Das Verkehrslexikon

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OLG Düsseldorf Urteil vom 21.07.1998 - 20 U 34/98 - Das Inkasso der öffentlich-rechtlichen Abschleppgebühren für die Behörde verstößt gegen das Rechtsberatungsmissbrauchsgesetz

OLG Düsseldorf v. 21.07.1998: Das Inkasso der öffentlich-rechtlichen Abschleppgebühren für die Behörde verstößt gegen das Rechtsberatungsmissbrauchsgesetz


Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 21.07.1998 - 20 U 34/98) hat entschieden;
  1. Ein Abschleppunternehmen, das bei der Abholung des abgeschleppten Kraftfahrzeugs durch den Fahrzeugeigentümer (oder -besitzer) darauf hinwirkt, dass der Abholer ihm (dem Abschleppunternehmen) das Entgelt für das im Auftrag eines Dritten (zB Privatperson, Unternehmen, Polizeibehörde) durchgeführte Abschleppen und Verwahren des Kraftfahrzeugs auszahlt, tritt mit dieser Inkassotätigkeit in ein konkretes Wettbewerbsverhältnis (im Sinne des UWG § 1) zu den am selben Ort tätigen Rechtsanwälten.

  2. Eine solche Inkassotätigkeit ist eine - ohne hierfür erteilte besondere Erlaubnis - verbotene Rechtsbesorgung im Sinne des RBerG Art 1 § 1 Abs 1. Das gilt auch dann, wenn eine Behörde den Abschleppauftrag erteilt hat und in dem zugrundeliegenden Rahmenvertrag mit dem Abschleppunternehmen vereinbart hat, dass dieses auf Anweisung der Behörde "verpflichtet" ist, von dem zur Abholung des Kraftfahrzeugs Berechtigten die Bezahlung der Abschlepp- und Verwahrungskosten zu verlangen und entgegenzunehmen.

  3. Zur Feststellung der Geschäftsmäßigkeit einer derartigen Inkassotätigkeit.

Siehe auch Stichwörter zum Thema Abschleppkosten


Gründe:

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

Der Verfügungsantrag ist in der auf Vorschlag des Senats vom Antragsteller übernommenen Fassung zulässig und begründet.

Die Prozessführungsbefugnis des Antragstellers folgt nicht erst aus § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG. Vielmehr ergibt sich die Klagebefugnis des durch einen Wettbewerbsverstoß selbst in seinen wettbewerblichen Interessen verletzten Gewerbetreibenden, der in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zum Verletzer steht, unmittelbar aus der verletzten Norm; für ihn ist ein Rückgriff auf § 13 UWG nicht erforderlich (Gloy, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 2. Aufl., § 19, Rdnr. 10 f.; Piper, Aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Wettbewerbsrecht, 2. Aufl., Rdnr. 582 m. N.). Verletzte Norm ist hier § 1 UWG, weil ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz regelmäßig auch ohne das Hinzutreten weiterer Umstände als wettbewerbswidrig anzusehen ist (Köhler/Piper, UWG, § 1, Rdnr. 334).

Im Gegensatz zur Ansicht der Berufungserwiderung stehen die Parteien auch in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis. Dieser Begriff wird von der Rechtsprechung weit ausgelegt; es genügt, dass sich der Verletzer in irgendeiner Weise selbst in Wettbewerb zu dem Betroffenen stellt (Köhler/Piper, a. a. O. Einf., Rdnr. 174; Gloy a. a. O. § 10, Rdnr. 6; Emmerich, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs, 5. Aufl., Seite 19). Das hat die Antragsgegnerin vorliegend mit ihrer Inkassotätigkeit getan. Wiederum entgegen der Berufungserwiderung ist natürlich nicht darauf abzustellen, dass der Antragsteller Rechtsrat erteilt und die Antragsgegnerin Autos abschleppt, sondern darauf, dass der Forderungseinzug (vgl. Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2, Nr. 5 RBerG), nämlich die gerichtliche und außergerichtliche Geltendmachung von Forderungen gegen säumige Schuldner, grundsätzlich dem Rechtsanwalt vorbehalten ist; der Forderungseinzug bildet einen Tätigkeitsschwerpunkt vieler Anwaltspraxen (vgl. BGH NJW 97, 2682).

Die Dringlichkeit des auf § 1 UWG gestützten Verfügungsbegehrens wird gemäß § 25 UWG vermutet. Zur Widerlegung der Vermutung ist nichts vorgetragen. Der Verfügungsantrag ging am 18. Juli 1997 bei Gericht ein, nachdem der beanstandete Vorfall am 17. Juni 1997 stattgefunden hatte. Hierzu hat der Antragsteller auch noch unwidersprochen vorgetragen, er habe erst herausfinden müssen, wer sich unter der Bezeichnung "Abschleppdienst W. H, Inh. B. H" verbarg. Dass die Antragsgegnerin eine Verzögerung des Rechtsstreits um vier Monate dadurch erreichte, dass sie Verweisung an die Kammer für Handelssachen beantragte, ist dem Antragsteller nicht als Nachlässigkeit bei der Rechtsverfolgung zuzurechnen.

Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ergibt sich entgegen der Berufungserwiderung aus dem Vorfall vom 17. Juni 1997, und zwar auch dann, wenn es sich dabei um einen "Einzelfall" handeln sollte, wie die Berufungserwiderung immer wieder beteuert (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kap. 6, Rdnr. 9).

Dieser Vorfall ist glaubhaft gemacht. Der Antragsteller hat in seiner Abmahnung vom 8. Juli 1997 und in der Antragsschrift vorgetragen, die von ihm anwaltlich vertretene Zeugin L habe am 17. Juni 1997 frühmorgens das Betriebsgelände der Antragsgegnerin aufgesucht, um dort ihr Fahrzeug abzuholen, das von der Antragsgegnerin im Auftrage der Betreiberin der L-Filiale am Vortage dorthin abgeschleppt worden war. Dort habe sie sich drei Männern gegenüber gesehen, darunter vermutlich auch der Ehemann der Antragsgegnerin, die von ihr verlangt hätten, zunächst die Rechnung über 220,80 DM für das Abschleppen und Standgeld zu bezahlen, anderenfalls ihr Fahrzeug nicht herausgegeben werde. Als die Zeugin L protestiert und erklärt habe, von ihrem Fahrzeug sei keine Behinderung ausgegangen, was auch polizeilich festgestellt worden sei, habe einer der drei Männer erwidert, dass zumindest das Standgeld für zwei Tage bezahlt werden müsse und im übrigen eine Beitreibung der, Forderung durch die Firma L noch viel teurer kommen werde. Daraufhin habe die Zeugin L den Rechnungsbetrag bezahlt, weil sie davon ausgegangen sei, dass ihr Fahrzeug sonst nicht herausgegeben würde.

Diese Schilderung des Antragstellers ist in erster Instanz von der Antragsgegnerin schon in ihrer Schutzschrift nicht bestritten worden. Das Landgericht hat sie als unstreitig in den Tatbestand des angefochtenen Urteils aufgenommen, ohne dass die Antragsgegnerin eine Berichtigung beantragt hätte. Deshalb kommt es nach Auffassung des Senats nicht darauf an, dass sie nunmehr in ihrer Berufungserwiderung behauptet, ihr inzwischen entlassener Mitarbeiter R habe der Zeugin L ausdrücklich erklärt, dass der PKW auch ohne Zahlung herausgegeben werde, und gleichwohl habe die Zeugin die 220,80 DM bezahlt. Unerheblich ist auch, dass die anderslautende eidesstattliche Versicherung der Zeugin L vom 2. Juli 1997 nunmehr von der Antragsgegnerin erstmals als unrichtig bezeichnet und sogar bestritten wird, dass die Versicherung von der Zeugin L stamme. Für die Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO) reicht es – jedenfalls in Verbindung mit der Lebenserfahrung – aus, dass der Vorgang so, wie er vom Antragsteller dargestellt wurde, in erster Instanz unstreitig war, wobei dahinstehen kann, ob es sich nicht sogar um ein Geständnis (§§ 288, 532 ZPO) handelte. Glaubhaftmachung ist weniger als Beweis; schon eine überwiegende Wahrscheinlichkeit reicht aus (vgl. Berneke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, Rdnr. 96). Die Antragsgegnerin hat nicht erklärt, weshalb sie die Darstellung des Antragstellers, der Wagen sei der Zeugin nur gegen Zahlung herausgegeben worden, in zweiter Instanz auf einmal bestreitet. Offenbar ist ihr erst jetzt, etwa aufgrund des Berufungsvortrags des Antragstellers, klar geworden, dass ein entsprechendes Zurückbehaltungsrecht nicht besteht. Derartige Widersprüche im Vortrag einer Partei können im Rahmen der Beweiswürdigung zu ihren Lasten berücksichtigt werden (vgl. BGH NJW-RR 95, 1340, 1341 – Sesamstraße-Aufnäher). Hinzu kommt die Lebenserfahrung, nach der das Zurückhalten des Fahrzeugs ein probates Druckmittel ist, um den Fahrer zur sofortigen Zahlung der Abschleppkosten zu veranlassen. Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, wenn das vom Antragsteller begehrte Verbot erlassen werde, dann werde damit ein "wesentlicher Teil" der Tätigkeit der Abschleppunternehmen verboten. Es handele sich um eine "eingespielte Praxis", die auch dem Betroffenen angenehm sei, weil er die Abschleppkosten gleich an Ort und Stelle bezahlen könne. Der Senat meint, dass diese Praxis vor allem dem Abschleppunternehmer und seinem Auftraggeber angenehm ist (vgl. LG Osnabrück NJW-RR 92, 437). Der Abschleppunternehmer erhält seine Vergütung sofort und braucht nicht auf eine Bezahlung durch den Auftraggeber zu warten. Dieser wiederum ist der Mühe und des Risikos der Forderungseinziehung enthoben und braucht sich mit den Einwänden des (angeblichen) Störers nicht weiter auseinanderzusetzen. Will dieser sein Geld zurückhaben, dann wird er in die Rolle des Klägers gedrängt wie im vorliegenden Fall die Zeugin L. Es wäre lebensfremd, anzunehmen, dass diese naheliegende Möglichkeit zur schnellen Durchsetzung eigener Forderungen nicht auch genutzt wird; jedenfalls ist es sehr unwahrscheinlich, dass der Zeugin L ausdrücklich erklärt wurde, dass der PKW auch ohne Zahlung herausgegeben werde, wie die Antragsgegnerin jetzt behauptet. Bei einer solchen Handhabung könnten Auftraggeber wie die Betreiberin der L-Filiale, die wegen ihrer Kundenparkplätze häufiger Abschleppaufträge zu vergeben habe, ihr Interesse an Abschleppaufträgen verlieren, weil sie die Mühe und das Risiko einer eigenen Beitreibung der Kosten gerade vermeiden wollen (vgl. LG Osnabrück, a. a. O.). Auch die Kreispolizeibehörde D, für die die Antragsgegnerin nach dem vorgelegten Vertrag (Anl. F 2) beim "Versetzen verkehrsbehindernd abgestellter Kraftfahrzeuge" tätig wird, legt ausweislich von § 5 Abs. 1 dieses Vertrages offensichtlich großen Wert darauf, dass die Antragsgegnerin von dem Betroffenen "die Bezahlung der Kosten" verlangt und (nicht nur) entgegennimmt. Dies alles spricht dafür, dass im Zweifel gegenüber dem Betroffenen eher der Eindruck erweckt wird, dass der Wagen ohne vorherige Bezahlung der Abschleppkosten nicht herausgegeben werde. Auf die eidesstattliche Versicherung des "Testbestellers" E vom 17. Dezember 1997, die von der Antragsgegnerin ebenfalls nach Inhalt und Urheberschaft bestritten wird, kommt es danach für die Glaubhaftmachung schon nicht mehr an.

Ohne jeden Beweiswert ist in jedem Fall die eidesstattliche Versicherung der Antragsgegnerin vom 11. Mai 1998 (Anl. F 1). Dort wird versichert, die Erklärung gegenüber der Zeugin L, eine Beitreibung der Forderung durch die Firma L-Markt komme noch teurer, sei "ein Versehen" des – inzwischen entlassenen – Mitarbeiters R gewesen, der die Abholerin "aus bloßer Gefälligkeit" darauf habe hinweisen wollen, "dass unter Umständen der L-Markt zusätzlich Bearbeitungsgebühren erheben würde, die sie auf diesem Wege vermeiden könne". Die Frage, ob der Zeugin L ausdrücklich gesagt wurde, der PKW werde auch ohne Zahlung herausgegeben, beantwortet die eidesstattliche Versicherung der Antragsgegnerin vom 11. Mai 1998 dagegen gerade nicht. Hinzu kommt, dass die Antragsgegnerin schon am 11. Juli 1997 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte, in der sie die "Sachverhaltsausführungen in der Schutzschrift vom 11. Juli 1997" für zutreffend erklärte, und diese Schutzschrift, wie bereits ausgeführt, nicht die Schilderung des Antragstellers bestritt, ohne Bezahlung habe man das Fahrzeug an die Zeugin L nicht herausgeben wollen. Danach kommt es schon nicht mehr darauf an, dass die Antragsgegnerin bei dem Vorfall vom 17. Juni 1997 unstreitig gar nicht selbst anwesend war, und deshalb schon die Frage nach ihrer Wahrnehmungsfähigkeit gestellt werden muss.

Die Antragsgegnerin hat eine Forderung eingezogen und ist nicht etwa aus bloßem Entgegenkommen der Zeugin L gegenüber nur als Zahlstelle tätig geworden, wie sie selbst das in der Berufungserwiderung darstellen will. Die Zeugin hat nicht etwa zu ihrer eigenen Bequemlichkeit die Bezahlung der Antragsgegnerin aufgedrängt, sondern sie ist zur Hergabe des Geldes gezwungen worden mit der Drohung, dass ihr anderenfalls das Fahrzeug nicht herausgegeben werde.

Damit hat die Antragsgegnerin eine fremde Forderung eingezogen, denn nach ihrer eigenen Erklärung gegenüber der Zeugin, eine Beitreibung durch die Firma L-Markt werde noch teurer, stand die Forderung (der Betreiberin von) L zu. Die dazu gemäß Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG erforderliche Erlaubnis besaß sie unstreitig nicht. Die "Einziehung fremder oder zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen" war ihr deshalb verboten. Das gleiche gilt nach § 1 Abs. 1 der 5. Verordnung zur Ausführung des Rechtsberatungsgesetzes für den "Erwerb von Forderungen zum Zwecke der Einziehung auf eigene Rechnung" (vgl. OLG Bamberg NJW 96, 854).

Ohne Erfolg versucht die Antragsgegnerin, die Einziehung von Forderungen als wirtschaftliche Tätigkeit hinzustellen, die im Gegensatz zu einer Rechtsberatung stehen soll. Die Einziehung einer Forderung ist Rechtsbesorgung im Sinne des Gesetzes, ohne dass es einer besonderen Erwähnung bedurft hätte (Altenhoff/Busch/Chemnitz, RBerG, 10. Aufl., Rdnr. 88). Die besondere Hervorhebung der Inkassotätigkeit in Art. 1 § 1 RBerG hat nur den Zweck, zu verhindern, dass eine solche Tätigkeit im Hinblick auf das vornehmlich wirtschaftliche Interesse des Zedenten als außerhalb des Begriffes der Rechtsbesorgung liegend angesehen wird (Altenhoff/Busch/Chemnitz, a. a. O., Rdnr. 89).

Die Antragsgegnerin handelte auch geschäftsmäßig im Sinne von Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG und § 1 der 5. RBerVO. Dieses Tatbestandsmerkmal ist dann erfüllt, wenn anzunehmen ist, dass die rechtsbesorgende Tätigkeit in gleicher Weise wiederholt und dadurch zu einem dauernden und wiederkehrenden Bestandteil der Beschäftigung gemacht werden soll. Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Wiederholungsabsicht als eine innere Tatsache in der Regel einem direkten Beweis nicht zugänglich ist. Der Richter muss sich deshalb mit äußeren Anzeichen für diese Absicht begnügen (BGH NJW 86, 1050, 1051). Hier ergibt sich die Wiederholungsabsicht schon aus dem glaubhaft gemachten Vorfall vom 17. Juni 1997. Schon eine einmalige Betätigung im Sinne des Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG ist nicht nur notwendig, sondern zur Annahme der Geschäftsmäßigkeit auch ausreichend, wenn aus irgendwelchen Umständen erkennbar ist, dass der Handelnde den Willen hat, eine derartige Tätigkeit zu wiederholen (Altenhoff/Busch/Chemnitz, a. a. O., Rdnr. 108).

Dies wird hier durch die oben geschilderte Lebenserfahrung nahegelegt, wonach die gemeinsame Interessenlage von Abschleppunternehmer und Auftraggeber eine solche Einziehung außerordentlich nahelegt und ein Hinweis darauf, der Wagen könne auch ohne Bezahlung der Abschleppkosten mitgenommen werden, außerordentlich unwahrscheinlich ist. Vor allem aber spricht für eine Wiederholungsabsicht der schon mit der Schutzschrift vorgelegte Vertrag der Antragsgegnerin mit der Kreispolizeibehörde D (Anl. F 2). Danach ist die Antragsgegnerin "auf Verlangen der Polizei verpflichtet, von dem Berechtigten die Bezahlung der Kosten zu verlangen und entgegenzunehmen". Allein daraus ergibt sich, dass die Antragsgegnerin die Absicht hat, die Inkassotätigkeit in gleicher Weise zu wiederholen und sie dadurch zu einem dauernden und wiederkehrenden Bestandteil ihrer Beschäftigung zu machen. Wie der Antragsteller in der Berufung mit Recht geltend macht, geht es darüber hinaus an der Lebenswirklichkeit vorbei, dass die Antragsgegnerin in jedem Einzelfall tatsächlich eine Anweisung der Polizei einholt. Im Gegenteil ist gerade aufgrund des vorgelegten Vertrages wahrscheinlich, dass sie bei Aufträgen Privater ganz entsprechend verfährt.

Der Senat ist auch nicht der Ansicht, dass es der Antragsgegnerin bei ihrer Inkassotätigkeit an der erforderlichen Selbständigkeit fehlte, und zwar auch nicht im Falle von Abschleppaufträgen der Polizei. Mit dem Erfordernis einer selbständigen Betätigung sollen nur Fälle ausgegrenzt werden, in denen jemand als Angestellter weisungsgebunden eine Rechtsangelegenheit erledigt; in solchen Fällen liegt ein geschäftsmäßiges Handeln selbst dann nicht vor, wenn der Geschäftsherr selbst eine derartige Tätigkeit geschäftsmäßig ausübt (Altenhoff/Busch/Chemnitz, a. a. O., Rdnr. 103). Dass jemand aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages an Weisungen des Vertragspartners gebunden ist, wie hier die Antragsgegnerin gemäß § 5 Abs. 1 ihres Vertrages mit der Kreispolizeibehörde, ändert an seiner Selbständigkeit grundsätzlich nichts. Selbst ein Rechtsanwalt, der aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrages mit seinem Mandanten dessen Forderungen einzieht, hat dabei Weisungen des Mandanten zu beachten (§§ 675, 665 BGB). Seine Selbständigkeit stellt das nicht in Frage.

Für Art. 1 § 1 RBerG macht es auch keinen Unterschied, ob die einzuziehenden Forderungen einem Privatmann oder einer öffentlichen Stelle wie der Kreispolizeibehörde zustehen. Die Erwägung der Antragsgegnerin, die öffentliche Hand bedürfe des Schutzes durch das Rechtsberatungsgesetz nicht, greift zu kurz, weil das Rechtsberatungsgesetz nicht nur den Rechtssuchenden (vor ungeeigneten Rechtsberatern) schützen will, sondern auch das Vertrauen der Allgemeinheit in die Zuverlässigkeit der Rechtspflege (vgl. Altenhoff/Busch/Chemnitz, a. a. O., Rdnr. 18; Köhler/Piper, a. a. O., § 1, Rdnr. 334). Diese Zielsetzung erfordert auch, dass die Forderungseinziehung durch zuverlässige Personen (vgl. Art. 1 § 1 Abs. 1 Nr. 5 RBerG) in rechtlich geordneten Bahnen erfolgt (und nicht etwa mit Hilfe "schwarzer Schatten", vgl. LG Leipzig, NJW 95, 3190). Das zeigt gerade der vorliegende Fall, in dem die Antragsgegnerin mit Hilfe – wohl auch nach ihrer Meinung – rechtswidrigen Drucks sich selbst und dem Auftraggeber L die für eine Beitreibung sonst möglicherweise nötige Einschaltung eines Rechtsanwalts oder eines zugelassenen Inkassoinstituts erspart hat.

In diesem Zusammenhang ist auch dem Bemühen der Antragsgegnerin insbesondere in der mündlichen Verhandlung entgegenzutreten, sich selbst als einen Teil der öffentlichen Verwaltung darzustellen, die sich ohne gerichtliche Hilfe einen Titel beschaffen könne. Jedenfalls kann diese Befugnis nicht durch privatrechtlichen Vertrag (Anlage F 2) auf einen Privatmann übertragen werden. Im Gegenteil hat sich auch die öffentliche Hand an die Vorschriften des privaten Wettbewerbsrechts zu halten, wenn sie sich – wie hier – auf den Boden des Privatrechts begibt; für die Gestaltung des Wettbewerbs mit den privaten Anbietern von Inkassoleistungen stehen ihr hoheitliche Mittel nicht zu Gebote (vgl. BGH NJW 98, 546, 547 – Wirtschaftsjurist, ständige Rechtsprechung). Abgesehen davon konnte der Auftraggeber L-Markt der Antragsgegnerin von vornherein keine hoheitlichen Befugnisse gegenüber der Zeugin L vermitteln.

Die Antragsgegnerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Mitwirkung an der Erfüllung hoheitlicher Verwaltungsaufgaben durch Träger öffentlicher Verwaltung gehöre nicht zu den Aufgaben, die von den Rechtsanwälten üblicherweise wahrgenommen werden. Das mag für die interne Mitwirkung an einer Vorbereitungstätigkeit zutreffen, die nach außen hin nicht in Erscheinung tritt (vgl. OLG Stuttgart, NJW-RR 88, 678). Bei einer Inkassotätigkeit im Auftrage der Verwaltung ist das aber nicht der Fall; vor allem gehört eine solche Tätigkeit gerade zu den Aufgaben, die von Rechtsanwälten üblicherweise wahrgenommen werden (vgl. zu diesem Gesichtspunkt OLG Stuttgart, a. a. O. 679).

Zugunsten der Antragsgegnerin greift auch nicht die Ausnahmevorschrift des Art. 1 § 5 RBerG ein. Dazu wäre erforderlich, dass die Rechtsbesorgungstätigkeit als notwendiges Hilfsgeschäft der Ausführung eines bestimmten Berufsgeschäfts einer der in Art. 1 § 5 RBerG genannten Personen dient (Altenhoff/Busch/Chemnitz, a. a. O., Rdnr. 501). Mit Recht stellt die Berufung hierzu fest, dass die Inkassotätigkeit der Antragsgegnerin ein Kundendienst ist, der nicht erforderlich ist, um den Abschleppdienst sachgemäß durchzuführen (vgl. LG Osnabrück a. a. O.). Wenn die Antragsgegnerin demgegenüber in der mündlichen Verhandlung von einem "wesentlichen Teil" ihrer Berufstätigkeit sprach, dann zeigt das nur, welche Erwartungen ihre Auftraggeber insoweit haben, und wie ausgeprägt infolgedessen die Absicht einer Wiederholung der Inkassotätigkeit bei der Antragsgegnerin sein muss.

Erfolglos bleibt schließlich der Versuch der Antragsgegnerin, sich "äußerst hilfsweise" darauf zu berufen, dass sie jedenfalls auch eine eigene Forderung geltend gemacht und deshalb keine verbotene Rechtsbesorgung betrieben habe. Ein eigener Anspruch der Antragsgegnerin gegen die Zeugin L aus Geschäftsführung ohne Auftrag besteht nicht.

Selbst wenn die Antragsgegnerin mit dem Abschleppen objektiv (auch) ein Geschäft der Zeugin L geführt hätte, hat sie dies der Zeugin gegenüber jedenfalls nicht erkennbar gemacht. Auch nach ihrem eigenen Vortrag und ihrer eigenen eidesstattlichen Versicherung hat sie nicht von einer eigenen Forderung gesprochen, vielmehr war von einer Beitreibung der Forderung durch die Firma L-Markt die Rede. Vor allem ist die Antragsgegnerin aufgrund des Abschleppauftrages der Betreiberin der L-Filiale tätig geworden; sie hatte diesen Vertrag mit L zu erfüllen und sonst nichts (vgl. LG Köln NJW 91, 2354; OLG Koblenz NJW 92, 2367). Ob bei Nichtigkeit des Vertrages mit L unbeschränkt auf die Grundsätze der §§ 677 ff. BGB zurückgegriffen werden könnte (vgl. BGH NJW 93, 3196), bedarf keiner Entscheidung, weil dafür nichts vorgetragen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Das Urteil ist rechtskräftig (§§ 704 Abs. 1, 545 Abs. 2 ZPO).

Berufungsstreitwert: 15.000 DM.



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