Das Verkehrslexikon
Rechtsprechung des KG Berlin: In der Regel kommt eine Klassenherabstufung allein wegen des Fahrzeugalters bei der Bemessung des Nutzungsausfalls nicht in Betracht
Rechtsprechung des KG Berlin: In der Regel kommt eine Klassenherabstufung allein wegen des Fahrzeugalters bei der Bemessung des Nutzungsausfalls nicht in Betracht
Siehe auch Nutzungsausfall
In älteren Entscheidungen hat das Kammergericht Berlin ziemlich eindeutig festgestellt, dass eine Herabstufung der Nutzungsausfallklasse nach der Tabelle Sanden/Danner/Küppersbusch allein auf Grund des Fahrzeugalters nicht in Betracht kommt; so heißt es im Urteil vom 26.04.1993 - 12 U 2137/92:
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dieser Tagessatz nicht mit Rücksicht auf das Alter des Fahrzeuges (zum Unfallzeitpunkt 14 Jahre) zu kürzen. Zwar hat der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (NJW 1988, 484, 486 = DAR 1988, 93 = VersR 1988, 1276 L) entschieden, der Erhaltungszustand eines Fahrzeuges könne bei der Bemessung der Nutzungsausfallentschädigung jedenfalls dann nicht unberücksichtigt bleiben, wenn sein Nutzungswert mit demjenigen eines neueren Fahrzeuges des gleichen Typs nicht mehr vergleichbar sei; dann sei der Entschädigungsanspruch auf einen in etwa den Vorhaltekosten entsprechenden Betrag beschränkt, der zum Ausgleich der entgangenen Nutzungsmöglichkeit angemessen erhöht werden könne. In dem der Entscheidung des X. Senates des BGH zugrunde liegenden Fall handelte es sich aber um einen mit zahlreichen erheblichen Mängeln behafteten PKW (Rostlaube). Davon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein. Der Sachverständige G. hat in seinem Gutachten vom 9. Juli 1990 den Allgemeinzustand des Fahrzeuges als "ordentlich" bezeichnet; die Überprüfung habe keine Beanstandungen hinsichtlich der Verkehrssicherheit und des technischen Zustandes ergeben.
Die Frage, ob bei Fahrzeugen, die älter als 5 Jahre sind, die Nutzungsausfallentschädigung zu vermindern ist, wird in Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Für eine Verminderung bei einem älteren Fahrzeug haben sich u. a. ausgesprochen: OLG Karlsruhe VersR 1989, 59; OLG Schleswig NJW- RR 1986, 775, 776; OLG Frankfurt VersR 1985, 248; LG Tübingen DAR 1991, 184; LG Memmingen VersR 1990, 864; Born VersR 1978, 777, 791; Danner/Küppersbusch, zuletzt VersR 1991, 19, 20; Palandt/Heinrichs, 52. Aufl., Anh. z. § 249 BGB Rdz. 3. Gegen eine Kürzung bei einem älteren Fahrzeug sind: OLG Karlsruhe VersR 1989, 269; OLG Frankfurt VersR 1985, 294; KG VersR 1981, 536 = DAR 1981, 56; OLG Celle VersR 1973, 28; KG, Urteil vom 7. Mai 1992 - 22 U 2766/91 -; Grunsky in Münch. Komm., 2. Aufl., vor § 249 BGB Rdn. 22; Greger, Zivilrechtliche Haftung im Straßenverkehr, 2. Aufl., Rdn. 249 zu § 7 StVG.
Der Senat hält nach erneuter Überprüfung an seiner bereits in der Entscheidung vom 2. Juni 1980 geäußerten Auffassung (VersR 1981, a.a.o.) fest, dass das bloße Alter eines Fahrzeuges - ohne Hinzutreten anderer, den individuellen Nutzungswert spürbar mindernder Faktoren - eine Reduzierung der Nutzungsausfallentschädigung nicht rechtfertigt. Für die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines gemieteten Ersatzfahrzeuges gilt, dass der Eigentümer eines Fahrzeuges, das er zeitweilig wegen der durch den Unfall herbeigeführten Beschädigung nicht nutzen kann, grundsätzlich berechtigt ist, sich auf Kosten des Schädigers ein Fahrzeug des gleichen Typs zu mieten. Er wird nicht dadurch "bereichert", dass er sich als Ersatz für seinen Altwagen ein neueres Fahrzeug mietet. Die gleichen Grundsätze gelten für die Ermittlung des Gebrauchswerts eines älteren Fahrzeugs, wenn der Geschädigte also auf das Mieten eines Ersatzfahrzeuges verzichtet und stattdessen eine Nutzungsausfallentschädigung geltend macht (Senat a.a.O.). Die Ersatzpflicht beruht letztlich auf der Erwägung, dass der vorsichtige und sparsame Kfz-Eigentümer, der auf einen Mietwagen verzichtet, nicht schlechter gestellt werden soll als derjenige, der einen Ersatz-PKW mietet (BGHZ 66, 278 = VersR 1976, 956; 86, 132 = VersR 1983, 298). Bei Berücksichtigung dieses Grundgedankens kann der Umfang der Ersatzpflicht nicht vom Alter des Fahrzeuges abhängen (OLG Karlsruhe VersR 1989, 269, 270). Zu berücksichtigen ist ferner, dass die meisten Fahrzeugeigentümer sich nicht schon nach - gemessen an der Lebensdauer eines PKW - kurzer Zeit ein neuwertiges Fahrzeug anschaffen, sondern das ihnen vertraute, subjektiv den gleichen Komfort bietende und zuverlässig laufende Gebrauchtfahrzeug weiter benutzen. Der Geschädigte, der sein Fahrzeug "voll verbraucht", d. h. während seiner gesamten Lebensdauer nutzt, kann bei der Bemessung der Nutzungsausfallentschädigung nicht schlechter gestellt werden als einer, der sein Fahrzeug in kürzeren Abständen wechselt.
Ohne diese Rechtsprechung generell aufzugeben, hat das KG Berlin aber in der Entscheidung vom 22.10.2001 - 12 U 2346/00 - einen Abzug - allerdings nicht wegen des Alters, sondern wegen erheblicher Mängel - vorgenommen und lediglich Vorhaltekosten zugesprochen:
"Der Höhe nach kann der Kläger Nutzungsausfallentschädigung jedoch nicht nach den allgemeinen Tagessätzen, sondern nur in Höhe der Vorhaltekosten beanspruchen, die nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Beklagten lediglich 100,00 DM täglich betragen.
Zwar hat allein das Alter eines Geschädigten Fahrzeugs (hier knapp neun Jahre) regelmäßig keinen Einfluss auf die Höhe der Entschädigung für Nutzungsausfall (KG VRS 70, 432; NZV 1993, 478, KG VersR 1981, 536 = DA 1981, 56 sowie Senat, Urteil vom 26. April 1993 - 12 U 2137/92; vom 14. Februar 2000 - 12 U 7859/98 -; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl., § 12 StVG Rdnr. 44 m. w. N.). Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn es sich um ein Fahrzeug handelt, dessen Nutzungswert mit demjenigen eines neueren Fahrzeugs des gleichen Typs schlechterdings nicht mehr vergleichbar ist, weil es mit zahlreichen erheblichen Mängeln behaftet ist (BGH NJW 1988, 484, 486). So liegt der Fall hier. Nach den - vom Kläger in zweiter Instanz nicht mehr beanstandeten - Feststellungen des Sachverständigen W in seinem Gutachten vom 28. Oktober 1998 wies das klägerische Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt mehrere zum Teil erhebliche Mängel auf. So waren das abnehmbare Hubdach und das Lenkrad bereits beschädigt, ohne dass sich diese Schäden auf den streitigen Unfall zurückführen ließen. Sie müssen also schon vorher bestanden haben. Gleiches gilt für die Beschädigung an der linken Flanke des linken Vorderreifens, die Schäden an der Motorhaube und an der Windschutzscheibe. Zudem ist unstreitig, dass das Fahrzeug des Klägers bereits im Jahr 1992 einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitten hatte.