Das Verkehrslexikon
OLG Hamm Beschluss vom 28.09.2004 - 2 Ss OWi 308/04 - Zur Bezugnahme auf ein Radarfoto
OLG Hamm v. 28.09.2004: Zu den Anforderungen an die Rüge einer fehlerhaften Ablehnung eines Beweisantrages
Das OLG Hamm (Beschluss vom 28.09.2004 - 2 Ss OWi 308/04) hat entschieden:
- Wird die fehlerhafte Ablehnung eines Beweisantrages gerügt, so müssen außer dem Inhalt des Antrags (Beweistatsache und Beweismittel) auch der Inhalt des gerichtlichen Ablehnungsbeschlusses und insbesondere die Tatsachen mitgeteilt werden, aus denen sich die Fehlerhaftigkeit des angegriffenen Beschlusses ergeben soll.
- Der Tatrichter darf zur Identifizierung des Betroffenen als Täter eines Verkehrsverstoßes auf ein geeignetes Foto verweisen. Ist das Foto uneingeschränkt geeignet, sind in der Regel keine weiteren Ausführungen erforderlich.
Siehe auch Radarmessverfahren und Geschwindigkeitsverstöße - Nachweis - standardisierte Messverfahren
Gründe:
Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 u. Nr. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde ist form- und insbesondere auch fristgerecht erhoben worden, nachdem das in Abwesenheit des Betroffenen verkündete Urteil diesem am 23. Februar 2004 zugestellt wurde (§ 341 Abs. 2 StPO).
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerderechtfertigung hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben. Der Erörterung bedürfen insoweit lediglich folgende Punkte:
Soweit der Betroffene mit der Rüge der Verletzung formellen Rechts beanstandet, sein Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Identität der auf dem Radarfoto abgebildeten Person sei zu Unrecht abgelehnt worden, ist die Rüge bereits unzulässig, da sie nicht in der gemäß § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 344 Abs. 2 S. 2 StPO gebotenen Form ausgeführt worden ist. Wird die fehlerhafte Ablehnung eines Beweisantrages gerügt, so müssen außer dem Inhalt des Antrags (Beweistatsache und Beweismittel) auch der Inhalt des gerichtlichen Ablehnungsbeschlusses und insbesondere die Tatsachen mitgeteilt werden, aus denen sich die Fehlerhaftigkeit des angegriffenen Beschlusses ergeben soll (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl., § 244 Rdnr. 85 m.w.N.).
Diesen Anforderungen wird die Rüge nicht gerecht.
Es kann allerdings dahinstehen, ob es der wörtlichen Wiedergabe des Beweisantrages sowie des gerichtlichen Ablehnungsbeschlusses vorliegend bedurfte oder ob sich der dazu notwendige Tatsachenvortrag bereits hinreichend aus der Rechtsbeschwerderechtfertigung entnehmen lässt (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 15. Mai 1998 in 2 Ss 601/98, ZAP EN-Nr. 454/98, RPfleger 1998, 367). Zumindest fehlt es an dem notwendigen Vortrag der Tatsachen, aus denen sich die Fehlerhaftigkeit des gerichtlichen Ablehnungsbeschlusses ergeben soll. Insoweit beschränken sich die Ausführungen der Rechtsbeschwerde lediglich darauf, anstelle der Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils diese durch eine eigene Bewertung des Beweisergebnisses zu ersetzen, wobei es unerheblich ist, dass die Urteilsfeststellungen versehentlich das auf dem Radarfoto abgebildete Ohr als linkes statt wie offensichtlich ist, als rechtes Ohr bezeichnen.
Die Ausführungen der Rechtsbeschwerde lassen jedenfalls nicht hinreichend erkennen, warum die Ablehnung des Beweisantrages gemäß § 77 Abs. 1 Nr. 1 OWiG fehlerhaft sein soll. Dazu hätte es eines näheren Eingehens auf die Urteilsgründe bedurft. Insoweit kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Verurteilung des Betroffenen nicht allein auf dessen Identifizierung anhand des von dem Verkehrsverstoß gefertigten Lichtbildes zurückgeht, sondern vielmehr insbesondere auch darauf, dass er das abgebildete Fahrzeug an dem Tattage bei einer Mietwagenfirma gemietet und nach eigenem Bekunden an dem betreffenden Tage von Hamburg zurück nach Bochum geführt hatte, so dass eine Benutzung der BAB A 43, auf der sich der Vorfall ereignete, zumindest wahrscheinlich war. Im Übrigen ist der Tatrichter nach Vernehmung einiger Zeugen der Mietwagenfirma zu der Überzeugung gelangt, dass der Mietwagen zur Vorfallszeit nicht von einer anderen Person benutzt worden sein kann. Dabei hat der Tatrichter zu Recht u.a. darauf abgestellt, dass der Betroffene nach seiner Einlassung den Schlüssel zum Mietfahrzeug kurz nach 18.00 Uhr in den Briefkasten der Mietwagenfirma eingeworfen haben will, die Geschwindigkeitsmessung andererseits bereits um 19.10 Uhr erfolgt ist, so dass eine anderweitige Person in diesem relativ kurzen Zeitraum die BAB A 43 von Bochum in nördlicher Richtung und anschließend sogleich wieder zurück in südlicher Richtung befahren haben muss, um mit dem Fahrzeug um 19.10 Uhr in die Geschwindigkeitskontrolle geraten zu können. Da die Überzeugung des Tatrichters, der Betroffene habe den Verkehrsverstoß begangen, somit nicht allein auf der Beurteilung des von dem Verstoß gefertigten Lichtbildes beruht, bedurfte es vorliegend eines näheren Vortrages dazu, warum die Ablehnung des Beweisantrages vorliegend fehlerhaft war. Angaben dazu enthält das Rechtsbeschwerdevorbringen jedoch nicht. Dementsprechend hat der Betroffene vorliegend die Rüge der Verletzung formellen Rechts, wie auch die Generalstaatsanwaltschaft in ihrem Antrag ausgeführt hat, nicht in einer den Anforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO entsprechenden Weise erhoben.
Auch die auf die Sachrüge vorgenommenen Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben.
Das angefochtene Urteil wird insbesondere den Anforderungen der obergerichtlichen Rechtsprechung an den Umfang der tatrichterlichen Ausführungen, wenn der Betroffene als Täter eines Verkehrsverstoßes anhand eines von dem Verstoß gefertigten Lichtbildes identifiziert wird, gerecht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGHSt 41, 374), der sich die Oberlandesgerichte angeschlossen haben (vgl. OLG Hamm DAR 1996, 245; Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 71 Rdnr. 47 a m.w.N.), darf der Tatrichter gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO auf ein zur Identifizierung geeignetes Foto verweisen. Handelt es sich dabei um ein uneingeschränkt geeignetes Foto, so sind in der Regel keine weiteren Ausführungen zur Identitätsfeststellung erforderlich (OLG Hamm DAR 1996, 417; Beschluss des Senats vom 18. November 2002 in 2 Ss OWi 927/02 -). Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil gerecht, indem es in zulässiger Weise auf das bei den Akten befindliche Radarfoto verweist, das nach der somit dem Rechtsbeschwerdegericht ermöglichten Einsichtnahme vorliegend trotz einer gewissen Unschärfe und der teilweisen Verdeckung des Gesichtes zur Täteridentifizierung geeignet ist. Zusätzlich hat der Tatrichter seine Überzeugung von der Täterschaft des Betroffenen, wie oben bereits dargelegt wurde, aus dem Umstand entnommen, dass dieser das Fahrzeug zur Vorfallszeit von einer Mietwagenfirma gemietet hatte und der Tatrichter nach Vernehmung weiterer Zeugen eine Benutzung des Fahrzeuges durch andere Personen ausgeschlossen hat. Die Annahme des Tatrichters, das betreffende Fahrzeug sei zur Vorfallszeit von dem Betroffenen gesteuert worden, ist daher aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Ebenso hat die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruches keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben. Da der Betroffene nach den Urteilsfeststellungen die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 98 km/h überschritten hat, entsprechen die Rechtsfolgen dem Anhang zur Bußgeldkatalogverordnung. Insbesondere ist auch gegen die Verhängung eines dreimonatigen Fahrverbotes nichts einzuwenden. Zutreffend hat der Tatrichter darauf abgestellt, dass die gemäß § 25 Abs. 1 StVG erforderliche grobe Pflichtverletzung durch den Verstoß indiziert werde. Zur subjektiven Vorwerfbarkeit hat er ausgeführt, dass der Messstelle ein Geschwindigkeitstrichter vorausging, der einen Hinweis auf eine Radarkontrolle enthielt. Die Urteilsfeststellungen enthalten insoweit folgende Ausführungen:
"Der Messstelle gehen folgende Geschwindigkeitsbegrenzungsschilder voraus:
4 Schilder mit 120 km/h Zusatz "werktags",
1 Schild mit 120 km/h Zusatz "Straßenschäden",
1 Schild mit 100 km/h Zusatz "Radarkontrolle",
1 Schild mit 80 km/h Zusatz "Straßenschäden"."
Soweit die Rechtsbeschwerde ausführt, die Urteilsfeststellungen seien unzutreffend, da die der Messstelle vorausgegangenen vier Schilder mit 120 km/h und dem Zusatz "werktags" richtigerweise den Zusatz "werktags von 6 - 19 Uhr" enthielten, so dass zur Vorfallszeit diese Geschwindigkeitsbegrenzung keine Gültigkeit gehabt habe, kommt es hierauf nicht entscheidend an. Bereits die anderweitigen Verkehrsschilder erlauben nämlich die Feststellung, dass die durch den objektiven Verstoß indizierte grobe Pflichtverletzung vorliegend gegeben ist.
Zutreffend ist das Amtsgericht außerdem davon ausgegangen, dass ein Ausnahmefall, der ein Absehen von der Verhängung des nach der Bußgeldkatalogverordnung vorgesehenen Regelfahrverbotes rechtfertigen würde, nicht vorliegt (vgl. Hentschel, 37. Aufl., § 15 Rn. 15 ff. m.w.N.). Dazu sind weder Umstände aus der Tat noch aus der Person des Betroffenen ersichtlich, noch werden solche mit der Rechtsbeschwerde vorgetragen. Der Tatrichter hat ferner die Frage des Absehens vom Fahrverbot gegen angemessene Erhöhung der Geldbuße ausdrücklich angesprochen und hat dies letztlich mit rechtlich nicht zu beanstandenden Erwägungen verneint.
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen war daher auf seine Kosten als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.