Das Verkehrslexikon

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Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 27.09.1995 - 11 C 34/94 - Zur MPU-Anordnung gegenüber einem alkoholauffällig gewordenen Radfahrer

BVerwG vom 27.09.1995: Zur MPU-Anordnung gegenüber einem alkoholauffällig gewordenen Radfahrer


Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 27.09.1995 - 11 C 34/94) hat entschieden:
  1. Hat der Inhaber einer Fahrerlaubnis für Kraftfahrzeuge als Radfahrer mit einem Blutalkoholgehalt von 2,32 Promille am Straßenverkehr teilgenommen, so bestehen in der Regel berechtigte Zweifel an seiner Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs, so daß die Straßenverkehrsbehörde - auch bei einem sog. Ersttäter - gemäß § 15 b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StVZO die Vorlage des Gutachtens einer medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle verlangen kann.

  2. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Verfügung, die die Entziehung der Fahrerlaubnis zum Gegenstand hat, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bestehende Sach- und Rechtslage maßgebend. Danach liegende Umstände - etwa die nachträgliche Vorlage eines für den Betroffenen günstigen Sachverständigengutachtens - sind daher nicht für die Rechtmäßigkeit der Entziehungsverfügung maßgebend, sondern können sich ggf. erst in einem Verfahren auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis auswirken.

Siehe auch Stichwörter zum Thema medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU)


Sachverhalt:

Der Kläger erhielt im Jahr 1982 die Fahrerlaubnis der Klasse 3. Am 15. Februar 1992 kam er um 2.55 Uhr auf einer öffentlichen Straße in L. auf einem Fahrrad in Schlangenlinien einem Polizeiwagen entgegen. Die ihm kurz darauf von einem Arzt entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,32 Promille. Der Kläger wurde deshalb mit rechtskräftig gewordenem Strafbefehl des Amtsgerichts L. wegen Trunkenheit im Verkehr nach § 316 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt.

Alsbald danach forderte die Straßenverkehrsbehörde des Beklagten den Kläger zur Beibringung des Gutachtens einer medizinisch- psychologischen Untersuchungsstelle auf und begründete dies damit, wegen der Fahrradfahrt unter erheblichem Alkoholeinfluß bestünden Zweifel an der Eignung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen. In diesem Schreiben ist ferner darauf hingewiesen, daß bei Nichtbeibringung des Gutachtens die Fahrerlaubnis entzogen werden könne. Hiergegen legte der Kläger durch seinen Prozeßbevollmächtigten "Widerspruch" ein und machte geltend, ein hinreichender Anlaß zur geforderten Eignungsuntersuchung bestehe nicht. Für das einmalige Vergehen sei er bestraft worden; dies sei ihm eine ausreichende Lehre. Daß er unter Alkoholeinfluß ein Fahrrad gelenkt habe, bedeute nicht, daß er alkoholisiert auch Kraftfahrzeuge benutzen würde. Da der Kläger die Beibringung des geforderten Gutachtens ablehnte, entzog ihm der Beklagte die Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen. In der Entziehungsverfügung ist zur Begründung ausgeführt, die festgestellte überdurchschnittlich hohe Blutkonzentration deute auf eine Alkoholgewöhnung hin. Aus der Weigerung des Klägers, sich der geforderten Untersuchung zu stellen, müsse der Schluß gezogen werden, der Kläger verberge Eignungsmängel.

Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers blieben erfolglos. In dem Urteil des Verwaltungsgerichts - auf das sich das Oberverwaltungsgericht in seiner Berufungsentscheidung vollinhaltlich bezogen hat - ist im wesentlichen ausgeführt: Personen, die Blutalkoholwerte über 1,6 Promille erreichten, litten regelmäßig an einer dauerhaften ausgeprägten Alkoholproblematik. Ein Kraftfahrer könne sich auch dadurch als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweisen, daß er in stark alkoholisiertem Zustand mit einem Fahrrad am Straßenverkehr teilgenommen habe. Daß der Kläger mit der hohen Blutalkoholkonzentration von 2,32 Promille noch in der Lage gewesen sei, ein Fahrrad zu besteigen und sich mit ihm - wenn auch in Schlangenlinien - fortzubewegen, lege den Verdacht nahe, daß seine Kraftfahreignung aufgrund hoher Alkoholverträglichkeit in Frage gestellt sei. Ein solcher Verdacht werde nicht schon dadurch ausgeräumt, daß der Kläger als Kraftfahrer im Straßenverkehr noch nicht aufgefallen sei. Zwar habe das Bundesverwaltungsgericht bisher nur entschieden, daß bei einer zweimaligen Fahrradfahrt in alkoholisiertem Zustand Eignungszweifel berechtigt seien; daraus könne jedoch nicht gefolgert werden, daß bei einer nur einmaligen Alkoholfahrt kein Eignungsgutachten gefordert werden könne. Nach § 15 b Abs. 1 Satz 2 StVZO komme es weder darauf an, ob es sich um eine Verkehrsteilnahme mit einem Kraftfahrzeug gehandelt habe, noch darauf, ob die Verkehrsauffälligkeit einen Wiederholungsfall darstelle. Entscheidend sei allein, ob aufgrund der Umstände des Falles der Schluß auf eine Ungeeignetheit berechtigt sei, oder aber zumindest der Verdacht naheliege, daß die Kraftfahreignung aufgrund hoher Alkoholverträglichkeit nicht mehr bestehe. Daß der Beklagte dies hier angenommen habe, sei bei einer Blutalkoholkonzentration von 2,32 Promille nicht zu beanstanden. An dieser Beurteilung ändere das Urteil des VG Bremen (NZV 1992, 295) nichts, weil dort im einzelnen geschilderte besondere Umstände vorgelegen hätten. Da sich der Kläger der demnach zu Recht geforderten Eignungsuntersuchung entzogen habe, habe der Beklagte von der Ungeeignetheit des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgehen dürfen.

Mit der vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, die Anforderung des medizinisch-psychologischen Gutachtens aufgrund einer nur einmaligen Fahrradfahrt unter Alkoholeinfluß sei nicht gerechtfertigt und unverhältnismäßig. Insoweit verweise er auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Juni 1993. Aus dem gezeigten Verhalten dürfe nicht auf die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen werden.

Der Beklagte hält die Entscheidung des Berufungsgerichts für zutreffend und beruft sich auf die Eignungsrichtlinien des Bundesministers für Verkehr in der Fassung vom 30. Oktober 1989 (VkBl 1989, 786), wonach bei einer Teilnahme am Straßenverkehr mit Fahrzeugen ab 2 Promille auch bei Ersttätern zur Behebung von Eignungszweifeln die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu fordern sei.

Der Oberbundesanwalt unterstützt die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts.


Aus den Entscheidungsgründen:

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Die Entscheidung des Berufungsgerichts verletzt kein Bundesrecht.

1. Erweist sich jemand als ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeugs, so muß ihm die Verwaltungsbehörde die Fahrerlaubnis entziehen (§ 4 Abs. 1 StVG, § 15 b Abs. 1 Satz 1 StVZO). Ungeeignet ist nach § 15 b Abs. 1 Satz 2 StVZO insbesondere, wer wegen körperlicher oder geistiger Mängel ein Kraftfahrzeug nicht sicher führen kann, wer unter erheblicher Wirkung geistiger Getränke oder anderer berauschender Mittel am Verkehr teilgenommen oder sonst gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze erheblich verstoßen hat.

Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist eine Sicherungsmaßnahme, die dazu dient, die Allgemeinheit vor Gefährdungen durch ungeeignete Fahrzeugführer zu schützen. Da der Straßenverkehr hohe Risiken für Leben, Gesundheit und Eigentum vieler Bürger birgt, ist eine präventive Kontrolle von Fahrerlaubnisinhabern, wie sie in § 4 Abs. 1 StVG, § 15 b StVZO vorgesehen ist, verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenklich (vgl. BVerfG, Beschluß vom 24. Juni 1993 - 1 BvR 689/92 - BVerfGE 89, 69 = NJW 1993, 2365; BVerwGE 13, 288 <289>; 51, 359 <361>; 80, 43 ff.). Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Verfügung, die die Entziehung der Fahrerlaubnis zum Gegenstand hat, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bestehende Sach- und Rechtslage maßgebend. Danach liegende Umstände - etwa die nachträgliche Vorlage eines für den Betroffenen günstigen Sachverständigengutachtens - sind daher nicht für die Rechtmäßigkeit der Entziehungsverfügung maßgebend, sondern können sich ggf. erst in einem Verfahren auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis auswirken (vgl. BVerwGE 11, 334 <336>; 42, 206 <209>; 51, 359 <361>; Urteil vom 28. Oktober 1992 - BVerwG 11 C 29.92 - Buchholz 442.16 § 15 b StVZO Nr. 20; Beschlüsse vom 31. Juli 1985 - BVerwG 7 B 123.85 - Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 73 und vom 22. Dezember 1994 - BVerwG 11 B 184.94 -).

2. Besteht Anlaß zur Annahme, daß der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet ist, so kann die Verwaltungsbehörde nach § 15 b Abs. 2 Satz 1 StVZO zur Vorbereitung der Entscheidung über die Entziehung oder Einschränkung der Fahrerlaubnis je nach den Umständen die Beibringung u.a. eines Gutachtens einer amtlich anerkannten medizinisch- psychologischen Untersuchungsstelle anordnen. Eine solche Aufforderung, die selbst kein Verwaltungsakt ist, sondern ihn erst vorbereitet und im Rahmen eines Fahrerlaubnisentziehungsverfahrens überprüft werden kann (vgl. zuletzt etwa Beschluß vom 17. Mai 1994 - BVerwG 11 B 157.93 - Buchholz 442.16 § 15 b StVZO Nr. 23 m.w.N.), ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dann rechtmäßig, wenn a) aufgrund konkreter tatsächlicher Anhaltspunkte berechtigte Zweifel an der Kraftfahreignung des Betroffenen bestehen und b) die angeordnete Überprüfung ein geeignetes und verhältnismäßiges Mittel ist, um gerade die konkret entstandenen Eignungszweifel aufzuklären. Entzieht sich der betroffene Kraftfahrer trotz berechtigter Eignungszweifel der verlangten Eignungsuntersuchung, so darf die Verwaltungsbehörde aus der Nichtvorlage des Gutachtens auf die fehlende Kraftfahreignung schließen (vgl. Urteile vom 15. Juli 1988 - BVerwG 7 C 46.87 - BVerwGE 80, 43 <45>, vom 15. Dezember 1989 - BVerwG 7 C 52.88 - Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 87 und vom 17. Mai 1995 - BVerwG 11 C 2.94 -, zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung vorgesehen). Das Berufungsgericht hat das Vorliegen dieser Voraussetzungen ohne Verstoß gegen Bundesrecht bejaht.

a) Für den Beklagten bestand nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen, für das Bundesverwaltungsgericht daher bindenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) hinreichender Anlaß zu berechtigten und aufklärungsbedürftigen Zweifeln an der Eignung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen.

Dem steht zunächst nicht entgegen, daß der Kläger wegen Trunkenheit im Verkehr vom Amtsgericht nach § 316 StGB rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt worden ist (vgl. Beschluß vom 24. Januar 1989 - BVerwG 7 B 9.89 - Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 85). Nur dann, wenn der Strafrichter im Rahmen des § 69 StGB die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu beurteilen hatte und nachprüfbar tatsächlich auch beurteilt hat, ist die Verwaltungsbehörde an diese Entscheidung nach Maßgabe des § 4 Abs. 3 StVG grundsätzlich gebunden. In allen anderen Fällen - wie hier - ist die zuständige Straßenverkehrsbehörde berechtigt und verpflichtet, in eigener Zuständigkeit unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und der Gesamtpersönlichkeit zu prüfen, ob einem Fahrerlaubnisinhaber die notwendige Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs fehlt. Berechtigte Eignungszweifel können sich auch allein aus Tatsachen ergeben, die bei Verstößen gegen strafrechtliche Vorschriften - auch solche nichtverkehrsrechtlicher Art - zutage getreten sind (vgl. Beschlüsse vom 28. September 1981 - BVerwG 7 B 188.81 - Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 60 und vom 29. August 1995 - BVerwG 11 B 92.95 - jeweils m.w.N.).

Hier bestand hinreichender Anlaß zu berechtigten Eignungszweifeln im Sinne von § 15 b Abs. 2 Satz 1 StVZO, obwohl der Kläger nicht wiederholt, sondern erstmalig, und nicht als Kraftfahrer, sondern als Radfahrer aufgefallen ist.

Nach Anlage 1 Fußnote 7 des Katalogs von Mängeln und Untersuchungsarten (Mängelkatalog) der vom Bundesminister für Verkehr im Einvernehmen mit den zuständigen obersten Landesbehörden ergangenen Richtlinien für die Prüfung der körperlichen und geistigen Eignung von Fahrerlaubnisbewerbern und -inhabern (Eignungsrichtlinien) in der Fassung vom 30. Oktober 1989 (VkBl 1989, 786) kommt bei einer Teilnahme am Straßenverkehr mit Fahrzeugen - auch bei Ersttätern - mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 bis 1,99 Promille bei Vorliegen zusätzlicher Umstände, bei einem Blutalkoholgehalt ab 2 Promille auch ohne das Vorliegen solcher weiterer Umstände regelmäßig eine medizinisch-psychologische Untersuchung in Betracht, weil nach gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen der Alkoholforschung davon auszugehen ist, daß Personen mit derart hohen Blutalkoholkonzentrationen deutlich normabweichende Trinkgewohnheiten haben und zur Risikogruppe überdurchschnittlich alkoholgewöhnter Kraftfahrer gehören, die im Straßenverkehr doppelt so oft alkoholauffällig werden wie andere Personen. Die Eignungsrichtlinien können zwar, da sie keine Rechtsnormen sind, die Verwaltungsgerichte nicht binden; sie sind aber als Niederschlag sachverständiger Erfahrung von Gewicht. Im Einklang mit ihnen hat das Bundesverwaltungsgericht bereits wiederholt entschieden, daß Personen, die Blutalkoholwerte von 1,6 Promille und mehr erreichen, regelmäßig - auch wenn sie Ersttäter sind - an einer dauerhaften, ausgeprägten Alkoholproblematik leiden, so daß die Straßenverkehrsbehörden in solchen Fällen Art, Inhalt und Folgen einer möglichen Alkoholabhängigkeit des betreffenden Fahrerlaubnisinhabers und ihrer Auswirkungen auf sein Verhalten im Straßenverkehr mit den erforderlichen und angemessenen Mitteln aufzuklären haben (vgl. etwa Urteil vom 15. Juli 1988, a.a.O., Beschluß vom 24. Januar 1989, a.a.O. und Beschluß vom 21. Februar 1994 - BVerwG 11 B 120.93 - Buchholz 442.16 § 12 StVZO Nr. 3, jeweils m.w.N.; ferner Iffland, NZV 1993, 369 <373>; Müller, Blutalkohol 1993, 65 ff.; Stephan, NZV 1993, 129 <137>). Es ist deshalb revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte bei dem hier festgestellten Blutalkoholwert von 2,32 Promille Zweifel an der (weiteren) Kraftfahreignung des Klägers hatte und die Vorlage eines Sachverständigengutachtens forderte, durch das ggf. diese Eignungszweifel hätten ausgeräumt werden können.

Daß der Kläger bisher nur als Radfahrer auffällig geworden ist, steht berechtigten Zweifeln an der weiteren Kraftfahreignung nicht von vornherein entgegen. Insoweit folgt bereits aus dem Wortlaut des § 15 b Abs. 1 Satz 2 StVZO, daß sich die Ungeeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeugs "aus der Teilnahme am Straßenverkehr" ergeben kann, so daß es auf das konkret benutzte Fahrzeug bei einer Trunkenheitsfahrt nicht entscheidungserheblich ankommt. Mit dieser Regelung trägt der Verordnungsgeber in abstrakt-genereller Weise der Erkenntnis Rechnung, daß die Teilnahme am Straßenverkehr mit jedem Fahrzeug in erheblich alkoholisiertem Zustand eine Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs darstellt. Diese Einschätzung liegt auch dem § 316 StGB zugrunde, der Trunkenheitsfahrten mit jedem Fahrzeug - nicht nur mit einem Kraftfahrzeug - unter Strafe stellt. Ob eine erstmalige Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad in allen Fällen Anlaß zur Annahme gibt, der Betroffene werde auch ein Kraftfahrzeug unter erheblichem Alkoholeinfluß führen und sei daher als Kraftfahrer ungeeignet, mag offenbleiben (vgl. dazu VG Bremen, NZV 1992, 295). In der Regel aber ist bei einem Fahrerlaubnisinhaber, der sich mit hoher Blutalkoholkonzentration als Fahrradfahrer am Straßenverkehr beteiligt und damit eine Verkehrsstraftat nach § 316 StGB begeht, bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründet (vgl. BVerfG, a.a.O.; BVerwG, Beschluß vom 21. Februar 1994, a.a.O.), er werde in alkoholisiertem Zustand nicht stets die nötige Selbstkontrolle aufbringen, vom Führen eines Kraftfahrzeugs abzusehen. Besonderheiten, die eine solche Besorgnis ungerechtfertigt erscheinen lassen könnten, sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, so daß im maßgeblichen Zeitpunkt eine sachverständige Prüfung der Eignungsbedenken geboten war.

b) Die angeordnete Überprüfung war auch ein geeignetes und verhältnismäßiges Mittel, um die berechtigten Eignungszweifel aufzuklären. Sie verletzt nicht das Persönlichkeitsrecht des Klägers. Bei dem bei ihm festgestellten, normabweichend hohen Blutalkoholgehalt besteht ein Bedürfnis nach umfassender Klärung der weiteren Kraftfahreignung durch ein angemessenes und vollständiges Gutachten, denn den hohen Risiken für den Straßenverkehr durch alkoholgewöhnte Rad- und Autofahrer ist durch eine strenge präventive Kontrolle entgegenzuwirken. Für die zuverlässige Aufklärung reicht bei dem hier festgestellten Blutalkoholwert von 2,32 Promille ein allein fachärztliches Gutachten nicht aus; vielmehr war die medizinisch- psychologische Untersuchung, der sich der Kläger entzogen hat, angezeigt.



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