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BGH Beschluss v. 03.11.1998 - 4 StR 395/98 - Anforderungen an den Nachweis einer drogenbedingten Fahruntauglichkeit

BGH v. 03.11.1998: Anforderungen an den Nachweis einer drogenbedingten Fahruntauglichkeit.




Der BGH (Beschluss vom 03.11.1998 - 4 StR 395/98) hat entschieden:

   Der Nachweis von Drogenwirkstoffen im Blut eines Fahrzeugführers rechtfertigt für sich allein noch nicht die Annahme der Fahruntüchtigkeit. Hierfür bedarf es vielmehr regelmäßig der Feststellung weiterer aussagekräftiger Beweisanzeichen; die Beeinträchtigung der Sehfähigkeit aufgrund einer drogenbedingten Pupillenstarre genügt hierfür nicht ohne weiteres.

Siehe auch
Rauschfahrt - drogenbedingte Fahruntüchtigkeit
und
Stichwörter zum Thema Drogen

Zum Sachverhalt:


Der Angeklagte, bei dem seit Anfang der 90er Jahre eine "manifeste Abhängigkeit von Drogen" vorlag (UA 19), benötigte zur Finanzierung seines Drogenkonsums Geld. Er überfiel aus diesem Grund in der Nacht zum 15. September 1997 gegen 3.40 Uhr, wie schon in den vorangehenden Fällen, den Nachtportier eines Hotels, wobei er ca. 740,- DM Bargeld erbeutete. Ebenso "wie in den vorhergehenden Fällen" (UA 12) war er auch dieses Mal mit seinem PKW zum Tatort gefahren. Zuvor hatte er "sein letztes Heroin am 14. September 1997 um 24.00 Uhr gespritzt und außerdem Kokain in nicht unerheblichen Mengen konsumiert" (UA 11/12). Weiter stellt das Urteil zum Verhalten des Angeklagten im Zusammenhang mit dem Führen seines PKW lediglich fest, dass er, als er nach dem Überfall "zu seinem Wagen rannte und davonfahren wollte ... (und) dabei (war), aus der Parklücke zu fahren, dem Polizeibeamten E. und dessen Kollegen auf(fiel)", die den Wagen stoppten, den Angeklagten überprüften und ihn festnahmen. Von dem Angeklagten wurden eine Blut- und eine Urinprobe genommen, die folgende Werte ergaben: im Urin: ca. 14,2 mikrog Morphin, ca. 149 mikrog Morphinkonjugate und ca. 7,3 mikrog Codein pro ml; im Blut: ca. 50 ng Morphin und ca. 950 ng Morphinkonjugate, ca. 92 ng Kokain und ca. 82 ng Benzoylecgonin pro ml. "Im Urin fanden sich außerdem Spuren an Abbauproduktion (gemeint ist ersichtlich: Abbauprodukten) von Haschischinhaltsstoffen" (UA 13).




Das Landgericht hat sich den Ausführungen des zur Frage der Fahrtüchtigkeit gehörten toxikologischen Sachverständigen angeschlossen, wonach die festgestellten Blut-Wirkstoff-Konzentrationen ergäben, dass der Angeklagte "bei einem 10%igen Stoff ca. 1/2 g gespritzt ... und außerdem Kokain, und zwar mehr Kokain als Heroin, genommen habe". Weiter hieß es dazu im Urteil:

   "Insbesondere durch das Kokain sei der Angeklagte im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt gewesen, denn in diesem Zustand werde die Verkehrssituation falsch eingeschätzt und die eigene Fähigkeit überschätzt. ... Außerdem sei der Angeklagte durch den bei der ärztlichen Untersuchung am 15. September 1997 festgestellten Pupillenengstand, der durch das konsumierte Heroin hervorgerufen sei, schwer sehbehindert gewesen".

Das Landgericht kam hiernach in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen zu dem Schluss, der Angeklagte sei "sozusagen absolut fahruntüchtig gewesen". Es verurteilte den Angeklagten unter anderem auch wegen eines vorsätzlichen Vegehens nach § 316 StGB.

Die gegen diese Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten war erfolgreich.




Aus den Entscheidungsgründen:


"... Die bisher getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten nach § 316 StGB nicht. Das Landgericht stützt die Feststellung, der Angeklagte sei "sozusagen absolut fahruntüchtig" gewesen, nämlich entscheidend auf die generell-abstrakte Eignung der von dem Angeklagten konsumierten berauschenden Mittel (Heroin und Kokain), verkehrsrelevante Bewusstseinsstörungen hervorzurufen. Damit lässt sich jedoch der Nachweis der Fahruntüchtigkeit im Sinne des § 316 StGB nicht führen. Anders als beim Alkoholkonsum eines Kraftfahrers ist eine ("absolute") Fahruntüchtigkeit nach Genuß von Drogen allein aufgrund eines positiven Wirkstoffspiegels im Blut nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft (noch) nicht zu begründen:

aa) Die Annahme der Fahruntüchtigkeit aufgrund des Genusses "anderer berauschender Mittel" im Sinne des § 316 StGB muss an dieselben Voraussetzungen anknüpfen, die die Rechtsprechung für die Anwendung dieser Strafvorschrift auf das Führen von Fahrzeugen unter Alkoholeinfluss entwickelt hat (krit. aus rechtsmedizinischer Sicht Bratzke in Veröffentlichung des 31. VGT, 1993, S. 47 f; Staak in Drogen und Verkehrstüchtigkeit, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen , Heft M 41, 1995, S. 18 ff.). Die inhaltliche Bestimmung der Fahruntüchtigkeit ("nicht in der Lage, das Fahrzeug sicher zu führen") kann zwar nicht losgelöst von Erkenntnissen der Medizin und der Toxikologie getroffen werden; sie unterfällt aber nicht allein rechts- bzw. verkehrsmedizinischer oder auch toxikologischer Beurteilung, sondern ist eine Rechtsfrage, deren normative Bewertung in erster Linie richterliche Aufgabe ist. Fahruntüchtigkeit setzt danach voraus, dass die Gesamtleistungsfähigkeit des Fahrzeugführers, namentlich infolge Enthemmung sowie geistig-seelischer und körperlicher Ausfälle, so weit herabgesetzt ist, dass er nicht mehr fähig ist, sein Fahrzeug im Straßenverkehr eine längere Strecke, und zwar auch bei plötzlichem Eintritt schwieriger Verkehrslagen, sicher zu steuern (BGHSt 13, 83, 90). Beim Alkohol haben gute Quantifizierbarkeit, bekanntes Stoffwechselverhalten sowie überprüfbare und bedingt reproduzierbare Wirkungsweise (vgl. OLG Köln NJW 1990, 2945, 2946 m.N.) es der Rechtsprechung ermöglicht, auf der Grundlage der gleichzeitig und gleichrangig zu würdigenden Ergebnisse sowohl der biologisch-medizinischen als auch der statistischen Alkoholforschung und unter besonderer Berücksichtigung der Ergebnisse von Fahrversuchen (BGHSt 21, 157, 160; 37, 89, 92) die Blut-Alkoholkonzentration festzulegen, bei der der Betreffende in seiner psychophysischen Leistungsfähigkeit so vermindert und in seiner Gesamtpersönlichkeit so wesentlich verändert ist, dass er den Anforderungen des Verkehrs nicht mehr durch rasches, angemessenes und zielbewusstes Handeln zu genügen vermag (zuletzt BGHSt 37, 89: 1,1 Promille für Kraftfahrer); er ist deshalb "absolut" fahruntüchtig (BGHSt 21, 157, 160; 37, 89, 95). Weiterer Beweisanzeichen für die Annahme der Fahruntüchtigkeit bedarf es dann nicht.




bb) Gesicherte Erfahrungswerte, die es erlauben, der Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille entsprechend "Grenzwerte" der Blut-Wirkstoff-Konzentrationen für die Annahme "absoluter" Fahruntüchtigkeit nach Drogenkonsum zu bestimmen, liegen bisher nicht vor (vgl. aus dem Schrifttum u.a. Bialas BA 1997, 129; Bratzke 31. VGT S. 47, 48; Gerchow BA 1987, 233, 236 f.; Harbort, Rauschmitteleinnahme und Fahrsicherheit, 1996, Rdn. 146 und 150; Hein/Schulz BA 1992, 225, 235 f.; Kauert DAR 1996, 447, 451; Salger/Maatz NZV 1993, 329 ff.; Schöch DAR 1996, 452, 455; zu den Gründen der ungewöhnlich stark ausgeprägten Bandbreiten der individuellen Reaktion auf eine bestimmte Dosis bzw. Konzentration von Wirkstoffen Schütz/Weiler BA 1993, 137, 146 ff.; Staak, Fahrtüchtigkeit und Drogen, in: Drogenabhängigkeit, hrsg. von Oehmichen u.a., 1992, S. 189, 190, 193). Der Senat vermag aber auch nicht als wissenschaftlich gesichert anzusehen, dass jeglicher Konsum jedenfalls sog. "harter" Drogen wie insbesondere Heroin und Kokain, der - wie hier - durch einen positiven Blut-Wirkstoff-Konzentrationsbefund belegt ist, nicht nur generell-abstrakt geeignet ist, die aktuelle Fahrtüchtigkeit aufzuheben, sondern dass eine solche Annahme auch individuell-konkret unter Ausschluss jeden vernünftigen Zweifels gerechtfertigt ist. Dies gilt unabhängig von der Höhe der festgestellten Blut-Wirkstoff-Konzentration. Um zu gesicherten Erkenntnissen zu gelangen, die unabhängig von rauschmittelbedingten Ausfallerscheinungen im Einzelfall den allgemeinen Grad der Gefährlichkeit einer toxischen Dosis in Bezug auf die Fahrtüchtigkeit belegen, bedürfte es verkehrsunfallstatistischer Untersuchungen über die dosisabhängige Steigerung des Unfallrisikos (vgl. zur Steigerung des Unfallrisikos nach Alkoholkonsum BGHR StGB § 315 c Abs. 1 Nr. 1a Gefährdung 2 m.N.; zur Epidemiologie bzgl. Fahrten nach Drogenkonsum Bratzke aaO S. 49 f.; Krüger in BAST aaO Heft M 41, S. 25 ff.). Für derartige objektivierbare medizinisch- und verkehrsunfallstatistische Daten fehlt es aber gegenwärtig noch an einer ausreichenden Grundlage (vgl. Aderjan in Festschrift für Salger, 1995, S. 583, 586 betr. Heroin; Bialas aaO BA 1997 S. 136; Friedrich-Koch/Iten, Die Verminderung der Fahrfähigkeit durch Drogen und Medikamente, 1994, S. 4o, 56 f., 70 ff., betr. u.a. Heroin und Kokain unter Auswertung auch ausländischer Untersuchungen; Staak in BAST aaO Heft M 41 S. 18, 21). Deshalb gestattet der positive Nachweis von psychotropen Substanzen im Blut - ungeachtet dessen, dass aus medizinisch-toxikologischer Sicht die Fahrsicherheit nach Konsum von Heroin und Kokain generell in Frage gestellt wird - für sich genommen nur eine Aussage über die aktive Wirkung eines Rauschmittels bei dem Betreffenden; der Nachweis akuten Mißbrauchs ist aber nicht mit ("sozusagen absoluter") Fahruntüchtigkeit gleichzusetzen (vgl. Möller DAR 1993, 7, 9, 11).

cc) Daß eine "sozusagen absolute Fahruntüchtigkeit" nach Drogenkonsum nicht zu begründen ist, wird durch die am 1. August 1998 in Kraft getretene Neufassung von § 24a Abs. 2 StVG durch Gesetz vom 28. April 1998 (BGBl I S. 810) bestätigt. Der Gesetzgeber hat damit nunmehr das Führen von Kraftfahrzeugen "unter der Wirkung" bestimmter, in einer Anlage besonders aufgeführter Rauschdrogen (u.a., soweit hier von Bedeutung, Heroin und Kokain) als Ordnungswidrigkeit mit Bußgeld (und Fahrverbot) bewehrt (zu dem Gesetz Bönke NZV 1998, 393; Bode ZAP 1998, 477; Hentschel NJW 1998, 2385). Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu dem Änderungsgesetz sollte damit zur Bekämpfung der durch Drogen für die Verkehrssicherheit entstehenden Gefahren die Ahndungslücke beseitigt werden, die sich nach der bisherigen Gesetzeslage daraus ergab, dass "eine Verurteilung nur möglich (ist), wenn die Fahruntüchtigkeit festgestellt und nachgewiesen werden kann(, weil es) Grenzwerte für die Annahme absoluter Fahruntüchtigkeit bei Drogen bisher nicht (gibt)" (BTDrs 13/3764 S. 4). An dieser Einschätzung hat sich auch im weiteren Gesetzgebungsverfahren, in dessen Verlauf eine öffentliche Anhörung unter Beteiligung mehrerer medizinischer und toxikologischer Sachverständiger durchgeführt wurde, nichts geändert (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr BTDrs 13/8979 S. 5 f.). Nach der in Abweichung vom Regierungsentwurf Gesetz gewordenen Fassung von § 24a Abs. 2 Satz 2 StVG liegt das pönalisierte Führen eines Kraftfahrzeugs "unter der Wirkung" der betreffenden Rauschdroge vor, "wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird".

Der Gesetzgeber hat mit dieser gesetzlichen Regelung für Fahrten nach Drogenkonsum einen - abgestuften, weiteren - abstrakten Gefährdungstatbestand als Vorfeld- oder Auffangtatbestand gegenüber der an engere Voraussetzungen geknüpften Strafvorschrift des § 316 StGB geschaffen. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass für eine Verurteilung wegen einer Straftat nach §§ 315 c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a), 316 StGB der Nachweis der Fahruntüchtigkeit nicht allein schon aufgrund des positiven Blutwirkstoffbefundes erbracht ist. Denn die damit hinsichtlich der in der Anlage zu § 24a Abs. 2 StVG n.F. bestimmten Rauschmittel für den Ordnungswidrigkeitentatbestand eingeführte "Nullwert-Grenze" kann nicht zugleich den Grad der abstrakten Gefahr beschreiben, der die Grenze strafbaren Verhaltens darstellt. Die Einführung eines strafbewehrten "absoluten Drogenverbots", das die Teilnahme am Kraftfahrzeugverkehr nach Rauschgiftgenuss unabhängig von der individuellen Wirkung der Droge unter Strafe stellt, ist dem Gesetzgeber vorbehalten.

dd) Trotz der erheblichen Gefahren, die von der Teilnahme unter Rauschgifteinfluss stehender Kraftfahrer am Straßenverkehr ausgehen können, kann deshalb der für die Erfüllung des geltenden § 316 StGB vorausgesetzte Nachweis der ("relativen"; zum Begriff vgl. BGHSt 31, 42, 44) Fahruntüchtigkeit bei der gegenwärtigen Gesetzeslage grundsätzlich nur aufgrund des konkreten rauschmittelbedingten Leistungsbildes des Betreffenden im Einzelfall geführt werden; dazu bedarf es außer dem positiven Blut-Wirkstoffbefund regelmäßig weiterer aussagekräftiger Beweisanzeichen (h.A. in Rspr. u. Lit.; für Heroin: OLG Frankfurt NZV 1992, 289 m. Anm. Molketin BA 1993, 207; für Haschisch: OLG Köln NJW 1990, 2945; OLG Düsseldorf NZV 1993, 276 m. Anm. Trunk; DAR 1994, 407; BayObLG NZV 1994, 236 und 285; NZV 1997, 127, 128; OLG Frankfurt/M. NZV 1995, 116; zusammenfassend u.a. Nehm DAR 1993, 375; Maatz BA 1995, 97; aus rechtsmedizinischer Sicht statt vieler Bratzke aaO 31. VGT, S. 48, 49; Schewe in Spezielle Aspekte des Drogenproblems, Festschrift zum 70. Geburtstag von Werner Janssen, hrsg. vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Hamburg, 1996, S. 3 ff.).


c) Umstände, die die ("relative") Fahruntüchtigkeit des Angeklagten mit genügender Sicherheit belegen, hat das Landgericht nicht festgestellt:

aa) Zwar können die Anforderungen an Art und Ausmaß drogenbedingter Ausfallerscheinungen umso geringer sein, je höher die im Blut festgestellte Wirkstoffkonzentration ist (vgl. für "Alkoholfahrten" BGHSt 31, 42, 45; aus medizinisch-toxikologischer Sicht Schütz/Weiler BA 1993, 137, 153). Das angefochtene Urteil ergibt aber nicht, ob die festgestellten Werte im Sinne einer konkreten Dosis-Konzentrations-Wirkungsbeziehung überhaupt als "hoch" anzusehen sind. Angesichts der erheblichen sowohl inter- als auch intraindividuellen Wirkungsunterschiede nach Drogenkonsum hätte dies jedenfalls näherer Darlegung bedurft, zumal da das Landgericht - auch insoweit sachverständig beraten - ausdrücklich ausgeschlossen hat, dass der Rauschzustand als solcher die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert hat (UA 18).

Im übrigen ist zwar nicht unbedingt erforderlich, dass sich die rauschmittelbedingten Ausfallerscheinungen in Fahrfehlern ausgewirkt haben müssen; unter Umständen können auch Auffälligkeiten im Verhalten in der Anhaltesituation genügen, die konkrete Hinweise auf eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit geben (BGHSt 31 aaO S. 45/46 für "Alkoholfahrten"; BayObLG NZV 1997, 127, 128 für Fahrten nach Haschischkonsum; Horn in SK-StGB 6. Aufl. § 316 Rdn. 27, 28). So hat der Senat eine Verurteilung nach § 316 StGB in einem Fall "folgenloser" Fahrt unter dem Einfluss von Rauschdrogen (Haschisch, Heroin und Codein) bestätigt, in dem der damalige Angeklagte der Polizei nicht durch Fahrfehler, sondern wegen ungestempelter Kfz-Kennzeichen aufgefallen war, aber nach dem Anhalten erhebliche Auffälligkeiten (stark benommener, apathischer Eindruck, Mühe bei der Beantwortung von Fragen, lallende verwaschene Aussprache, leicht unsicherer Gang) gezeigt hatte, die nach den Ausführungen des Sachverständigen auf dem erheblichen Rauschmittelkonsum beruhten (Verwerfungsbeschluss gemäß § 349 Abs. 2 StPO vom 18. Januar 1994 - 4 StR 650/93). Doch fehlt es hier auch unter diesem Gesichtspunkt an der Feststellung aussagekräftiger Anhaltspunkte:

Zu der Fahrt zum Tatort fehlt es insoweit an Feststellungen. Das Urteil teilt aber auch zur Situation beim Anhalten des Fahrzeugs durch die Polizei nach dem Überfall nicht mit, wodurch der Angeklagte den Polizeibeamten "auffiel" (UA 13). Diese haben es möglicherweise unterlassen, Beobachtungen zum Verhalten des Angeklagten zu machen und dies zu dokumentieren, wie sich dies für Fälle des Verdachts von Fahrten unter Drogeneinfluss empfiehlt (vgl. dazu Bönke NZV 1998, 393, 396 f.; Granitzka in BAST aaO Heft M 41, S. 52 ff.; Hein/Schulz BA 1992, 225, 229 ff.). Was der Sachverständige zu den Beeinträchtigungen aufgrund des festgestellten Drogenkonsums des Angeklagten ausgeführt hat, erschöpft sich nach dem Inhalt des Urteils in einer allgemeinen Beschreibung der Auswirkungen der Einnahme von Heroin und Kokain auf die Fahrsicherheit (vgl. dazu auch die Darstellung bei Harbort aaO Rdn. 244 und 289). bb) Das gilt auch, soweit der Sachverständige auf die Sehbehinderung bei dem Angeklagten infolge der Pupillenverengung (Miosis) verweist, die eine typische, von der betreffenden Person nicht zu beeinflussende Folge des Heroinkonsums ist (vgl. dazu Friedrich-Koch/Iten aaO S. 52, 56; Harbort aaO Rdn. 244). Zwar ist das Landgericht dem Sachverständigen zu Recht darin gefolgt, dass die Miosis zu einer "Nichtanpassungsfähigkeit der Pupillen an die Lichtverhältnisse" (UA 18) geführt habe. Doch läßt sich daraus auch im Zusammenhang mit den mitgeteilten Blut-Wirkstoff-Konzentrationen noch kein verläßlicher Schluss auf die ("relative") Fahruntüchtigkeit ziehen (so - allerdings für den Fall der Pupillenweitstellung nach Haschischkonsum - OLG Düsseldorf NZV 1993, 276 mit zust. Anm. Trunk; ferner LG Krefeld NZV 1993, 166). Hiervon ist ersichtlich auch der Gesetzgeber bei der Einführung des - bußgeldbewehrten - "absoluten Drogenverbots" durch Neufassung des § 24 a Abs. 2 StVG (s.o. 2 b cc) ausgegangen: In der Begründung zum Regierungsentwurf (BTDrs 13/3764 S. 5) wird nämlich ausdrücklich auf die "Pupillenverengung, die auch in der Dunkelheit bestehen bleibt", als "typische .. Leistungseinbuße" aufgrund des durch Heroin und Morphin bewirkten Rauschzustandes verwiesen, "die das sichere Führen eines Kraftfahrzeugs in Frage stell(t)". Der weiteren Begründung lässt sich aber entnehmen, dass dies noch nicht "eine tatsächliche Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit im Einzelfall" bedeutet (BTDrs aaO). Diese für den Bußgeldtatbestand maßgebliche Einschätzung muss auch für die Auslegung des - in Abgrenzung zum Begriff "unter der Wirkung" (§ 24 a Abs. 2 Satz 1 StVG) stehenden - Begriffs der Fahruntüchtigkeit im Sinne der §§ 315 c, 316 StGB Beachtung finden.



Es hätte deshalb der Prüfung bedurft, wie sich die - ohne nähere Erläuterung als "schwer" (UA 18) eingestufte - Sehbehinderung (vgl. dazu Gramberg-Danielsen in Wagner, Hrsg., Verkehrsmedizin, 1984, S. 154, 162 f.) konkret bei dem Angeklagten auf seine Fahrtüchtigkeit ausgewirkt und wie sie sich für ihn bemerkbar gemacht hat. In diesem Zusammenhang wäre auch zu erörtern gewesen, ob und inwieweit der Angeklagte, der "über die Wirkung im Allgemeinen und auf sich verständige Ausführungen gemacht hat" (UA 18), unter Umständen aufgrund seiner Drogengewöhnung in der Lage war, die Sehbehinderung zu kompensieren. Ohne dahingehende Feststellungen kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass der Drogenkonsum in der Tatnacht bei dem Angeklagten etwa infolge erheblicher Toleranzbildung nicht zu psycho-physischen Beeinträchtigungen geführt hat, die seine Fahrtüchtigkeit zur Tatzeit im Sinne des § 316 StGB aufgehoben haben.

Daß die festgestellte Drogenabhängigkeit und das Führen des PKW unter Drogeneinfluss Anlass zu begründeten Zweifeln an der Fahreignung des Angeklagten geben, die die Entziehung der Fahrerlaubnis im Verwaltungswege gemäß § 4 Abs. 1 StVG i.V.m. § 15b Abs. 1 StVZO rechtfertigen können, führt zu keinem anderen Ergebnis.

d) Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden und den Angeklagten insoweit freisprechen; denn es ist nicht ausgeschlossen, dass sich mit Hilfe der Polizeibeamten, des die Blutentnahme durchführenden Arztes sowie unter Umständen auch eines auf die Beurteilung der Sehfähigkeit nach Drogenkonsum spezialisierten Sachverständigen weitere Feststellungen zum Zustand und Verhalten des Angeklagten treffen lassen, die einen Schuldspruch nach § 316 StGB tragen. ..."

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