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OLG Hamm Urteil vom 31.01.1994 - 32 U 87/93 - Zur Mithaftung des etwas zu schnell fahrenden Pkw-Führers gegenüber einem das Rotlicht missachtenden betrunkenen Fußgänger
OLG Hamm v. 31.01.1994: Zur Mithaftung des etwas zu schnell fahrenden Pkw-Führers gegenüber einem das Rotlicht missachtenden betrunkenen Fußgänger
Das OLG Hamm (Urteil vom 31.01.1994 - 32 U 87/93) hat entschieden:
Überquert ein alkoholisierter Fußgänger eine Straße bei Rotlicht, so handelt er zwar grob fahrlässig, aber den Pkw-Fahrer trifft dennoch eine Mithaftung von 1/3, wenn er die zulässigen 50 km/h um 10 km/h überschritten hat und der Unfall bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit vermeidbar gewesen wäre.
Siehe auch Fußgänger - Verkehrsunfälle mit Fußgängerbeteiligung
Entscheidungsgründe:
Der Kläger kann von dem Beklagten wegen des Verkehrsunfalls vom 20.7.1992 die Zahlung von 3 887,64 DM aus den §§ 823, 254 BGB, 9 StVG verlangen. Die Abwägung ergibt, daß der Kläger 1/3 des Schadens selbst tragen muß.
Der Kläger fuhr mit seinem Pkw auf dem rechten der drei Fahrstreifen der K.-straße. Die für seine Fahrtrichtung maßgebliche Ampel war grün. Der Beklagte überquerte die K.-straße auf der Fußgängerfurt aus Fahrtrichtung des Klägers von links nach rechts. Die Fußgängerampel war rot. Der Beklagte lief vor den Pkw des Klägers. Der Kläger wich nach rechts aus. Der Pkw kam etwa 2 m nach dem Anstoßort mit den rechten Rädern auf dem Bordstein zum Stehen. Der Pkw wurde vorne links und rechts beschädigt.
Der Beklagte hat grob fahrlässig gehandelt. Er hat die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet, § 276 BGB. Er ist bei Rot über die Fußgängerfurt gegangen. Er konnte den Pkw des Klägers sehen. Das steht aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen (SV) S. fest.
An dessen Sachkunde besteht kein Zweifel. Der SV hat die Grundlagen seines Gutachtens zuverlässig durch Ortsbesichtigung mit Lichtbildaufnahmen ermittelt. Daß der Beklagte unter Alkoholeinfluß stand, räumt den Schuldvorwurf der Fahrlässigkeit nicht aus, § 827 S. 2 BGB.
Der Kläger hat den Unfall ebenfalls verschuldet. Er hat § 3 III Nr. 3 StVO nicht beachtet. Er hat die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h nicht eingehalten. Seine Annäherungsgeschwindigkeit lag bei 60 km/h. Das hat der SV S. errechnet. Seine Berechnung aufgrund des Kollisionsorts, der Stellung des Pkws nach der Kollision und seiner Beschädigungen sind nachvollziehbar und nicht zu beanstanden. Bei Einhalten der Geschwindigkeit von 50 km/h hätte der Kläger, wie der SV ausgeführt hat, bei gleicher Reaktion 3 m vor der Kollision anhalten können.
Bei der Abwägung nach §§ 9 StVG, 254 BGB dürfen nur bewiesene Umstände berücksichtigt werden. Der Beklagte hat sich grob fahrlässig verhalten. Er hat die Fußgängerfurt bei Rot überquert. Es näherten sich zwei Pkws, die er sehen konnte, das Klägerfahrzeug und der Pkw des Zeugen B. Der in erster Instanz vernommene Zeuge B. hat angegeben, daß er auf der mittleren Fahrspur etwas versetzt zum Kläger fuhr. Der Kläger muß für die Betriebsgefahr seines Pkws einstehen. Ferner ist sein allerdings nur geringes Verschulden wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung zu berücksichtigen. Der Senat bewertet die Betriebsgefahr und das Verschulden mit 1/3.