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OLG Düsseldorf Beschluss vom 04.01.1993 - 2 Ss (OWi) 427/92 - Kein Fahrverbot wegen beharrlicher Pflichtverletzung nach drei Geschwindigkeitsüberschreitungen geringeren Gewichts innerhalb von 14 Monaten
OLG Düsseldorf v. 04.01.1993: Kein Fahrverbot wegen beharrlicher Pflichtverletzung nach drei Geschwindigkeitsüberschreitungen geringeren Gewichts innerhalb von 14 Monaten
Das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 04.01.1993 - 2 Ss (OWi) 427/92) hat entschieden:
- Die Feststellung einer fahrlässig begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung von 35 km/h begründet nicht die Annahme einer groben Pflichtverletzung.
- Drei innerhalb eines Zeitraumes von 14 Monaten begangene Geschwindigkeitsüberschreitungen von 25 km/h, 24 km/h und 35 km/h erlauben nicht ohne weitere Feststellungen zur jeweiligen Verkehrslage und Motivation des Betroffenen die Annahme einer fehlenden rechtstreuen Gesinnung als Voraussetzung eines beharrlichen Verstoßes gegen Verkehrsvorschriften.
Siehe auch Stichwörter zum Thema Fahrverbot
Aus den Entscheidungsgründen:
"... Das AG hat das Fahrverbot auf § 25 StVG i. V. mit § 2 II BKatV gestützt und dazu ausgeführt:
„Das Gericht sah sich auch außer Stande, unter Erhöhung der Regelgeldbuße ausnahmsweise von der Verhängung eines Fahrverbotes abzusehen. Der Betr. hat immerhin im Zeitraum von Oktober 1990 bis Januar 1992 nunmehr den dritten gleichartigen Verstoß einer Geschwindigkeitsüberschreitung begangen. Der jetzige Verstoß mit vorwerfbaren 35 km/h über der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ist auch gravierend. Auch wenn der Betr. beruflich bedingt eine weitaus höhere jährliche Fahrleistung als ein üblicher Kraftfahrer hat, so bedarf es nunmehr zur Einwirkung auf den Betr., um ihm nachdrücklich die Pflichten eines ordnungsgemäßen Kraftfahrers in Erinnerung zu bringen, gem. § 25 StVG i. V. mit § 2 II BKatV der Verhängung eines einmonatigen Fahrverbotes.”
Auf § 2 II 2 BKatV kann das Fahrverbot nicht gestützt werden. Denn nach dieser Vorschrift kommt i. d. R. ein Fahrverbot in Betracht, wenn gegen den Führer eines Kfz wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h bereits eine Geldbuße rechtskräftig festgesetzt worden ist und er innerhalb eines Jahres seit Rechtskraft der Entscheidung eine weitere Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h begeht.
Zwar hat der Betr. nach den Feststellungen des AG als Führer eines Pkw am 17. 1. 1992 die zulässige Geschwindigkeit um 35 km/h überschritten. Nach den weiteren Feststellungen ist gegen den Betr. aber durch Bußgeldbescheid vom 9. 11. 1990, rechts-kräftig bereits seit dem 1. 12. 1990, eine Geldbuße von 80 DM wegen Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit um 25 km/h und durch Bußgeldbescheid vom 3. 5. 1991, rechtskräftig seit dem 31. 5. 1991, eine Geldbuße von 120 DM wegen Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit um lediglich 24 km/h verhängt worden. Damit ist weder der für die Verhängung des „Regel"-Fahrverbots des § 2 BKatV vorgesehene Mindestwert der früheren Geschwindigkeitsüberschreitung erreicht, noch der Zeitraum zwischen Rechtskraft der Vorverurteilung und neuer Tat ein-gehalten (dies gilt für die erste Vorverurteilung).
Das Fahrverbot läßt sich nach den getroffenen Feststellungen auch nicht aus § 25 StVG herleiten.
Nach § 25 StVG kann dem Betr., gegen den wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 StVG, die er unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kfz-Führers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt worden ist, verboten werden, im Straßenverkehr Kfz jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Das erfordert entweder die Feststellung einer besonderen Verantwortungslosigkeit unter Berücksichtigung von Verkehrslage und Örtlichkeit oder wiederholter hartnäckiger Mißachtung von Verkehrsvorschriften.
Grobe Pflichtverletzungen sind solche von besonderem Gewicht, die entweder objektiv als häufige Unfallursache abstrakt oder konkret besonders gefährlich sind oder subjektiv auf groben Leichtsinn, grobe Nachlässigkeit und Gleichgültigkeit zurückgehen (vgl. dazu Mühlhaus/Janiszewski, StVO, 12. Aufl., § 25 StVG Rdnr: 6 m.w.Nachw.). Eine bloß fahrlässige Geschwindigkeitsüberschreitung von 35 km/h gehört dazu nicht (vgl. dazu Mühlhaus/Janiszewski, § 25 StVG Rdnrn. 8, 8 a).
Den Urteilsgründen ist aber auch nicht zu entnehmen, daß der Betr. beharrlich gegen Verkehrsvorschriften verstoßen hat. Beharrlich sind die Verstöße, die zwar ihrer Art oder den Umständen nach nicht bereits zu den objektiv oder subjektiv groben Zuwiderhandlungen zählen, durch deren zeit- und sachnahe wiederholte Begehung der Täter aber zeigt, daß ihm die für die Teilnahme am Straßenverkehr erforderliche rechtstreue Gesinnung und notwendige Einsicht in zuvor begangenes Unrecht fehlen. Allein aus dem Umstand, daß der Betr. innerhalb des verhältnismäßig kurzen Zeitraums von rund 14 Monaten drei gleichartige Verkehrsverstöße begangen hat, kann nicht ohne weiteres auf eine fehlende rechtstreue Gesinnung geschlossen werden. Denn Verkehrsverstöße kommen in den verschiedensten Verkehrslagen bei unterschiedlichster Motivation vor. Demgemäß ist es erforderlich, Einzelheiten zu den Vor-taten festzustellen. Da diese fehlen und nicht auszuschließen ist, daß diese noch getroffen werden können, ist die Sache an das AG zurückzuverweisen. ..."