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BayObLG Beschluss vom 31.08.1993 - 4St RR 137/93 - Wer nicht Fahrer ist, kann nicht - berechtigter - Aussteller einer Diagrammscheibe nach der Verordnung (EWG) Nr 3820/85 sein

BayObLG v. 31.08.1993: Wer nicht Fahrer ist, kann nicht - berechtigter - Aussteller einer Diagrammscheibe nach der Verordnung (EWG) Nr 3820/85 sein


Das BayObLG (Beschluss vom 31.08.1993 - 4St RR 137/93) hat entschieden:
Wer nicht Fahrer ist, kann nicht - berechtigter - Aussteller einer Diagrammscheibe nach der Verordnung (EWG) Nr 3820/85 (juris: EWGV 3820/85) sein. Die Einwilligung des Unternehmers in die Eintragung seines Namens als Fahrer läßt die Strafbarkeit unberührt.


Siehe auch EG-Kontrollgerät - Fahrtenschreiber - Fahrerkarte


Zum Sachverhalt: Das AG Laufen verurteilte die Angeklagten wegen Beihilfe zu einem Vergehen der Urkundenfälschung zu Geldstrafen.

Die gegen diese Entscheidung gerichteten Berufungen verwarf das Landgericht Traunstein als unbegründet. Das Landgericht hielt die Angeklagten für schuldig, dem im Fuhrunternehmen des Angeklagten B. S. beschäftigten Zeugen B. geholfen zu haben, "mit zwei Scheiben" zu fahren (Art. 15 Abs. 2 VO(EWG) Nr. 3821/81), d.h. neben der mit dem eigenen Namen versehenen Diagrammscheibe im vorgeschriebenen Kontrollgerät eine weitere mit dem Namen S. zu benutzen, um so über die tatsächlichen Lenk- und Ruhezeiten zu täuschen.

Beide hiergegen gerichteten Revisionen blieben erfolgslos.


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Das Landgericht hat die Angeklagten zu Recht wegen Beihilfe zu einem Vergehen der Urkundenfälschung verurteilt. Die Auffassung der Revision, das Einverständnis mit der Benutzung des Namens S. schließe eine Strafbarkeit gemäß § 267 StGB und damit eine Teilnahme hieran aus, trifft nicht zu. Da Aussteller derjenige ist, der geistig hinter der Urkunde steht, ist allerdings grundsätzlich ein Zeichnen unter fremdem Namen möglich. Voraussetzung ist, daß der Unterschreibende den Namensträger vertreten will, dieser sich vertreten lassen wollte und die Vertretung rechtlich zulässig ist (LK/Tröndle StGB 10. Aufl. § 267 Rn. 19; Schönke/Schröder/Cramer StGB 24. Aufl. § 267 Rn. 58). Es kann dahinstehen, ob im vorliegenden Fall ein die Strafbarkeit ausschließendes Zeichnen unter fremdem Namen schon deshalb ausscheidet, weil der Namensträger (S.) möglicherweise lediglich die Benutzung seines Namens gestatten wollte, ohne daß ihn die in der Urkunde enthaltene Erklärung binden sollte (vgl. LK/Tröndle § 267 Rn 20). Der Senat folgt in jedem Falle der Auffassung der Staatsanwaltschaft, daß im vorliegenden Fall ein Zeichnen unter fremdem Namen rechtlich unzulässig war. Die Staatsanwaltschaft hat hierzu folgendes ausgeführt:
"Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Zeuge B. als Fahrer des Lastzugs bei verschiedenen Fahrten in das EG- Kontrollgerät eine Diagrammscheibe eingelegt, auf der als Fahrer der Name "S." eingetragen war.

Nach diesen Feststellungen hat der Zeuge B. eine unechte Urkunde nach § 267 StGB hergestellt. Die mit dem Namen eines Fahrers und dem Datum der Fahrt versehene Fahrtschreiberaufzeichnung stellt eine Urkunde i.S. des § 267 StGB dar (BayObLG VM 1992, 51). Eine Urkunde ist unecht i.S. des § 267 StGB, wenn sie nicht von dem stammt, der nach außen als Aussteller in Erscheinung tritt. Nach der VO (EWG) Nr. 3821/85 kommt als Aussteller einer derartigen Diagrammscheibe, wie sie hier in Rede steht, nur der Fahrer in Betracht (vgl. BayObLG aaO). Das Schaublatt erweckte nach Abschluß der Fahrt den Anschein, daß es von dem Fahrer S. stammt. In Wirklichkeit stammte es von dem Fahrer B.. Dabei spielt es keine Rolle, daß der Angeklagte mit der Verwendung seines Namens einverstanden war. Denn nach den genannten EWG- Vorschriften ist die Fahrereigenschaft untrennbar mit der Ausstellerfunktion verknüpft. Der Fahrer stellt die Urkunde her, indem er das Schaublatt einlegt und anschließend durch seine Fahrt bewirkt, daß die zu registrierenden Angaben aufgezeichnet werden (BayObLG aaO). Wer nicht Fahrer ist, kann nicht Aussteller der Urkunde sein. Es handelt sich hier nicht um eine schriftliche Lüge, sondern um eine Täuschung über den Aussteller. Die unechte Urkunde wurde auch zur Täuschung im Rechtsverkehr hergestellt, weil bei einer etwaigen späteren Kontrolle, ob die Lenk- und Ruhezeiten eingehalten wurden, der Eindruck erweckt werden sollte, nicht der Zeuge B., sondern einer der beiden Angeklagten sei der Fahrer gewesen (vgl. BayObLG aaO).

Die vom Verteidiger des Angeklagten zitierte Entscheidung des BayObLG vom 3.9.1980 (VRS 61, 32) ist nicht einschlägig. Ihr lag noch die inzwischen durch die EWG-Vorschriften teilweise überholte Vorschrift des § 57a StVZO zugrunde, wonach als Aussteller der Diagrammscheibe der Halter des Fahrzeugs in Betracht kam, der sich bei der Ausstellung vertreten lassen konnte.

Ebensowenig ist die Entscheidung des BayObLG vom 21.5.1987 (VRS 73, 377) einschlägig, weil dort nicht über den Aussteller, sondern über den Abfahrtsort getäuscht wurde.

Der von der Revision behauptete Widerspruch in der Beweiswürdigung liegt nicht vor. Wenn ausgeführt wird, die Einlassung der Angeklagten, die Fahrer hätten die Ruhezeiten ohne weiteres einhalten können, sei durch die Beweisaufnahme widerlegt, so muß sich das bei verständiger Würdigung nicht auf jede einzelne Fahrt beziehen. Daß aber bei einigen Fahrten die Ruhezeiten nicht eingehalten werden konnten, wird auch von der Revision nicht in Abrede gestellt."
Entgegen der Ansicht der Revision darf also in Fällen, in denen die Verordnungen (EWG) Nr. 3281/85 und 3820/85 einschlägig sind, allein der Fahrer (ggf. auch durch einen Dritten) in die Diagrammscheibe eingetragen werden (Art. 15 Abs. 2 und 5 VO (EWG) Nr. 3821/85). Aus dieser Personengebundenheit folgt, daß die Eintragung eines Dritten, der nicht Fahrer ist, auch mit seiner Einwilligung nicht zulässig ist. Die Einwilligung schließt daher eine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung nicht aus. ..."



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