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OVG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 13.12.2004 - 4 B 206/04 - Die Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens setzt die Feststellung einer gelegentlichen Einnahme von Cannabis voraus

OVG Brandenburg v. 13.12.2004: Die Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens setzt die Feststellung einer gelegentlichen Einnahme von Cannabis voraus




Das OVG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 13.12.2004 - 4 B 206/04) hat entschieden:

  1.  Die Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gemäß § 14 Abs 1 S 4 FeV setzt die Feststellung einer gelegentlichen Einnahme von Cannabis voraus. Ein insoweit bestehender Verdacht kann die Anordnung der Beibringung eines ärztlichen Gutachtens gemäß § 14 Abs 1 S 1 Nr 2 FeV rechtfertigen.

  2.  Zur Abgrenzung von einmaligem und gelegentlichem Cannabiskonsum und dem Aussagegehalt von Tetrahydrocannabiol- (THC) und THC-Carbonsäure(THC-COOH)-Werten.


Siehe auch
MPU und Cannabis
und
Stichwörter zum Thema Cannabis




Aus den Entscheidungsgründen:


"... Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die mit Bescheid des Antragsgegners vom 25. Mai 2004 verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis zu Unrecht abgelehnt.

Allerdings greift die Rüge des Antragstellers, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht von einer formell ordnungsgemäßen, insbesondere ausreichend begründeten Vollziehungsanordnung des Antragsgegners in dem angegriffenen Bescheid ausgegangen, nicht durch. ... Jedoch ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung in materieller Hinsicht nicht tragfähig. ...

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs abgelehnt, weil die zugrunde liegende Entziehung der Fahrerlaubnis offensichtlich rechtmäßig sei. Rechtsgrundlage sei § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG). Danach sei demjenigen die Fahrerlaubnis zu entziehen, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen habe. Als ungeeignet gelte nach § 46 Abs. 3 i. V. m. § 11 Abs. 8 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV), wer sich weigere, ein von der Behörde zu Recht gefordertes Gutachten beizubringen. Die Aufforderung des Antragsgegners, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, sei rechtmäßig gewesen. Die Voraussetzungen von § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV, wonach die Beibringung eines solchen Gutachtens angeordnet werden könne, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliege und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründeten, hätten vorgelegen. Denn der Antragsteller habe am 6. August 2003 ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss von Cannabis geführt. Feststellungen dazu, ob beim Antragsteller ein einmaliger oder gelegentlicher Konsum vorliegt, hat das Verwaltungsgericht nicht getroffen.


Der Antragsteller wendet zu Recht ein, die Anordnung der medizinisch-psychologischen Untersuchung sei rechtswidrig gewesen, so dass die Schlussfolgerung seiner Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen mit Blick auf die Regelung von § 11 Abs. 8 FeV nicht gerechtfertigt sei.

Der eindeutige Wortlaut von § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV setzt voraus, dass eine auf diese Vorschrift gestützte Anordnung der Beibringung eines solchen Gutachtens nur in Betracht kommt, wenn beide tatbestandlichen Voraussetzungen gegeben sind, also einerseits der "gelegentliche" Konsum von Cannabis, andererseits weitere Tatsachen vorliegen, die Zweifel an der Kraftfahreignung begründen. Eine "gelegentliche" Einnahme von Cannabis im Sinne dieser Norm ist gekennzeichnet durch einen zumindest mehrmaligen Konsum; bleibt es bei einem einmaligen Vorkommnis dieser Art, kann nach allgemeinem Sprachgebrauch nicht von einer gelegentlichen Einnahme die Rede sein (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. September 2003 - 10 S 1294/03 -, NZV 2004, 215 f. mit ausführlicher Begründung).

Das bedeutet für die Fahrerlaubnisbehörde, dass in Fällen, in denen die ihr vorliegenden Erkenntnisse (bisher) lediglich den Schluss auf einen einmaligen Konsum - und zwar ausschließlich von Cannabis - zulassen, eine auf § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV gestützte Anordnung der Beibringung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung nicht in Betracht kommt. Dies gilt nach den oben gemachten Ausführungen selbst dann, wenn die weitere tatbestandliche Voraussetzung dieser Norm gegeben wäre, etwa weil im Hinblick auf eine Teilnahme am Straßenverkehr unter dem Einfluss der darin enthaltenen Stoffe Anlass zu der Annahme besteht, der Fahrerlaubnisinhaber sei in diesem Fall nicht in der Lage gewesen, zwischen seinem Betäubungsmittelkonsum und seiner Teilnahme am Straßenverkehr zu trennen.




Ist in einem solchen Fall unklar, ob tatsächlich nur eine einmalige Einnahme von Cannabis vorlag oder ob es sich um einen zumindest gelegentlichen Konsum handelt, darf mithin eine medizinisch-psychologische Untersuchung nicht angeordnet werden, da die gelegentliche Einnahme tatbestandliche Voraussetzung, nicht jedoch zulässiger Gegenstand einer solchen Untersuchung ist. Vielmehr kann in solchen Fällen nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV eine ärztliche Untersuchung angeordnet werden (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. September 2003, a. a. O., S. 216), ebenso wie in jenen Fällen, in denen weitergehende Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde von der Klärung der noch offenen Frage abhängen, ob ein Konsum "regelmäßig" oder "gelegentlich" ist (vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 10. Juli 2002 - 4 B 96/02 -; OVG Bremen, Beschluss vom 8. März 2000 - 1 B 61/00 -, NZV 2000, 477; OVG Saarland, Beschluss vom 22. November 2000 - 9 W 6/00 -, zfs 2001, 188 f.)

Stellt sich der Betroffene einer solchen ärztlichen Untersuchung nicht, so kann nach § 11 Abs. 8 FeV auf das Fehlen seiner Kraftfahreignung geschlossen werden.

Ergeben sich bei einer solchen Untersuchung im Falle ihrer Durchführung keine Hinweise darauf, dass der Betroffene das genannte Betäubungsmittel (zumindest) gelegentlich konsumiert, ist mithin tatsächlich von einer lediglich einmaligen Einnahme auszugehen, so werden - falls sich eine dahin gehende Berechtigung nicht aus anderen Gründen ergibt - weitere Maßnahmen entweder zur Aufklärung des Sachverhalts (wie eine neuerliche Begutachtung) oder zur Gefahrenabwehr (wie die Entziehung der Fahrerlaubnis) nicht in Betracht kommen.

Bestätigt sich dagegen ein Verdacht auf einen gelegentlichen Konsum, ist weiter zu unterscheiden:

Steht aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse bereits fest, dass auf den Betroffenen eines der in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 der Fahrerlaubnisverordnung beschriebenen eignungsausschließenden Verhaltens- bzw. Persönlichkeitsmerkmale zutrifft, so ist seine Fahrerlaubnis zu entziehen, ohne dass es einer weiteren Aufklärung, etwa in der Form einer medizinisch-psychologischen Untersuchung bedarf (Bayerischer VGH, Beschluss vom 3. Februar 2004 - 11 CS 04.157 -, zitiert nach Juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 7. März 2003 - 10 S 323/03 -, zfs 2003, 266, 267).

Steht umgekehrt fest, dass es an jeglichen diesbezüglichen Anhaltspunkten fehlt, kommt trotz eines gelegentlichen Konsums mangels weiterer Tatsachen, welche Zweifel an der Eignung begründen, weder die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung in Betracht (§ 14 Abs. 1 Satz 4 FeV) noch eine auf § 46 Abs. 1 i. V. m. § 11 FeV und Ziff. 9.2.2 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV beruhende Entziehung der Fahrerlaubnis.

Liegen schließlich über den mit der ärztlichen Untersuchung nunmehr festgestellten gelegentlichen Konsum von Cannabis hinaus weitere Tatsachen vor, die Zweifel an der Eignung begründen, ohne dass ein diesbezügliches Ergebnis bereits feststeht, kann sodann gestützt auf § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV eine medizinisch-psychologische Untersuchung angeordnet werden, von deren Ausgang die weitere Vorgehensweise der Behörde abhängt.




Dies zu Grunde gelegt, war die im vorliegenden Verfahren angeordnete Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtswidrig, weil ein gelegentlicher Cannabiskonsum des Antragstellers im Sinne der Vorschrift nicht feststand, sondern dem Verdacht auf gelegentlichen Cannabiskonsum nachzugehen war. Nach Aktenlage wurde am 6. August 2003 zum bisher ersten und einzigen Mal festgestellt, dass der Antragsteller unter dem Einfluss von Cannabis am Straßenverkehr teilgenommen hatte. Hinweise auf einen Konsum dieses Betäubungsmittels außerhalb des Straßenverkehrs waren und sind ebenfalls nicht vorhanden. Seit seiner ersten inhaltlichen Äußerung hat er im Verlauf des Verwaltungsverfahrens behauptet, in der Nacht des 5. August 2003 habe er sich auf einer "lebhaften" Geburtstagsfeier eines Bekannten befunden, die bis in die Vormittagsstunden des 6. August gedauert habe. Dort seien ihm Zigaretten zur Verfügung gestellt worden, die offensichtlich Betäubungsmittel enthalten hätten. Hierüber sei er aber nicht informiert worden. Ferner hat er ausdrücklich angegeben, es habe sich um einen einmaligen Vorfall gehandelt. Soweit er an anderer Stelle ausführt, die im Rahmen einer Blutuntersuchung erhobenen Werte könnten allenfalls den Verdacht auf einen gelegentlichen Konsum rechtfertigen, soll damit ersichtlich ein solcher gerade nicht eingeräumt werden. Das ergibt sich auch aus seinen weiteren Ausführungen, mit denen er dargelegt hat, der angenommene Verdacht eines gelegentlichen Konsums könne bereits durch eine erneute Blutuntersuchung im Rahmen einer medizinischen Untersuchung vollständig ausgeräumt werden. Hiernach handelte es sich - jedenfalls nach den Angaben des Antragstellers - bei den Geschehnissen des 5./6. August 2003 um eine einmalige Einnahme von Cannabis. Dies gilt selbst dann, wenn er seinerzeit mehrere Haschisch-Zigaretten geraucht haben sollte, weil sich das ganze Geschehen als ein einheitlicher Vorgang darstellt.

Seine diesbezüglichen Angaben sind entgegen der Auffassung des Antragsgegners durch die bei der erwähnten Blutuntersuchung ermittelten Werte nicht widerlegt. Hierbei handelt es sich um Werte, die eine eindeutige Zuordnung zu einer einmaligen oder einer gelegentlichen Einnahme von Cannabis nicht zulassen, und zwar auch dann nicht, wenn zu ihrer Beurteilung die vom Antragsgegner verwendete und im vorliegenden Verfahren eingereichte Tabelle herangezogen wird.

Die genannte Tabelle (abgedruckt in vollständiger Form in Daldrup/Käferstein/Köhler/Maier/Musshoff, Blutalkohol Vol. 37/2000, 39, 41), die es u. a. ermöglichen soll, aus den bei einer Blutuntersuchung ermittelten Daten auf das Maß eines Cannabiskonsums des Probanden zu schließen, basiert auf rechtsmedizinischen Erkenntnissen (vgl. hierzu Daldrup a. a. O., S. 41; Aderjan, Vortrag auf der 32. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin, in: Kongressbericht 2003 der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin, Berichte der BASt, Heft M 152, S. 189 ff., hier zitiert nach www.gtfch.org/tk/tk70_3/Aderjan.pdf). Sie findet entweder in tabellarischer Form oder der Sache nach Anwendung in der Rechtsprechung (vgl. etwa VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. September 2003, a. a. O., S. 216; OVG Saarland, Beschluss vom 30. September 2002 - 9 W 25/02 -, zfs 2003, 44, 45 f.), bei den Fahrerlaubnisbehörden (vgl. den Hinweis bei Himmelreich, DAR 2002, 26, 28 auf einen entsprechenden Runderlass des Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand des Landes Nordrhein-Westfalen vom 6. Juni 1999) und in der einschlägigen Literatur (Himmelreich, a. a. O., S. 29; vgl. auch Gehrmann, NZV 2002, 201, 205 f.).

Auch der Senat hat - soweit eine Beurteilung im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes möglich erscheint - keine grundsätzlichen Bedenken, sich dem anzuschließen und geht dabei von Folgendem aus:




Der in Cannabisprodukten enthaltene Wirkstoff Tetrahydrocannabiol (THC) ist selbst nur für kurze Zeit im Blut des Probanden nachweisbar. So soll bei normalem Konsum - insoweit eine Einzeldosis von 15 mg THC als so genannte Konsumeinheit zu Grunde gelegt - der THC-Wert bereits nach ca. sechs Stunden im Blut soweit abgebaut sein, dass er unter die Nachweisgrenze gefallen ist (OVG Lüneburg, Beschluss vom 11. Juli 2003 - 12 ME 287/03 -, NVwZ-RR 2003, 899 f.). Da das im Rahmen des Stoffwechsels anfallende Abbauprodukt des THC, die selbst wirkungsfreie THC-Carbonsäure (THC-COOH), demgegenüber wesentlich länger im Blut nachweisbar ist, wird vornehmlich auf den diesbezüglichen Wert bei der Abgrenzung abgestellt, ob ein Betroffener einmalig, gelegentlich oder regelmäßig Cannabis konsumiert hat (Daldrup u. a., a. a. O., Erläuterung zu Tabelle 1).

Nach den zitierten Erkenntnissen soll - soweit für das vorliegende Verfahren von Belang - ein Wert von THC-COOH von weniger als 5,0 ng/ml und ein zugleich vorliegender positiver THC-Wert den Schluss auf eine gelegentliche Einnahme von Cannabis zulassen, weil damit ein mindestens zweimaliger Konsum nachgewiesen sei.

Bei einem THC-COOH-Wert von mindestens 5,0 und weniger als 75 ng/ml soll ein mindestens gelegentlicher Konsum mit dem Verdacht auf einen regelmäßigen Konsum vorliegen.

Auch auf der Grundlage dieser Maßgaben sprechen die für den Antragsteller erhobenen Werte jedoch nicht notwendig für die Annahme der hier fraglichen Tatbestandsvoraussetzung eines gelegentlichen Cannabiskonsums.

   Bei einer am 6. August 2003 um 16:28 Uhr entnommenen Probe wurde eine Konzentration von 2,8 ng/ml THC und von 44,5 ng/ml THC-COOH in seinem Blut nachgewiesen.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ergibt sich daraus aber auch unter Anwendung der genannten Tabellenwerte nicht ohne weiteres, dass für den Antragsteller ein gelegentlicher, mindestens zweimaliger, Cannabiskonsum belegt ist, entweder im Hinblick auf die - erhebliche - Überschreitung des Schwellenwerts von 5,0 ng/ml THC-COOH bei gleichzeitigem Nachweis von THC oder sogar im Hinblick auf den im mittleren Bereich zwischen 5,0 und 75 ng/ml befindlichen THC-COOH-Wert von 44,5 ng/ml bei einem gleichzeitigen Verdacht auf einen regelmäßigen Konsum.




Denn den in den Tabellenwerten zusammengefassten Einschätzungen liegt die Annahme zu Grunde, dass die jeweilige Blutuntersuchung nicht - wie hier - innerhalb weniger Stunden nach dem Konsum, sondern in einem größeren zeitlichen Abstand von bis zu acht Tagen vorgenommen wurde (so auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 11. Juli 2003, a. a. O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. Januar 2003 - 19 B 1249/02 - , DAR 2003, 187, 188; vgl. auch Gehrmann, a. a. O., S 206). Das belegt jedenfalls der Teil der rechtsmedizinischen Fachliteratur, der vom Senat im Rahmen des vorliegenden vorläufigen Rechtsschutzverfahrens zur Würdigung der entsprechenden Werte herangezogen worden ist. So wird bei Daldrup u. a. (a. a. O., S. 44) in Würdigung der in Tabellenform dargestellten Werte ausgeführt:

   "Somit kann bei Blutproben, die nur wenige Stunden nach dem letzten Konsum abgenommen wurden, ab einer THC-COOH-Konzentration von 150 ng/ml ein regelmäßiger Konsum als gesichert angesehen werden. Wird die Blutprobe dagegen aufgrund der Aufforderung durch die Straßenverkehrsbehörde entnommen, so ist von regelmäßigem Konsum auszugehen, sobald eine Konzentration von mindestens 75 ng/ml THC-COOH im Blut nachgewiesen wird. Bei der Festlegung des Grenzwertes von 75 ng/ml wurde die Halbwertszeit dieses Metaboliten berücksichtigt und die Tatsache, dass die Betroffenen bis zu 8 Tage nach Aufforderung durch die Straßenverkehrsbehörde Zeit haben, sich einer Blutentnahme zu unterziehen. Während dieser Zeit hätten sie die Möglichkeit, ganz auf den Konsum von Cannabis zu verzichten. Legt man die Halbwertszeit von rund 6 Tagen von THC-COOH zugrunde, so reichen bereits weniger als 3 Tage aus, bis die Konzentration von beispielsweise 100 ng/ml auf 75 ng/ml abfällt."




Ferner wird dies bestätigt durch die bei Daldrup u. a. (a. a. O., S. 43) dargestellten Untersuchungen anderer Wissenschaftler, bei denen die THC-COOH-Konzentrationen unmittelbar nach der Aufnahme von THC betrachtet wurden. Nach den von Daldrup u. a. zitierten Forschungsergebnissen von Huestis, Henningfield, Cone wurde in deren Proben nach einem Konsum von 33,8 mg THC nach 2,21 Stunden im Mittel 48 ng/ml THC-COOH (bei einem Bereich zwischen 19 und 101 ng/ml) aufgefunden; nach 24 Stunden lag der höchste gemessene Wert immer noch bei 27 ng/ml. Selbst der Genuss (lediglich) einer Zigarette mit einem Wirkstoffgehalt von 3,5 % THC soll nach den Erkenntnissen von Huestis u. a. innerhalb eines Zeitraums von ca. sechs Stunden einen THC-COOH-Wert von etwas unter 40 ng/ml auslösen können (vgl. hierzu das Diagramm von Aderjan bei dem Vortrag "Cannabis im Straßenverkehr" am 19. November 2003 anlässlich des Symposiums des Arbeitskreises Suchtmedizin der Landesärztekammer Baden-Württemberg zum Thema "Biogene Drogen auf dem Vormarsch?", hier zitiert nach www.aerztekammer-bw_de_25_08laek_droge_5.pdf, S. 10).

Vor diesem Hintergrund erscheinen die oben ausgeführten Annahmen auch insoweit als nachvollziehbar, als trotz eines geringen THC-COOH-Wertes von weniger als 5,0 ng/ml auf einen gelegentlichen, nämlich mindestens zweimaligen Konsum geschlossen werden können soll. Denn bei einem gleichzeitig positiven THC-Wert wird eine Einnahme bereits dadurch belegt, dass der Betroffene unmittelbar vor der Untersuchung, nämlich innerhalb des nur wenige Stunden betragenden Zeitraums, innerhalb dessen dieser Wirkstoff vollständig abgebaut wird, Cannabis konsumiert haben muss. Der Hinweis auf (mindestens) eine weitere Einnahme ergibt sich aus dem vorausgegangenen Anlass für die Blutuntersuchung; nicht selten sind dies - ohne dass es hier darauf ankäme - eigene Angaben des Betroffenen in einem anderen Zusammenhang.



Hieran gemessen kann zwar auf der Grundlage der beim Antragsteller festgestellten THC- bzw. THC-COOH-Werte nicht ausgeschlossen werden, dass er gelegentlicher Konsument von Cannabisprodukten ist. So kann ein bei ihm etwa schon vorhanden gewesener THC-COOH-Spiegel zusammen mit dem in der Nacht vor bzw. den Morgenstunden des Begutachtungstages aufgenommenen THC zu Werten wie dem sodann ermittelten Wert von 44,5 ng/ml THC-COOH geführt haben. Ebenso ist aber auch denkbar, dass ein einmaliger Konsum in dem genannten Zeitraum, der nur wenige Stunden vor der Blutentnahme endete, diesen Wert herbeigeführt hat, sofern auf den Antragsteller bezogen ein Abbauverhalten wie das von Huestis u.a. beschriebene zu Grunde gelegt wird. Maßgeblich hängt dies insbesondere von der Menge des aufgenommenen THCs am 5./6. August 2003, dem genauen zeitlichen Abstand zwischen dem Konsum und der Blutuntersuchung sowie seiner persönlichen Konstitution ab. Für eine diesbezügliche Aufklärung ist indessen nach den oben gemachten Ausführungen gerade eine ärztliche Untersuchung vorgesehen; ein gelegentlicher Konsum steht nicht bereits im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV fest.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners lässt sich eine "gelegentliche" Einnahme von Cannabis auch nicht aus einem THC-Wert von mehr als 1,0 ng/ml folgern. Die von ihm insoweit in Bezug genommene Entscheidung des OVG Lüneburg (vgl den bereits zitierten Beschluss vom 7. Januar 2003, a. a. O. = Verkehrsblatt 2003, 660) nimmt eine solche THC-Konzentration nicht zum Beleg einer gelegentlichen Einnahme, sondern folgert daraus ein mangelndes Trennungsvermögen zwischen Konsum und Teilnahme am Straßenverkehr. ..."

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