Das Verkehrslexikon

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Kammergericht Berlin (Beschluss vom 17.11.2004 - 3 Ws (B) 485/04 - Zur fehlenden Fahreignung bei mehreren Registereintragungen

Kammergericht Berlin v. 17.11.2004 - 3 Ws (B) 485/04 - Zur fehlenden Fahreignung bei mehreren Registereintragungen


Ein Fahrzeugführer mit 11 verkehrsrechtlichen Registereintragungen, darunter eine strafrechtliche Nötigung mit einem Fahrverbot, war vom Amtsgericht wegen einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsverletzung zu einer Geldbuße in Höhe von 350 € und drei Monaten Fahrverbot verurteilt worden.

Das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 17.11.2004 - 3 Ws (B) 485/04) setzte die Geldbuße auf 250 € herab, hielt aber das Fahrverbot im Ergebnis wegen eines beharrlichen Pflichtverstoßes aufrecht:
Die Anordnung eines Fahrverbotes wegen beharrlicher Geschwindigkeitsüberschreitung kann auch gerechtfertigt sein, wenn die Voraussetzungen des § 4 II 1 BKatV, der nur ein Regelbeispiel für die beharrliche Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrers durch wiederholte Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit aufführt, nicht vorliegen, der beharrliche Pflichtenverstoß aber von ähnlich starkem Gewicht ist.

Siehe auch Das Fahrverbot wegen beharrlicher Pflichtverletzung


Aus den Entscheidungsgründen:

"Angesichts der Vielzahl und des Gewichts der festgestellten einschlägigen Vorbelastungen des Betr., seiner schnellen Rückfälligkeit und der vorsätzlichen Begehung der abgeurteilten Tat versteht es sich von selbst, dass zur Einwirkung auf den Betr. nur eine deutlich über dem Regelsatz liegende Geldbuße in Betracht kommt. Denn die im Bußgeldkatalog bestimmten Regelsätze berücksichtigen etwaige Eintragungen im Verkehrszentralregister nicht und gehen bei Geschwindigkeitsüberschreitungen von fahrlässiger Begehung aus (§§ 1 II, 3 I BKatV). Unter Berücksichtigung auch der festgestellten wirtschaftlichen-Verhältnisse des Betr. erscheint eine Geldbuße von 250 Euro angemessen.

Außerdem bedarf es der Anordnung eines Fahrverbotes nach § 25 I 1 .StVG, weil der Betr. die Tat unter beharrlicher Verletzung seiner Pflichten als Kraftfahrzeugführer begangen hat. Nach § 25 I 1 StVG kann einem Betr. wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit nach§ 25 StVG, die er unter grober oder beharrlicher Verletzung seiner Pflichten als Kraftfahrzeugführer begangen hat und wegen der eine Geldbuße festgesetzt worden ist, für ein bis drei Monate verboten werden, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge zu führen.

Beharrlich sind solche Zuwiderhandlungen begangen, die ihrer Art oder den Umständen nach zwar nicht unbedingt als „grobe” Pflichtverletzungen zu werten sind, deren zeit- und sachnahe wiederholte Begehung jedoch zeigt, dass dem Betr. die für die Teilnahme am Straßenverkehr erforderliche rechtstreue Gesinnung und die notwendige Einsicht in zuvor begangenes Unrecht fehlen (vgl. BGHSt 38, 231, 234). Die Anordnung eines Fahrverbotes wegen beharrlicher Geschwindigkeitsüberschreitung kann auch gerechtfertigt sein, wenn die Voraussetzungen des § 4 II 1 BKatV, der nur ein Regelbeispiel für die beharrliche Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrers durch wiederholte Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit aufführt, nicht vorliegen, der beharrliche Pflichtenverstoß aber von ähnlich starkem Gewicht ist (vgl. OLG Düsseldorf, NZV 1998, 38; OLG Zweibrücken, DAR 2001, 327; Hentschel, Straßenverkehrsrecht 37. Aufl., § 25 StVG Rdnr. 15 m. w. Nachw ).

So verhält es sich im vorliegenden Fall. Die Feststellungen weisen seit März 1999 insgesamt elf Verkehrsordnungswidrigkeiten und darüber hinaus auch eine straf-rechtliche Verurteilung des Betr. wegen Nötigung - im öffentlichen Straßenverkehr - nebst einem Fahrverbot als Nebenstrafe aus. Neun der Ordnungswidrigkeiten bestrafen zum Teil erhebliche Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und wurden wiederholt nicht nur mit Geldbußen, sondern auch mit Fahrverboten von einem Monat bis zu drei Monaten geahndet. Diese Vorbelastungen, die schnelle Rückfälligkeit und der im vorliegenden Verfahren abgeurteilte wiederholte - zehnte - und zudem vorsätzliche Verstoß gegen eine Geschwindigkeitsbeschränkung `belegen die beharrliche Pflichtverletzung eindrucksvoll. Aus den im Urteil mitgeteilten Schuldsprüchen, Sanktionen, Tatzeiten und- Rechtskraftdaten der Entscheidungen zu den Vortaten ergibt sich sowohl der notwendige zeitliche und innere Zusammenhang mit der abgeurteilten Tat als auch das Ausmaß der Rechtsuntreue und der Uneinsichtigkeit des Betr. Danach ist auch nicht zu erwarten, dass schon eine weitere Erhöhung der Geldbuße ausreichen würde, um den Betr. künftig zur Beachtung seiner Pflichten als Kraftfahrer anzuhalten, und es hierzu eines Fahrverbotes nicht bedarf.

Um den Zweck des Fahrverbotes als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme bei dem bisher unbelehrbaren Betr. nicht zu verfehlen, erscheint die Ausschöpfung der Höchstdauer des Fahrverbotes von drei Monaten geboten, zumal nach den festgestellten Vorbelastungen davon auszugehen ist, dass gegen den Betr. nicht zum ersten Mal ein Fahrverbot wegen beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers angeordnet wird, und somit kein Fall vorliegt, in dem in der Regel nur ein Fahrverbot von einem Monat festzusetzen ist (§ 4 II 1 BKatV). Dafür, dass ein Fahrverbot von dieser Dauer eine unbillige Härte für den Betr. sein könnte, bieten die Urteilsfeststellungen keinen Anhalt."



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