Das Verkehrslexikon

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Anhang IV zur 3. EU-Führerschein-Richtlinie 2006/126/EG

Anhang IV zur 3. EU-Führerschein-Richtlinie 2006/126/EG - Mindestanforderungen an Personen, die praktische Fahrprüfungen abnehmen


Siehe auch Fahrschule / Fahrlehrer / Fahrschüler




Anhang IV zur 3. EU-Führerschein-Richtlinie 2006/126/EG

Mindestanforderungen an Personen, die praktische Fahrprüfungen abnehmen

  1. Erforderliche Befähigung von Fahrprüfern

    • 1.1. Eine Person, die befugt ist, in einem Kraftfahrzeug die praktischen Fahrleistungen eines Bewerbers zu bewerten, muss hinsichtlich der unter den Nummern 1.2 bis 1.6 aufgeführten Sachgebiete über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie über das erforderliche Verständnis verfügen.

    • 1.2. Die Befähigung eines Fahrprüfers muss es ihm gestatten, die Fahrleistung eines Bewerbers zu bewerten, der einen Führerschein der Klasse erhalten möchte, für die die Fahrprüfung stattfindet.

    • 1.3. Kenntnisse und Verständnis in Bezug auf das Führen eines Fahrzeugs und Bewertung:

      • der Theorie des Fahrverhaltens;

      • der Gefahrenerkennung und Unfallvermeidung;

      • der Kenntnis des Katalogs der Fahrprüfungsanforderungen;

      • der Anforderungen an die Fahrprüfung;

      • der einschlägigen Straßenverkehrsvorschriften einschließlich der einschlägigen gemeinschaftlichen und nationalen Rechtsvorschriften und Auslegungsleitlinien;

      • der Theorie und Praxis der Bewertung;

      • des defensiven Fahrens.


    • 1.4. Bewertungsfähigkeiten:

      • Fähigkeit, die Leistung des Bewerbers insgesamt genau zu beobachten, zu kontrollieren und zu bewerten, und zwar insbesondere

      • das richtige und umfassende Erkennen gefährlicher Situationen;

      • die genaue Bestimmung von Ursache und voraussichtlicher Auswirkung derartiger Situationen;

      • das Tauglichkeitsniveau und die Erkennung von Fehlern;

      • die Einheitlichkeit und Kohärenz der Bewertung;

      • rasche Aneignung von Informationen und Herausfiltern von Kernpunkten;

      • vorausschauendes Handeln, Erkennung potenzieller Probleme und Entwicklung von entsprechenden Abhilfestrategien;

      • rechtzeitige und konstruktive Rückmeldungen.


    • 1.5. Persönliche Fahrfähigkeiten:

      • Eine Person, die befugt ist, eine praktische Prüfung für eine Führerscheinklasse abzunehmen, muss in der Lage sein, Kraftfahrzeuge des betreffenden Typs mit beständig hohem Fahrniveau zu führen.


    • 1.6. Qualität der Dienstleistung:

      • Festlegung und Vermittlung, worauf sich der Bewerber in der Prüfung einzustellen hat;

      • klare Kommunikation, wobei Inhalt, Stil und Wortwahl der Zielgruppe entsprechen müssen und auf Fragen der Bewerber einzugehen ist;

      • klare Rückmeldung in Bezug auf das Prüfungsergebnis; – nichtdiskriminierende und respektvolle Behandlung aller Bewerber.


    • 1.7. Fahrzeugtechnische und physikalische Kenntnisse:

      • fahrzeugtechnische Kenntnisse, z.B. über Lenkung, Reifen, Bremsen, Scheinwerfer und Leuchten, insbesondere bei Motorrädern und Lastkraftwagen;

      • Kenntnisse der Ladungssicherung;

      • Kenntnisse der Fahrzeugphysik wie Geschwindigkeit, Reibung, Dynamik, Energie.


    • 1.8. Kraftstoff sparende und umweltfreundliche Fahrweise.



  2. Allgemeine Bedingungen

    • 2.1. Ein Fahrprüfer für Führerscheine der Klasse B

      1. muss seit mindestens drei Jahren Inhaber eines Führerscheins der Klasse B sein;

      2. muss mindestens das 23. Lebensjahr vollendet haben;

      3. muss die Grundqualifikation gemäß Nummer 3 erworben haben und anschließend die Qualitätssicherung und die regelmäßigen Weiterbildungsmaßnahmen gemäß Nummer 4 absolviert haben;

      4. muss eine Berufsausbildung für einen Abschluss der Stufe 3 im Sinne der Entscheidung 85/368/EWG des Rates vom 16. Juli 1985 über die Entsprechungen der beruflichen Befähigungsnachweise zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften 1 abgeschlossen haben;

      5. darf nicht gleichzeitig als gewerblicher Fahrlehrer in einer Fahrschule tätig sein.

    • 2.2. Ein Fahrprüfer für Führerscheine der übrigen Klassen

      1. muss Inhaber eines Führerscheins der betreffenden Klasse sein oder gleichwertige Kenntnisse aufgrund einer angemessenen Berufsqualifikation besitzen;

      2. muss die Grundqualifikation gemäß Nummer 3 erworben haben und anschließend die Qualitätssicherung und die regelmäßigen Weiterbildungsmaßnahmen gemäß Nummer 4 absolviert haben;

      3. muss mindestens drei Jahre lang den Beruf des Fahrprüfers für Führerscheine der Klasse B ausgeübt haben; von der Einhaltung dieser Frist kann abgesehen werden, wenn der Fahrprüfer Folgendes nachweisen kann:

        • eine mindestens fünfjährige Fahrpraxis in der betreffenden Klasse oder

        • den theoretischen und praktischen Nachweis einer Fahrpraxis von höherem Niveau, als für den Erwerb eines Führerscheins erforderlich ist, wodurch die betreffende Anforderung überflüssig wird;


      4. muss eine Berufsausbildung für einen Abschluss der Stufe 3 im Sinne der Entscheidung 85/368/EWG abgeschlossen haben;

      5. darf nicht gleichzeitig als gewerblicher Fahrlehrer in einer Fahrschule tätig sein.


    • 2.3. Äquivalenzen

      • 2.3.1. Die Mitgliedstaaten können einem Fahrprüfer gestatten, Fahrprüfungen für die Klassen AM, A1, A2 und A abzunehmen, wenn er für eine dieser Klassen die Grundqualifikation gemäß Nummer 3 erworben hat.

      • 2.3.2. Die Mitgliedstaaten können einem Fahrprüfer gestatten, Fahrprüfungen für die Klassen C1, C, D1 und D abzunehmen, wenn er für eine dieser Klassen die Grundqualifikation gemäß Nummer 3 erworben hat.

      • 2.3.3. Die Mitgliedstaaten können einem Fahrprüfer gestatten, Fahrprüfungen für die Klassen BE, C1E, CE, D1E und DE abzunehmen, wenn er für eine dieser Klassen die Grundqualifikation gemäß Nummer 3 erworben hat.


  3. Grundqualifikation

    • 3.1. Grundausbildung

      • 3.1.1. Bevor einer Person die Abnahme von Fahrprüfungen gestattet wird, muss sie entsprechend etwaiger Vorgaben des betreffenden Mitgliedstaats ein Ausbildungsprogramm erfolgreich abgeschlossen haben, um die unter der Nummer 1 beschriebene Befähigung zu erwerben.

      • 3.1.2. Die Mitgliedstaaten müssen festlegen, ob der Inhalt eines bestimmten Ausbildungsprogramms sich auf die Zulassung zur Abnahme von Fahrprüfungen für eine oder für mehrere Führerscheinklassen bezieht.


    • 3.2. Prüfungen

      • 3.2.1. Bevor einer Person die Abnahme von Fahrprüfungen gestattet wird, muss sie in Bezug auf alle unter der Nummer 1 aufgeführten Sachgebiete Kenntnisse, Verständnis, Fähigkeiten und Tauglichkeit von ausreichendem Niveau nachweisen.

      • 3.2.2. Die Mitgliedstaaten legen ein Prüfungsverfahren zugrunde, bei dem auf eine in pädagogischer Hinsicht geeignete Art und Weise geprüft wird, ob die betreffende Person über die Befähigung gemäß der Nummer 1 - insbesondere der Nummer 1.4 - verfügt. Dieses Prüfungsverfahren muss sowohl eine theoretische als auch eine praktische Komponente aufweisen. Computerunterstützte Formen der Bewertung sind gegebenenfalls zulässig. Die Einzelheiten in Bezug auf Art und Dauer von Einzelprüfungen und Bewertungen im Rahmen der Prüfung liegen im Ermessen des jeweiligen Mitgliedstaats.

      • 3.2.3. Die Mitgliedstaaten müssen festlegen, ob der Inhalt einer bestimmten Prüfung sich auf die Zulassung zur Abnahme von Fahrprüfungen für eine oder für mehrere Führerscheinklassen bezieht.


  4. Qualitätssicherung und regelmäßige Weiterbildung

    • 4.1. Qualitätssicherung

      • 4.1.1. Die Mitgliedstaaten müssen über Qualitätssicherungsregelungen verfügen, die die Aufrechterhaltung der Anforderungen an Fahrprüfer gewährleisten.

      • 4.1.2. Die Qualitätssicherungsregelungen sollten die Überwachung der Fahrprüfer bei ihrer Tätigkeit, Zusatzausbildungen, die Erneuerung ihrer Zulassung, ihre berufliche Weiterbildung und die regelmäßige Überprüfung der Ergebnisse der von ihnen abgenommenen Fahrprüfungen einschließen.

      • 4.1.3. Die Mitgliedstaaten müssen im Rahmen der unter der Nummer 4.1.2 vorgesehenen Qualitätssicherungsregelungen dafür sorgen, dass jeder Fahrprüfer einer jährlichen Überwachung unterliegt. Ferner müssen die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass jeder Fahrprüfer einmal alle fünf Jahre für einen Mindestzeitraum von insgesamt einem halben Tag bei der Abnahme von Fahrprüfungen beobachtet wird, so dass mehrere Fahrprüfungen beobachtet werden können. Die die Überwachung durchführende Person muss von dem jeweiligen Mitgliedstaat für diesen Zweck zugelassen worden sein.

      • 4.1.4. Ist ein Fahrprüfer für die Abnahme von Fahrprüfungen für mehrere Klassen zugelassen, so können die Mitgliedstaaten bestimmen, dass die Überwachungsanforderung in Bezug auf mehrere Klassen durch die Überwachung in einer Klasse erfüllt ist.

      • 4.1.5. Die Fahrprüfungstätigkeit muss von einer von dem betreffenden Mitgliedstaat ermächtigten Stelle beobachtet und überwacht werden, um die korrekte und einheitliche Anwendung der Bewertung zu gewährleisten.


    • 4.2. Regelmäßige Weiterbildung

      • 4.2.1. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass sich Fahrprüfer zur Beibehaltung ihrer Zulassung ungeachtet der Zahl der Klassen, für die sie zugelassen sind, Folgendem unterziehen:

        • mindestens einer regelmäßigen Weiterbildung von insgesamt vier Tagen in einem Zeitraum von zwei Jahren, um

          • die erforderlichen Kenntnisse und die Prüfungsfähigkeiten zu erhalten und aufzufrischen,

          • neue Befähigungen, die zur Ausübung des Berufs erforderlich geworden sind, zu entwickeln,

          • dafür zu sorgen, dass ein Fahrprüfer die Prüfungen nach wie vor nach fairen und einheitlichen Anforderungen durchführt;


        • einer regelmäßigen Weiterbildung von insgesamt fünf Tagen Dauer in einem Zeitraum von fünf Jahren, um

          • die erforderlichen praktischen Fahrfähigkeiten zu entwickeln und zu erhalten.


      • 4.2.2. Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um dafür zu sorgen, dass Fahrprüfern, bei denen das geltende Qualitätssicherungssystem ernstliche Fehlleistungen festgestellt hat, unverzüglich eine spezielle Weiterbildung erhalten.

      • 4.2.3. Die regelmäßige Weiterbildung kann in Form von Besprechungen, Unterricht, herkömmlicher oder computergestützter Vermittlung erfolgen, und sie kann einzeln oder in der Gruppe vermittelt werden. Sie kann, soweit die Mitgliedstaaten dies für angezeigt erachten, eine Neufestsetzung der Anforderungen enthalten.

      • 4.2.4. Ist ein Fahrprüfer für die Abnahme von Fahrprüfungen für mehrere Klassen zugelassen, so können die Mitgliedstaaten bestimmen, dass die Weiterbildungsanforderung für Fahrprüfer in Bezug auf mehrere Klassen durch die Weiterbildung in einer Klasse erfüllt ist, sofern die Anforderungen der Nummer 4.2.5 erfüllt sind.

      • 4.2.5. Hat ein Fahrprüfer innerhalb eines Zeitraums von 24 Monaten für eine Klasse keine Fahrprüfungen abgenommen, so hat er sich einer entsprechenden Wiederholungsprüfung zu unterziehen, bevor ihm gestattet wird, in dieser Klasse weitere Fahrprüfungen abzunehmen. Die Wiederholungsprüfung kann im Rahmen der Anforderung der Nummer 4.2.1 erfolgen.



  5. Erworbene Rechte

    • 5.1. Die Mitgliedstaaten können es Personen, die unmittelbar vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmungen zur Abnahme von Fahrprüfungen zugelassen waren, gestatten, weiterhin Fahrprüfungen abzunehmen, auch wenn sie nicht gemäß den allgemeinen Bedingungen der Nummer 2 oder dem Verfahren für die Grundqualifikation der Nummer 3 zugelassen worden sind.

    • 5.2. Die betreffenden Fahrprüfer unterliegen jedoch der regelmäßigen Überwachung und den Qualitätssicherungsregelungen der Nummer 4.





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