Das Verkehrslexikon

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Fristbeginn für ein Fahrverbot trotz Abgabe des Führerscheins bei unzuständiger Stelle?

Fristbeginn für ein Fahrverbot trotz Abgabe des Führerscheins bei unzuständiger Stelle?


In der Praxis kommt es gelegentlich zu Schwierigkeiten, wenn der Führerschein zwecks Fahrverbotsverbüßung nicht bei der zuständigen Stelle, sondern z.B. bei einer Polizeidienststelle des Wohnorts oder nach Einspruchsrücknahme beim Gericht usw. abgegeben wird. Manche Vollstreckungsstellen rechnen die Frist dann erst ab Eingang des Führerscheins bei der zuständigen Stelle. Es entspricht aber heute herrschender und in der Praxis auch überwiegend angewandter Auffassung, dass der Führerschein auch dadurch bereits wirksam in "amtliche Verwahrung" gelangt, wenn er bei einer an sich unzuständigen Stelle abgegeben wird.

Dementsprechend hat auch der 35. Deutsche Verkehrsgerichtstag 1997 in Goslar einstimmig eine entsprechende gesetzliche Klarstellung empfohlen.


Siehe auch Stichwörter zum Thema Fahrverbot


Hentschel DAR 1997, 104 sprach davon, dass es geltendes Recht sei, die Frist bereits von dem Tag an zu berechnen, an dem der Führerschein überhaupt irgendwo, sei es auch bei einer an sich unzuständigen Stelle, in amtliche Verwahrung gegeben worden sei.

Albrecht NZV 1998, 131 ff (134) hielt im Hinblick auf die unsicheren bzw. unpraktischen Kontrollmöglichkeiten nach Einführung der 4-Monats-Regelung die Abgabe bei einer beliebigen Polizeidienststelle nicht mehr für zulässig:
"... Nur mittelfristig wird sich das praktische Problem der Aktualität des VZR lösen lassen. Zur Gewährleistung einer besseren Überwachbarkeit sieht die StVG-Novelle vor, künftig auch die Tatsache der rechtskräftigen Anordnung eines Fahrverbotes für den automatischen Abruf (ZEVIS) zur Verfügung zu stellen (§ 30 a V Nrn. 1 c, 2 c StVG n. E) 29. Sinn macht dies allerdings nur, wenn außerdem die Information darüber enthalten ist, wann das Fahrverbot wirksam wird und wann die Fahrverbotsfrist abläuft. In der Vergangenheit hätte es, da generell der Automatismus zwischen Rechtskraft des Bußgeldbescheides und Wirksamkeit des Fahrverbotes bestand, hierfür nur noch der Zusatzinformation über den Ablauf bedurft. Die Neuerung macht es nun erforderlich, dass die Behörden und die Gerichte zunächst den Zeitpunkt der Rechtskraft des Bußgeldbescheides und, ob die Vier-Monats-Frist eingeräumt wurde, mitteilen, später dann (sofern sie eingeräumt wurde) den Zeitpunkt der Abgabe des Führerscheins und den Ablauf der Fahrverbotsfrist. Die dazu nötige gesetzliche Regelung ist für die Behörden und Gerichte bindend mit § 28 III Nr. 13 StVG n. F. bereits verabschiedet worden, ein funktionierendes Verfahren muss aber wohl noch etabliert werden. Einer auf dem 35. VGT diskutierten gesetzlichen Neuregelung, wonach der Betroffene den Führerschein bei Anordnung eines Fahrverbotes nicht nur bei der Bußgeldbehörde, sondern bei jeder Polizeidienststelle abgeben können soll, kann demnach jedenfalls nicht mehr in Betracht kommen. Andernfalls wäre wegen der Beteiligung unterschiedlicher Behörden und der damit verbundenen Geschäftswege eine auch nur annähernd zeitnahe Information über den Verlauf der Fahrverbotsfrist nicht zu erreichen, die Einhaltung des Fahrverbotes also kaum noch kontrollierbar. Aus diesen Gründen wird außerdem die entsprechende praktische Handhabung zu überdenken sein. ..."
Allerdings ist diese Ansicht wohl durch die Einführung der StrVollstrO im Jahre 2001 obsolet geworden.

Göhler, Ordnungswidrigkeitengesetz, 13. Aufl. 2002, § 90, Rd.-Nr. 30 meint zu dem Problem:
"Die Verbotsfrist beginnt bei amtlich zu verwahrenden Führerscheinen - nach Rechtskraft - grundsätzlich erst an dem Tag, an dem sie in amtliche Verwahrung (der zuständigen Vollstreckungsbehörde, § 59 a V S. 2 i. V. m. § 87 II S. 2 Nr. 1 StVollstrO) genommen werden (§ 25 V S. 1, II a S. 1 StVG; ...).

Nach der Klarstellung in der StVollstrO zum 01.04.2001 beginnt die Verbotsfrist im Ergebnis nunmehr auch, wenn der Führerschein "zunächst in den Gewahrsam einer anderen Stelle" gelangt, "die mit der Verfolgung oder Ahndung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, aufgrund derer ein Fahrverbot verhängt werden kann, oder der Vollstreckung von Fahrverboten befasst ist" (§ 59 a V S. 3 i. V. m. § 87 II S. 2 Nr. 1 StVollstrO); die Neuregelung zielt vor allem auf Polizeidienststellen, dürfte allerdings keine unbedingte Verpflichtung dieser Stellen begründen, einen Führerschein entgegenzunehmen."
Und Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl. 2005, § 25 StVG, Rd.-Nr. 31 führt aus:
"Wird der FS bei einer unzuständigen Behörde in Verwahrung gegeben (zB Pol oder Bußgeldstelle des Wohnortes), so können Praktikabilitätserwägungen dafür sprechen dies für den Fristbeginn ausreichen zu lassen, s. Empfehlung des VGT 97,11; Zank VGT 97, 247, Schäpe DAR 1998, 14, abw. im Hinblick auf Abs. 2a Albrecht NZV 1998, 134)."
Offenbar berücksichtigt Hentschel nicht die StrVollstrO, die gem. § 1 auch für die Vollstreckung von Bußgeldbescheiden einschlägig ist.

§ 59a Abs. 5 Satz 3 StrVollstrO lautet:
Gelangt der Führerschein zur Vollstreckung des Fahrverbots zunächst in den Gewahrsam einer anderen Stelle, die mit der Verfolgung oder Ahndung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, aufgrund derer ein Fahrverbot verhängt werden kann, oder mit der Vollstreckung von Fahrverboten befasst ist, wird die Verwahrzeit in die Verbotszeit eingerechnet.
Im Ergebnis dürften demnach heute keine Bedenken mehr dagegen bestehen, den Führerschein auch bei der örtlichen Polizei in Verwahrung zu geben, wenn diese bereit ist, ihn entgegenzunehmen.



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