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Amtsgericht Riesa Beschluss vom 25.11.2003 - 7 OWi 166 Js 43038/03 - Kein Fahrverbot bei Gewähr künftigen Wohlverhaltens bei einem Einsatzleiter der freiwilligen Feuerwehr
AG Riesa v. 25.11.2003: Kein Fahrverbot bei Gewähr künftigen Wohlverhaltens bei einem Einsatzleiter der freiwilligen Feuerwehr
Das Amtsgericht Riesa (Beschluss vom 25.11.2003 - 7 OWi 166 Js 43038/03) hat entschieden, dass bei einem Einsatzleiter der freiwilligen Feuerwehr wegen der persönlichen Gewähr künftigen Wohlverhaltens von der an sich gebotenen Verhängung eines Fahrverbots abgesehen werden könne.
Der Verhängung eines Fahrverbots bedarf es nicht, wenn ausreichende Gewähr dafür besteht, dass der Betroffene auch ohne die erzieherische Wirkung des Fahrverbots sich künftig rechtstreu verhalten wird.
Siehe auch Stichwörter zum Thema Fahrverbot
Im einzelnen führt das Gericht hierzu aus:
"Beim Vorliegen eines groben Pflichtenverstoßes bedarf es regelmäßig der Verhängung des Fahrverbots als Denkzettel und Besinnungsmaßnahme, ohne das es darauf ankäme, ob der Pflichtenverstoß zugleich auch die andere Tatbestandsalternative erfüllt.
Die Anordnung eines Fahrverbotes würde für den Betroffenen zwar keine unangemessene Härte darstellen. Nach den Feststellungen des Gerichts hätte eine solche Anordnung für den Betroffenen nicht den Verlust seines Arbeitsplatzes und/oder seiner wirtschaftlichen Existenz zur sicheren Folge. Für den Betroffenen besteht für seine persönliche Lebensführung die Möglichkeit der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel.
Im vorliegenden Fall bestehen aber Umstände, die den Betroffenen nicht als nachlässigen oder leichtsinnigen Kraftfahrer erscheinen lassen, auf den unerlässlich mit der Besinnungs- und Denkzettelmaßnahme des Fahrverbotes eingewirkt werden musste.
Des Fahrverbots bedarf es nicht, wenn ausreichende Gewähr dafür besteht, dass der Betroffene auch ohne die erzieherische Wirkung des Fahrverbots sich künftig rechtstreu verhalten wird. Der Betroffene ist Einsatzleiter der freiwilligen Feuerwehr. Als solcher wendet er, unter Inkaufnahme von Gefahren für das eigene Leben und die eigene Gesundheit, Gefahren von fremden Personen und Sachen ab. Wer sich in dieser Weise für das Gemeinwohl einbringt, kennt die Bedeutung der Straßenverkehrsregeln. Er weiß, dass ihre Beachtung zur Abwendung von Schäden von Personen und Sachen zwingend erforderlich ist. Feuerwehrleute erleben die Folgen von Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung oft unmittelbar und persönlich. Der ständig wiederkehrende Anblick Toter, Verletzter und von Trümmerbergen mahnt diesen Personenkreis viel eindringlicher zur Einhaltung der Straßenverkehrsordnung, insbesondere der Vorschriften über die Geschwindigkeit, als es die Verhängung eines Fahrverbots jemals vermöchte. Ein solcher Betroffener bedarf bei einer einmaligen Verfehlung im Straßenverkehr nicht der zusätzlichen Erziehung durch ein Fahrverbot.
Im übrigen hätte die Verhängung eines Fahrverbots Auswirkungen auf Dritte. Für die Dauer des Fahrverbots könnte der Betroffene seinen Dienst als Einsatzleiter der Feuerwehr nicht mehr ausüben, da er nicht rechtzeitig zum Einsatzort gelangen kann. An der Abwehr von Gefahren für Personen und Sachen kann er nicht mitwirken. Wer in einer solchen Situation auf die Hilfe grade des Betroffenen angewiesen wäre, würde möglicherweise nicht optimal versorgt werden. Daran ändert auch das Vorhandensein eines Vertreters für den Betroffenen nichts. Vertretung ist immer nur die zweitbeste Lösung, denn sonst wäre das Tätigwerden des Vertreters nicht die Ausnahme, sondern der Regelfall. Dem ist stets das Tätigwerden des eigentlich Zuständigen vorzuziehen.
Die vorstehenden Erwägungen sind nicht dahingehend misszuverstehen, dass Feuerwehrleute oder auch andere Berufsgruppen wie Polizisten, Ärzte o.a. generell von der Verhängung eines Fahrverbots ausgenommen würden. Vielmehr ist eine Entscheidung im Einzelfall erforderlich. Zumindest ein beharrlicher Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung oder Voreintragungen im Verkehrszentralregister würden darauf hindeuten, dass die Erziehungswirkung durch persönliches Erleben der Auswirkungen von Pflichtverstößen anderer nicht ausreicht. Dann wäre auch für einen erstmaligen groben Pflichtverstoß ein Fahrverbot zu verhängen."
Die Einschränkung zum Schluss klingt m. E. nicht sehr überzeugend.