Das Verkehrslexikon

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OLG Jena Urteil vom 06.04.2005 - 4 U 965/04 - Zur Amtshaftung des Hoheitsträgers für Beschädigungen des Fahrzeugs auf dem Gelände des Abschleppunternehmens

OLG Jena v. 06.04.2005: Zur Amtshaftung des Hoheitsträgers für Beschädigungen des Fahrzeugs auf dem Gelände des Abschleppunternehmens


Das OLG Jena (Urteil vom 06.04.2005 - 4 U 965/04) hat zur Haftung bei behördlich angeordneter Kfz-Umsetzung entschieden:
  1. Wird das Fahrzeug während der Abschleppmaßnahme durch das Abschleppunternehmen beschädigt, so haftet hierfür der die Abschleppmaßnahme anordnende Hoheitsträger nach Amtshaftungsgrundsätzen.

  2. Der Geschädigte hat - bei zulässigem Bestreiten des Hoheitsträgers - zu beweisen, dass die Beschädigung durch das Abschleppunternehmen während des Abschleppvorgangs entstanden ist. Kann er dies nicht, geht dies zu seinen Lasten.

  3. Nur für die Dauer des Abschleppvorgangs selbst handelt das - private - Abschleppunternehmen als unselbständiger Verwaltungshelfer ("Werkzeug") des Hoheitsträgers. Für die anschließende Verwahrung (auf dem Gelände des Abschleppunternehmens) fehlt es dagegen an der Ausübung hoheitlicher Gewalt, so dass für diesen Bereich ein Haftungsübergang auf den Hoheitsträger ausscheidet.

Siehe auch Stichwörter zum Thema Abschleppkosten und Amtshaftung im Verkehrsrecht


Zum Sachverhalt: Der Kläger begehrt Schadensersatz für ein Fahrzeug Mercedes Benz ..., das im Zusammenhang mit einem von der Beklagten angeordneten Abschleppvorgang am 29.06.2001 von der Abschleppfirma, der Fa. A. T. B. GmbH, beschädigt worden sein soll. Es handelt sich um einen Schaden an der Verkleidung links am Einstieg zum Längsträger. Auf der Rechnung der Abschleppfirma ist handschriftlich vermerkt: " Beim Abholen wurde festgestellt, vorne links defekt der Schweller." Das Fahrzeug sei mit Radklammern abgeschleppt worden.


Aus den Entscheidungsgründen:

"... weil der Kläger trotzt des zulässigen Bestreitens der Beklagten, der Schaden sei nicht durch das Abschleppen verursacht worden, seinen Vortrag nicht dahingehend präzisiert hat, dass die behauptete Beschädigung während des Abschleppvorgangs durch das Abschleppunternehmen erfolgt ist. Auch fehlt insoweit, wollte der Kläger dies vortragen, die Angabe eines geeigneten Beweismittels. Denn nur für diesen, auf die reinen Abschleppmaßnahme bezogenen Vorgang kommt eine Haftung der Beklagten aus Amtshaftung (Art. 34 GG, § 839 BGB) in Betracht, weil sie die Abschleppmaßnahme angeordnet hat und (nur) dieser Abschleppvorgang selbst hoheitlich war (vgl. hierzu und zum Meinungsstand Kreissl in NVwZ 1994, 349). Nur insoweit handelt ein privates Abschleppunternehmen als unselbständiger Verwaltungshelfer und damit als "verlängerter Arm" des Hoheitsträgers und kann auch nur für diesen Vorgang wegen der engen Weisungsgebundenheit als dessen "Werkzeug" angesehen werden (Werkzeugtheorie des BGH; vgl. in WM 1973, 390; in NJW 1980, 1679 und insbesondere BGH NVZ 1993, 223). Für Schäden, die an dem abgeschleppten Fahrzeug während der (anschließenden) Verwahrung auf dem Gelände des Abschleppunternehmens entstehen, haftet der Hoheitsträger dagegen nicht (vgl. OLG Hamm NJW 2001, 375). Für die (anschließende) Verwahrung fehlt es an der Ausübung hoheitlicher Gewalt, so dass für diesen Bereich ein Haftungsübergang auf den Hoheitsträger ausscheidet.

Darauf hat der Senat in seiner Ladungsverfügung ausdrücklich hingewiesen. Da der Kläger hierauf nichts (mehr) erwidert hat, dies wohl auch nicht kann, war die Berufung zurückzuweisen. Der handschriftliche Zusatz auf der Rechnung des Abschleppunternehmens (vgl. Bl. 8 d. A.) ist für den Zeitpunkt des Entstehens des Schadens nicht genügend beweiskräftig. Die vom Kläger – lediglich für die Auftragserteilung des Abschleppens – aufgebotene Zeugin M. könnte allenfalls noch zu Vorschäden am abgeschleppten Fahrzeug, falls sie sich das Fahrzeug bei Auftragserteilung selbst überhaupt angeschaut hatte, gehört werden, aber nicht zur behaupteten – späteren – Schwellerbeschädigung selbst. Mithin ist der Kläger für den hier allein begründenden Haftungsvorgang beweisfällig geblieben. ..."



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