Das Verkehrslexikon

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BGH Urteil vom 29.03.1988 - VI ZR 87/87 - Zu den Berechnungsgrundsätzen beim Schadensersatzanspruch wegen Beeinträchtigung der Haushaltsführung

BGH v. 29.03.1988: Zu den Berechnungsgrundsätzen beim Schadensersatzanspruch wegen Beeinträchtigung der Haushaltsführung


Der ausführlichen BGH-Entscheidung (Urteil vom 29.03.1988 - VI ZR 87/87) sind die Grundsätze für die Berechnung des Haushaltsführungsanspruchs zu entnehmen:
  1. Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen entgangener Haushaltstätigkeit besteht grundsätzlich auch dann, wenn die Ehegatten den Haushalt zu gleichen Teilen besorgt haben.

  2. Zur Berechnung der Schadensrente in einem solchen Fall.

Siehe auch Ansprüche wegen des Entgangs der Fähigkeit, den Haushalt zu führen - Haushaltsführungsschaden


Zum Sachverhalt: Der Kl. verlor am 25.7.1982 durch einen Kfz-Unfall, für den die Bekl. als Haftpflichtversicherer des Unfallgegners einzustehen hatte, seine Ehefrau. Sie war in gleicher Weise wie er selbst berufstätig. Der - kinderlose - Haushalt wurde von beiden Eheleuten besorgt. Die 64 m2 große Wohnung behielt der Kl. bei. Der Kl. verlangte Schadensersatz für die ihm entgehende Haushaltstätigkeit der Ehefrau in Form einer monatlichen Rente von 720 DM und die Feststellung, dass die Bekl. die von ihm auf die Schadensrente zu zahlende Steuer zu ersetzen habe.

Das LG hat die Bekl. antragsgemäß verurteilt. Nach Zurückweisung ihrer Berufung hatte sie mit ihrer Revision zum Teil Erfolg.


Aus den Entscheidungsgründen:

"... 1. Das Berufungsgericht hält das Klagebegehren nach § 844 Abs. 2 BGB für gerechtfertigt und erwägt hierzu: Es sei davon auszugehen, dass die Arbeit in dem Haushalt des Kl. und seiner Ehefrau von den beiderseits voll berufstätigen Ehegatten zu gleichen Teilen zu erledigen gewesen sei. Der Arbeitszeitbedarf für den "eigentlichen" Haushalt habe 33, 9 Stunden pro Woche betragen. Hiervon seien schätzungsweise gut 3/5 = 21 Stunden auf die Ehefrau und knapp 2/5 = 13 Stunden auf den Kl. entfallen, der darüber hinaus für die mehr technischen Arbeiten wie Reparaturen in der Wohnung und Instandhaltung des Pkw zuständig gewesen sei. Nach dem Tod der Ehefrau verbleibe für den "eigentlichen" Haushalt ein Arbeitszeitbedarf von rd. 27 Stunden pro Woche. Damit sei dem Kl. wegen eines Defizits von (27.1.13 =) 14 Stunden Haushaltstätigkeit Schadensersatz zu leisten. Der von ihm geltend gemachte Betrag von 720 DM monatlich bewege sich im Rahmen der Nettovergütung für eine wöchentlich 14 Stunden tätige Ersatzkraft nach BAT VIII.

ll. Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in vollem Umfang stand.

1. Zutreffend ist freilich der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts: Der Kl. hat gem. § 844 Abs. 2 BGB Anspruch auf Schadensersatz wegen der ihm entgehenden Haushaltstätigkeit seiner bei dem Unfall ums Leben gekommenen Ehefrau. Die Ehegatten sind zufolge des § 1360 S. 1 BGB einander verpflichtet, in angemessener Weise zum Familienunterhalt beizutragen. Hierzu gehört, wie sich in den Regelungen des § 1360 S. 2 und § 1360 a Abs. 1 BGB bestätigt, die Mitarbeit im Haushalt. Soweit eine solche Mitarbeit im Haushalt geschuldet wird, handelt es sich um eine dem anderen Ehegatten gegenüber kraft Gesetzes bestehende Unterhaltspflicht i. S. des § 844 Abs. 2 BGB. Geht ein Ehegatte des Rechts auf diese Unterhaltsleistung verlustig, weil sein Ehepartner von einem anderen getötet wird, ist ihm daher nach § 844 Abs. 2 BGB Schadensersatz zu gewähren (Senatsurteil BGHZ 51, 109 (111) = VersR 69, 137 (138) m. w. Nachw.).

2. Wieweit der ums Leben gekommene Ehegatte dem anderen gegenüber i. S. des § 844 Abs. 2 BGB "kraft Gesetzes" zur Haushaltstätigkeit verpflichtet war, beurteilt sich nach § 1356 Abs. 1 S. 1 BGB. Danach überlässt das Gesetz die Regelung der Haushaltsführung und damit auch die Verteilung der Haushaltsarbeiten dem gegenseitigen Einvernehmen der Ehegatten. Kraft Gesetzes geschuldet ist daher die Haushaltstätigkeit grundsätzlich so, wie es dem Einvernehmen der Ehegatten entspricht. Demgemäß hängt der Umfang des Schadensersatzanspruchs nach § 844 Abs. 2 BGB in diesen Fällen davon ab, in welcher Weise die Ehegatten die Haushaltsführung einvernehmlich geregelt hatten und wieweit sie ohne den tödlichen Unfall voraussichtlich auch künftig an dieser Regelung festgehalten hätten. Eine solche Einvernehmensregelung wäre nur insofern - jedenfalls haftungsrechtlich - nicht anzuerkennen, als sie - bei Berücksichtigung des den Ehegatten eingeräumten weiten Gestaltungsspielraums - nicht mehr mit dem Grundsatz der Angemessenheit (s. § 1360 S. 1 BGB) in Einklang gebracht werden kann. War eine - hinnehmbare - Einvernehmensregelung getroffen, ist auch im Rahmen von § 844 Abs. 2 BGB für Erwägungen dazu, was ohne eine solche Absprache rechtlich geboten gewesen wäre, kein Raum (vgl. Senatsurteile vom 11.10.1983 - VI ZR 251/81 = VersR 84, 79 (81) und vom 22.1.1985 - VI ZR 71/83 = VersR 85, 365 (366). Es begegnet deshalb rechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht schon aus der beiderseitigen vollen Erwerbstätigkeit folgern will, dass die Haushaltstätigkeit gleichmäßig auf die Ehegatten zu verteilen gewesen sei.

Dieser Ansatz wirkt sich hier jedoch im Ergebnis nicht aus. Es entspricht der eigenen - von dem Berufungsgericht mit in Bezug genommenen und von der Bekl. ihrerseits zugrunde gelegten - Darstellung des Kl., dass die Haushaltsarbeiten "im großen und ganzen zu gleichen Anteilen" erledigt worden seien. Aus dieser tatsächlichen Handhabung kann auf eine entsprechende Einvernehmensregelung der Ehegatten und darauf geschlossen werden, dass sie auch in Zukunft fortgedauert hätte (Boujong in BGB-RGRK 12. Aufl. § 844 Rdn. 47 a. E. und 48 eingangs). Die Übereinkunft, dass für den Haushalt beide Teile in gleichem Maß verantwortlich seien, schließt im übrigen nicht aus, dass die Ehegatten - worauf hier noch zurückzukommen sein wird - eine gegenständliche Arbeitsteilung vornehmen und innerhalb des Haushalts Zuständigkeitsbereiche bilden (vgl. etwa Palandt / Diederichsen, BGB 47. Aufl. Anm. 2a unter Verweisung auf 44. Aufl. Anm. 2aaa).

3. Soweit die Revision aus der gleichgewichtigen Beteiligung der Eheleute an der Haushaltsarbeit herleiten will, dass ein Anspruch des Kl. aus § 844 Abs. 2 BGB entfalle, vermag der Senat dem nicht beizupflichten. Die Revision begründet ihre Auffassung mit der Erwägung, der dem Kl. entgehende Anspruch auf Mitarbeit der Ehefrau im Haushalt werde im Wege der Vorteilsausgleichung dadurch aufgewogen, dass er von einer gleichen eigenen Verpflichtung gegenüber der Ehefrau frei geworden sei. Diese Betrachtungsweise verkennt, dass nach dem Tod eines der Ehegatten der andere auch dann, wenn hälftige Arbeitsteilung bestand, zwangsläufig mehr Zeit für den Haushalt benötigt als zuvor (so zu Recht Wussow / Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden 4. Aufl. Fn. 155 zu Rdn. 309). Das hängt damit zusammen, dass ein Teil der im Haushalt anfallenden Arbeiten, wie z. B. das Einkaufen, Kochen und Putzen, in einem gemeinschaftlichen Haushalt ohne ins Gewicht fallenden zeitlichen Mehraufwand nur einmal anfällt. Damit kommen diese Haushaltstätigkeiten jeweils beiden Ehegatten zugute. Infolgedessen dient auch bei gleichmäßiger Beteiligung beider Ehegatten an der Haushaltsarbeit die Mitarbeit des einen zugleich der Entlastung des anderen Teils. Dieser "Rationalisierungseffekt" beruht auf der Unterhaltsleistung, als die sich im Verhältnis der Ehegatten die Mitarbeit im Haushalt darstellt, und gehört daher seinerseits zu dem Unterhalt, für dessen Entziehung unter den Voraussetzungen des § 844 Abs. 2 BGB Schadensersatz zu leisten ist.

Der Wert dieses unterhaltsrechtlichen Vorteils ist messbar an dem zeitlichen Mehraufwand, den der hinterbliebene Ehegatte fortan - im Vergleich zu der Zeit, als der Ehepartner noch lebte - für den Haushalt zu erbringen hat oder für den er nunmehr auf eine Hilfskraft zurückgreifen muss. In diesem Umfang wirkt sich mithin auch bei hälftiger Arbeitsteilung der Wegfall der Haushaltsmitarbeit des getöteten Ehegatten für den anderen als Unterhaltsschaden i. S. des § 844 Abs. 2 BGB aus. Soweit der Senat in seiner Entscheidung vom 3.7.1984 (VI ZR 421/ 83 = VersR 84, 961 (963) ausgeführt hat, die entgangene Haushaltsführung bleibe, wenn die Haushaltsarbeit von beiden Ehegatten zu gleichen Teilen geleistet worden sei, im Rahmen des § 844 Abs. 2 BGB "außer Ansatz", hält er daran nicht fest.

4. Das von dem Ersatzpflichtigen auszugleichende Hausarbeitsdefizit wird gegebenenfalls dadurch verringert - unter Umständen sogar aufgehoben -, dass der Ersatzberechtigte aus Schadensminderungsgründen (§ 254 Abs. 2 BGB) gehalten sein mag, jedenfalls nach einer gewissen Übergangszeit eine kleinere Wohnung zu beziehen und dadurch den Zeitaufwand für den Haushalt zu verkleinern. Eine solche Fallgestaltung hat das Berufungsgericht indessen unter den hier gegebenen Verhältnissen ohne Rechtsfehler verneint. Wieweit einem Ersatzberechtigten Maßnahmen zur Entlastung des Schädigers zuzumuten sind, ist letztlich eine Frage des tatrichterlichen Ermessens. Dass das Berufungsgericht hier der Meinung war, dem Kl. dürfe aus der Beibehaltung der - mit 64 m2 in der Tat nicht übergroßen - Wohnung in schadensersatzrechtlicher Hinsicht kein Nachteil entstehen, lässt einen Ermessensfehler nicht erkennen (vgl. auch Senatsurteil vom 10.7.1973 - VI ZR 140/72 = VersR 74, 32).

5. Vorliegend hat das Berufungsgericht das Arbeitszeitdefizit, das sich in dem Haushalt des Kl. durch den Ausfall seiner Ehefrau ergibt, mit 14 Stunden zu hoch angesetzt.

a) Das Berufungsgericht hat sich für den Arbeitszeitbedarf in dem Haushalt des Kl. vor und nach dem Tod seiner Ehefrau an den von Schulz-Borck /Hofmann (Schadensersatz bei Ausfall von Hausfrauen und Müttern im Haushalt 3. Aufl. (1987) mitgeteilten und in einer Tabelle (aaO S. 15 Tab. (1) zusammengefassten Erhebungen orientiert. Dass sich der Tatrichter solcher Erfahrungswerte im Rahmen des § 844 Abs. 2 BGB bedient, hat der Senat schon früher gebilligt (s. Senatsurteile vom 10.4.1979 - VI ZR 151/75 = VersR 79, 670 (671); vom 8.6.1982 -VI ZR 314/80 = VersR 82, 951 (952); vom 11.10.1983 aaO; s. weiter dazu Scheffen / Pardey, Die Rechtsprechung des BGH zum Schadensersatz beim Tod einer Hausfrau und Mutter 2. Aufl. S. 12 ff.). Das kann freilich nur insoweit gelten, als nicht eingewendet wird, dass die Verhältnisse im konkreten Fall anders gelagert seien; denn derartigen Tabellenansätzen wird regelmäßig ein bestimmtes Haushaltsmodell zugrunde liegen, das sich u. a. auch daran orientiert, wieviel Zeit im Verhältnis zu der Erwerbstätigkeit der Ehegatten für den Haushalt zur Verfügung steht, und von dem sich daher je nach der Lebenseinstellung der Ehegatten Abweichungen ergeben können, etwa wo das Schwergewicht auf der Berufstätigkeit beider Ehegatten liegt.

Indessen sind im Streitfall Einwände gegen die generelle Übertragbarkeit der von Schulz-Borck / Hofmann ermittelten Erfahrungswerte auf den Haushalt des Kl. nicht geltend gemacht worden. Die Revision meint lediglich, dass das Berufungsgericht innerhalb des genannten Tabellenwerks den Haushalt des Kl. fälschlich der mittleren statt der einfachen Anspruchsstufe zugeordnet habe, indem es hierfür darauf abgestellt habe, bei dem Kl. und seiner Ehefrau - damals beide Lehramtsanwärter - habe eine Übernahme in den Volksschuldienst bevorgestanden; diese Annahme aber sei angesichts der Examensergebnisse nicht gerechtfertigt, wie sich auch daraus ergebe, dass sich der Kl. inzwischen zum Tischler umschulen lasse. Das vermag indes die Einstufung als Haushalt mittleren Zuschnitts nicht in Frage zu stellen. Das Berufungsgericht hat diese Einstufung maßgeblich aus der Größe und Ausstattung der ehelichen Wohnung und dem Lebensstil der Eheleute hergeleitet. Hiernach hebt sich der Haushalt in der Tat von einfachen Verhältnissen deutlich ab.

b) Weiter ist auch nicht zu beanstanden, dass sich das Berufungsgericht die Meinung gebildet hat, von den für einen Haushalt des hier in Frage stehenden Zuschnitts anzusetzenden 33, 9 Wochenstunden (Schulz-Borck/Hofmann aaO) sei zu Lebzeiten der Ehefrau des Kl. ein Anteil von gut 3/5 = 21 Stunden auf diese und nur ein Anteil von knapp 2/5 = 13 Stunden auf den Kl. selbst entfallen. Insbesondere steht dies nicht in Widerspruch dazu, dass hier der Haushalt von dem Kl. und seiner Ehefrau zu gleichen Anteilen zu besorgen war (s. oben zu (2). Der von Schulz-Borck/Hofmann erfasste Arbeitszeitbedarf betrifft, wie sich aus den der entsprechenden Tabelle beigefügten "Unterstellungen zur Ermittlung des Arbeitszeitbedarfs" (aaO links unten) ergibt, nur die herkömmlicherweise überwiegend von der Frau übernommenen Haushaltstätigkeiten "im engeren Sinne" wie Kochen, Spülen, Abwaschen und Putzen (s. auch Schulz-Borck / Grimme "Wert und Bewertung der Arbeit von Hausfrauen und Müttern S. 18 ff., 29 f., 64 f.).

Daneben fallen aber in einem Hausstand weitere Arbeiten wie etwa in Eigenarbeit durchführbare Reparaturen in der Wohnung, Wagenpflege und Schriftverkehr an. Werden diese ebenfalls dem Haushalt und damit auch dem Unterhaltsbereich zuzuordnenden Arbeiten in stärkerem Maß von dem anderen Ehegatten wahrgenommen, ist es mit der Annahme einer hälftigen Arbeitsteilung durchaus vereinbar, dessen Mitarbeitsanteil bei den "klassischen" Haushaltsverrichtungen entsprechend geringer anzusetzen. Um eine solche Fallgestaltung geht es hier. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat sich der Kl. der technischen Arbeiten - Reparaturen, Herrichtung von Möbeln, Pflege des Pkw - angenommen und sie allein erledigt. Im Hinblick hierauf ist es nicht widersprüchlich, wenn das Berufungsgericht davon ausgeht, dass von den für den Haushalt im engeren Sinne benötigten Wochenstunden gut 3/5 auf die Ehefrau und knapp 2/3 auf den Kl. entfallen sind.

c) Das Arbeitszeitdefizit, das in dem Haushalt des Kl. durch den Ausfall seiner Ehefrau entstanden ist, ist nicht, wie das Berufungsgericht meint, auf 14, sondern nur auf 12 Stunden wöchentlich zu veranschlagen. Es bemisst sich nach der Differenz zwischen dem Arbeitsaufwand, den der Haushalt nunmehr erfordert, und dem Arbeitsaufwand, den der Kl. schon zu Lebzeiten der Ehefrau - in Arbeitsteilung mit ihr - zu erbringen hatte. Im Bereich der Haushaltstätigkeiten "im engeren Sinne" beträgt der Arbeitszeitbedarf unter den hier gegebenen Verhältnissen (Haushalt mittleren Zuschnitts ohne Kinder) nach Wegfall der Hausfrau, wie das Berufungsgericht wiederum den Erhebungen von Schulz-Borck/Hofmann (aaO S. 15 Tab. (1) entnimmt und die Revision nicht in Zweifel zieht, 27 Stunden wöchentlich. Demgemäß besteht in diesem Bereich in dem Haushalt des Kl. über die von ihm schon zu Lebzeiten seiner Ehefrau zu erbringende Haushaltstätigkeit von 13 Wochenstunden hinaus nunmehr ein weiterer Arbeitszeitbedarf von 14 Stunden. Hierauf darf jedoch, und dies hat das Berufungsgericht übersehen, der Vergleich des Arbeitszeitbedarfs vor und nach dem Tod der Ehefrau des Kl. nicht beschränkt werden. Einzubeziehen ist vielmehr, dass sich ebenso wie bei den Haushaltstätigkeiten "im engeren Sinne" auch bei den von dem Kl. allein erledigten, dem Haushalt "im weiteren Sinne" zuzuordnenden Verrichtungen der Arbeitszeitbedarf verringert hat. Er ist hier für die Zeit bis zum Tod der Ehefrau auf etwa 8 Stunden zu veranschlagen, wie sich daraus ergibt, dass das Berufungsgericht mit Rücksicht auf diese Aktivitäten des Kl. seine Mitarbeitspflicht bei den "klassischen" Haushaltstätigkeiten um 8 Stunden geringer als die der Ehefrau angesetzt hat.

Reduziert man diese 8 Stunden in demselben Verhältnis wie bei dem Haushalt "im engeren Sinne" (dort von 34 auf 27 Wochenstunden), so ergibt sich ein Wert von rd. 6 (genau: 6, (352) Stunden. Damit steht einem Gesamtarbeitsaufwand von 34 zu Lebzeiten der Ehefrau ein solcher von 27 Wochenstunden nach ihrem Tod gegenüber. Hiernach ergibt sich im Vergleich zu der Arbeitszeit, die der Kl. zu Lebzeiten seiner Ehefrau für den Haushalt aufzuwenden hatte (13 Wochenstunden), ein weiterer Arbeitszeitbedarf von 12 Wochenstunden.

6. Für das durch den Ausfall der Ehefrau entstandene Defizit von 12 Stunden Haushaltstätigkeit pro Woche kann der Kl. nach gefestigter Rechtsprechung Schadensersatz in Höhe des Arbeitsentgelts beanspruchen, das für eine geeignete Ersatzkraft aufgewendet wird oder aufgewendet werden müsste; im ersteren Fall ist Schadensersatz in Höhe des Brutto-, im letzteren Fall in Höhe des Nettoentgelts zu leisten (Senatsurteil BGHZ 86, 372 (375 ff.) = VersR 83, 458 (459) m. w. Nachw.). Hiervon ausgehend hat das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend die Nettovergütung einer Haushaltshilfe in Ansatz gebracht. Hinsichtlich der dabei gewählten Tarifgruppe bedarf das Berufungsurteil jedoch der Korrektur. Das Berufungsgericht hat insoweit eine Vergütung nach BAT VIII in Ansatz gebracht, wie dies Schulz-Borck/Hofmann (aaO S. 17 Tab. 3 zu I (2) für Durchschnittshaushalte der mittleren sozialen Schicht ohne Kinder vorschlagen. Eine Schadensberechnung auf der Grundlage von BAT VIII wird jedoch der hier gegebenen Situation nicht gerecht. Anders als beim Schadensersatz wegen Beschädigung einer Sache, für die gem. § 249 S. 2 BGB stets der zur Herstellung nach den Bedingungen des Markts (objektiv) "erforderliche" Geldbetrag verlangt werden kann, bleibt bei der Bemessung des Schadensersatzes wegen entgangener Haushaltstätigkeit nach § 844 Abs. 2 BGB - in dessen Rahmen § 249 S. 2 BGB nicht anwendbar ist - die faktische Schadensentwicklung zu berücksichtigen (s. Senatsurteil BGHZ 86, 372 (376 f.) = VersR 83, 458 (459). Diese lässt jedoch in einem Fall wie dem vorliegenden eine Orientierung an der Vergütungsgruppe BAT VIII nicht zu. Ihren Vorschlag, bei entgangener Haushaltstätigkeit mindestens BAT VIII zugrunde zu legen, begründen Schulz-Borck/Hofmann (aaO S. (8) mit der Erwägung, dass die Ersatzkraft in der Lage sein müsse, einen Haushalt selbständig zu führen und eventuell zusätzlich noch Pflegefunktionen oder Repräsentationspflichten zu übernehmen.

Diese Gesichtspunkte können unter Verhältnissen, wie sie hier in Frage stehen, keine ausschlaggebende Bedeutung gewinnen. Da sich die Ehegatten die Führung des Haushalts geteilt haben, bedarf es keiner Ersatzkraft, die - fiktiv - in der Lage sein müsste, den Haushalt selbständig zu führen. Vielmehr wächst in einer solchen Lage die Haushaltsregie unwillkürlich und ohne messbaren zeitlichen Mehraufwand dem hinterbliebenen Ehegatten allein zu. Er benötigt, wenn er die anfallenden Arbeiten nicht selbst übernimmt, lediglich eine stundenweise Aushilfskraft, die nach seinen Vorgaben - insoweit freilich ohne ständige Beaufsichtigung - tätig wird. Dann aber ist eine Vergütung nach BAT VIII, wie sie im hauswirtschaftlichen Bereich etwa Wirtschafterinnen mit staatlicher Prüfung und Dorfhelferinnen in der Eingangsstufe zusteht (vgl. Schulz-Borck / Grimme aaO S. (19), zu hoch angesetzt. Der Senat bestimmt deshalb die Höhe der Schadensrente nach Maßgabe des von dem Berufungsgericht auch ansonsten herangezogenen Tabellenwerks von Schulz-Borck/Hofmann auf der Grundlage einer niedrigeren Vergütungsgruppe.

Die Situation erscheint insgesamt derjenigen vergleichbar, die bei teilweisem Ausfall der Hausfrau und Einstellung einer Ersatzkraft besteht, die nicht die Leitung des Haushalts zu übernehmen braucht. Für diesen Fall schlagen Schulz-Borck/Hofmann (aaO S. 17 Tab. 3 zu II) für Durchschnittshaushalte ohne Kinder eine Eingruppierung der (fiktiven) Ersatzkraft nach BAT X vor. Damit beträgt die tarifliche Nettovergütung bei einer wöchentlichen Tätigkeit von 12 Stunden 510 DM monatlich (genau: 509,08 DM, s. aaO 2. Aufl. S. 20 Tab. (5)) in der Zeit vor dem Unfall bis Ende 1985 und 565 DM monatlich (genau: 563,60 DM, s. aaO 3. Aufl. S. 20 Tab. (5)) für die anschließende Zeit. Hiernach errechnen sich für die Zeit bis zum 31.5.1986, für die der Kl. seinen Schaden in einer Summe einklagt, 17615 DM. Für die Zeit ab 1.6.1986 ist sodann - unter dem Vorbehalt, dass keine wesentliche Änderung der maßgebenden Verhältnisse eintritt (§ 323 Abs. 1 ZPO) - für die Dauer der statistischen Lebenserwartung der Ehefrau des Kl. (31.7.2029), längstens aber bis zu seinem Tod, eine monatliche Schadensrente von 565 DM zu entrichten. ."



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