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OLG Hamm Urteil 09.09.1993 - 6 U 58/89 - Zur Frage eines Dauerschadens bei einem HWS-Schleudertrauma

OLG Hamm v. 09.09.1993: Zur Frage eines Dauerschadens bei einem HWS-Schleudertrauma


Das OLG Hamm (Urteil 09.09.1993 - 6 U 58/89) hat entschieden:
  1. Steht fest, dass der Geschädigte ein HWS-Schleudertrauma erlitten hat, ist die Frage, ob dieses zu einem Dauerschaden geführt hat, im Haftpflichtrecht nach § 287 ZPO zu beurteilen; es genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit.

  2. Die Beweiserleichterungen des § 287 ZPO dürfen dem Geschädigten nicht dadurch genommen werden, dass im Rahmen der Beweiserhebung medizinische Sachverständige einen strengeren Beweismaßstab anlegen; eine Wahrscheinlichkeit, die auch medizinisch-wisssenschaftlichen Kriterien standhält, ist nicht Voraussetzung für den Nachweis der haftungsausfüllenden Kausalität.

Siehe auch Halswirbelschleudertrauma - Lendenwirbelschleudertrauma - unfallbedingte Wirbelsäulenverletzungen


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Beschwerden ihre Ursachen in den Verletzungen haben, die die Klägerin bei dem Unfall vom 19.03.1983 erlitten hat. Allerdings wird der Kausalzusammenhang von den in diesem Rechtsstreit herangezogenen Sachverständigen nicht einheitlich beurteilt. ...

Gerade im Bereich der HWS-Schädigung durch ein Beschleunigungstrauma werden die Kausalitätsfeststellung und die Abgrenzung unfallbedingter von unfallunabhängigen Schäden durch die weite Verbreitung degenerativer Bandscheibenschäden erschwert. Sie sind bei Menschen nach dem 30. Lebensjahr so häufig anzutreffen, dass sie in der allgemeinen Presse (vgl. etwa Der Spiegel, Nr. 23/91, S. 214) als "regelrechte Volkskrankheit in den westlichen Industrieländern" bezeichnet werden. Es kommt hinzu, dass degenerativ bedingte cervikale Bandscheibensyndrome sich in ihrer Symptomatik kaum von posttraumatischen Cervikalsyndromen unterscheiden. Vor diesem Hintergrund werden die Fragen der Folgen von HWS-Beschleunigungstraumen seit Jahren im In- und Ausland intensiv diskutiert (vgl. z.B. Ayasse VersR 1992, 1195; Ritter DAR 1992, 47; Malin /Tegenthoff DAR 1990, 164; ...), wobei hinsichtlich des Beweismaßes zwischen den in Betracht kommenden Rechtsgebieten des gesetzlichen und des privaten Unfallversicherungsrechts und des zivilen Haftungsrechts nicht immer ausreichend differenziert wird.

Im vorliegenden Fall hält der Senat im Anschluss an die Ausführungen des Prof. Dr. P. eine Verursachung der Beschwerden der Klägerin durch den Unfall für deutlich wahrscheinlicher als eine unfallunabhängige Entwicklung. ..."