Das Verkehrslexikon

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OLG Köln Beschluss vom 19.10.1993 - Ss 434/93 (B) - Zur Feststellung eines Geschwindigkeitsverstoßes durch Nachfahren und Tachovergleich bei Dunkelheit

OLG Köln v. 19.10.1993: Zur Feststellung eines Geschwindigkeitsverstoßes durch Nachfahren und Tachovergleich bei Dunkelheit


Das OLG Köln (Beschluss vom 19.10.1993 - Ss 434/93 (B)) hat entschieden:
Bei einer Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren und Tachometervergleich bedarf es weiterhin näherer Feststellungen im tatrichterlichen Urteil (Abgrenzung BGH, 19. August 1993, 4 StR 627/92, NJW 1993, 3081).


Siehe auch Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren oder Vorausfahren


Aus den Entscheidungsgründen:

"... In der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte herrscht Einigkeit darüber, dass in Fällen, in denen die abgeurteilte Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit durch eine Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren und Tachometervergleich ermittelt worden ist, die Feststellungen des tatrichterlichen Urteils die Nachprüfung zulassen müssen, ob die Voraussetzungen für eine verwertbare Messung vorlagen. Insbesondere muss dem Urteil zu entnehmen sein, wie lange die Messstrecke war, wie groß der Abstand war und ob der verwendete Tachometer binnen Jahresfrist justiert war und welcher Sicherheitsabschlag vorgenommen wurde (OLG Düsseldorf VRS 67, 129 = StVE § 3 StVO Nr. 68; OLG Koblenz, VRS 70, 38; st. Senats-Rspr., vgl. Senat, v. 9. 7. 1992 - Ss 250/92; Jagusch/Hentschel, StraßenverkehrsR, 32. Aufl., § 3 StVO Rdnr. 62 m. w Nachw).

Wird die Messung zur Nachtzeit vorgenommen, müssen i. d. R. besondere Feststellungen über die Beleuchtungsverhältnisse und Orientierungspunkte die Zuverlässigkeit der Messung erkennen lassen, weil die Einhaltung eines gleichbleibenden Abstands nachts besonders schwer zu überwachen ist (st. Senats-Rspr., vgl. Senat, v. 7. 4. 1989 - Ss 134/89; v. 5. 1. 1990 - Ss 661/89; v. 16. 3. 1990 - Ss 117/90; v. 9.7. 1992 - Ss 250/92).

Bei einem Abstand von 100 m kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der vorausfahrende Pkw des Betr. durch die Scheinwerfer des nachfahrenden Polizeifahrzeugs aufgehellt war und der gleichbleibende Abstand ausreichend sicher erfasst und geschätzt werden konnte (OLG Hamm, VerkMitt 1993 Nr. 90).

An diesen Grundsätzen ist festzuhalten, auch wenn der BGH (NJW 1993, 3801 = NZV 1993, 485) neuerdings die Ansicht vertreten hat, der Tatrichter brauche neben dem angewandten Messverfahren nur den berücksichtigten Toleranzwert mitzuteilen, um dem RechtsbeschwGer. die Kontrolle der Beweiswürdigung zu ermöglichen. Bei diesen Ausführungen des BGH handelt es sich nicht um die tragenden Gründe der Entscheidung, da in dem vom BGH - nach Vorlegung durch den Senat - zu entscheidenden Fall das AG rechtsfehlerfrei das Geständnis des Betr. dem Schuldspruch zugrunde gelegt hatte. Eine Vorlegungspflicht nach § 121 II GVG konnte die Ansicht des BGH daher nicht begründen. Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob im Anschluss an die zitierte BGH-Entscheidung künftig geringere Anforderungen an die Urteilsgründe zu stellen sind, wenn die Geschwindigkeitsfeststellungen aufgrund einer standardisierten technischen Messung, z. B. durch Radarmessung oder durch stationäre Messanlagen mit Koaxialkabelverfahren. ermittelt worden ist.

Bei der Messung durch Tachometervergleich in einem nachfolgenden oder vorausfahrenden Fahrzeug handelt es sich jedenfalls nicht um ein technisches Verfahren, bei dem die Messung im wesentlichen im Ablesen eines technischen Untersuchungsergebnisses besteht. Das Ablesen des Tachowerts ist bei diesem Messverfahren nur ein Teil der Messung; ebenso wichtig ist die Einhaltung eines gleichbleibenden Abstands über längere Strecke, da ohne diese Voraussetzung der Tachowert des Polizeifahrzeugs nichts über die tatsächliche Geschwindigkeit des Fahrzeugs aussagt, dessen Geschwindigkeit gemessen werden soll. Jedenfalls dieses Messverfahren kann nicht mit anderen standardisierten technischen Messverfahren - wie z.B. bei der Bestimmung des Blutalkohols oder des Wirkstoffgehalts von Betäubungsmitteln - verglichen werden, bei denen Fehlerquellen nur zu erörtern sind, wenn der Einzelfall dazu Veranlassung gibt. Die Zuverlässigkeit der Geschwindigkeitsmessung durch Tachometervergleich hängt entscheidend von der Zuverlässigkeit ab, mit der das Abstandsverhalten über längere Zeit mit bloßem Auge, ohne technische Hilfsmittel beobachtet worden ist. Um die Zuverlässigkeit der Beobachtungen des Abstandsverhaltens beurteilen zu können, bedarf es daher näherer Feststellungen, zumal der Beweiswert gerade dieses Verfahrens entscheidend von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls - z.B. Straßenführung, Lichtverhältnisse - abhängt. Darüber hinaus sind auch Feststellungen zur Justierung des Tachometers notwendig, da hiervon die Höhe des Sicherheitsabzuges abhängt (vgl. Senat, NZV 1991, 202 = VRS 80, 467). Die bloße Angabe des berücksichtigten Toleranzwerts würde dem RechtsbeschwGer. nicht die Prüfung ermöglichen, ob dieser Wert auch im Hinblick auf den verwendeten Tachometer ausreicht. ..."



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