Das Verkehrslexikon

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Amtsgericht München Urteil vom 14.10.2004 - 342 C 5148/04 - Zum Anscheinsbeweis gegen den Fahrgast bei einem Sturz beim Abbremsen eines Busses

AG München v. 14.10.2004: Zum Anscheinsbeweis gegen den Fahrgast bei einem Sturz beim Abbremsen eines Busses


Das Amtsgericht München (Urteil vom 14.10.2004 - 342 C 5148/04) hat entschieden:
Wenn ein Fahrgast beim Abbremsen des Busses zu Fall kommt, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass er sich entgegen seiner Pflicht nach § 4 III 5 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen nicht hinreichend festgehalten hat.


Siehe auch Fahrgaststurz in Verkehrsmitteln infolge Bremsens - Verletzung der Eigensicherung und der Anschnallpflicht


Zum Sachverhalt: Die Kl. trug vor, sie habe sich, weil sie an der B-Str. aussteigen wollte, vom Sitzplatz erhoben, und eine Haltestange ergriffen. Wegen des heftigen Bremsmanövers sei sie gleichwohl zu Fall gekommen. Sie sei über einen Kinderwagen gefallen, der an der mittleren Tür stand. Die Kl. klagte ihren Sachschaden und ein Schmerzensgeld ein. Die Bekl. macht geltend, der Anscheins-beweis spreche gegen die Kl. Der Busfahrer Z habe gebremst, weil der LKW-Fahrer H sich von rechts genähert habe. Dieser sei so schnell gefahren, dass der Busfahrer Z befürchtet habe, der LKW-Fahrer H werde die Vorfahrt missachten.

Die Klage wurde nach Anhörung der Kl. abgewiesen.


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Gegen die Kl. spricht der Beweis des ersten Anscheins, der besagt, dass sich der Fahrgast entgegen seiner Pflicht gem. § 4 III 5 ABB nicht festgehalten hat, wenn er beim Abbremsen des Busses oder der Straßenbahn zu Fall kommt (herrschende Rspr.).

a) Wie heftig der Bus tatsächlich abgebremst wurde, lässt sich nicht ermitteln, d. h., es fehlt an objektiven Werten. Folgt man den Angaben der Streitverkündeten und der Kl., war der Bus bis zur Mitte am LKW vorbeigefahren, als er bremste. Fest steht, dass es zu keiner Kollision kam.

b) Insbesondere im innerörtlichen Straßenverkehr muss ständig mit - heftigen Bremsmanövern gerechnet werden. Schon deshalb war-die Kl. gehalten, sich zu setzen und diesen Platz bis zum beabsichtigten Ausstieg beizubehalten. Sitzplätze gab es genügend, denn es war nur noch eine Chinesin mit Kinderwagen im Bus. Statt dessen ist die Kl. schon an der Ecke C/B-Str. aufgestanden. Von der Bremsstelle S-Platz bis zur Haltestelle V-Markt waren es noch 300 m. In diesem Zusammenhang ist auf die äußerst kurvenreiche Streckenführung im Stadtkern hinzuweisen. Während der Fahrt hätte sie nicht stehen dürfen. Vermutlich hat sich die Kl. überhaupt nicht hingesetzt. Die Kl. hat nicht vorgetragen, sie habe sich hinreichend mit beiden Händen festgehalten. Zumindest diese Sicherung wäre erforderlich gewesen.

c) Die Betriebsgefahr des Busses war nicht zu berücksichtigen. Das Verhalten der geistig durchaus noch regen Kl. war grob fahrlässig. ..."



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