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Wann beginnt die Vollstreckung eines rechtskräftigen Fahrverbots bei Verlust des Führerscheins?

Wann beginnt die Vollstreckung eines rechtskräftigen Fahrverbots bei Verlust des Führerscheins?


Siehe auch Stichwörter zum Thema Fahrverbot




Hat der Betroffene, gegen den ein rechtskräftiges Fahrverbot verhängt wurde, seinen Führerschein verloren, so ist er außerstande, diesen bei der für die Vollstreckung des Fahrverbots zuständigen Stelle in amtliche Verwahrung zu geben und somit den Lauf der Fahrverbotsfrist in Gang zu setzen (hat er freilich bereits einen Ersatzführerschein beantragt und bekommen, so kann er diesen hinterlegen).

Der Betroffene wird also, um den Lauf des Fahrverbots möglichst frühzeitig in Gang zu setzen und damit auch das Ende der Frist früher zu erreichen, der Vollstreckungsbehörde den Verlust des Führerscheins mitteilen und diesen Verlust glaubhaft machen müssen. Die Glaubhaftmachung geschieht durch eine eidesstattliche Versicherung.


Es fragt sich nun: Ab wann läuft die Fahrverbotsfrist?

In Frage kommen zwei Zeitpunkte, nämlich das Datum des Verlustes des Führerscheins oder das Datum der Mitteilung an die Vollstreckungsbehörde oder ggf. das Datum der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung.

Mit dem Verlusttag beginnt die Fahrverbotsfrist frühestens dann, wenn der Verlust nach der Rechtskraft der Fahrverbotsentscheidung geschehen ist. Hingegen beginnt die Frist erst von der Mitteilung bzw. der eidesstattlichen Versicherung an zu laufen, wenn der Verlust bereits vor der Fahrverbotsentscheidung geschehen war und dem Betroffenen die 4-Monats-Schonfrist des § 25 Abs. 2a StVG zugebilligt wurde. Denn bei der Ausübung des dem Betroffenen zustehenden Wahlrechts liegt es im Verantwortungsbereich des Betroffenen durch eine entsprechende Mitteilung von seinem Wahlrecht Gebrauch zu machen.

Dies ist freilich nicht unbestritten. Das OLG Düsseldorf NZV 1999, 521 f. (Urteil vom 09.08.1999 - 5 Ss 45/99 - 14/99 IV) hat entschieden:
Ist gegen den Betroffenen rechtskräftig ein Fahrverbot verhängt, so beginnt die Verbotsfrist des StVG § 25 Abs 5 S 1 bei tatsächlichem oder angeblichem Verlust des Führerscheins mit dem Zeitpunkt der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung.
Das AG Neunkirchen ZfSch 2005, 208 f. = Blutalkohol 42, 499 ff. (Beschluss vom 26.01.2005 - 19 OWi 6/05) hat zur Berechnung der Fahrverbotsfrist bei Verlust des Führerscheins entschieden:
Wenn ein Betroffener seinen Führerschein nach Rechtskraft der ein Fahrverbot anordnenden Entscheidung verloren hat, ist für den Beginn der Verbotsfrist auf den Tag des Verlustes abzustellen.
Und das LG Essen NZV 2006, 166 f. (Beschluss vom 31.10.2005 – 23 Os 160/05) ist der Auffassung:
Kommt einem Betroffenen vor rechtskräftiger Entscheidung über ein Fahrverbot der Führerschein abhanden, so beginnt bei anschließender rechtskräftiger Entscheidung der Ablauf der Verbotsfrist bereits mit Mitteilung des Verlustes bei Gericht oder der Vollstreckungsbehörde.
Hentschel DAR 1988, 156 ff./157 f. (noch vor Einführung der Schonfristregelung im Jahre 1999) führt hierzu aus:
"Handelte es sich bisher ausschließlich um Fälle, in denen der Angeklagte/Betroffene aus rechtlichen Gründen nicht in der Lage war, einen gültigen Führerschein in amtliche Verwahrung zu geben, um die Fahrverbotsfrist in Lauf zu setzen, so können der Führerscheinablieferung andererseits aber auch rein tatsächliche Hindernisse entgegenstehen. Dies ist vor allem der Fall, wenn der Angeklagte/Betroffene seinen Führerschein verloren hat.

Hinsichtlich des Beginns der Verbotsfrist enthalten die gesetzlichen Bestimmungen für den Fall des Führerscheinverlustes keine ausdrückliche Regelung. § 463b I StPO bestimmt lediglich, daß ein Führerschein, der nicht freiwillig herausgegeben wird, der aber gem. § 44 III Satz 2 StGB amtlich zu verwahren ist, zu beschlagnahmen ist. Nach Abs. III der genannten Bestimmung hat der Verurteilte, wenn der Führerschein bei ihm nicht vorgefunden wird, auf Antrag der Vollstreckungsbehörde eine eidesstattliche Versicherung über den Verbleib abzugeben.

Für das Fahrverbot gem. § 25 StVG enthält § 25 in den Absätzen II Satz 3 und IV eine entsprechende Regelung. Da es für den Beginn der Fahrverbotsfrist keinen Unterschied machen kann, ob ein Führerschein aus rechtlichen oder aber aus tatsächlichen Gründen nicht in amtliche Verwahrung gegeben werden kann, müssen bei Verlust des Führerscheins die bisherigen Ausführungen für den Beginn der Verbotsfrist entsprechend gelten: D.h., die Verbotsfrist beginnt ab Rechtskraft der das Fahrverbot aussprechenden Entscheidung, wenn der Angeklagte/Betroffene bereits zu diesem Zeitpunkt den Führerschein verloren hatte. Tritt der Verlust erst nach Rechtskraft der Entscheidung ein, so ist für den Beginn der Verbotsfrist der Tag des Verlustes maßgebend.

Um einem möglichen Mißbrauch entgegenzuwirken, wird der Angeklagte/Betroffene aufzufordern sein, einen Ersatzführerschein zu den Akten zu reichen.

Zu welchen Schwierigkeiten bei der Berechnung der Verbotsfrist der Verlust des Führerscheins führen kann, zeigt anschaulich das folgende Beispiel aus der Praxis:

Die Verwaltungsbehörde ordnet im November 1986 durch Bußgeldbescheid ein Fahrverbot von einem Monat gegen den Betroffenen an. Im Februar 1987 verliert der Betroffene seinen Führerschein. Am 11.3. 1987 wird das Fahrverbot durch Rücknahme des zunächst eingeleiteten Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid rechtskräftig. Der Betroffene teilt der Straßenverkehrsbehörde den Verlust seines Führerscheins mit, holt den daraufhin für ihn ausgestellten Ersatzführerschein jedoch erst am 15. 4. 1987 ab. Auch der Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, teilt der Betroffene noch im März 1987 mit, daß er einen Führerschein zur Vollstreckung des Fahrverbotes wegen Verlustes nicht abgeben könne. Gleichwohl fordert die Verwaltungsbehörde den Betroffenen wiederholt zur Ablieferung des Führerscheins oder aber eines Ersatzführerscheins zum Zwecke amtlicher Verwahrung im Rahmen der Vollstreckung des Fahrverbotes auf. Schließlich ordnet sie im Juli 1987 die Beschlagnahme des Führerscheins gem. § 25 II Satz 3 StVG an.

Nunmehr beauftragt der Betroffene einen Rechtsanwalt, der die gerichtliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Vollstreckung gem. § 103 I Nr. 1 OWiG beantragt.

In dem Antrag vertritt er die Auffassung, die Nichtabholung des Ersatzführerscheins durch den Betroffenen beim Straßenverkehrsamt entspreche der amtlichen Verwahrung des Führerscheins im Sinne des § 25 StVG. Das Fahrverbot sei daher abgelaufen.

Diese Auffassung ist freilich unzutreffend. Gem. § 87 II Satz 2 a) der Strafvollstreckungsordnung in Verbindung mit deren § 59a ist nämlich ein Führerschein im Rahmen der Vollstreckung eines Fahrverbotes nicht beim Straßenverkehrsamt, sondern bei der Vollstreckungsbehörde amtlich zu verwahren.

Gleichwohl muß der Antrag des Betroffenen Erfolg haben, weil die Fahrverbotsfrist abgelaufen ist.

Der Abgabe eines Ersatzführerscheins an die Vollstreckungsbehörde zur Vermeidung von Mißbrauchsmöglichkeiten ... bedurfte es in dem geschilderten Falle nicht. Der Zweck einer solchen Verfahrensweise ist nämlich bereits dadurch erfüllt, daß der Betroffene den Verlust seines Führerscheins angezeigt und den Ersatzführerschein nach Rechtskraft des Fahrverbots zunächst nicht abgeholt, sondern einen solchen erst nach Ablauf eines Monats nach Rechtskraft des Fahrverbots - also nach einer Zeit, die der Dauer des Fahrverbots entsprach - in Empfang genommen hat. Da das Fahrverbot durch die Rücknahme des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid wirksam geworden ist, hätte sich der Betroffene, wenn er gleichwohl mit einem Kraftfahrzeug am öffentlichen Straßenverkehr teilgenommen hätte, gem. § 21 1 Nr. 1 StVG strafbar gemacht. Eine Täuschungsmöglichkeit gegenüber der Polizei durch Vorlage eines Führerscheins bestand für ihn nicht in größerem Umfang als für denjenigen, der nach Verlust seines Führerscheins einen Ersatzführerschein beantragt, beim Straßenverkehrsamt abholt und diesen in amtliche Verwahrung gibt.

Da somit die Fahrverbotsfrist einen Monat nach Rechtskraft des Bußgeldbescheides bereits abgelaufen ist, kommt eine weitere Vollstreckung nicht mehr in Betracht mit der Folge, daß die Beschlagnahmeanordnung der Vollstreckungsbehörde vom Juli 1987 aufzuheben ist."
Dieser Auffassung von Hentschel hat sich auch das AG Viechtach NZV 2007, 159 f. (Beschluss vom 24.07.2006 - 7 II OWi 808/06) angeschlossen.



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