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BayObLG Beschluss vom 18.01.1999 - 3 ObOWi 115/98 - Keine Ordnungswidrigkeit bei Einlegen nur eines Schaublattes in ein Zwei-Fahrer-Gerät durch den Fahrzeugführer

BayObLG v. 18.01.1999: Keine Ordnungswidrigkeit bei Einlegen nur eines Schaublattes in ein Zwei-Fahrer-Gerät durch den Fahrzeugführer


Das BayObLG (Beschluss vom 18.01.1999 - 3 ObOWi 115/98) hat entschieden:
Der Verstoß eines Fahrers gegen die in VO (EWG) Nr 3821/85 Art 15 Abs 2 UAbs 1 S 1 und 2 normierte Pflicht, in ein Zwei-Fahrer-Gerät nur ein Schaublatt einzulegen, ist seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung fahrpersonalrechtlicher Vorschriften vom 18.8.1997 (BGBl I S 2075) nicht mehr bußgeldbewehrt.


Siehe auch EG-Kontrollgerät - Fahrtenschreiber - Fahrerkarte


Zum Sachverhalt: Das Amtsgericht Schwabach - Zweigstelle Hilpoltstein - verurteilte den Betroffenen am 4.5.1998 wegen vorsätzlichen Verwendens von Schaublättern entgegen Art. 15 Abs. 2 Unterabs. 1 der VO (EWG) Nr. 3821/85 zur Geldbuße von 200 DM.

Nach den Feststellungen des Amtsrichters hatte der Betroffene als Fahrer eines Lkw am 26.8.1997 in das im Fahrzeug befindliche EG-Kontrollgerät zusätzlich zu dem für ihn eingelegten und auf seinen Namen ausgefüllten Schaublatt auch in den Fahrer-2-Bereich des Kontrollgeräts ein Schaublatt eingelegt, das er mit dem Namen "K." versehen hatte. Durch die Ähnlichkeit der Schreibweisen beider Namen wollte er bei Kontrollen den Eindruck erwecken, daß es sich um denselben Namen handle. Letztlich wollte er aber eine 2-Fahrer-Besatzung vortäuschen, um eventuelle Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten zu verschleiern.

Auf den hiergegen am 7.5.1998 eingelegten Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wurde das amtsgerichtliche Urteil seinem Verteidiger am 26.5.1998 zugestellt, der mit einem bei Gericht am 26.6.1998 eingegangenen Schriftsatz seinen Antrag begründete.

Mit Beschluß vom 23.7.1998, dem Verteidiger zugestellt am 31.7.1998, verwarf der Amtsrichter den Zulassungsantrag als unzulässig. Zur Begründung führte er aus, der Antrag sei nicht fristgerecht begründet worden. Hiergegen beantragte der Betroffene mit einem bei Gericht am 3.8.1998 eingegangenen Verteidigerschriftsatz die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Dieses hielt den Antrag für zulässig, verneinte aber das Vorliegen einer OWi und hielt das Verfahren wegen einer Straftat der Urkundenfälschung weiter offen.


Aus den Entscheidungsgründen:

"... 1. Der gemäß § 346 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG zulässige Antrag auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist begründet. Denn der Amtsrichter hat den Zulassungsantrag des Betroffenen zu Unrecht verworfen. Aus dem Tagesbericht des Telefaxanschlusses des Amtsgerichts Schwabach - Zweigstelle Hilpoltstein - für den 26.6.1998 ergibt sich, daß der Verteidiger des Betroffenen um 15.26 Uhr der Zweigstelle Hilpoltstein einen vierseitigen Schriftsatz zugeleitet hat. Der Senat geht davon aus, daß es sich dabei um die Begründung der Rechtsbeschwerde gehandelt hat. Diese ist damit form- und fristgerecht begründet worden (§ 345 Abs. 1 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG).

2. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird auf dessen Antrag zugelassen, da es geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur Fortbildung des Rechts zu ermöglichen (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG).

Der Amtsrichter hat schon das zulässige Gesamtgewicht des vom Betroffenen gefahrenen Lkw nicht festgestellt. Aber auch wenn man davon ausgeht, daß es 3,5 Tonnen übersteigt und deswegen eine Pflicht zum Einbau des Kontrollgeräts bestand (vgl. Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 3821/85, Art. 4 Nr. 1 VO Nr. 3820/85), scheidet eine Verurteilung des Betroffenen wegen eines Verstoßes gegen § 7 c FPersG aus.

Der Amtsrichter hat übersehen, daß vor der gegenständlichen Tat, nämlich am 19.8.1997, das Gesetz zur Änderung der fahrpersonalrechtlichen Vorschriften vom 18.8.1997 (BGBl I S. 2075) in Kraft getreten ist, durch das in Art. 1 das Fahrpersonalgesetz und in Art. 2 die Fahrpersonalverordnung geändert wurden. Im Rahmen dieser Rechtsänderung wurde der bisher geltende § 7 c FPersG aufgehoben (Art. 1 Nr. 8). An seine Stelle ist § 10 FPersV (i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 FPersG), zuletzt geändert durch die Verordnung zur Änderung der Fahrpersonalverordnung vom 20.5.1998 (BGBl I S. 1127), getreten, der die Ordnungswidrigkeiten im Bereich der Zuwiderhandlungen gegen die hier in Rede stehende VO (EWG) Nr. 3821/85 neu normiert hat. Verstöße der Fahrer gegen Art. 15 VO (EWG) Nr. 3821/85, der die Benutzung der Schaublätter regelt, sind deshalb seit dem 19.8.1997 nur bußgeldbewehrt, soweit dies in § 10 Nr. 3 FPersV ausdrücklich festgelegt ist. Deswegen kommt eine Verurteilung des Betroffenen allein wegen der gleichzeitigen Verwendung zweier Schaublätter nicht in Betracht. Aus Art. 15 Abs. 2 Unterabs. 1 Sätze 1 und 2 VO (EWG) Nr. 3821/85 ergibt sich zwar, daß auch in ein Zwei-Fahrer-Gerät von einem Fahrer nur ein Schaublatt eingelegt werden darf. Ein Verstoß hiergegen ist aber jedenfalls seit der Geltung des § 10 Nr. 3 FPersV nicht mehr bußgeldbewehrt, weil er in § 10 Nr. 3 FPersV nicht genannt ist.

3. Hingegen kommt jedoch aufgrund des vom Amtsrichter festgestellten Sachverhalts eine Verurteilung des Betroffenen wegen versuchter (§ 22 StGB) oder vollendeter Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB in Betracht. Denn danach hat der Betroffene zumindest versucht, eine unechte Urkunde herzustellen, indem er eines der Schaublätter mit dem Namen "K." versehen und in das Kontrollgerät eingelegt hat. Denn es stammt ausweislich der angegriffenen Entscheidung nicht von dem, der nach außen als sein Aussteller in Erscheinung trat, nämlich nicht von "K.", sondern vom Betroffenen. Hergestellt ist die Urkunde allerdings erst, wenn der Betroffene das Schaublatt eingelegt und durch die anschließende Fahrt bewirkt hat, daß die zu registrierenden Angaben aufgezeichnet wurden. Ob letzteres hier geschehen ist, wurde vom Amtsrichter nicht festgestellt, so daß möglicherweise nur versuchte Urkundenfälschung in Betracht kommt. Nach den Feststellungen des Amtsrichters handelte der Betroffene auch zur Täuschung im Rechtsverkehr, weil er bei einer etwaigen späteren Kontrolle der Lenk- und Ruhezeiten den Eindruck erwecken wollte, auch "K." habe das Kraftfahrzeug gesteuert (vgl. auch BayObLGSt 1991, 122; 1993, 160).

Allerdings ist den amtsgerichtlichen Feststellungen nicht sicher zu entnehmen, ob der Angeklagte wußte, daß das ausgefüllte und in das Kontrollgerät eingelegte Schaublatt mit Beginn der Aufzeichnungen zur Urkunde wird. Nach Sachlage liegt dies aber so nahe, daß insoweit ein hinreichender Verdacht im Sinne des § 203 StPO besteht.

4. Das Verfahren wird daher als Revisionsverfahren fortgeführt (vgl. BGHSt 35, 298/304). ..."



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