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OLG Düsseldorf Urteil vom 07.06.2004 - 1 U 12/04 - Restwertgebote von Internetbörsen
OLG Düsseldorf v. 07.06.2004: Restwertgebote von Internetbörsen
Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 07.06.2004 - 1 U 12/04) hat entschieden:
Ein seriöses Restwertangebot mit kostenloser Fahrzeugabholung darf der Geschädigte nicht einfach deshalb ignorieren, weil es von einer Internetbörse stammt.
Siehe auch Totalschaden - Wiederbeschaffungswert und Der Restwert des unfallbeschädigten Fahrzeugs bei Totalschaden
Aus den Entscheidungsgründen:
" ... Dass Restwertangebote, die über Internet-Restwertbörsen an Geschädigte herangetragen werden, von vornherein allein wegen ihrer Herkunft abgelehnt werden können, macht selbst die Berufung nicht geltend. Dieser engen Sichtweise könnte der Senat auch nicht zustimmen. Wiederholt hat er entschieden, dass so genannte Internet-Angebote unter bestimmten Voraussetzungen geeignet sein können, eine Schadensminderungsobliegenheit des Geschädigten auszulösen (zuletzt Urteil vom 1.3.2004, 1 U 120/03; siehe auch Urteil vom 22.12.1997, 1 U 53/97, VersR 1998, 518).
Nach Einschätzung des Senats war das Kaufangebot der Fa. L. auch inhaltlich für den Kläger akzeptabel. Ohne größere Anstrengungen hätte er es risikolos annehmen können.
Der Beachtlichkeit dieses Angebots steht zunächst nicht entgegen, dass der Kläger es der Höhe nach nicht ohne Weiteres kontrollieren konnte, weil in dem von ihm eingeholten Gutachten ein Restwert nicht mitgeteilt war. Hätte der Kläger bezüglich des ihm angebotenen Kaufpreises von 13.110 EUR Bedenken gehabt, hätte er sich erkundigen können, beispielsweise bei dem Sachverständigen Z.. Die im vorliegenden Rechtsstreit vorgebrachten Bedenken liegen nicht auf der Preisebene. Vielmehr hat der Kläger in erster Instanz vorgetragen, der wahre Restwert habe bei maximal 8.000 EUR gelegen. Verglichen damit war das Angebot der Fa. L. ausgesprochen günstig.
Soweit die Berufung beanstandet, die Fa. L. sei "rechtlich nicht identifizierbar" gewesen, kann der Senat dieses Bedenken nicht teilen. Hätte der anwaltlich vertretene Kläger in diesem Punkt tatsächlich Prüfbedarf gehabt, wäre es ihm ein Leichtes gewesen, die Fa. L. unter der angegebenen Telefonnummer anzurufen, um sich ein Bild von diesem Unternehmen zu machen. Als Auskunftgeber standen auch die beklagte Versicherung und nicht zuletzt die Fa. A. zur Verfügung. Zugelassen zur Restwertbörse dieses Unternehmens sind gerichtsbekannt nur solche Aufkäufer, deren Seriosität in einem Zulassungsverfahren geprüft worden ist.
...
Soweit die Berufung meint, die drei dem Kläger übermittelten Restwertangebote - nach der Erklärung des Anwalts des Klägers im Senatstermin hat er nur ein einziges Angebot erhalten - seien "keine authentischen Restwertangebote", sondern eine Aufzählung von Interessenten, die von A. stammten, vermag der Senat diesen Einwand nicht nachzuvollziehen. Das hier in Rede stehende Restwertangebot über 13.110 EUR stammt erkennbar von der Fa. L.
Dadurch, dass ausdrücklich die kostenlose Abholung des Unfallfahrzeugs angeboten wird, und das Angebot zudem als "verbindliches Kaufangebot" bezeichnet ist, erfüllt es auch inhaltlich wesentliche Anforderungen, die der Senat an die Akzeptanz von Restwertangeboten stellt (vgl. Urteil vom 01.03.2004, 1 U 120/03). Es handelt sich auch nicht etwa um ein Angebot ins Blaue hinein, bei dem die Gefahr bestehen konnte, dass der Anbieter bei Kenntnis des tatsächlichen Schadensbildes von dem Geschäft "abspringt". Die Bedenken, die in dieser Beziehung bestehen könnten, haben die Beklagten durch konkreten Sachvortrag, dem der Kläger nicht entgegen getreten ist, ausgeräumt. Unter Vorlage von entsprechenden Belegen haben die Beklagten die tatsächlichen Grundlagen der Angebotsabgabe durch die Fa. L. dargestellt. Danach hatte sie genaue Kenntnis von Art und Umfang des Schadens, und zwar zum einen durch detaillierte Textinformationen und zum anderen durch aussagekräftige Lichtbilder.
Ausweislich des Angebots sollte das Unfallfahrzeug kostenlos abgeholt werden. Dass bei Abholung bar gezahlt worden wäre, lässt sich dem schriftlichen Angebot (Anlage B 4) allerdings nicht entnehmen. Dazu hat der Anwalt der Beklagten jedoch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, Barzahlung bei Abholung sei selbstverständlich gewesen. Das entspreche üblicher Praxis. So ist es in der Tat, wie dem Senat aus vergleichbaren Fällen bekannt ist. Ob A. bei einem Restwertangebot von 13.110 EUR die nach ihren Geschäftsbedingungen bestehende "Abholgarantie" im Falle einer Störung bei der Geschäftsabwicklung gegeben hätte, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Ebenso kann offen bleiben, ob die beklagte Versicherung gemäß § 179 BGB analog vom Kläger hätte auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden können, sofern die Fa. L. ihren rechtlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen wäre. Auch ohne diese Absicherungen war das Kaufangebot der Fa. L. für den Kläger annehmbar."