Das Verkehrslexikon

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OLG Hamm Beschluss vom 15.03.2005 - 4 Ss 54/05 - Zum Absehen vom Fahrverbot wegen langer Verfahrensdauer - mehr als zwei Jahre

OLG Hamm v. 15.03.2005: Zum Absehen vom Fahrverbot wegen langer Verfahrensdauer - mehr als zwei Jahre


Das OLG Hamm (Beschluss vom 15.03.2005 - 4 Ss 54/05) hat entschieden:
Ein Fahrverbot nach § 44 StGB kann nach langer Zeit - hier zwei Jahren drei Monaten - jedenfalls dann nicht mehr verhängt werden, wenn der Zeitraum zwischen Tat und letzter Tatsacheninstanz nicht in den Verantwortungsbereich des Angeklagten fällt.


Siehe auch Stichwörter zum Thema Fahrverbot


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Keinen Bestand haben kann allein wegen des Zeitablaufs zwischen Tat und Berufungshauptverhandlung die Verhängung des einmonatigen Fahrverbotes. Insoweit konnte der Senat trotz der grundsätzlich bestehenden Wechselwirkung zwischen Haupt- und Nebenstrafe in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO in der Sache selbst entscheiden und erkennen, daß die Anordnung des Fahrverbotes entfällt. Der Senat kann ausschließen, daß eine neue Hauptverhandlung Feststellungen ergeben könnte, die ein anderes Ergebnis rechtfertigen würde. Die Verhängung einer schwereren Hauptstrafe wäre aufgrund des zu beachtenden Verschlechterungsverbotes ohnehin nicht zulässig.

Das Fahrverbot ist als Denkzettel für nachlässige und leichtsinnige Kraftfahrer vorgesehen, um den Täter vor einem Rückfall zu warnen und ihm ein Gefühl für den zeitweisen Verlust des Führerscheins und den Verzicht auf die aktive Teilnahme am Straßenverkehr zu vermitteln (vgl. BT-Drucksache IV/651 S. 12). Diese Warnungs- und Besinnungsfunktion kann das Fahrverbot - auch im Hinblick auf seinen Strafcharakter - aber nur dann erfüllen, wenn es sich in einem angemessenen zeitlichen Abstand zur Tat auf den Täter auswirkt. Eine Verhängung, die sich nach allgemeinen Strafzumessungserwägungen richtet, kommt nach einhelliger Ansicht jedenfalls für sehr lange zurückliegende Taten nicht mehr in Betracht (Tröndle, StGB, 52. Auflage, § 44 Rdnr. 2; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Auflage, § 44 StGB Rdnr. 3, Schönke-Schröder-Stree, StGB, 26. Auflage, § 44 Rdnr. 15 jeweils m.w.N.).

Vorliegend hat der Angeklagte die ihm zur Last gelegten Taten am 18. Juli 2002 begangen. Die Strafkammer hat das Fahrverbot in der Sitzung vom 2. November 2004, also mehr als zwei Jahre drei Monate später, verhängt. Zu diesem Zeitpunkt konnte es seinen spezialpräventiven Charakter jedoch nicht mehr entfalten. Auch der von der Strafkammer herangezogene Gesichtspunkt, der Angeklagte habe drei Straftaten begangen, von denen jede einzelne die Verhängung eines Fahrverbotes gerechtfertigt hätte, und die weitere Erwägung, sie hätte die Verhängung eines längeren Fahrverbotes für richtig erachtet, führt angesichts der außergewöhnlich langen Zeitspanne zwischen Taten und Urteil, die ihre Ursache nicht im Verantwortungsbereich des Angeklagten hat, zu keiner anderen Beurteilung. ..."