Das Verkehrslexikon
Anwendung der StVO-Regeln und der StVG-Normen auf Parkplätzen und in Parkhäusern
Anwendung der StVO-Regeln und der StVG-Normen auf Parkplätzen und in Parkhäusern?
Siehe auch Öffentlicher Straßenverkehr / Privatverkehr - öffentliche Verkehrsflächen - Geltung der StVO und des StVG
Alle Ordnungsvorschriften des Straßenverkehrsrechts (StVG, StVO, StVZO) können wegen ihrer spezifischen Ordnungsfunktion nur auf öffentlichen Straßen und Verkehrsflächen Geltung beanspruchen. Auf privatem Gelände haben sie keine direkte Geltung, sofern der private Flächeneigentümer dies nicht will.
Auf Privatgelände ohne öffentlichen Verkehr können daher auch keine Verkehrsordnungswidrigkeiten von der Polizei oder beispielsweise von kommunalen Ordnungsbehörden verfolgt werden.
Jedoch findet öffentlicher Verkehr nicht nur auf Straßen, Wegen und sonstigen Verkehrsflächen statt, die ausdrücklich dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind. Sondern auch überall dort, wo der Eigentümer oder sonstige Nutzungsberechtigte auf seinem Privatgelände die Nutzung für jedermann bzw. eine unbestimmte Anzahl von Nutzungsinteressenten zugelassen oder mindestens geduldet hat, findet öffentlicher Verkehr statt.
Dem öffentlichen Verkehr dienen alle Flächen, die der Allgemeinheit zu Verkehrszwecken offenstehen ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse. Maßgebend ist allein, ob eine tatsächliche Zugänglichkeit für die Allgemeinheit oder dass faktische Öffentlichkeit besteht (vgl. Jagusch / Hentschel, StraßenverkR, 38. Aufl., 2005, § 1 StVO, Rdnrn. 13 ff.).
Das Landgericht Potsdam (Urt. v. 06.11.2003 - 27 Ns 143/03) führt in diesem Zusammenhang aus:
"Der Begriff des Straßenverkehrs im Strafrecht erfasst jede Art von Verkehr, der der Fortbewegung von Fahrzeugen, Radfahrern und Fußgängern auf allen Wegen, Plätzen, Durchgängen und Brücken dient, die jedermann oder wenigstens allgemein bestimmte Gruppen von Benutzern - wenn auch nur vorübergehend oder gegen Gebühr - zur Verfügung stehen; dieser Begriff unterscheidet sich von dem straßenrechtlichen Wortgebrauch."
Handelt es sich in diesem Sinne um eine öffentliche Verkehrsfläche, wie z.B. im Parkhaus eines Warenhauses usw., dann sind die Regeln des Straßenverkehrsrechts (StVG, StVO, StVZO) direkt anwendbar.
Nur wenn ersichtlich durch feste Einrichtungen oder Bekanntgaben für bestimmte Flächen oder bestimmte Zeiten der öffentliche Verkehr von der Nutzung ausgeschlossen sein soll, wird man davon ausgehen können, dass es sich eindeutig um Privatgelände handelt, auf dem die Regeln des Straßenverkehrsrechts nicht unmittelbar gelten sollen. Allerdings ist es dem Privateigentümer unbenommen, für den Gebrauch des von ihm eingeschränkten Benutzerkreises Regeln aufzustellen oder z. B. die "Geltung" der StVO anzuordnen (Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Werksgelände, "Parken nur für Kunden für maximal 2 Stunden" usw.)
Allerdings werden aber auch ohne solche ausdrücklichen Anordnungen bei Unfallereignissen auf privaten Flächen zur Haftungsabwägung die Regeln der StVO, wenn auch nicht direkt, so doch zumindest entsprechend anwendbar bleiben, da diese Regeln als allgemeine Verhaltensnormen für die im Verkehr erforderliche Sorgfalt einen geeigneten Maßstab ergeben.
Bezüglich eines berauschten Kfz-Führers ( 0,82 ‰ Alkohol und mehr als 7 ng/ml aktives THC), der auf einem mit einer Schrankenanlage versehenen Parkplatz ein Kfz geführt hat und von der Polizei noch auf diesem Parkplatz gestellt wurde, hat das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 18.11.2008 - 2 Ss 330/08 - 3 Ws (B) 419/08) ausgeführt:
"Der Begriff des Straßenverkehrs im Sinne des StVG, der StVO, der StVZO und des StGB bezieht sich auf Vorgänge im öffentlichen Verkehrsraum. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Verkehrsraum dann öffentlich, wenn er entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten für jedermann oder aber zumindest für eine allgemein bestimmte größere Personengruppe zur Benutzung zugelassen ist und auch benutzt wird. Umfasst werden nicht nur Verkehrsflächen, die nach dem Wegerecht des Bundes und der Länder dem allgemeinen Straßenverkehr gewidmet sind, sondern auch solche, deren Benutzung durch eine nach allgemeinen Merkmalen bestimmte größere Personengruppe ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse am Straßengrund oder auf eine verwaltungsrechtliche Widmung durch den Berechtigten ausdrücklich oder faktisch zugelassen werden. Für die Beurteilung, ob eine Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehrsraum zuzurechnen ist, kommt den äußeren Gegebenheiten, die einen Rückschluss auf das Vorhandensein und den Umfang der Gestattung bzw. Duldung des allgemeinen Verkehrs durch den Verfügungsberechtigten zulassen, maßgebliche Bedeutung zu. So kann sich etwa aus einer entsprechenden Beschilderung als "Privat-/Werksgelände", einer Einfriedung des Geländes und einer Zugangsbeschränkung ergeben, dass der Verfügungsberechtigte die Allgemeinheit von der Benutzung des Geländes ausschließen will. Soweit aufgrund solcher Maßnahmen nur einem beschränkten Personenkreis Zutritt zu dem Gelände gewährt wird, handelt es sich um eine nicht öffentliche Verkehrsfläche, denn in diesem Fall ist der Kreis der Berechtigten so eng umschrieben, dass er deutlich aus einer unbestimmten Vielheit möglicher Benutzer ausgesondert ist. Ist hingegen das Gelände der Allgemeinheit, das heißt einem nicht durch persönliche Beziehungen miteinander verbundenen Personenkreis, zugänglich, sind die darauf befindlichen Verkehrsflächen öffentlicher Verkehrsraum (vgl. BGHSt 49, 128 [BGH 04.03.2004 - 4 StR 377/03]; OLG Köln VRS 99, 363 [OLG Köln 06.06.2000 - Ss 227/00]; OLG Hamm VRS 114, 273; OLG Rostock, Urteil vom 28. November 2003 - 1 Ss 131/03 I 79/03 - [[...]], s. SVR 2004, 234). Für die Abgrenzung der Frage, ob eine private Fläche als öffentlicher oder nicht öffentlicher Verkehrsraum anzusehen ist, kommt es nicht nur auf die von dem Verfügungsberechtigten getroffene Zweckbestimmung an, sondern auch darauf, ob eine solche auch tatsächlich beachtet wird, also gegebenenfalls die Allgemeinheit tatsächlich von der Benutzung eines Parkplatzes ausgeschlossen wird. Ist dies der Fall, ist die gelegentliche Nutzung des Parkplatzes durch Unbefugte unschädlich (vgl. OLG Rostock a.a.O.; s. auch OLG Köln a.a.O.). Eine Verkehrsfläche kann zeitweilig öffentlich, zu anderen Zeiten nichtöffentlich sein (vgl. Geppert in LK, StGB 11. Aufl., § 142 Rdn. 14; BayObLG VRS 41, 42; OLG Hamburg VRS 37, 278; OLG Stuttgart VRS 57, 418). Um Nichtöffentlichkeit anzunehmen, muss der Verfügungsberechtigte tatsächlich verhindern, dass ein Grundstück von Unbefugten zu Verkehrszwecken benutzt und sein Beschränkungswille durch eine entgegengesetzte länger dauernde Übung missachtet wird (vgl. KGVRS 60, 130)."