Das Verkehrslexikon

A     B     C     D     E     F     G     H     I     K     L     M     N     O     P     Q     R     S     T     U     V     W     Z    

OLG Düsseldorf Urteil vom 28.08.2000 - 1 U 157/99 - Der unfallbedingte Ausfall eines Wohnmobils (Reisemobils) stellt einen ersatzfähigen Vermögensschaden dar

OLG Düsseldorf v. 28.08.2000: Der unfallbedingte Ausfall eines Wohnmobils (Reisemobils) stellt einen ersatzfähigen Vermögensschaden dar


Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 28.08.2000 - 1 U 157/99) hat entschieden:
Der unfallbedingte Ausfall eines Wohnmobils (Reisemobils) stellt einen ersatzfähigen Vermögensschaden dar. Der Schadenseintritt ist nicht davon abhängig, dass das Fahrzeug wie ein Pkw oder Kombi als Transportmittel im Alltag genutzt wurde. Die konkreten Nutzungsgewohnheiten des Geschädigten haben lediglich auf die Höhe der "abstrakten" Nutzungsausfallentschädigung Einfluss, nicht auf den Schaden als solchen (abweichend von OLG Hamm, 26. Januar 1989, 6 U 253/88, VersR 1990, 864 = NZV 1989, 230).


Zum Sachverhalt: Der Kläger nahm die Beklagte nach einem Straßenverkehrsunfall auf restlichen Schadensersatz in Anspruch. Im Streit war lediglich, ob der Kläger für den zeitweiligen Verlust der Gebrauchsmöglichkeit seines unfallbeschädigten Wohnmobils einen Ausgleich verlangen kann.

Bei dem Fahrzeug des Klägers handelte es sich um ein aus den USA importiertes, 8,18 m langes Wohnmobil auf der Basis eines ... mit einer Leistung von 124 kW und einem Aufbau der Marke .... Das 1981 erstmals zugelassene Fahrzeug, das einen Neupreis von ca. 150.000 DM hatte, wies zur Unfallzeit (27.08.1997) eine Fahrleistung von 87.222 Meilen (ca. 139.555 km) auf. Der Wiederbeschaffungswert betrug 24.000,-- DM. Die Reparaturkosten schätzte der vom Kläger beauftragte Sachverständige auf ca. 50.000,-- DM.

Nachdem der Fahrzeugschaden Ende Oktober 1997 von der Beklagten, deren volle Einstandspflicht außer Streit steht, reguliert worden ist, schaffte der Kläger sich erneut ein Wohnmobil an; am 27. November 1997 wurde es auf ihn zugelassen.

Der Kläger begehrte eine Nutzungsausfallentschädigung für die Dauer von sechs Wochen (42 Tage) zu einem Tagessatz von 250,-- DM.

Der Kläger hat zur Begründung seines Begehrens vorgetragen:

Er habe das Wohnmobil ständig genutzt. Es habe ihm außer zu Fahrten in der Freizeit und in seinem Urlaub dazu gedient, in sein Büro zu fahren, Besuche und Einkäufe zu machen. Die weiteren auf ihn zugelassenen Kraftfahrzeuge habe er aus steuerrechtlichen Gründen nur zur Ausübung seiner Tätigkeit als Bezirksschornsteinfegermeister nutzen dürfen.

Da sich der Unfall während der Schulferien in Nordrhein-Westfalen ereignet habe, sei der Tagessatz der Nutzungsausfallentschädigung nach der einschlägigen Tabelle für die Hauptsaison zu bestimmen. Dabei sei der Betrag für ein Fahrzeug des Typs M R S anzusetzen. Dieses sei dem beschädigten Wohnmobil, das in der Tabelle unstreitig nicht aufgeführt ist, vergleichbar. Für die Wiederbeschaffung eines gleichwertigen Fahrzeugs sei gemäß dem Gutachten des Sachverständigen V ein Zeitraum von vier bis sechs Wochen zu veranschlagen. Trotz der in Wirklichkeit erheblich längeren Ausfallzeit beanspruche er eine Entschädigung nur für 6 Wochen.

Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.500,-- DM nebst 4% Zinsen seit dem 20. Dezember 1997 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen:

Da das beschädigte Wohnmobil ein für den täglichen Einsatz unkomfortables, unhandliches und unpraktisches Fahrzeug gewesen sei, müsse davon ausgegangen werden, dass der Kläger das Wohnmobil lediglich in der Freizeit und im Urlaub genutzt habe.

Auf die ständige Verfügbarkeit des Fahrzeuges für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung sei er nicht angewiesen gewesen. Damit sei die vom Großen Senat für Zivilsachen des Bundesgerichtshofes (BGHZ 98, 212) geforderte Voraussetzung für einen Anspruch auf Zahlung einer "abstrakten" Nutzungsausfallentschädigung nicht erfüllt. Im übrigen sei ein Tagessatz von höchstens 120,-- DM angemessen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:

Die Gebrauchsentbehrung eines Wohnmobils, welches in erster Linie Freizeitzwecken diene, sei nicht zu ersetzen. Eine Nutzungsausfallentschädigung für ein Wohnmobil könne nur beansprucht werden, wenn es, vergleichbar einem PKW, als tägliches Transportmittel eingesetzt werde. Diese Nutzung durch den Kläger sei aufgrund der überdimensionalen Ausmaße des Fahrzeuges nicht naheliegend, der Kläger habe sie auch nicht nachgewiesen. Vielmehr habe er bei seiner Anhörung eingeräumt, für einen wesentlichen Teil der täglichen Fahrten, nämlich von seiner Wohnung zu seiner Arbeitsstätte, eines seiner Motorräder genutzt zu haben. Schließlich sei dem Kläger zumutbar gewesen, zur Minderung des Schadens auf eines seiner ansonsten gewerblich genutzten Fahrzeuge zurückzugreifen.

Hiergegen richtete sich die Berufung des Klägers.

Das Rechtsmittel hatte teilweise Erfolg.

Aus den Entscheidungsgründen:

"... I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 4.375,-- DM für den Verlust der Nutzungsmöglichkeit seines unfallbedingt beschädigten Wohnmobils (§ 3 Nr. 1 und 2 PflVG).

1. Der Ausfall der Nutzungsmöglichkeit seines Wohnmobils stellt für den Kläger einen Vermögensschaden dar. Der Eintritt eines solchen Schadens ist entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht davon abhängig, dass das Wohnmobil, vergleichbar einem PKW/Kombi, als tägliches Transportmittel genutzt worden ist. Wie der Geschädigte sein Wohnmobil tatsächlich genutzt hat, hat Einfluss lediglich auf den Umfang der Ausfallentschädigung.

In der Rechtsprechung wird die Beschränkung des Anspruchs auf Entschädigung für die entzogene Nutzung eines Wohnmobils auf Fälle mit ständiger, einem PKW vergleichbarer Nutzung als Transportmittel (in Abgrenzung zu einem Freizeit- oder Luxusobjekt) nicht zuletzt aus dem Beschluss des Großen Senats des Bundesgerichtshofes vom 9. Juli 1986 (BGHZ 98, 212 = NJW 1987, 50) abgeleitet (vgl. 6. Zivilsenat des OLG Hamm NZV 1989, 230; AG Sinzig NZV 1989, 77, AG Augsburg ZfS 1988, 8; AG Dresden Schaden-Praxis 1999, 54; LG Kiel DAR 1988, 169).

Soweit es um die Frage geht, ob ein ersatzfähiger Vermögensschaden oder ein immaterieller Schaden eingetreten ist, hält der Senat diese Sichtweise für zu eng. Sie ist durch die Entscheidung des Großen Senats (a.a.O.) nicht geboten.

Bei einem Wohnmobil (= Reisemobil) handelt es sich zulassungsrechtlich um ein "sonstiges Kraftfahrzeug" (vgl. Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 35. Auflage, § 23 StVZO Rdn. 18). Der Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung für entgangene Nutzung beim Ausfall eines Kraftfahrzeugs ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht auf Personenkraftwagen beschränkt. Zum Zuge kommt dieser gewohnheitsrechtlich anerkannte Anspruch auch bei Beschädigung eines so genannten Kombinationskraftwagens (Kombi), einer Großraumlimousine (Van), eines Geländewagens oder eines Kleintransporters. Daran hat die Entscheidung des Großen Senats vom 9. Juli 1986 (a.a.O.) nichts geändert.

Wohnmobile stehen ihrem Verwendungszweck nach Pkw und den vorgenannten "Sonderfahrzeugen" weitaus näher als etwa Lkw oder Omnibusse. Mit Wohnwagen (Wohnanhängern) sind sie nicht vergleichbar.

Die Rechtsprechung und die ständige Praxis bezüglich der Nutzungsausfallentschädigung bei Kraftfahrzeugschäden beruht maßgeblich auf der für jedes eigengenutzte Kraftfahrzeug zutreffenden Wertung, den Schädiger nicht zu entlasten, wenn der Geschädigte es aus individuellen Gründen unterlässt, zur Vermeidung der mit dem Nutzungsausfall verbundenen wirtschaftlichen Nachteile auf Kosten des Schädigers ein Ersatzfahrzeug anzumieten.

Die maßgeblichen Kriterien, die beim Gebrauchsverlust von Kraftfahrzeugen die Annahme eines Vermögensschadens rechtfertigen, treffen auch auf Wohnmobile zu. Ihre Ausgrenzung lässt sich nicht mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 15.12.1982 (BGHZ 86, 128 = NJW 1983, 444) rechtfertigen, mit der ein Anspruch auf Entschädigung für die vorenthaltene Nutzung eines Wohnwagens verneint worden ist. Ein Wohnwagen ist zulassungsrechtlich ein Wohnanhänger und gerade kein Kraftfahrzeug (vgl. Berr, Wohnmobile und Wohnanhänger, 1985, Rdn. 867), obwohl für beide Fahrzeuge -- nach unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen -- Kfz-Steuer und Versicherungsprämien zu zahlen sind. Diesen zulassungsrechtlichen Unterschied zwischen einem Kraftfahrzeug und einem Wohnwagen hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zu Recht betont, wobei offenbleiben kann, ob der Entscheidung auch im Ergebnis zu folgen ist.

Es gibt heute eine Vielzahl von Kraftfahrzeugen, die sich nach Art, Typ und auch zulassungsrechtlich von herkömmlichen Pkw unterscheiden, sich aber hinsichtlich ihres Kernnutzens weitgehend entsprechen. Zu denken ist dabei etwa an Großraumlimousinen, Vans oder Geländewagen, die heute zum alltäglichen Straßenbild gehören. Die neuen Dimensionen im Fahrzeugbau sind Ausdruck der wachsenden Mobilität der Bevölkerung und der individuellen Entscheidung größerer Personenkreise, Fahrzeuge nach ihren persönlichen Bedürfnissen und finanziellen Mitteln für die verschiedensten Zwecke zu erwerben. So ist es für Familien heute durchaus üblich, statt eines kleineren Fahrzeugs einen Van oder andere größere Fahrzeuge, die auch als Lieferfahrzeuge verwendbar sind, anzuschaffen. Diese Großraumfahrzeuge können die Anforderungen an Platz für Personen und Gepäck in besonderer Weise befriedigen. Diese Entwicklung bei der Entscheidung für den Erwerb eines Kraftfahrzeuges unter Aufhebung der "klassischen" Nutzungsarten wird von der Industrie mit dem Angebot zahlreicher, auch kombinierbarer Ausstattungsvarianten berücksichtigt.

Die Abgrenzung zwischen einem Wohnmobil und einem "reinen" Automobil ist fließend. So gibt es in der Gruppe der Vans, bei deren Ausfall unstreitig eine Nutzungsausfallentschädigung zu zahlen ist, Modelle, die mit Sitzen ausgestattet sind, die zu einer bettähnlichen Liege umgebaut werden können und daher das Ausruhen oder gar Übernachten ermöglichen. Von Mehrzweckfahrzeugen dieser Art heben sich Wohnmobile nach der Verkehrsauffassung nur unwesentlich ab.

Es ist kein hinreichender Grund ersichtlich, nur wegen der in einem Wohnmobil zusätzlich vorhandenen Koch- oder Waschgelegenheit schadensrechtlich zu differenzieren. Wohnmobile sind zwar in einer Vielzahl von Größen und Ausstattungsvarianten erhältlich. Es lässt sich aber nicht eine einzelne Variante festlegen, die bei einem Vergleich mit anderen Kraftfahrzeugen eine Sonderbehandlung rechtfertigt. Wohnmobile nehmen heute mehr und mehr die Stellung eines Alltagsfahrzeugs ein. Bei der Hälfte aller Halter werden sie als Alleinfahrzeug genutzt, wie Berr (a.a.O. Rdn. 651) bereits Mitte der achtziger Jahre festgestellt hat. Heute kann ihre zentrale Bedeutung für die Lebenshaltung in weiten Teilen der Bevölkerung ernsthaft nicht bezweifelt werden.

Die ständige Verfügbarkeit eines Wohnmobils ist als geldwerter Vermögensvorteil anzusehen. Die entzogene Nutzbarkeit lässt sich heute nicht mehr als "individuelle Genussschmälerung" (vgl. BGHZ 89, 60, 64 -- Motorsportboot) qualifizieren. Bei Erwerb und Nutzung eines Wohnmobils steht nicht die Kapitalanlage, die Nutzung eines auffälligen und kostspieligen Fahrzeuges oder das Bedürfnis, sich damit in der Öffentlichkeit zu zeigen, im Vordergrund. Es geht dem Erwerber eines Wohnmobils typischerweise nicht um die Befriedigung einer "Liebhaberei" oder um den Gewinn von Bequemlichkeit. Vielmehr steht die Erfüllung individueller, aber objektivierbarer praktischer und wirtschaftlicher Bedürfnisse im Zentrum. Ebenso wie bei einem "reinen" Automobil werden Mobilität und Unabhängigkeit erreicht, wobei es zusätzlich ermöglicht wird, jederzeit Reisen mit Übernachtungen anzutreten und Aufwendungen für Hotel und Verpflegung einzusparen bzw. zu senken. Das sind nach der Verkehrsauffassung handfeste wirtschaftliche Vorteile, für die es einen Kaufmarkt, aber auch einen Mietmarkt gibt.

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die beabsichtigte Gestaltung der Freizeit bei der Entscheidung für den Erwerb eines bestimmten Kraftfahrzeuges heutzutage ein wichtiges Kaufkriterium ist. Im Laufe der letzten Jahre haben sich die Kriterien für den Erwerb und die Nutzung eines Kraftfahrzeuges, insbesondere auch im Hinblick auf die Entwicklung des Freizeitverhaltens der Menschen, soziologisch mit "Spiel-, Spaß- und Sportgesellschaft" umschrieben, wesentlich verändert.

Der Mensch ist auf die ständige Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeuges zur eigenwirtschaftlichen Lebenshaltung nicht mehr nur angewiesen, um seine Existenz im engeren Sinne zu sichern, sondern auch um seine Freizeit/Urlaub zu gestalten. Das führt dazu, die beabsichtigte Freizeitgestaltung bereits beim Erwerb eines Kraftfahrzeuges verstärkt zu berücksichtigen.

2. Auch die übrigen Voraussetzungen für die Zubilligung einer "abstrakten" Nutzungsausfallentschädigung liegen vor.

a) Der Entzug der Nutzungsmöglichkeit des Wohnmobils war für den Kläger "fühlbar".

Zunächst kommt es bei diesem Merkmal nicht auf den Willen des Geschädigten an, das Fahrzeug tatsächlich täglich nutzen zu wollen. Vielmehr ist erheblich, dass ihm das Fahrzeug ohne den Unfall ständig zur Verfügung gestanden hätte und ihm durch den Unfall spürbar die Möglichkeit genommen worden ist, nach freien Stücken über eine Nutzung des Fahrzeugs zu entscheiden.

So liegen die Dinge hier.

Die notwendige "Fühlbarkeit" lässt sich auch nicht mit der Erwägung verneinen, der Kläger habe in der Ausfallzeit auf ein Ersatzfahrzeug zurückgreifen können. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann er nicht auf eines seiner Motorräder verwiesen werden. Daran ändert nichts, dass der Kläger bei seiner Anhörung vorgetragen hat, entsprechend seinen individuellen Bedürfnissen entweder ein Motorrad oder das Wohnmobil genutzt zu haben. Zwar ist mangels einer "fühlbaren" vermögenserheblichen Entbehrung eine Nutzungsentschädigung zu versagen, wenn der Geschädigte ein ihm zur Verfügung stehendes zweites Fahrzeug ungenutzt gelassen hat (vgl. BGH VersR 1976, 170; Becker/Böhme, Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schäden, 20. Auflage, D 64 m.w.N.). Die Verweisung auf ein Zweitfahrzeug setzt aber voraus, dass dessen ersatzweise Nutzung zumutbar ist. Das war hier nicht der Fall. Wohnmobil und Motorrad sind nicht vergleichbare Fahrzeuge. Die Nutzwerte weichen deutlich voneinander ab. Das war aus der Sicht des Klägers nicht anders.

Dass der Kläger nach den Bekundungen der Zeugin ... nach dem Unfall auch ihr Fahrzeug nutzen konnte bzw. sie, die Zeugin, den größten Teil seiner Einkäufe, für die er vor dem Unfall das Wohnmobil genommen hat, erledigt hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung (vgl. BGH MDR 1970, 578; OLG Hamm ZfS 1984, 230).

Der Kläger muss sich schließlich auch nicht auf den Gebrauch seiner geschäftlich genutzten Fahrzeuge verweisen lassen. Ebenso wie seine Motorräder deckten diese Fahrzeuge nur einen Teil des spezifischen Nutzwertes ab, den das Wohnmobil ihm bot. Eine zumutbare Alternative waren sie nicht.

b) Am erforderlichen Nutzungswillen hat der Senat gleichfalls keinen Zweifel. Geplant war nicht nur eine längere Urlaubsreise. Auch anderweitig wäre das Wohnmobil ohne den Unfall zum Einsatz gekommen (siehe Ziff. 3).

3. Die geschuldete Entschädigung bemisst der Senat mit 4.375,-- DM (§ 287 ZPO).

a) Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme ist erwiesen, dass der Kläger sein Wohnmobil ohne den Unfall zwischen dem 27. August 1997 und dem 27. November 1997, dem Tag der Neuzulassung des Ersatzfahrzeuges, laufend genutzt hätte. Dies ergibt sich indiziell aus der tatsächlichen Nutzung des Wohnmobils vor dem Unfall. Ein zusätzliches Indiz ist die ganzjährige Zulassung des Fahrzeugs zum Straßenverkehr.

Die Zeugen ..., ..., ... und ... haben im Kern übereinstimmend bestätigt, dass der Kläger das beschädigte Wohnmobil auch für Fahrten in sein Büro und zum Besuch von Freunden und Bekannten wiederholt genutzt hat, also nicht nur am Wochenende und im Urlaub. Diese umfassende Nutzung findet eine gewisse Bestätigung in der Kilometerleistung des Fahrzeuges in den letzten Monaten vor dem Unfall. Zwar war nach den eigenen Angaben des Klägers bei schönem Wetter die Nutzung eines Motorrades von besonderem Reiz. Andererseits war der Gebrauch des Wohnmobils einfacher und auch bequemer, da er keine besondere Kleidung anlegen musste. Die Zeugen haben übereinstimmend bekundet, dass der Kläger -- unabhängig von der Wetterlage -- auch für nur kurze Strecken das Wohnmobil genutzt hat.

Er selbst hat nachvollziehbar dargestellt, dass es aufgrund seiner Ortskenntnisse unter Inkaufnahme gewisser Beschwernisse möglich war, mit dem Wohnmobil Einkäufe zu machen. In zumutbarer Entfernung zu seinen Zielen wären Parkplätze zu finden gewesen. Ebenso wie die Planung, nach dem Unfall, im September 1997, mit dem Wohnmobil eine Urlaubsreise zu machen, wurde dies von der Zeugin ... seiner Lebensgefährtin, bestätigt. Selbst wenn der Kläger täglich abwechselnd ein Motorrad und das Wohnmobil genutzt hätte, würde dies der Annahme einer durchgängigen Nutzung nicht entgegenstehen. Die Entschädigung für den Nutzungsausfall eines Kraftfahrzeuges pro Tag ist nicht von einer tagtäglichen Nutzung abhängig. Gewisse Stillstandzeiten schaden nichts. Entscheidend ist die ständige Verfügbarkeit gepaart mit einem durchgehenden Gebrauch. So war es im Fall des Klägers.

b) Die Nutzungsentschädigung ist dem Kläger lediglich für fünf, nicht für sechs Wochen zuzusprechen.

Der Senat geht davon aus, dass es dem Kläger möglich gewesen wäre, innerhalb von fünf Wochen nach dem Unfall ein in etwa gleichwertiges Wohnmobil zu beschaffen. Dafür spricht zunächst der tatsächliche Ablauf. Dem Kläger ist es nach Ausgleich des Fahrzeugschadens Ende Oktober 1997 gelungen, bis zum 27. November 1997 ein anderes Wohnmobil anzuschaffen. Außerdem ist die Zeitspanne von fünf Wochen der Mittelwert der vom Sachverständigen ... geschätzten Wiederbeschaffungsdauer. Gründe, die einer Ersatzanschaffung innerhalb von fünf Wochen nach dem Unfall entgegengestanden haben, liegen nicht vor. Auf einen finanziellen Engpass kann der Kläger sich nicht mit Erfolg berufen. Notfalls hätte er -- zu Lasten der Beklagten -- einen Kredit aufnehmen müssen.

c) Der Tagessatz ist mit 125,-- DM anzusetzen. Ein Betrag von 250,-- DM, wie vom Kläger geltend gemacht, ist deutlich überhöht.

Bei der Festlegung des Tagessatzes hat der Senat sich an der seit 1997 zur Verfügung stehenden Tabelle für die Nutzungsentschädigung bei Wohnmobilen (Reisemobile) orientiert (vgl. DAR 1997, 89 ff, 97), ferner an dem Tabellenwerk von Schwacke/Eurotax "Nutzungsausfallentschädigung für Falt-Wohnwagen, Wohnwagen und Reisemobile" 1997.

aa) Eine direkte Zuordnung des beschädigten Wohnmobils zu einem der in den Tabellen aufgeführten Fahrzeuge ist allerdings nicht möglich. Bei dem Fahrzeug des Klägers handelt es sich um ein älteres, aus den USA importiertes Modell auf der Basis eines amerikanischen Fahrzeuges mit dem Aufbau eines dortigen Herstellers. Unter diesen Umständen war aufgrund der in den Tabellen ausgewiesenen Daten der für das Wohnmobil des Klägers angemessene Tagessatz zu schätzen (§ 287 ZPO). Als Einordnungskriterien dienten dabei entsprechend der Tabelleneinteilung die Länge, die Motorisierung, die Ausstattung und der Neuwagenpreis des Fahrzeuges. Bei einer Länge von über 8 m, einer Motorleistung von 124 kW, einem von der Beklagten nicht bestrittenen Neupreis von ca. 150.000,-- DM und der sich aus dem vorgelegten Gutachten ergebenden Sonderausstattung erscheint das Wohnmobil des Klägers mit Fahrzeugen vergleichbar, die in der Tabelle der Gruppe G zugeordnet werden.

bb) Da der Mietpreis eines Fahrzeuges ein wesentlicher Faktor der Berechnung der Nutzungsausfallentschädigung ist, unterscheidet die Tabelle für die Nutzungsausfallentschädigung von Wohnmobilen zwischen der Hauptsaison (1. Juli bis 31. August), Vor- und Nachsaison (1. Januar bis 30. April und 1. Oktober bis 31. Dezember) sowie der Zwischensaison (September und Mai/Juni). Für die Hauptsaison ist für die Gruppe G ein Tagessatz von 250,-- DM und für die Zwischensaison von 170,-- DM angegeben.

Diese Sätze hat der Senat wegen des Alters des Fahrzeuges von mehr als 15 Jahren und der erheblichen Laufleistung auf 200,-- DM bzw. 140,-- DM herabgesetzt. Damit wurde dem reduzierten Erhaltungs- und Komfortzustand Rechnung getragen.

cc) Diese Beträge wären aber nur dann in vollem Umfang zuzusprechen, wenn der Kläger das Wohnmobil ständig seinem Hauptzweck entsprechend als Freizeitfahrzeug genutzt hätte. Da der Kläger sein Wohnmobil nach seinen eigenen Angaben überwiegend lediglich als Transportmittel ohne Wohnfunktion benutzt hätte, war ein weiterer Abschlag zu machen.

In Ausübung seines Schätzungsermessens (§ 287 ZPO) hält der Senat unter Berücksichtigung aller Besonderheiten einen durchschnittlichen Tagessatz von 125,-- DM für angemessen (zwei Tage HS zu 200,-- DM für das Wochenende nach dem Unfall, drei Tage zu 100,-- DM für die reine Transportfunktion, 15 Tage zu 140 DM in der ZS für den Urlaub und weitere 15 Tage zu 100,-- DM für den Ausfall der reinen Transportfunktion = 4.300,-- DM; 35 Tage ergeben aufgerundet 125,-- DM).

II. ...

Der im ersten Rechtszug geltend gemachte Hilfsanspruch in Höhe von 500,-- DM (restlicher Fahrzeugschaden) wird im Berufungsverfahren nicht weiter verfolgt.

III. ...

IV. ...

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache und der divergierenden Spruchpraxis der Instanzgerichte lässt der Senat die Revision zu (§ 546 Abs. 1 ZPO). ..."



Datenschutz    Impressum