Das Verkehrslexikon
OVG Münster Beschluss vom 11.10.2007 - 8 B 1042/07 - Zur Verhängung einer Fahrtenbuchauflage bei misslungener Fahrerermittlung trotz Mitwirkung des Fahrzeughalters
OVG Münster v. 11.10.2007: Zur Verhängung einer Fahrtenbuchauflage bei misslungener Fahrerermittlung trotz Mitwirkung des Fahrzeughalters
Das OVG Münster (Beschluss vom 11.10.2007 - 8 B 1042/07) hat entschieden:
Dem Wortlaut der Vorschrift des § 31 a StVZO und ihrem Zweck entspricht es, die Auferlegunäg eines Fahrtenbuches nicht davon abhängig zu machen, ob der Fahrzeughalter die Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zu vertreten hat, sodass die Führung eines Fahrtenbuchs auch dann angeordnet werden kann, wenn der Fahrzeughalter an der Feststellung mitgewirkt hat, die gebotenen Ermittlungsbemühungen der Behörde jedoch gleichwohl erfolglos geblieben sind.
Siehe auch Fahrtenbuch-Auflage - Fahrtenbuch führen
Aus den Entscheidungsgründen:
"... Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.
Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, stellt den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts nicht in Frage.
Die gemäß § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung zwischen dem privaten Interesse des Betroffenen, von der sofortigen Vollziehung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens verschont zu bleiben, und dem öffentlichen Interesse an einer raschen Durchsetzung der Fahrtenbuchauflage fällt auch in Ansehung der Beschwerdebegründung zu Lasten der Antragstellerin aus.
Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Fahrtenbuchauflage eine präventive und damit entgegen dem Beschwerdevorbringen gerade keine strafende Funktion zukommt. Sie stellt eine der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs dienende Maßnahme der Gefahrenabwehr dar, mit der dafür Sorge getragen werden soll, dass künftige Feststellungen eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften ohne Schwierigkeiten möglich sind.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 1989 - 7 B 90.89 -, NJW 1989, 2704, und Urteil vom 17. Mai 1995 - 11 C 12.94 -, DAR 1995, 458 (459); OVG NRW, Beschluss vom 14. März 1995 - 25 B 98/95 -, NJW 1995, 2242 (2243), und Urteil vom 29. April 1999 - 8 A 699/97 -, DAR 1999, 375; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Auflage, 2005, § 31a StVZO Rn. 2.
Dem Wortlaut der Vorschrift und ihrem Zweck entspricht es, die Auferlegung eines Fahrtenbuches nicht davon abhängig zu machen, ob der Fahrzeughalter die Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zu vertreten hat, sodass die Führung eines Fahrtenbuchs auch dann angeordnet werden kann, wenn der Fahrzeughalter an der Feststellung mitgewirkt hat, die gebotenen Ermittlungsbemühungen der Behörde jedoch gleichwohl erfolglos geblieben sind.
Vgl. Stollenwerk, Anordnung einer Fahrtenbuchauflage, DAR 1997, 459; Hentschel, Die Entwicklung des Straßenverkehrsrechts im Jahre 1992, NJW 1993, 1171 (1177); Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Auflage, 2005, § 31a StVZO Rn. 4.
Die Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs ist aber nur dann gerechtfertigt, wenn sie geeignet ist, der abstrakten, in der Risikosphäre des Fahrzeughalters liegenden Gefahr zu begegnen, dass künftig mit einem auf ihn zugelassenen Kraftfahrzeug unaufklärbar bleibende Verkehrsverstöße begangen werden.
Vgl. auf die Ursächlichkeit des Verhaltens des Fahrzeughalters für den Misserfolg der Ermittlungsbemühungen abstellend: VGH Mannheim, Urteil vom 17. Juli 1990 - 10 S 962/90 -, NZV 1992, 46 (47).
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen wird mit der Beschwerdebegründung nicht durchgreifend in Frage gestellt. Insbesondere wendet sich die Antragstellerin nicht gegen die Sachverhaltswürdigung des Verwaltungsgerichts, dass sie nicht an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes mitgewirkt habe; entweder habe die Antragstellerin eine nicht existierende Person oder jedenfalls eine unzutreffende Anschrift dieser Person bezeichnet.
Die Führung eines Fahrtenbuchs ist entgegen dem Beschwerdevorbringen geeignet, zukünftige Ermittlungen nach Verkehrsverstößen mit dem Fahrzeug der Antragstellerin zu fördern.
Die Antragstellerin oder ihr Beauftragter ist gemäß § 31a Abs. 2 Nr. 1 StVZO verpflichtet, Name, Vorname und Anschrift des jeweiligen Fahrzeugführers in das Fahrtenbuch einzutragen. Die Gefahr, dass die Antragstellerin eine nicht existente Person als Fahrzeugführer benennt oder eine unzutreffende Adresse angibt, und damit zum Misserfolg der Ermittlungsbemühungen beiträgt, ist bei Führung eines Fahrtenbuchs deutlich geringer, da die Antragstellerin bei falschen Angaben im Fahrtenbuch damit rechnen muss, wegen einer Ordnungswidrigkeit zur Rechenschaft gezogen zu werden. Ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Benennung des Fahrzeugführers stellt gemäß § 69a Abs. 5 Nr. 4 StVZO eine Ordnungswidrigkeit dar, die leicht festzustellen ist, weil der Fahrzeughalter das Fahrtenbuch gemäß § 31a Abs. 3 StVZO der das Fahrtenbuch anordnenden oder von ihr bestimmten Stelle oder sonstigen zuständigen Personen auf Verlangen jederzeit zur Prüfung auszuhändigen hat.
Zudem trägt die Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs - worauf das Verwaltungsgericht zu Recht hinweist - dazu bei, dass etwaige Verstöße künftig unterbleiben. Ein Fahrzeugführer, der damit rechnen muss, dass er wegen der durch das Fahrtenbuch feststellbaren Fahreridentität für einen von ihm begangenen Verkehrsverstoß zur Verantwortung gezogen wird, wird Verkehrszuwiderhandlungen zu vermeiden suchen.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. März 1995 - 25 B 98/95 -, NJW 1995, 2242 (2243); VGH Mannheim, Beschluss vom 17. November 1997 - 10 S 2113/97 -, NZV 1998, 126 (127).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Dabei legt der Senat in Anlehnung an Nr. 46.13 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit von Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327 ff.) für jeden Monat der Geltungsdauer der Fahrtenbuchauflage einen Betrag von 400,00 EUR zu Grunde und setzt im Hinblick auf die Vorläufigkeit dieses Verfahrens den Streitwert auf die Hälfte des sich ergebenden Gesamtbetrages fest.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG)."