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Verwaltungsgericht Neustadt Beschluss vom 18.02.2008 - 3 L 121/08 - Zu den Tatsachen, die zu Zweifeln an der Fahreignung wegen der Gefahr von Bewusstseinsstörungen
VG Neustadt v. 18.02.2008: Zu den Tatsachen, die zu Zweifeln an der Fahreignung wegen der Gefahr von Bewusstseinsstörungen
Das Verwaltungsgericht Neustadt/Weinstraße (Beschluss vom 18.02.2008 - 3 L 121/08) hat entschieden:
- Mehrfach aufgetretene Bewusstseinsstörungen rechtfertigten die Annahme, dass auch künftig mit dem Eintreten unvorhergesehener Bewusstseinsveränderungen gerechnet werden müsse. Es ist unerheblich, ob anfallsartig auftretende Bewusstseinsstörungen diagnostisch als epileptische Anfälle anzusehen seien oder nicht. Fahrerlaubnisinhaber, die unter anfallsartig auftretenden Bewusstseinsstörungen litten, würden auch dann nicht den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen gerecht, wenn bei ihnen die Anfälle nur relativ selten, z.B. jährlich zwei- oder dreimal, aufträten. Entscheidend bleibe, dass diese Anfälle jederzeit unvorhersehbar und für den Kraftfahrer unabwendbar auftreten könnten.
- Bei der Würdigung dieser Bescheinigung ist in Rechnung zu stellen, dass Bescheinigungen von Ärzten, die den Betreffenden behandeln, wenn überhaupt, dann nur eingeschränkt verwertbar sind. Diese Wertung kommt in § 11 Abs. 2 Satz 5 FeV zum Ausdruck. Danach soll der Facharzt nach § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 FeV nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein. In einem solchen Fall ordnet die Fahrerlaubnisbehörde eine fachärztliche medizinische Untersuchung durch eine Gutachterstelle für Fahreignung an.
- Es liegt auf der Hand, dass auch in Ansehung der Rechtsprechung des EuGH deutsche Fahrerlaubnisbehörden eine fachärztliche Begutachtung anordnen können, wenn die Tatsachen, die die Zweifel an der Fahreignung begründen, nach dem Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen EU-Fahrerlaubnis liegen. Weigert sich der Inhaber einer polnischen Fahrerlaubnis, einer solchen Anordnung nachzukommen, kann die deutsche Fahrerlaubnisbehörde die polnische Fahrerlaubnis entziehen.
Siehe auch Krankheiten und Fahrerlaubnis
Aus den Entscheidungsgründen:
"Der Antrag,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung der am 16. November 2005 erteilten polnischen Fahrerlaubnis der Klasse B durch Verfügung der Antragsgegnerin vom 24. Januar 2008 wiederherzustellen,
kann keinen Erfolg haben.
Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung in der angefochtenen Verfügung, es wäre mit dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs unvereinbar, wenn der Antragsteller bis zum Eintritt der Bestandskraft der Verfügung weiter als Kraftfahrzeugführer am Straßenverkehr teilnehmen könnte, nachdem seine Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen gegeben sei, hält sich im Rahmen des § 80 Abs. 3 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -.
Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis überwiegt vorliegend das private Interesse des Antragstellers, von der Fahrerlaubnis bis zur Entscheidung im Verfahren zur Hauptsache Gebrauch machen zu können. Dem Interesse des Antragstellers an dem Erhalt der Fahrerlaubnis steht nämlich das öffentliche Interesse daran gegenüber, Personen, die sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen haben, unverzüglich von der aktiven motorisierten Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr auszuschließen, wie es die Antragsgegnerin in ihrer Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung dargelegt hat.
Das vorrangige öffentliche Interesse folgt auch daraus, dass sich die angefochtene Verfügung beim gegenwärtigen Sachstand aufgrund der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO allein möglichen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtmäßig erweist.
Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz - StVG - i.V.m. § 46 Abs. 1 Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV - (BGBl. I 1998, S 2214 ff.). Bei ausländischen Fahrerlaubnissen, die als Fahrerlaubnisse aus Mitgliedstaaten der EU dem Regelungsbereich des § 28 Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV - unterfallen, erfolgt die Entziehung gemäß § 28 Abs. 1 Satz 3 FeV ebenfalls nach § 46 FeV, der insoweit in Abs. 1 die sich aus § 3 StVG ergebende Amtspflicht der betreffenden Behörden zur Fahrerlaubnisentziehung bei Ungeeignetheit wiederholt (OVG RP, Beschluss vom 11. September 2006 - 10 B 10734/06.OVG - veröffentlicht in ESOVGRP).
Nach § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Die Fahrerlaubnisbehörde kann, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeuges geeignet ist, nach § 46 Abs. 3 FeV zur Vorbereitung ihrer Entscheidung von dem Betreffenden nach §§ 11 bis 14 FeV die Beibringung eines ärztlichen oder gegebenenfalls eines medizinisch-psychologischen Gutachtens fordern. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung gemäß § 11 Abs. 8 FeV auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, worauf der Betroffene bei der Anordnung der Beibringung eines Gutachtens hinzuweisen ist. Diese Regelung hat ihren wesentlichen Grund in der Mitwirkungspflicht desjenigen, der durch sein Verhalten Anlass zu Bedenken an seiner Fahreignung gegeben hat. Er muss den notwendigen Teil zur Klärung von berechtigten Eignungszweifeln beitragen. Kommt er dieser Mitwirkungs- und Verfahrensförderungspflicht nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nach, so darf der Eignungsmangel, der Gegenstand der Ermittlungsmaßnahme ist, als erwiesen angesehen werden. Diese Schlussfolgerung ist Ausfluss eines auch im Prozessrecht geläufigen allgemeinen Rechtsgedankens (vgl. § 444 ZPO), wonach im Rahmen der freien Beweiswürdigung der zu beweisende Umstand als bewiesen angesehen werden kann, wenn die Beweisführung vereitelt wird. Mit der Bestimmung des § 11 Abs. 8 FeV wurden somit lediglich die bisher in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (z.B. BVerwGE 34, 248) entwickelten Grundsätze in die Verordnung übernommen.
Die Schlussfolgerung aus der Weigerung, das geforderte Gutachten einzuholen, aus der Nichtbeibringung oder der nicht fristgerechten Beibringung eines geforderten Gutachtens auf die Nichteignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen darf aber nur dann gezogen werden, wenn die Beibringung des Gutachtens zu Recht angeordnet wurde. Dies ist hier der Fall.
Die Berechtigung, von dem Antragsteller die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens zu fordern, folgt aus § 11 Abs. 2 Satz 2 und 3 Nr. 5 FeV. Danach kann die Fahrerlaubnisbehörde die Einholung eines solchen Gutachtens verlangen, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Betreffenden begründen. Solche Tatsachen ergeben sich im vorliegenden Fall aus dem Unfallgeschehen am 19. August 2007.
An diesem Tag gegen 11:00 Uhr verursachte der Antragsteller einen Verkehrsunfall. Hierzu ist in dem Unfallbericht des Polizeipräsidiums Rheinpfalz, Polizeiinspektion Ludwigshafen 1, vom 19. August 2007 (VN: 473037/19082007/2004) Folgendes festgehalten:
Der Antragsteller war mit seinem Pkw von der Fahrbahn abgekommen und auf dem Gehweg etwa 56 m weitergefahren. Hierbei streifte er laut einer Zeugenaussage mehrere Hecken, schrammte an einer Grundstücksbegrenzung (hoher Bordstein) entlang und kam schließlich durch den Aufprall auf einen Straßenpfosten der Stadt Ludwigshafen zum Stehen. Die Zeugin dieses Unfallhergangs begab sich sofort zu dem Unfallwagen. Auf ihre Ansprache hin reagierte der Antragsteller nicht. Sie bemerkte, dass aus seinem Mund Schaum hervortrat, und rief die Polizei. Diese traf den Antragsteller noch auf dem Fahrersitz seines Pkw sitzend an. Der ebenfalls herbeigerufene Notarzt erklärte den Polizeibeamten, der Antragsteller habe einen epileptischen Anfall erlitten und habe deshalb wohl die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren. Der Antragsteller war kaum ansprechbar gewesen und war zur weiteren Behandlung in das Städtische Klinikum gebracht worden.
Diese Fakten rechtfertigen Zweifel an der Fahreignung des Antragstellers, denn es besteht danach der Verdacht auf das Vorliegen eines Anfallsleidens nach Nr. 6.6 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV.
Bei den in diesen Anlagen aufgeführten Krankheiten und Mängeln nimmt der Verordnungsgeber - wozu er gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1c StVG befugt ist - bereits eine Bewertung der Auswirkungen bestimmter Verhaltensweisen und Erkrankungen auf die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen vor. Dies geschieht dadurch, dass die auf wissenschaftlicher Grundlage gewonnenen und in den Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung (Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Mensch und Sicherheit, Heft M 115) zusammengefassten Erkenntnisse in die Fahrerlaubnis-Verordnung integriert und damit normativ als für den Regelfall zutreffend gekennzeichnet werden. Allerdings gelten diese Wertungen in der Anlage 4 - dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechend - nur für den Regelfall (vgl. auch Nr. 3 der Vorbemerkungen zur Anlage 4). In einem zweiten Schritt ist daher zu prüfen, ob im Einzelfall Umstände vorliegen, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung im Sinne einer gleichwohl bestehenden Eignung des Fahrerlaubnisinhabers rechtfertigen.
Nach Nr. 6.6 der Anlage 4 FeV ist bei einem Anfallsleiden die Eignung oder bedingte Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges der Klassen A, A1, B, BE, M, L und T nur ausnahmsweise gegeben, wenn kein wesentliches Risiko von Anfallsrezidiven mehr besteht, z.B. zwei Jahre anfallsfrei. In der Begründung in den Begutachtungs-Leitlinien heißt es hierzu, dass es bei der heutigen Verkehrsdichte nicht hingenommen werden könne, wenn ein Kraftfahrer jederzeit unvorhersehbar und plötzlich in eine Bewusstseinsveränderung geraten könne und dadurch die Situationsübersicht verlöre. Mehrfach aufgetretene Bewusstseinsstörungen rechtfertigten die Annahme, dass auch künftig mit dem Eintreten unvorhergesehener Bewusstseinsveränderungen gerechnet werden müsse. Es sei unerheblich, ob anfallsartig auftretende Bewusstseinsstörungen diagnostisch als epileptische Anfälle anzusehen seien oder nicht. Fahrerlaubnisinhaber, die unter anfallsartig auftretenden Bewusstseinsstörungen litten, würden auch dann nicht den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen gerecht, wenn bei ihnen die Anfälle nur relativ selten, z.B. jährlich zwei- oder dreimal, aufträten. Entscheidend bleibe, dass diese Anfälle jederzeit unvorhersehbar und für den Kraftfahrer unabwendbar auftreten könnten. Ob eine besondere Gefahrenlage durch ein Anfallsleiden bestehe, sei stets im Einzelfall zu klären. Jedem Betroffenen sei zuzumuten, den günstigen Verlauf im Einzelfall zu belegen. Aus diesem Grunde könne aus ärztlicher Sicht das Kriterium einer eventuell positiven Beurteilung nicht allein die vom Erkrankten selbst behauptete Zeit der Anfallsfreiheit sein. Die Angabe müsse vielmehr durch den Nachweis einer regelmäßigen ärztlichen Überwachung und - soweit möglich - durch Fremdanamnese gesichert werden. Außerdem seien eine entsprechende Zuverlässigkeit und Selbstverantwortung eine wichtige persönliche Voraussetzung. Mit ausreichender Wahrscheinlichkeit lasse sich die günstige Entwicklung nur durch wiederholte, dem Einzelfall angepasste Kontrolluntersuchungen untermauern.
Mit Rücksicht auf diese Wertung des Verordnungsgebers und zum Schutze der anderen Verkehrsteilnehmer und deren verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgüter, wie Leib und Leben, aber auch Eigentum, konnte die Antragsgegnerin, da der Verdacht auf ein Anfallsleiden bei dem Antragsteller besteht, nach § 11 Abs. 2 Satz 2 und 3 Nr. 5 FeV Maßnahmen zur Aufklärung des Gesundheitsstatus des Betreffenden einleiten.
Diese Zweifel werden auch nicht durch die von dem Antragsteller vorgelegte fachärztliche Bescheinigung von Dr. med. B., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 6. Dezember 2007 ausgeräumt. Aus dieser Bescheinigung geht zum einen hervor, dass der Antragsteller seit 2004 in regelmäßiger Behandlung steht, zu deren Beginn es im Rahmen eines Alkoholabusus zu drei Grand Mal-Anfällen, die antiepileptisch behandelt worden seien, gekommen war. Zusätzlich sei eine Alkoholentgiftung und Entwöhnung durchgeführt worden, die seit Mitte 2005 als erfolgreich gelten könne. Unter regelmäßiger Kontrolle seien keine Auffälligkeiten mehr aufgetreten. Die im Jahre 2006 und 2007 durchgeführten Elektroenzephalographien seien unauffällig gewesen. Zum andern ist der Bescheinigung zu entnehmen, dass der Antragsteller unter der Medikation mit Lamictal und bei Alkoholabstinenz fahrsicher sei.
Bei der Würdigung dieser Bescheinigung ist zunächst in Rechnung zu stellen, dass Bescheinigungen von Ärzten, die den Betreffenden behandeln, wenn überhaupt, dann nur eingeschränkt verwertbar sind. Diese Wertung kommt in § 11 Abs. 2 Satz 5 FeV zum Ausdruck. Danach soll der Facharzt nach § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 FeV nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass es sich bei Lamictal, worauf die Antragsgegnerin bereits hingewiesen hat, um ein bei Epilepsie oder epileptischen Anfällen im Zusammenhang mit Alkoholabusus eingesetztes Medikament handelt. Auch sprechen die in dem polizeilichen Unfallbericht festgehaltenen Beobachtungen der Unfallzeugin sowie des Notarztes dafür, dass ein Grand Mal-Anfall ursächlich für den Unfall gewesen sein könnte. Ein solcher Anfall ist nämlich mit Bewusstlosigkeit und motorischen Ausfällen verbunden und gelegentlich gekennzeichnet durch Schaum vor dem Mund. Diese Merkmale wurden bei dem Antragsteller am 19. August 2007 festgestellt. Ob der den Antragsteller behandelnde Arzt von diesen aufgetretenen Anlasstatsachen für die Bedenken der Antragsgegnerin gegen die Fahreignung des Antragstellers im Zeitpunkt seiner Untersuchungen im Oktober und Dezember 2007 Kenntnis hatte, ist nicht bekannt.
Aber auch wenn nach der fachärztlichen Bescheinigung vom 6. Dezember 2007 ein epileptischer Anfall am 19. August 2007 auszuschließen wäre, so würde sich die Frage nach der Ursache der seinerzeitigen Bewusstlosigkeit des Antragstellers, die zu einem Kontrollverlust und zu dem Verkehrsunfall führte, stellen. Der Grund für diese Bewusstlosigkeit des Antragstellers ist vor dem Hintergrund seiner Krankheitsgeschichte (Alkoholabusus mit Grand Mal-Anfällen, ständige medikamentöse Behandlung mit Lamictal) jedenfalls nach § 11 Abs. 2 Satz 2 und 3 Nr. 5 FeV medizinisch abzuklären. Die Antragsgegnerin als Fahrerlaubnisbehörde bestimmt hierbei nach § 11 Abs. 2 FeV, welches Gutachten einzuholen ist, und legt nach § 11 Abs. 6 FeV fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Der Betroffene, hier der Antragsteller, kann dann unter den entsprechend qualifizierten Gutachtern (vgl. Anlage 14 FeV) auswählen.
Das somit zu Recht geforderte Gutachten eines Arztes in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung einzuholen, hat der Antragsteller sich ohne ausreichenden Grund geweigert.
Die Anordnung, ein Gutachten eines Arztes in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Voraussetzungen der Anlage 14 FeV erfüllt, beizubringen, ist auch formell rechtmäßig.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass das für die Gutachtensanordnung nach § 11 Abs. 2 FeV eingeräumte Ermessen, fehlerhaft ausgeübt worden wäre (§ 114 Satz 1 VwGO). Die Anordnung verstößt insbesondere nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Aufgrund der oben dargelegten berechtigten Zweifel an der körperlichen oder geistigen Eignung des Antragstellers bedarf es einer entsprechenden ärztlichen Untersuchung, um den Gesundheitsstatus des Antragstellers zu klären. Hier sei darauf hingewiesen, dass entgegen der Auffassung des Antragstellers kein medizinisch-psychologisches Gutachten gefordert wurde.
Ein Fall, in dem die Weigerung oder unterbliebene Beibringung des geforderten Gutachtens dem Betroffenen rechtlich ausnahmsweise nicht zur Last gelegt werden kann, liegt hier nicht vor. Seine Mitwirkungspflicht erfüllt der Betroffene nur, wenn er das rechtlich und tatsächlich Notwendige dazu beiträgt, um die berechtigten Eignungszweifel durch eine Begutachtung zu klären. Dazu gehört, dass er vor der ihm obliegenden Erteilung des Untersuchungsauftrages (§ 11 Abs. 5 Satz 5 FeV) diejenigen Erklärungen gegenüber der Fahrerlaubnisbehörde abgibt, die erforderlich sind, um das weitere Verfahren sachgerecht durchführen und die Fahreignung klären zu können. Dies hat der Antragsteller mit seiner am 17. Januar 2008 abgegebenen Einverständniserklärung zu einer Begutachtung jedoch nicht getan. So ist nicht nachgewiesen, dass der Arzt, den er mit der Untersuchung zu beauftragen beabsichtigt, über die nach § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 FeV und Anlage 14 FeV erforderliche Zusatzqualifikation verfügt.
Zwar war im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung die zur Vorlage des Gutachtens gesetzte Frist noch nicht abgelaufen. Indem der Antragsteller aber als Gutachter einen Arzt benannt hat, dessen Qualifikation nach Anlage 14 FeV nicht nachgewiesen ist, hat er sich geweigert, das geforderte Gutachten beizubringen.
Im gegenwärtigen Zeitpunkt, der für die Entscheidung des Gerichts maßgebend ist, muss weiter davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller sich auch zukünftig der geforderten Begutachtung nicht unterziehen wird.
In der Antragsschrift wird nämlich das Recht der Antragsgegnerin, die Fahreignung des Antragstellers überprüfen zu lassen, grundsätzlich bestritten. Es wird die Auffassung vertreten, einer deutschen Fahrerlaubnisbehörde sei in jedem Fall die Befugnis entzogen, den Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis auf seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen begutachten zu lassen, auch wenn die Bedenken gegen die Fahreignung auf Tatsachen beruhen, die nach Erteilung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis entstanden sind. So heißt es in der Antragsschrift, die gleichzeitig die Widerspruchsbegründung darstellt:
„Denn in Wahrheit handelt es sich um den - unzulässigen - Versuch deutscher Straßenverkehrsbehörden die Fahrerlaubniserteilung eines ausländischen Mitgliedsstaates noch einmal zu überprüfen und im Rahmen der hier in Rede stehenden „Alibiveranstaltung“ in Gestalt der generellen „MPU“-Auflage im Nachhinein zu kassieren, was einen glatten Verstoß gegen das Prinzip des gegenseitigen Vertrauens und des Grundsatzes der Souveränität nzw. Territorialität darstellt.“
Hierbei wird zunächst übersehen, dass von dem Antragsteller nicht die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gefordert wird, sondern ausschließlich eine ärztliche, aber keine psychologische Begutachtung angeordnet wurde.
Es wird nicht vertieft, dass Grundlage für die am 3. Januar 2008 ergangene Anordnung einer ärztlichen Untersuchung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 und 3 Nr. 5 FeV Tatsachen sind, die nach Erteilung der polnischen Fahrerlaubnis am 16. November 2005 entstanden sind.
Wie aber auch dem Bevollmächtigten des Antragstellers bekannt ist, hat der Europäische Gerichtshof in seinem Beschluss vom 6. April 2006 (Rechtssache Halbritter C-227/05), der in der Antragsschrift zitiert wird, ausgeführt, dass die Bundesrepublik Deutschland ihre Befugnis nach Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/439, d.h. ihre innerstaatlichen Vorschriften über Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis auf den Inhaber einer in einem anderen EU-Staat ausgestellten Fahrerlaubnis, nur im Hinblick auf ein Verhalten des Betroffenen nach dem Erwerb dieser Fahrerlaubnis ausüben kann.
Aus der Beantwortung der Vorlagefrage durch den Europäischen Gerichtshof geht eindeutig hervor, dass die Europäische Führerscheinrichtlinie es nicht verbietet, ein neuerliches Auffälligwerden des Inhabers einer EU-Fahrerlaubnis, d.h. ein Auffälligwerden nach deren Erteilung, zum Anlass zu nehmen, die in § 46 FeV vorgesehenen und insofern ohne weiteres mit Art. 8 Absatz 2 der Richtlinie in Übereinstimmung stehenden Maßnahmen einschließlich der Untersagung des Gebrauchs dieser Fahrerlaubnis im Inland zu ergreifen (vgl. OVG RP, Beschluss vom 30. Januar 2006 - 10 B 10013/06.OVG - und vom 19. Juni 2006 - 10 A 10847/06.OVG).
Danach liegt es auf der Hand, dass auf die in der Antragsschrift dargelegte Rechtsprechung des EuGH und anderer deutscher Gerichte nicht weiter einzugehen ist.
Die angefochtene Verfügung erweist somit als rechtmäßig.
Schließlich ergibt sich die Verpflichtung zur Ablieferung des polnischen Führerscheins nicht nur aus dem Recht der Bundesrepublik Deutschland - vgl. § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG, § 47 Abs. 1 und 2 FeV -; vielmehr geht auch das Europarecht davon aus, dass im Falle einer Entziehung der von einem Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis durch einen anderen Mitgliedstaat der betreffende Führerschein abzuliefern ist (vgl. Art. 8 Abs. 2 und 3 Richtlinie 91/439/EWG). ..."