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OLG Düsseldorf (Urteil vom 12.12.2005 - I-1 U 100/05 - Zum Anscheinsbeweis für unangemessene Geschwindigkeit beim Verlassen der Autobahn

OLG Düsseldorf v. 1.12.2005: Zum Anscheinsbeweis für unangemessene Geschwindigkeit beim Verlassen der Autobahn




Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 12.12.2005 - I-1 U 100/05) hat zur Haftungsquotierung bei einem Drehen des Fahrzeugs und anschließendem Stehenbleiben in einer Autobahnausfahrt eine 80-%-ige Haftung angenommen:
   Dreht sich ein Fahrzeug beim Befahren einer Autobahnausfahrt um 360 Grad und bleibt sodann dort stehen, so spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine unangemessene Geschwindigkeit beim Befahren der Ausfahrt. Dies begründet eine Mithaftung von 80 % an einem Unfall, wenn der nachfolgende Verkehr bei einem Ausweichversuch ins Schleudern gerät.

Siehe auch
Ausfahren aus der Autobahn
und
Stichwörter zum Thema Autobahn

Aus den Entscheidungsgründen:


"... Begründet ist das Rechtsmittel in dem Umfang, in welchem der Kläger die durch das Landgericht ausgesprochene Haftungsverteilung angreift. Der Senat vermag sich nicht der durch das Landgericht ausgesprochenen Quotierung anzuschließen, derzufolge der auf den Kläger entfallenden Eigenhaftungsanteil mit 40 % in Ansatz zu bringen sein soll. Vielmehr muss er eine Kürzung seiner Anspruchsberechtigung nur in Höhe von 20 % hinnehmen.

Der Kläger dringt einerseits nicht mit seinem Einwand durch, der Schadensfalls sei für ihn ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG gewesen. Andererseits lässt sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme entgegen der durch das Landgericht vertretenen Ansicht nicht zweifelsfrei feststellen, dass den Kläger ein Mitverschulden hinsichtlich der Entstehung seiner unfallbedingten materiellen und immateriellen Schäden trifft. Zu seinen Lasten wirkt sich nur die von seinem Fahrzeug ausgegangene Betriebsgefahr anspruchsmindernd aus - und zwar in einem Umfang von 20 %. Damit umfasst die Ersatzverpflichtung der Beklagten die Quote von 80 % der ersatzfähigen Schäden des Klägers.

...

2. a) Obwohl es nicht zu einer Berührung zwischen dem Pkw des Klägers und demjenigen des Beklagten zu 1. gekommen ist, steht außer Zweifel, dass sich das Schadensereignis anlässlich des Betriebes des Pkw Ford Escort des Beklagten zu 1. im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG zugetragen hat.

b) In zutreffender Würdigung der erstinstanzlich erhobenen Beweise ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, es lasse sich nicht feststellen, dass der Beklagte zu 1. die Autobahnausfahrt in der falschen Richtung befahren habe und dass er seinen Pkw zum Unfallzeitpunkt auf einen Kollisionskurs zu dem durch den Kläger gesteuerten Wagen bewegt habe (Bl. 5 UA; Bl. 80 d.A.). Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Pkw Ford Escort für den Kläger anlässlich der Benutzung der Autobahnausfahrt ein plötzliches Frontalhindernis bildete, welches die darauf zufahrenden Verkehrsteilnehmer zu einer Notreaktion veranlasste. Der Kläger, der als erster die Gefahrenstelle erreicht hatte, sah sich zu einer Ausweichlenkung nach links veranlasst, welche den durch ihn gesteuerten Pkw Mercedes Benz in schadensursächlicher Weise von der Fahrbahn abkommen ließ. Der ihm mit einem gewissen zeitlichen Abstand folgende Zeuge W. hat einen Zusammenstoß mit dem Pkw des Beklagten zu 1. nur dadurch vermeiden können, dass er eine Vollbremsung mit der Folge einer Aktivierung seines Antiblockiersystems einleitete. Zum Betrieb im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG gehört auch ein Unfall ohne Fahrzeugberührung, wenn das Verhalten des einen Fahrzeuges das des anderen beeinflusst hat, wie etwa bei einer Veranlassung zum Ausweichen oder zu einer Notbremsung (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., § 7 StVG, Rdnr. 6 und 8 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen).




3. Darüber hinaus steht fest, dass der Beklagte zu 1. die schadensursächliche Gefahrensituation im Kurvenbereich der Autobahnausfahrt schuldhaft herbeigeführt hat. Auch wenn ihm nicht nachzuweisen ist, dass er die Auffahrt in der falschen Richtung benutzt hat, ist erwiesen, dass die mit der Position seines Pkw verbunden gewesene Hindernisbildung auf einen ihm anzulastenden schuldhaften Fahrfehler zurückging: Schon der Beweis des ersten Anscheins spricht für die Annahme, dass die Drehung seines Fahrzeuges um 360° im Kurvenbereich einer Autobahnausfahrt auf eine nach Maßgabe der Vorgaben des § 3 Abs. 1 Satz 2 StVO überhöhte Annäherungsgeschwindigkeit zurückzuführen ist. Überdies gestehen die Beklagten zu, dass der Beklagte zu 1. "aufgrund der vorherrschenden Witterungsverhältnisse zu schnell in die Autobahnausfahrt hineingefahren sein mag" (Schriftsatz vom 26. Juli 2005; Bl. 121 d.A.). Obwohl sich keine Fahrtbewegung des Pkw Ford Escort für den Zeitpunkt der Annäherung des Klägers nachweisen lässt, bildete dieses auch in einer Stillstandsposition ein plötzliches Frontalhindernis für nachfolgende Verkehrsteilnehmer. Schuldhaft hat es der Beklagte zu 1. in dieser Ausgangssituation zudem unterlassen, auf seinen Pkw durch die sofortige Einschaltung des Warnblinklichtes als Hindernis entsprechend dem Gebot des § 15 Satz 1 StVO aufmerksam zu machen.

III.

1. a) Der Kläger beruft sich in seiner Rechtsmittelbegründung ohne Erfolg darauf, der Unfall habe sich für ihn als ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG dargestellt (Bl. 111 d.A.). In diesem Zusammenhang verweist der Senat zunächst voll inhaltlich auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil (Bl. 4, 5 UA; Bl. 79, 80 d.A.). Ergänzend ist folgendes auszuführen:

b) Der Kläger mag aufgrund des Verlaufs der ausgeprägten Rechtskurve nicht in der Lage gewesen sein, den Pkw des Beklagten zu 1. als ein entgegen seiner Fahrtrichtung positioniertes Fahrzeug frühzeitig zu erkennen (Bl. 112 d.A.). Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 StVG gilt ein Ereignis u.a. jedoch nur dann als unabwendbar, wenn der Fahrzeugführer jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beachtet hat. Ein in diesem Sinne als "Idealfahrer" zu verstehender Fahrzeugführer durfte jedoch nicht von der Annahme ausgehen, dass er in der durch ihn nicht einsehbaren kurvenförmigen Ausfahrspur freie Fahrt haben werde. Ganz abgesehen davon, dass man nie eine Behinderung durch Fahrzeuge ausschließen kann, die wegen eines Unfalls, einer Panne oder aus sonstigen Gründen auf der Fahrbahn liegen bleiben, muss man auch an einer Autobahnausfahrt im morgendlichen Berufsverkehr mit der Möglichkeit eines Verkehrsrückstaus rechnen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass es immerhin dem dem Kläger folgenden Fahrer, dem Zeugen W., gelungen ist, die Gefahrenstelle ohne Schadensfolgen zu passieren - wenn auch nur mit Hilfe einer Vollbremsung und einer Ausweichlenkung nach links.




2. In diesem Zusammenhang dringt der Kläger auch nicht mit seinem Einwand durch, in Abweichung von der Beweiswürdigung des Landgerichts sei davon auszugehen, dass sich das Fahrzeug des Beklagten zu 1. im Moment seiner Annäherung in einer Fahrtbewegung befunden habe (Bl. 111 d.A.). Allein aus einer Einlassung des Beklagten zu 1., er habe in der Stillstandsposition am Fahrbahnrand die Fahrzeuge der erstinstanzlich vernommenen Zeugen sowie einen Lkw gesehen, kann entgegen der spekulativen Schlussfolgerung des Klägers nicht die Feststellung abgeleitet werden, dass sich bei seiner Annäherung der Ford Escort des Beklagten zu 1. eben noch in einer Vorwärtsbewegung befunden haben müsse (Bl. 111 d.A.). Alle Angaben des Beklagten zu 1. müssen unter dem Gesichtspunkt gewürdigt werden, dass gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort bei der Staatsanwaltschaft Duisburg zu dem Aktenzeichen 185 Js 302/04 anhängig war.

Nachvollziehbar ist deshalb eine Unfallschilderung des Beklagten zu 1., welche die Annahme nahe legen soll, er habe das Fahrzeug seines Unfallgegners gar nicht erst wahr genommen.

IV.

Indes vermag der Senat nicht der Bewertung des Landgerichts zu folgen, dem Kläger sei ein erhebliches Mitverschulden an der Entstehung seines Unfallschadens im Umfang von 40 % aufgrund der Tatsache anzulasten, dass er in der Gefahrensituation eine Überreaktion gezeigt habe; hätte er die Bremskraft seines Fahrzeuges richtig dosiert und dessen Lenkrad etwas geringer eingeschlagen, hätte er seinen Wagen auf der Fahrbahn halten können (Bl. 6 UA; Bl. 81 d.A.). Diese Einschätzung des Unfallbeitrages des Klägers, derzufolge er seine Schäden - bis auf eine Differenz von 10 % - fasst zur Hälfte selbst tragen müsste, wird den Besonderheiten der Unfallsituation nicht in dem gebotenen Umfang gerecht. Ein dem Kläger anzulastendes Mitverschulden an der Entstehung des Schadensereignisses lässt sich nicht zweifelsfrei feststellen.


1. a) Über die Annäherungsgeschwindigkeit des Klägers bei der Benutzung der Autobahnausfahrt ist nichts bekannt. Allein aus der Tatsache, dass er von der Fahrbahn abgekommen ist, lässt sich nicht im Wege des Anscheinsbeweises auf ein erhöhtes Ausgangstempo unter Missachtung des § 3 Abs. 1 StVO oder auf ein Aufmerksamkeits- oder Reaktionsverschulden im Sinne eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 StVO schließen.

b) Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in Verbindung mit dem als Urkundenbeweis zu verwertenden Inhalt der beigezogenen Strafakte 185 Js 302/04 StA Duisburg steht fest, dass der Kläger - ebenso wie die übrigen vernommenen Unfallzeugen - von dem Anblick des entgegen seiner Fahrtrichtung positionierten Pkw des Beklagten zu 1. völlig überrascht wurde und er in seiner Not zu einer Ausweichreaktion gezwungen wurde. Diese ist zwar - darin ist dem Landgericht beizupflichten - zu heftig ausgefallen mit der Folge, dass der Kläger von der Straße abgekommen ist. Die entscheidende Ursache für die Fehlreaktion des Klägers hat jedoch in schuldhafter Weise der Beklagte zu 1. gesetzt: Dieser hat auch im Falle seines Stillstandes im Moment der Annäherung des Klägers den Anschein einer Gegenverkehrssituation in einem Autobahnbereich hervorgerufen, auf welchem nicht mit Fahrzeugen in Gegenrichtung zu rechnen war. Da der Kläger zur Unfallzeit um 6.20 Uhr - nach der polizeilichen Verkehrsunfallanzeige herrschte Dämmerung - in die Scheinwerfer des Pkw Ford Mondeo blickte, war das Fahrzeug nicht auf Anhieb als ein auf dem Standstreifen infolge einer Notsituation angehaltener Wagen zu erkennen, denn dazu hätte dieser mit seinen Rücklichtern in die Fahrtrichtung des Klägers zeigen müssen.

c) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist davon auszugehen, dass der Kläger von dem Anblick des Pkw des Beklagten zu 1. ebenso überrascht wurde wie die nachfolgenden Zeugen W. und T.. Ersterer war Fahrer eines Fahrzeuges, welches kurz nach dem Unfall des Klägers am Ort des Geschehens eintraf. Zur Vermeidung eines Zusammenstoßes mit dem Pkw Ford Escort sah sich der Zeuge W. zur Einleitung einer Vollbremsung gezwungen, im Zuge der sich das Antiblockiersystem einschaltete. Gleiches hat sein Beifahrer, der Zeuge T., berichtet. Dieser wurde in dem Moment auf das "in falscher Fahrtrichtung" stehende Fahrzeug des Beklagten zu 1. aufmerksam, als der Zeuge W. die Vollbremsung einleitete.

d) Aufschlussreich ist darüber hinaus die detaillierte Unfallschilderung, die der Zeuge T. für das bezeichnete Strafverfahren unter dem Datum des 20. Mai 2004 verfasst hat (Bl. 15/17 BeiA). Danach befand sich das Fahrzeug des Beklagten zu 1. "entgegengesetzt zur Fahrtrichtung rechts halb auf der Fahrbahn und halb auf dem Standstreifen und versuchte anscheinend zu wenden". Die Standortangabe ("halb auf der Fahrbahn und halb auf dem Standstreifen") entspricht der Darstellung des Beklagte in seiner Klageerwiderung (Bl. 25 d.A.). Nach der weiteren schriftlichen Schilderung des Zeugen T. hat es sein Fahrer, der Zeuge W., nur mit Mühe geschafft, ohne Kollisionsberührung den Standort des Pkw Ford Escort zu passieren ("wir kamen soeben daran vorbei"; Bl. 27 BeiA).

2. Zutreffend ist deshalb nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die Feststellung des Landgerichts, für den Kläger habe sich beim Eintreffen am Unfallort eine besonders gefährliche Situation ergeben: Wegen der falschen Richtung des Fahrzeuges musste der Kläger damit rechnen, dass der Beklagte zu 1. entweder als Gegenverkehr los fuhr oder ggf. ein Wendemannöver einleiten werde, wie er es später tatsächlich auch durchgeführt hat. Der Kläger hat sich also herausgefordert gesehen - ebenso wie der später die Unfallstelle passierende Zeuge W. - durch ein Brems- und Ausweichmannöver einen möglichst großen Abstand zu dem Ford Escort herzustellen. Es hat sich um eine Augenblicksentscheidung gehandelt, in welcher sich der Kläger darüber klar werden musste, welche Reaktion zur Vermeidung eines Zusammenstoßes erforderlich war (Bl. 5, 6 UA; Bl. 80, 81 d.A.).

3. a) Dem Kläger darf aber in der plötzlichen Notsituation, mit der er konfrontiert war, keine schuldhafte Überreaktion aufgrund des Umstandes angelastet werden, dass er es nicht geschafft hat, sein Fahrzeug auf der Fahrbahn zu halten. Er musste in Sekundenschnelle eine Entscheidung über sein Fahrverhalten treffen. Die Tatsache, dass der Pkw des Beklagten zu 1. im engen Kurvenbereich bei ungünstigen Sichtverhältnissen halb in die durch den Kläger benutzte Fahrbahn hinein ragte, macht deutlich, dass dieser durch den richtigen Einsatz von Bremsung und Lenkung ein situationsadäquates Fahrgeschick zeigen musste. Auch dem Zeugen W. war es nur mit Mühe gelungen, einen Zusammenstoß "so eben" zu vermeiden.

b) Dem Kläger gereicht es deshalb nicht zwingend zum Vorwurf, dass es ihm nicht wie einem Idealfahrer gelungen ist, in der Notsituation sein Fahrzeug so beherrschen, dass er bei dem Versuch der Vorbeifahrt an dem hindernisbildenden Pkw des Beklagten zu 1. auf der Fahrbahn verblieb. Nach ständiger Rechtsprechung - auch des Senats - ist das falsche Reagieren eines Verkehrsteilnehmers dann kein Verschulden, wenn er in einer ohne sein Verschulden eingetretenen, für ihn nicht voraussehbaren Gefahrenlage keine Zeit zu ruhiger Überlegung hat und deshalb nicht das Richtige und Sachgerechte unternimmt, um den Unfall zu verhüten, sondern aus verständlicher Bestürzung objektiv falsch reagiert (BGH DAR 1976, 185 mit Hinweis auf BGH LM Nr. 2 zu § 286 ZPO und weiteren Rechtsprechungsnachweisen; so auch Senat, zuletzt im Urteil vom 13. September 2004 zu dem Aktenzeichen I-1 U 31/04).

2. a) Aus diesem Grund lässt sich der durch das Landgericht zu Lasten des Klägers festgesetzte Eigenhaftungsanteil von 40 % nicht aufrecht erhalten. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass dem Beklagten zu 1. ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 15 Satz 1 StVO anzulasten ist. Danach ist sofort Warnblinklicht einzuschalten, wenn ein mehrspuriges Fahrzeug an einer Stelle liegen bleibt, an der es nicht rechtzeitig als stehendes Hindernis erkannt werden kann.



b) Unstreitig hat der Beklagte zu 1., nachdem er mit seinem Fahrzeug im Ausfahrtbereich die Drehung vollzogen hatte, die Warnblinklichtanlage nicht eingeschaltet. Seinem Vorbringen in der Klageerwiderung gemäß war es ihm zunächst nicht möglich, sich zu bewegen, da er aufgrund einer Schocksituation wie "versteinert" gewesen sei (Bl. 25 d.A.). Dies ändert jedoch nichts daran, dass er wegen der erheblichen Gefährdungssituation, die von seinem umgedrehten Fahrzeug ausging, durch die Betätigung der Warnblinkanlage in der Dämmerung hätte auf sich aufmerksam machen müssen. Dann wäre für die ihm entgegen kommenden Verkehrsteilnehmer, u.a. auch für den Kläger, sofort zu erkennen gewesen, dass sie nicht mit einem "Geisterfahrer" oder mit einem Wendenden konfrontiert waren, sondern mit einem Fahrer, dessen Pkw aufgrund einer Notsituation zum Stillstand gekommen war.

c) Auch ein nach einem Unfall im Verkehrsraum stehendes Fahrzeug ist im Sinne des § 15 StVO liegengeblieben, selbst wenn sich später dessen Fahrfähigkeit herausstellt (BGH VersR 1977, 36). Selbst wenn der Beklagte wegen seiner körperlichen Verfassung zunächst nicht in der Lage gewesen sein sollte, sein Fahrzeug fortzubewegen, änderte dies nichts an der Einschlägigkeit des § 15 StVO. Denn ein Liegenblieben kann auch durch den Körperzustand des Fahrers bedingt sein (Hentschel a.a.O., § 15 StVO, Rdnr. 3).

V.

Bei der Abwägung aller unfallursächlichen Umstände nach § 17 StVG kann im Ergebnis deshalb zu Lasten des Klägers nur die von seinem Fahrzeug ausgegangene Betriebsgefahr anspruchsmindernd berücksichtigt werden. Demgegenüber steht das in mehrfacher Hinsicht schuldhafte Verhalten des Beklagten zu 1. bei der Entstehung der Unfallsituation. Dieses überwiegt indes nicht in einem solchen Ausmaß, dass die von dem klägerischen Fahrzeug ausgegangene Betriebsgefahr nicht mehr haftungsbegründend ins Gewicht fällt. Mutmaßlich infolge eines zu starken Lenkeinschlages nach dem Erkennen der Gefahrensituation hat der Kläger die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren und ist von der Fahrbahn abgekommen. Bei der weiteren Bewegung seines Wagens durch die Grünanlagen sind ihm dann die klagegenständlichen Sach- und Personenschäden entstanden. Durch das unkontrollierte Ausbrechen war die von dem klägerischen Fahrzeug ausgegangene Betriebsgefahr in einer Weise erhöht, dass diese mit einem Anteil von 20 % in Ansatz zu bringen ist. ..."

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