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Kammergericht Berlin Urteil vom 27.06.1988 - 12 U 7102/87 - Zum Haftungsverhältnis bei der Beteiligung zweier Fahrschulfahrzeuge derselben Halterin

KG Berlin v. 27.06.1988: Zum Haftungsverhältnis bei der Beteiligung zweier Fahrschulfahrzeuge derselben Halterin


Das Kammergericht Berlin (Urteil vom 27.06.1988 - 12 U 7102/87) hat entschieden:
  1. Bei einer Kollision zwischen den Krädern von Fahrschüler und Fahrlehrer haftet die Fahrschule nicht nach § 7 StVG.

  2. Zu den Sorgfaltspflichten des Fahrlehrers bei Ausbildungsfahrten auf zwei Krädern.

Siehe auch Fahrschule / Fahrlehrer / Fahrschüler


Zum Sachverhalt:

Die kl. Krankenkasse macht aufgrund übergegangenen Rechts Schadensersatzansprüche ihres Versicherungsnehmers, des Zeugen Sch, aus einem Kraftverkehrsunfall geltend, der sich am 1. 9. 1983 gegen 18.30 Uhr auf regennasser Fahrbahn ereignete. Der Zeuge war ein 22 Jahre alter Student, der bereits den Führerschein Klasse 3 hatte, insoweit aber keine Fahrpraxis gehabt haben will. Er ließ sich durch die bei dem Bekl. zu 1) haftpflichtversicherte Fahrschule des Bekl. zu 2) für den Führerschein Klasse 1 (Krafträder) schulen. Die praktische Ausbildung oblag dem bei dem Bekl. zu 2) angestellten und inzwischen verstorbenen Fahrlehrer E. Diese Ausbildung erfolgte auf zwei Krafträdern des Bekl. zu 2), wobei der Fahrlehrer auf einem Krad vorausfuhr und der Zeuge Sch hinterher.

Zur Unfallzeit fuhren die beiden mit einer Geschwindigkeit von ca. 45 km/h und einem Abstand von etwa 20 bis 25 m hintereinander. Der Fahrlehrer hatte bei grünem Ampellicht einen durch eine Lichtsignalanlage geregelten Fußgängerüberweg passiert, als kurz vor ihm aus dem Gegenverkehr eine nicht festgestellte Taxe in seine Fahrbahn fuhr. Er bremste sein Krad ab und brachte es zum Stehen, ohne daß es zu einer Berührung mit der Taxe kam. Der Zeuge Sch bremste seinerseits ab, stieß mit dem von ihm gefahrenen Krad gegen das des Fahrlehrers, stürzte mit diesem um und erlitt schwere Verletzungen.

Unter Zugrundelegung einer vollen Haftung der Bekl. hat die Kl. auf Ersatz von Behandlungskosten in Höhe von 9205,50 DM und auf Feststellung der Erstattungspflicht hinsichtlich aller künftig entstehenden Krankenhilfekosten geklagt.

Das LG hat der Klage in Höhe von 3/4 stattgegeben. Die Berufung der Bekl. führte zur Abweisung der Klage.


Aus den Entscheidungsgründen:

Schadensersatzansprüche, die auf die Kl. hätten übergehen können, sind nicht entstanden. Eine Gefährdungshaftung der Fahrschule gegenüber dem Fahrschüler aus den §§ 7, 18 StVG findet nicht statt. Diese haftet dem Fahrschüler nur aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung des Ausbildungsvertrages (i. V. mit § 278 BGB) und aus unerlaubter Handlung nach § 823 I, II BGB, was einen Verschuldensnachweis voraussetzt, der hier nicht erbracht ist. Auch eine Haftung aus § 831 BGB ist vorliegend nicht gegeben, weil von einer widerrechtlichen Schadenszufügung durch den Fahrlehrer nicht gesprochen werden kann.

Nach § 3 II StVG gilt bei Übungsfahrten der begleitende Fahrlehrer als Führer des Fahrzeugs. Diese Regelung beseitigt die den Fahrschüler sonst nach § 18 I StVG treffende Haftung als Fahrzeugführer (KG, VersR 1975, 836; OLG Hamm, NJW 1979, 993 = StVE § 3 StVG Nr. 3; BGH, VerkMitt 1970, 1 = StVE § 3 StVG Nr. 1). Gleichzeitig wird durch § 3 I StVG, § 6 I StVZO – diese Vorschriften sind Schutzgesetze i. S. des § 82311 BGB (vgl. Drees-Kuckuk-Werny, StraßenverkehrsR, 6. Aufl., § 3 StVG Rdnr. 8, § 6 StVZO Rdnr. 1) – sowohl im Verhältnis zum Fahrschüler als auch zu Dritten eine Rechtspflicht des Fahrlehrers zur Gefahrenabwehr und zur Beaufsichtigung des Fahrschülers bei Übungsfahrten, also für ihn eine Verantwortlichkeit begründet (vgl. BGH, VRS 10, 225). Der Fahrlehrer ist daher grundsätzlich für das verkehrsgerechte Verhalten des Fahrschülers verantwortlich. Allerdings ist unter „Begleiten” i. S. des § 3 StVG grundsätzlich zunächst das Mitfahren in demselben Fahrzeug neben dem Fahrschüler zu verstehen (BGH, VRS 10, 225). Da aber § 6 StVZO aufgrund rechtswirksamer gesetzlicher Ermächtigung die Überwachungspflicht nach § 31 StVG weiter konkretisiert und sie auf die Beaufsichtigung durch den Fahrlehrer beschränkt (diese Erleichterung ist gerade für die Schulung auf einsitzigen Fahrzeugen geschaffen worden, weil bei ihnen die Überwachung nur durch Zurufe und Zeichen von einem vorausfahrenden Fahrzeug erfolgen kann; vgl. BGH, VRS 10, 225), liegt es nahe, i. S. des § 3 StVG den vorausfahrenden Fahrlehrer als Führer des vom Fahrschüler benutzten Fahrschulkrads anzusehen.

Dies kann indes hier dahinstehen, weil es nicht um eine Haftung des Fahrschülers aus § 18 I StVG im Verhältnis zu Dritten geht. Jedenfalls findet die gegenüber Dritten gegebene Fahrzeugführerhaftung des Fahrlehrers aus § 18 I StVG und die Haftung des Halters des Fahrschulfahrzeugs aus § 7 StVG im Verhältnis Fahrlehrer/Fahrschule zum Fahrschüler nicht statt. Die Ersatzpflicht des Fahrzeugführers besteht nur in den Fällen, in denen auch eine Halterhaftung aus § 7 I StVG in Betracht kommt (§ 18 II StVG). Die Vorschrift des § 7 StVG findet aber keine Anwendung, wenn der Verletzte bei dem Betrieb des Kfz tätig gewesen ist (§ 8 StVG; d. Red.). Diese Vorschrift gilt auch in den Fällen, in denen ein Fahrschüler diesen Betrieb durchgeführt hat (OLG Nürnberg, NJW 1961, 1025). Die Gefährdungshaftung aus § 7 StVG ist auch nicht nach § 8a 11 StVG gegeben, wonach der Halter gegenüber einer beförderten Person im Falle entgeltlicher, geschäftsmäßiger Personenbeförderung aus § 7 StVG haftet. Abgesehen davon, daß sich die Vorschriften der §§ 8, 8a 11 StVG ohnehin in ihrer Anwendung gegenseitig ausschließen (weil entweder nur ein Fall des § 8 oder ein solcher des § 8 a StVG gegeben sein kann), ist bei einer Schulung auf Fahrschulfahrzeugen keine entgeltliche Personenbeförderung gegeben. Der Fahrschüler zahlt zwar ein Entgelt an die Fahrschule. Dieses wird aber gezahlt für die Ausbildung, welche die Benutzung von Fahrschulfahrzeugen in sich schließt, stellt sich also nicht als Vergütung für eine Personenbeförderung dar.

Demzufolge haftet die Fahrschule dem Fahrschüler nur aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung des Ausbildungsvertrags (Verletzung der Aufsichts- und Überwachungspflicht) und aus den §§ 823, 831 BGB, der angestellte Fahrlehrer allein aus erstgenannter Vorschrift (BGH, VersR 1969, 1037; Drees-Kuckuk-Werny, § 3 StVG Rdnr. 8). Dabei ergibt sich - was auch für die Verschuldenshaftung gegenüber Dritten gilt - der Grad des Verschuldens, für das einzustehen ist, aus § 276 BGB, wonach auch für leichte Fahrlässigkeit gehaftet wird. Die vom Fahrlehrer zu beobachtende Sorgfalt wird wiederum durch den Inhalt und Umfang der Überwachungs- und Aufsichtspflicht aus § 3 I StVG, § 6 StVZO bestimmt. Hiernach ist der Fahrschüler entsprechend dem Stande seiner Ausbildung auch an schwierige Verkehrssituationen heranzuführen und an selbständiges Handeln zu gewöhnen. Andererseits darf er nicht vor Aufgaben gestellt werden, denen er nach Maßgabe seiner erworbenen Fähigkeiten nicht gewachsen sein kann (vgl. BGH, VersR 1969, 1037; VerkMitt 1970, 1 = StVE § 3 StVG Nr. 1; VRS 37, 345; KG, DAR 1955, 225; NJW 1966, 2365 = VRS 31, 175; VersR 1975, 836; OLG Nürnberg, NJW 1961, 1024; OLG Hamm, NJW 1979, 993 = StVE § 3 StVG Nr. 3; MDR 1969, 666; VRS 69, 263; OLG Düsseldorf, VersR 1979, 649 = StVE § 3 StVG Nr. 2). Dabei verpflichtet die Ausbildung ohne Begleitung in demselben Fahrzeug wegen der besonderen Gefährlichkeit des Ausbildungsvorgangs im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten zu einer erhöhten Sorgfalt bei der Überwachung der Fahrweise des Fahrschülers (BGH, VRS 10, 225; OLG Hamm, MDR 1968, 666; Drees-Kukkuk-Werny, § 3 StVG Rdnr. 7). Dazu gehört insb., daß der vorausfahrende Fahrlehrer auf die Einhaltung eines ausreichenden, nicht zu nahen Sicherheitsabstandes des nachfolgenden Schülerkrads achtet (BGH, VRS 10, 225). Dieser Abstand darf indes nicht zu groß sein, weil dann der zur Überwachung erforderliche Kontakt des Fahrlehrers zum Schüler nicht mehr gegeben oder jedenfalls beeinträchtigt wäre. Die Vorschrift des § 5 II DVO z. FahrlehrerG, wonach bei der Ausbildung auf Fahrzeugen der Klasse 1 eine Funkanlage zur Verfügung stehen muß, die dem Fahrlehrer ein Ansprechen des Fahrschülers während der Fahrt ermöglicht, galt erst am 1. 10. 1986, also noch nicht im Zeitpunkt des Unfalls. Abgesehen davon hätte hier die Benutzung einer solchen Funkanlage angesichts der plötzlich auftauchenden Gefahrensituation den Unfall auch nicht vermeiden können. Im vorliegenden Fall konnte daher die Überwachung des Fahrschülers während der Fahrt nur in der Weise durchgeführt werden, daß ihn der Fahrlehrer durch den Rückspiegel, auch durch gelegentliches Rückwenden, beobachtete und durch Handzeichen Weisungen und Warnungen erteilte.

Hier kann nicht festgestellt werden, daß der vor dem Unfall zwischen dem vorausfahrenden Fahrlehrerkrad und dem nachfolgenden Schülerkrad eingehaltene Sicherheitsabstand zu gering gewesen ist und demzufolge ein nicht ausreichender Sicherheitsabstand den Unfall herbeigeführt hat. Deshalb ist auch der Vorwurf nicht nachweisbar, der Fahrlehrer habe es schuldhaft unterlassen, auf die Einhaltung eines ausreichenden Sicherheitsabstands zu achten. Bei den dahingehenden Feststellungen ist - wegen des erforderlichen Verschuldensnachweises - von den für die Bekl. günstigsten Werten auszugehen, die sich den Angaben der Beteiligten entnehmen lassen.

Hiernach ist der anzustellenden Prüfung zugrunde zu legen, daß der Sicherheitsabstand zwischen den Krafträdern 25 m und die gefahrene Geschwindigkeit 45 km/h betragen hat. Die Annahme eines Sicherheitsabstands von 25 m läßt sich auch in Einklang bringen mit den Angaben der Beteiligten darüber, in welcher Entfernung von ihnen sich das wendende Taxi befunden hat. Nach der Aussage des Zeugen Sch befand sich das Taxi, als er die Bremsung einleitete, etwa 35 m vor ihm. Der Fahrlehrer E hatte angegeben, das Taxi habe aus dem Gegenverkehr ca. 10 bis 15 m vor ihm gewendet. Rechnet man zu dem angenommenen Sicherheitsabstand von 25 m eine Entfernung von 10 m zwischen dem Fahrlehrerkrad und dem wendenden Taxi von 10 m hinzu, kommt man auf eine Strecke von 35 m, die der von dem Zeugen Sch auf 35 m geschätzten Entfernung zwischen ihm und dem wendenden Taxi entspricht. Da sich das Taxi nach dem Wenden und das Fahrlehrerkrad beim Bremsen vorwärts bewegten, muß davon ausgegangen werden, daß dem Zeugen Sch jedenfalls ein Anhalteweg (Bremsweg zuzüglich Reaktions- und Bremsansprechzeit) von jedenfalls 35 m zur Verfügung stand, um das von ihm gefahrene Krad zum Stehen zu bringen, ohne gegen das vor ihm durch Abbremsen zum Stillstand gekommene, zuvor versetzt vor ihm fahrende Fahrlehrerkrad zu stoßen. Bei einer Geschwindigkeit von 45 km/h beträgt der Bremsweg auf nasser Fahrbahn im Falle der Notbremsung bei einer Bremsverzögerung von 5,5 m/sek² 26,7 m, bei einer Bremsverzögerung von 7 m/sek² 23,7 m (vgl. Drees-Kuckuk-Werny, Tabelle XIX 2 S. 1634f).

Daß es dem Zeugen gleichwohl nicht gelang, das von ihm gefahrene Krad ohne Anstoß gegen das Fahrlehrerkrad zum Halten zu bringen, hat nach dessen Angaben an folgendem Umstand gelegen: Danach war seine Aufmerksamkeit auf das vor ihm fahrende Fahrlehrerkrad für einen Moment dadurch abgelenkt, daß er seinen Blick seitwärts auf eine Kindergruppe lenkte, die auf die Ampel des Fußgängerüberwegs zugelaufen kam. Im vorliegenden Verfahren hat er als Zeuge vor dem LG bekundet, daß er, nachdem er seinen Blick wieder nach vorn gewendet hatte, gesehen habe, daß die Bremslichter des Fahrlehrerkrads geleuchtet hätten. Der Fahrlehrer hatte also seinerseits den Bremsvorgang bereits eingeleitet, während der Zeuge Sch aus dem angegebenen Grund zur Seite schaute. Somit handelte es sich bei der Zeitspanne des seitlichen Blickabwendens um die entscheidende Sekunde, die dem Zeugen fehlte, um das von ihm gefahrene Krad unfallfrei zum Stehen bringen zu können. ...

Dem Fahrlehrer kann auch nicht vorgeworfen werden, er habe als vorausfahrender Verkehrsteilnehmer ohne zwingenden Grund stark gebremst (§ 4 12 StVO). Denn hier war ein solcher Grund angesichts der durch das wendende Taxi plötzlich auftretenden Gefahrensituation gegeben.

Es liegt auch kein schuldhaftes Verhalten des Fahrlehrers insoweit vor, als er den Zeugen Sch beim praktischen Unterricht vor eine Verkehrssituation und in eine Gefahrenlage hinein geführt hat, welcher dieser nach dem Stande seiner Ausbildung nicht gewachsen sein könnte. Nach der Aussage des Zeugen Sch handelte es sich um die 16. und letzte Fahrstunde vor der Prüfung für den Führerschein Klasse 1. Außerdem kann nicht außer acht gelassen werden, daß sich der Zeuge bereits im Besitz einer Fahrerlaubnis für Fahrzeuge der Klasse 3 befand, wenn er auch insoweit über keine Fahrpraxis verfügt haben will. Der Zeuge hat weiter bekundet, sie hätten bei den Fahrstunden - wie auch bei der letzten 16. - fast jedesmal Gefahrenbremsungen auf einem Parkplatz geübt, auch das Verhalten in Kurven. Die Gefahrenbremsungen hätten so ausgesehen, daß er auf ca. 40 km/h habe beschleunigen und dann versuchen sollen, so schnell wie möglich zum Stehen zu kommen. Diese Übungen hätten dazu gedient, ein Gefühl für das Verhalten der Maschine in derartigen Situationen zu bekommen.

Der Zeuge Sch hat weiter ausgesagt, vor dem Unfall hätten keine Fahrstunden bei Regenwetter stattgefunden, und beim praktischen Fahrunterricht sei er im Straßenverkehr vorher nicht vor die Notwendigkeit gestellt gewesen, Gefahrenbremsungen vorzunehmen. Diese Umstände können aber dem Fahrlehrer nicht zum Verschulden gereichen. Beim praktischen Unterricht ergeben sich stets erstmalig Situationen, die vom Fahrschüler zu bewältigen sind. Die Aufgabe der praktischen Ausbildung ist es gerade, den Schüler entsprechend dem Stande seiner Ausbildung an solche Situationen heranzuführen. Daß der Zeuge Sch bei Abhaltung der Fahrstunde auf der regennassen Fahrbahn nach Maßgabe seines Ausbildungsstands generell überfordert worden ist, läßt sich nach den geschilderten Umständen auch unter Berücksichtigung dessen nicht sagen, daß wegen der besonderen Gefahren, die beim praktischen Unterricht auf getrennten Krafträdern auftreten, die Überwachungspflicht des Fahrlehrers besonders groß ist (vgl. BGH, VRS 10, 224; OLG Hamm, MDR 1986, 666; Drees-Kuckuk-Werny, § 3 StVO Rdnr. 7). Der Zeuge Sch war in der konkreten Situation allerdings tatsächlich insoweit überfordert, als er sich einerseits in seiner Aufmerksamkeit nach vorn durch an die Ampel heranlaufende Kinder ablenken ließ, andererseits aber dem Umstand, daß er während dieser Zeit die vor ihm liegende Fahrbahn noch beobachten konnte, nicht dadurch begegnete, daß er gleichzeitig - wie es geboten gewesen wäre - seine Fahrgeschwindigkeit entsprechend herabsetzte (welches Verhalten vom LG als Mitverschulden gewertet worden ist). Damit, daß der Zeuge Sch in einer solchen Situation nicht sachgerecht reagierte, brauchte der Fahrlehrer jedenfalls beim Abhalten der letzten 16. Fahrstunde vor der Prüfung nicht zu rechnen. Andernfalls ließe sich eine praktische Ausbildung auf getrennten Krafträdern überhaupt nicht durchführen. Insgesamt ist der Unfall auf eine unglückliche Verkettung von sich als unfallursächlich auswirkenden Umständen zurückzuführen. Zu der geschilderten Blickablenkung des Zeugen Sch trat hinzu, daß zur selben Zeit die Taxe verkehrswidrig vor dem Fahrlehrer in dessen Fahrbahnhälfte hineinwendete und ihm zum Abbremsen zwang. Eine solchermaßen herbeigeführte Gefahrenlage war für den Fahrlehrer nicht voraussehbar. Wollte man jede Gefährdung des Fahrschülers, die sich aus der Ausbildung auf getrennten Krafträdern ergibt und somit in der Natur der Sache begründet ist, ausschließen, müßte man in der Konsequenz eine solche Art der Ausbildung überhaupt einstellen.

Was die Haftung der Bekl. nach § 831 BGB anlangt, setzt diese voraus, daß der Verrichtungsgehilfe dem Verletzten objektiv rechtswidrig einen Schaden verursacht hat (vgl. Schäfer, in: Staudinger, BGB, 12. Aufl., § 831 Rdnr. 126). Wer im Straßenverkehr einen anderen verletzt, handelt rechtswidrig, es sei denn, daß er sich verkehrsrichtig verhalten hat (vgl. BGHZ 24, 21; 36, 237 = NJW 1962, 484; BGH, NJW 1971, 31; ferner BGHZ 57, 245; BGH, VersR 1962, 763; vgl. dazu auch Schäfer, in: Staudinger, § 831 Rdnrn. 128-132). Hier muß nach den getroffenen Feststellungen von einem verkehrsgerechten Verhalten des Fahrlehrers E ausgegangen werden. Außerdem reicht es für den nach § 831 BGB im Falle rechtswidriger Schädigung zu führenden Entlastungsbeweis aus, wenn sich der Fahrlehrer selbst unter den gegebenen Umständen völlig sachgemäß, besonnen und vernünftig, also wie eine zuverlässige Person, verhalten hat (Senat, NJW 1966, 2365; BGHZ 12, 94 = NJW 1954, 913). Auch dies muß hier angenommen werden. ..."



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