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Landgericht Hamburg Urteil vom 26.11.2007 - 306 O 119/07 - Die Hemmung der Verjährung durch Verhandeln entfällt, wenn der Versicherungsnehmer seine Ansprüche ganz offensichtlich nicht mehr weiterverfolgt

LG Hamburg v. 26.11.2007: Die Hemmung der Verjährung durch Verhandeln entfällt, wenn der Versicherungsnehmer seine Ansprüche ganz offensichtlich nicht mehr weiterverfolgt


Das Landgericht Hamburg (Urteil vom 26.11.2007 - 306 O 119/07) hat entschieden:
Die Hemmung der Verjährung durch Verhandeln entfällt, wenn der Versicherungsnehmer die von ihm zunächst angemeldeten Ansprüche inzwischen ganz offensichtlich nicht mehr weiterverfolgt und deshalb bei objektiver Betrachtung davon auszugehen ist, dass er ein endgültiges Ablehnungsschreiben des Versicherers gar nicht mehr erwartet, ein solches Schreiben also eine überflüssige reine Förmelei darstellen würde.


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Etwaige Ansprüche auf weitere Versicherungsleistungen aufgrund des Unfalls vom 28.07.1997 sind jedenfalls nach § 12 Abs. 1 VVG verjährt. Der Lauf der zweijährigen Verjährungsfrist des § 12 Abs. 1 VVG beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem die Leistung gemäß § 11 VVG fällig wird. Im vorliegenden Fall ist die Fälligkeit spätestens im Jahre 2000 eingetreten, denn bis dahin hätten der Kläger bzw. seine Ehefrau, bei Zugrundelegung des Schreibens der Beklagten vom 07.09.1999, etwaige Ansprüche gegenüber der Beklagten geltend machen können.

Zwar mag die Verjährung wegen der Anmeldung eines Invaliditätsanspruchs gegenüber der Beklagten gehemmt gewesen sein. Die Hemmung wäre jedoch in jedem Falle - spätestens - Ende des Jahres 2004 weggefallen. Nach der Vorschrift des § 12 Abs. 2 VVG ist die Verjährung nach der - im vorliegenden Fall erfolgten - Anmeldung des Anspruchs durch den Versicherungsnehmer bis zum Eingang der endgültigen schriftlichen Entscheidung des Versicherers über den geltend gemachten Anspruch gehemmt. Es muss sich bei dieser Entscheidung des Versicherers um eine eindeutige und abschließende Stellungnahme des Versicherers zu Grund und Umfang des von dem Versicherungsnehmer geltend gemachten Anspruchs handeln (BGH, VersR 1991, S. 179; OLG Oldenburg, VersR 2002, S. 303 m.w.N.).

Ob im vorliegenden Fall das Schreiben der Beklagten vom 07.05.1999 tatsächlich ein solches endgültiges Ablehnungsschreiben darstellte, ist zweifelhaft, kann aber dahin stehen. Denn unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben nach § 242 BGB ist vorliegend eine etwaige Hemmung der Verjährung spätestens mit Ablauf des Jahres 2004 entfallen. Sinn und Zweck der Vorschrift des § 12 Abs. 2 VVG ist es, den Versicherungsnehmer gerade bei langwierigen Verhandlungen mit dem Versicherer vor einem Ablauf der Verjährungsfrist zu schützen und ihn daher, solange seine Ansprüche noch nicht geklärt sind, vor dem Weiterlaufen der Verjährung zu bewahren (OLG Oldenburg, a.a.O.m.w.N.). Dieser Schutzgedanke kann jedoch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben auch ohne ein abschließendes Ablehnungsschreiben des Versicherers in den Fällen nicht mehr gelten, in denen für den Versicherungsnehmer offensichtlich kein Schutzbedürfnis mehr besteht. Das ist zumindest dann der Fall, wenn der Versicherungsnehmer die von ihm zunächst angemeldeten Ansprüche inzwischen ganz offensichtlich nicht mehr weiterverfolgt und deshalb bei objektiver Betrachtung davon auszugehen ist, dass er ein endgültiges Ablehnungsschreiben des Versicherers gar nicht mehr erwartet, ein solches Schreiben also eine überflüssige reine Förmelei darstellen würde (OLG Hamm, VersR 1991, S. 1397; OLG Oldenburg, a.a.O.).

Dies ist vorliegend der Fall. Zwischen dem Kläger und der Beklagten bestand vom Unfalltag, dem 28.07.1997, bis zumindest zum September 2006 keinerlei offensichtliche Uneinigkeit hinsichtlich der Höhe des Anspruchs aus der Unfallversicherung wegen des Unfalls der Ehefrau des Klägers. Weitere Verhandlungen liefen zwischen den Parteien nicht. Die Beklagte hatte Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld gezahlt und den Kläger mit Schreiben vom 07.05.1999 um eine Rückmeldung wegen gegebenenfalls bestehender Ansprüche auf eine Invaliditätsleistung gebeten. Angesichts dieses Schreibens musste dem Kläger und seiner Ehefrau klar sein, dass aus Sicht der Beklagten nach dem Sachstand im Mai 1999 kein Anspruch auf eine Invaliditätsleistung wegen des Unfalls vom 28.07.1997 bestand und sie ohne weitere Angaben des Klägers nicht weiter verfahren würde, es vielmehr Sache des Klägers bzw. seiner Ehefrau war, weitere Schritte zu unternehmen. In der folgenden Zeit hat die Beklagte dann in dieser Angelegenheit auch selbst keine weiteren Schritte mehr unternommen. Weder der Kläger noch die versicherte Ehefrau des Klägers haben sich bis September 2006, trotz der ausdrücklichen Bitte der Beklagten um zeitnahe Rückmeldung wegen gegebenenfalls aus Sicht des Klägers oder seiner Ehefrau bestehender Invaliditätsansprüche, bei der Beklagten gemeldet oder gar weitere Zahlungen von der Beklagten verlangt. Damit musste in jedem Fall aus objektiver Sicht allerspätestens Ende 2004, also mehr als fünf Jahre nach dem Schreiben der Beklagten vom 07.05.1999, beiden Parteien eindeutig klar sein, dass der Schadensfall vom 28.07.1997 endgültig abgeschlossen sein sollte und der Kläger bzw. die versicherte Ehefrau des Klägers keine weiteren Ansprüche wegen des Unfalls vom 28.07.2007 mehr geltend machen wollen würden. Die Verjährung begann folglich spätestens Anfang des Jahres 2005 wieder laufen. Damit konnte durch die im März 2007 eingereichte Klage keine Unterbrechung der spätestens Ende 2006 abgelaufenen zweijährigen Verjährungsfrist mehr erfolgen. ..."



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