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OLG Jena Beschluss vom 07.11.2005 - 1 Ss 124/05 - Zur Feststellung innerörtlicher Rotlichtverstöße

OLG Jena v. 07.11.2005: Zur Entbehrlichkeit geonderter Feststellungen zur Dauer der Gelblichtphase und zur höchstzulässigen Geschwindigkeit bei innerörtlichen Rotlichtverstößen


Das OLG Jena (Beschluss vom 07.11.2005 - 1 Ss 124/05) hat entschieden:
Bei Rotlichtverstößen innerhalb geschlossener Ortschaft sind explizite Feststellungen zur Dauer der Gelbphase und zu der höchstzulässigen Geschwindigkeit regelmäßig entbehrlich, da mangels anderweitiger Anhaltspunkte von einer innerorts üblichen und damit allgemeinkundigen Gelbphase von drei Sekunden und einer innerorts grundsätzlich geltenden zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h auszugehen ist. Ferner braucht in diesen Fällen nicht die Entfernung des Fahrzeugs von dem durch die LZA geschützten Bereich im Zeitpunkt des Umschaltens der Ampel von Grün auf Gelb festgestellt zu werden.


Siehe auch Stichwörter zum Thema Rotlichtverstöße


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Des Weiteren rechtfertigen die getroffenen Feststellungen den Schuldvorwurf fahrlässiger Tatbegehung. Grundsätzlich erfordert die Annahme der Schuldhaftigkeit eines (einfachen oder qualifizierten) Rotlichtverstoßes i.S.d. § 24 StVG, § 49 Abs. 3 Nr. 2, § 37 Abs. 2 Nr. 1 StVO. der nicht mittels eines standardisierten technischen Verfahrens aufgezeichnet wurde, Feststellungen dazu, ob der Kraftfahrer noch gefahrlos hätte anhalten können (siehe nur Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., § 37 StVO. Rdn. 61).

Über die für den objektiven Tatbestand erforderlichen Tatsachen hinaus sind mithin grundsätzlich die Entfernung des Fahrzeugs zu dem durch die Ampel geschützten Bereich im Zeitpunkt des Umschaltens der Ampel von Grün auf Gelb, die tatsächliche Geschwindigkeit und die höchstzulässige Geschwindigkeit sowie die Dauer der Gelbphase zu ermitteln und im Urteil darzustellen (siehe Senatsbeschlüsse vom 10. 12. 1998, 1 Ss 219/98, NZV 1999, 304; vom 24. 8. 2005, 1 Ss 177/05; vom 25. 2. 2003, 1 Ss 33/02; OLG Hamm VRS 106 [2004], 65, 66). Nur bei Kenntnis dieser Umstände lässt sich beurteilen, ob der Betr. bei Einhaltung der höchstzulässigen Geschwindigkeit (bzw. bei der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit, sofern diese geringer als die höchstzulässige war) und mittlerer Bremsverzögerung in der Lage gewesen wäre, dem von dem Rotlicht ausgehenden Haltegebot zu folgen, was unerlässliche Voraussetzung für den Vorwurf ist, das Rotlicht schuldhaft missachtet zu haben (Senatsbeschluss vom 10. 12. 1998, 1 Ss 219/98, NZV 1999, 304; Hentschel a.a.O.).

Bei Rotlichtverstößen innerhalb geschlossener Ortschaft sind explizite Feststellungen zur Dauer der Gelbphase und zu der höchstzulässigen Geschwindigkeit regelmäßig entbehrlich, da mangels anderweitiger Anhaltspunkte von einer innerorts üblichen und damit allgemeinkundigen Gelbphase von drei Sekunden und einer innerorts grundsätzlich geltenden zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h auszugehen ist (Senatsbeschlüsse vom 25. 2. 2003, 1 Ss 33/02; vom 24. . 2005, 1 Ss 177/05). Ferner braucht in diesen Fällen nicht die Entfernung des Fahrzeugs von dem durch die LZA geschützten Bereich im Zeitpunkt des Umschaltens der Ampel von Grün auf Gelb festgestellt zu werden. Überschreitet der Fahrzeugführer nämlich die höchstzulässige Geschwindigkeit von 50 km/h nicht, dann reicht die Dauer der Gelbphase von 3 Sekunden aus, um je nach der im Augenblick des Umschaltens von Grün auf Gelb gegebenen Entfernung zur Ampel entweder das Fahrzeug bei mittlerer Bremsverzögerung vor der LZA anzuhalten oder die LZA noch bei Gelb zu passieren. Zeigt die Ampel beim Vorbeifahren bereits Rot, so ist der Fahrzeugführer schneller als 50 km/h gefahren oder er hat bei Erscheinen von Gelb pflichtwidrig nicht, nicht rechtzeitig oder nicht ausreichend gebremst. Aus denselben Gründen kommt es auch nicht auf die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit an. Das bedeutet: Bei einem innerörtlichen Rotlichtverstoß genügt zur Annahme von Fahrlässigkeit hinsichtlich des Rotlichtverstoßes bei Fehlen besonderer Umstände die Feststellung, dass der Betr. die Ampel und den durch sie geschützten Bereich bei Rot passiert hat (in diesem Sinne auch OLG Düsseldorf VRS 95 (1998), 439, 440; 99 (2000), 294, 295).

Da sich die verfahrensgegenständliche Tat innerhalb der Ortslage der Stadt S. ereignete und jedwede Anhaltspunkte für vom Üblichen abweichende Umstände fehlen, brauchte sich der Tatrichter für die Annahme eines fahrlässig qualifizierten Rotlichtverstoßes mithin nur davon zu überzeugen, dass der Betr. die Ampelanlage - und damit jedenfalls auch eine etwaige Haltelinie (vgl. BGHSt 45, 134, 137 f) - passiert und die Kreuzung überquert hat, nachdem die Ampel bereits rotes Licht zeigte. Dies hat das Tatgericht, wie ausgeführt, in nachvollziehbarer, nicht zu beanstandender Weise getan. ..."







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