine Ahndung nach § 24a Abs. 1 Nr. 1 StVG erst ab 0,41 mg/l vorzunehmen (Bulletin aaO). Entgegen der Annahme des OLG Stuttgart gewährleistet die nunmehr eingesetzte Software nicht zweifelsfrei eine rechtsfehlerfreie Mittelwertbildung.




Der Senat tritt zwar dem Ansatz des OLG Stuttgart bei, wonach bei standardisierten Messverfahren die Wiedergabe einfacher Rechenvorgänge entbehrlich ist (OLG Stuttgart aaO unter Bezugnahme auf BGHSt 28, 235 f. und KG BA 2000, 115), er geht aber von anderen Tatsachenfeststellungen aus.

Die zwischenzeitlich dem Senat vorliegenden Erkenntnisse zeigen, dass nicht in allen Fällen aufgrund der neuen Software des Gerätes Alcotest 7110 Evidential MK III der Firma Dräger eine fehlerhafte Mittelwertbildung zweifelsfrei ausgeschlossen werden kann. Die nunmehr eingesetzte Software druckt die Einzelwerte mit drei Dezimalstellen aus, den Mittelwert berechnet sie danach unter Angabe von zwei Dezimalstellen. Der Senat hat in anderen Verfahren festgestellt, dass die Mittelwertbildung unter unzulässiger Berücksichtigung der dritten Dezimalstellen der Einzelmesswerte erfolgte und es in Einzelfällen deshalb zu einem um 0,01 mg/l überhöhten Mittelwert der Atemalkoholkonzentration kam. Dieselbe Feststellung hatte das OLG Köln treffen müssen (OLG Köln VRS 100, 138).

Bei analytischen Messvorgängen nimmt die Messgenauigkeit mit zunehmend geringer werdender Größe der Messeinheit ab. Für die Ermittlung der Blutalkoholkonzentration durch Analyse einer Blutprobe ist anerkannt, dass die dritte Dezimalstelle des Promillewertes keinen Aussagewert mehr hat (BGHSt 28, 1/4 = NJW 1978, 1930). Die dritte Dezimalstelle der Messwerte ist daher außer Acht zu lassen (BGH aaO; Hentschel Straßenverkehrsrecht 36. Aufl. § 316 StGB Rn. 53 m.w.N. hinsichtlich der obergerichtlichen Rechtsprechung), sowohl für die Einzelwerte als auch für die Berechnung des Mittelwertes (BGH aaO; Hentschel aaO; a.A. Sachs/Zink BA 91, 321). Diese Rechtsprechung ist auf die Feststellung der Atemalkoholkonzentration zu übertragen (OLG Köln VRS 100, 138/139). Auch bei ihr hat die dritte Dezimalstelle außer Betracht zu bleiben, weil sie wegen der von Dezimale zu Dezimale zunehmenden Messungenauigkeit sowohl analytisch als auch biologisch ohne Bedeutung ist. Für den Bereich der Blutalkoholbestimmung ist teilweise argumentiert worden, es sei ein Messwert zu finden, der nach naturwissenschaftlich-mathematischen Regeln dem wahren Wert am nächsten komme (Sachs/Zink aaO). Diese Betrachtungsweise würde aber bei einer auch nur geringen Aufrundung eine unzulässige Tatbestandserweiterung darstellen (BGHSt 28, 1/2).

Da auch aufgrund der neuen Software nicht in jedem Fall eine korrekte Bestimmung des Mittelwertes der Atemalkoholkonzentration sichergestellt ist, sind die der Mittelwertbildung zugrunde liegenden Einzelmesswerte weiterhin in den Urteilsgründen aufzuführen."

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