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Landgericht Memmingen Beschluss vom 07.03.2008 - 2 Qs 31/08 - Die Wiedereinsetzung durch die Verwaltungsbehörde ist unanfechtbar und unwiderruflich

LG Memmingen v. 07.03.2008: Die Wiedereinsetzung durch die Verwaltungsbehörde ist unanfechtbar und unwiderruflich


Das Landgericht Memmingen (Beschluss vom 07.03.2008 - 2 Qs 31/08) hat entschieden:
Die Wiedereinsetzung durch die Verwaltungsbehörde ist unanfechtbar und unwiderruflich. Sie kann durch das Amtsgericht nicht zurückgenommen oder aufgehoben werden, auch wenn sie fehlerhaft ist. Die Bindungswirkung erstreckt sich auf das gerichtliche Bußgeldverfahren, so dass nach gewährter Wiedereinsetzung der Einspruch als zulässig anzusehen ist.


Aus den Entscheidungsgründen:

"I.

Das Amtsgericht Memmingen hat mit Beschluss vom 17.1.2008 den Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid der Zentralen Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt vom 17.7.2006 (Az.: D-7090-047629-06/0) wegen Verspätung als unzulässig verworfen.

Da eine Zustellung des Bußgeldbescheides nicht möglich war, hatte die Zentrale Bußgeldstelle am 16.11.2006 die öffentliche Zustellung des Bußgeldbescheides verfügt. Mit Schreiben vom 30.7.2007 beantragte der Verteidiger des Betroffenen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und legte zugleich Einspruch ein. Mit Verfügung vom 1.8.2007 gewährte die Zentrale Bußgeldstelle Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und half dem Einspruch nicht ab. Mit Schreiben vom 5.11.2007 erläuterte die Zentrale Bußgeldstelle gegenüber dem Amtsgericht die Wiedereinsetzung dahingehend, dass sie das Vorbringen des Betroffenen, er habe bis zu einem Anruf der Polizei am 24.7.2007 keine Kenntnis vom Bußgeldbescheid gehabt, für glaubhaft erachtet habe und deshalb großzügig Wiedereinsetzung gewährt habe, um diesem nicht den ersten Zugang zum Gericht zu verwehren.

Das Amtsgericht Memmingen, ging hiervon abweichend von einer Zustellung des Bußgeldbescheides durch Einlegung in den Briefkasten am 29.8.2006 aus, so dass der am 30.7.2007 eingegangene Einspruch verspätet war. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung hielt es im Gegensatz zur Verwaltungsbehörde nicht für erfüllt, so dass es den Einspruch verwarf. Das Amtsgericht Memmingen vertritt die Meinung, dass es an eine rechtsfehlerhafte Entscheidung der Verwaltungsbehörde, insbesondere wenn diese willkürlich und ohne Begründung erfolgt sei, nicht gebunden, sei. Nach Artikel 20 Abs. 3 des Grundgesetzes sei die Verwaltung an Gesetz und Recht gebunden. Artikel 19 Abs. 4 GG mache den, Rechtsweg von der Einhaltung formaler Voraussetzungen abhängig, die vorliegend nicht erfüllt seien. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Beschluss vom 17.1.2008 Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Betroffene mit seiner sofortigen Beschwerde vom 19.2.2008. Zur Begründung führt der Verteidiger aus, dass die stattgebende Entscheidung der Bußgeldbehörde über die Wiedereinsetzung nicht der Überprüfung durch das Amtsgericht unterliege. Da, die Bußgeldbehörde Wiedereinsetzung gewährt habe, sei der Einspruch zulässig. Das Amtsgericht habe keine Befugnis, nicht anfechtbare Entscheidungen der Bußgeldbehörde aufzuheben und anders zu bewerten.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg. Nach § 52 Abs. 2 OWiG entscheidet über die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die Verwaltungsbehörde. Die Verwaltungsbehörde gewährt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn sie den Antrag für zulässig und begründet hält. Die Entscheidung bedarf keiner Begründung. Sie ist aktenkundig zu machen und dem Antragsteller formlos mitzuteilen. Die Wiedereinsetzung durch die Verwaltungsbehörde ist entgegen der vom Amtsgericht Memmingen vertretenen Ansicht unanfechtbar und unwiderruflich. Sie kann, nicht zurückgenommen oder aufgehoben werden, auch wenn sie fehlerhaft ist. Die Bindungswirkung erstreckt sich auf das gerichtliche Bußgeldverfahren, so dass nach gewährter Wiedereinsetzung der Einspruch als zulässig anzusehen ist (vgl. Karlsruher Kommentar, OWiG, 3. Aufl., § 52 Rdziff. 34–36).

§ 52 Abs. 2 OWiG weist der Verwaltungsbehörde die primäre Zuständigkeit für das Wiedereinsetzungsverfahren zu. Die Entscheidung über die Wiedereinsetzung ist mit Verfügung vom 1.8.2007 aktenkundig gemacht. Der Verteidiger hat seinen Antrag mit Schriftsatz vom 30.7.2007, bei der Zentralen Bußgeldstelle eingegangen am 31.7.2007, gestellt und begründet. Ob die Gewährung der Wiedereinsetzung rechtlich zutreffend ist, obliegt nicht der Überprüfung durch das Amtsgericht. Eine Entscheidung zulasten des Betroffenen, wie sie das Amtsgericht in seiner ausführlichen und interessanten Begründung getroffen hat, ist zur Überzeugung der Beschwerdekammer nach der in § 52 Abs. 2 OWiG vorgegebenen, Rechtslage nicht möglich. Dass diese Regelung im Einzelfall zu Schwierigkeiten in der Praxis führt, sieht die Beschwerdekammer. Die Rechtslage verbietet jedoch eine Abänderung der unanfechtbaren Entscheidung der Verwaltungsbehörde durch das Amtsgericht. ..."



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