Das Verkehrslexikon
Verwaltungsgericht Köln (Urteil vom 05.02.2009 - 20 K 3610/07 - Zur Dauerausnahmegenehmigung für eine Umzugsfirma zur Aufstellung von Halt- oder Parkverbotsschildern
VG Köln v. 05.02.2009: Zur rechtmäßigen gebührenpflichtigen Kfz-Umsetzung aus einer von einer privaten Umzugsfirma eingerichteten Halt- und Parkverbotszone
Das Verwaltungsgericht Köln (Urteil vom 05.02.2009 - 20 K 3610/07) hat entschieden:
- Ein durch von einer Umzugsfirma aufgestellte Schilder bekannt gegebenes Haltverbot ist rechtswidrig, denn eine Umzugsfirma ist als privater Dritter zu einer derartigen Anordnung nicht befugt. Eine entsprechende Anordnungsbefugnis steht gemäß § 45 Abs. 1 bis 3, 6 StVO vielmehr ausschließlich der zuständigen Behörde zu.
- Ein Verwaltungsakt ist gemäß § 44 Abs. 1 VwVfG NRW nur dann nichtig, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller Umstände offenkundig ist. Das ist bei einem auf Grund einer entsprechenden Dauer-Ausnahmegenehmigung von einer privaten Umzugsfirma eingerichteten Haltverbot nicht der Fall.
- Eine gebührenpflichtige Kfz-Umsetzung aus einem von einer privaten Umzugsfirma durch entsprechende Verkehrsschilder eingerichteten Halt- und Parkverbot ist recht- und verhältnismäßig.
Siehe auch Verkehrszeichen - Verkehrsschilder - Verkehrseinrichtungen und Kfz-Umsetzung
Zum Sachverhalt:
Der Kläger war Halter des Kraftfahrzeugs der Marke Ford mit dem amtlichen Kennzeichen K-00 0000.
Wegen der für den 17.11.2006 zwischen 7.00 und 19.00 Uhr geplanten Durchführung eines Umzugs in der Clarenbachstr. 194 zeigte die Firma Gebrüder Hausmann dem Beklagten mit Fax vom 13.11.2006 an, dass sie auf der Grundlage einer ihr erteilten Dauerausnahmegenehmigung nach §§ 45 und 46 Abs. 1 Ziff. 11 der Straßenverkehrsordnung (StVO) um 14.45 Uhr transportable Haltverbotszeichen aufgestellt habe. Für den Umzug sollte ein LKW als Umzugsfahrzeug genutzt werden.
Der Kläger stellte sein Fahrzeug am späten Abend des 16.11.2006 in der Clarenbachstr. in 50931 Köln vor der Hausnummer 194 ab. Am nächsten Morgen ließ eine Außendienstmitarbeiterin des Beklagten um 8.33 Uhr einen Abschleppdienst mit der Entfernung des Pkw beauftragen, weil sich dieser nach ihren Feststellungen im Bereich der durch die Firma Gebrüder Hausmann errichteten Sonderbeschilderung befand. Nach dem Aufladen des PKW traf die Ehefrau des Klägers vor Ort ein und übernahm um 9.15 Uhr den PKW.
Einen zunächst gegen die Ehefrau des Klägers erlassenen Leistungs- und Gebührenbescheid hob der Beklagte aufgrund des hiergegen erhobenen Widerspruchs auf. Am 17.04.2007 erließ der Beklagte gegenüber dem Kläger einen gleich lautenden Leistungs- und Gebührenbescheid über die Kosten des Abschleppunternehmens in Höhe von 86,00 EUR sowie Verwaltungsgebühren in Höhe von 52,00 EUR, insgesamt 138,00 EUR. Der Bescheid wurde am 21.04.2007 zugestellt.
Am 30.04.2007 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, bei Abstellen des Fahrzeugs seien an dem auf den im Verwaltungsvorgang befindlichen Fotos erkennbaren Platz keine Verbotsschilder installiert gewesen. Jedenfalls sei kein solches Schild für den Fahrzeugführer sichtbar gewesen. Es könne nur vermutet werden, dass die Schilder nachträglich verrückt worden seien. Zudem sei die veranlasste Maßnahme unverhältnismäßig gewesen, da unmittelbar vor Veranlassung der Abschleppmaßnahme hinreichender Platz selbst für einen Umzugswagen mit Anhänger vorhanden gewesen sei.
Die Bezirksregierung Köln wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.07.2007, zugestellt am 02.08.2007, als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass nach Aktenlage das Haltverbot rechtzeitig eingerichtet worden sei. Bei verantwortungsvoller Rundumsicht hätte der Kläger die Schilder daher bemerken müssen.
Der Kläger hat am 31.08.2007 Klage erhoben. Zur Begründung stützt er sich im Wesentlichen auf das Vorbringen im Verwaltungsverfahren. Ergänzend trägt er vor, die vor Ort tätigen Mitarbeiter des Umzugsunternehmens hätte die vorgefundene Parksituation nicht beanstandet.
Der Kläger hat beantragt,
den Leistungs- und Gebührenbescheid des Beklagten vom 17.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Köln vom 30.07.2007 aufzuheben,
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Zur Begründung bezog er sich im Wesentlichen auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide. Die Abschleppmaßnahme habe der sicheren Durchführung des Umzugs gedient. Hinsichtlich der Notwendigkeit müsse berücksichtigt werden, dass Umzugsfahrzeuge auch einen Rangierspielraum benötigten. Im Übrigen sei den für die Aufstellung der Schilder bzw. für die diesbezügliche Entscheidung Verantwortlichen ein Einschätzungs- bzw. ein Ermessensspielraum hinsichtlich des Standortes sowie der Dimensionierung der Schilder sowie der Freisperrzone einzuräumen, welcher auch nur entsprechend rechtlich überprüft werden könne. Selbst wenn der freigesperrte Raum zu groß dimensioniert gewesen sei, hätte dies nur zur Rechtswidrigkeit der betreffenden Verbotsschilder geführt, nicht aber zu deren Nichtigkeit. Schließlich verweist er auf eine schriftliche Stellungnahme der Umzugsfirma vom 18.03.2008, wonach beim Eintreffen des Möbelwagens die Ladezone durch Fahrzeuge derart blockiert gewesen sei, dass das Fahrpersonal die Verkehrsüberwachung zur Beseitigung des Problems angefordert habe. Die vor Ort tätig gewesene Mitarbeiterin des Beklagten habe den seinerzeit freigesperrten Bereich nachgemessen und sei auf eine Länge von 18 m gekommen.
Die Klage blieb erfolglos.
Aus den Entscheidungsgründen:
"Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 17.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.07.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Hinsichtlich der geltend gemachten Kosten für die eingeleitete Abschleppmaßnahme findet der angefochtene Bescheid seine Rechtsgrundlage in § 77 VwVG NRW i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 1, 2 Nr. 7 u. 8 KostO NRW i.V.m. § 24 Nr. 13 OBG NRW, § 43 Nr. 1, § 46 Abs. 3 Satz 1 PolG NRW oder i.V.m. § 14 OBG NRW, § 55 Abs. 2, § 57 Abs. 1 Nr. 1, § 59 VwVG NRW. Hiernach hat der Ordnungspflichtige die durch eine rechtmäßige Sicherstellung oder Ersatzvornahme entstandenen Kosten zu erstatten.
Voraussetzung für ein Eingreifen nach den vorgenannten Vorschriften ist unter anderem eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, zu der die Unverletzlichkeit der geschriebenen Rechtsordnung gehört, der mit den Mitteln des Ordnungsrechtes begegnet werden kann. Im Zeitpunkt des Einschreitens des Beklagten lag ein Verstoß gegen § 12 Abs. 1 Nr. 6a StVO vor, da das Fahrzeug in einem Bereich abgestellt war, in dem das Halten und Parken am fraglichen Tag durch mobile Haltverbotsschilder (Zeichen 283) untersagt war. Dies ergibt sich aus den von der Außendienstmitarbeiterin des Beklagten am Morgen des 17.11.2006 gefertigten Lichtbildern und ist auch von der Zeugin S. bestätigt worden.
Zur Überzeugung der Kammer steht aufgrund der in den Akten befindlichen Unterlagen über die Aufstellung der Haltverbotsschilder und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zudem fest, dass die Schilder so, wie sie am Morgen des 17.11.2006 gestanden haben, auch bereits am 13.11.2006 aufgestellt worden waren. Dies ergibt sich aus der Faxmitteilung der Umzugsfirma an den Beklagten vom 13.11.2006, wonach die Schilder an diesem Tag um 14.45 Uhr vor dem Haus Clarenbachstr. 194 aufgestellt wurden. Nach den glaubhaften Angaben der Zeugin L., die bis Oktober 2007 als Disponentin bei der Umzugsfirma Gebrüder Hausmann gearbeitet hat, bedeutete diese Ortsangabe, dass die Schilder am Anfang und Ende des betreffenden Hauses bzw. Grundstücks aufgestellt waren, was vorliegend mit den aus den Lichtbildern ersichtlichen Standorten übereinstimmt. Anhaltspunkte dafür, dass es hier entgegen der Faxmitteilung und der von der Zeugin L. geschilderten üblichen Handhabung bei der Firma Gebrüder Hausmann nicht zur Aufstellung der mobilen Haltverbotszeichen gekommen ist, sind nicht ersichtlich. Ebenso wenig sind irgendwelche konkreten Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass es im Zeitraum vom 13.11. bis 17.11.2006 zu einer Verschiebung oder gar vorübergehenden Entfernung der Haltverbotszeichen gekommen ist. Derartige Anhaltspunkte hat auch der Kläger nicht vorgetragen. Die Kammer hat zwar keinen Zweifel, dass der Kläger die Schilder am Abend des 16.11.2006 nicht gesehen hat. Dies mag durch die jahreszeitbedingte Dunkelheit erklärbar sein, zumal wenn er - was er in der mündlichen Verhandlung nicht ausschließen konnte - nach dem Verlassen des PKW's den fraglichen Bürgersteigbereich gar nicht betreten hat. Aus der fehlenden Wahrnehmung der Schilder kann aber jedenfalls nicht der Schluss gezogen werden, dass die Schilder dort tatsächlich nicht standen und - zumal unter Berücksichtigung der erhöhten Sorgfaltspflichten eines Autofahrers im ruhenden Verkehr -,
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11.06.1997 - 5 A 4278/95 -,
nicht hinreichend deutlich erkennbar gewesen wären.
Auch gegen die Wirksamkeit der durch die mobilen Schilder angeordneten Haltverbotszone bestehen im Ergebnis keine durchgreifenden Bedenken, so dass diese vom Kläger zu beachten war.
Zwar war das durch die aufgestellten Schilder bekannt gegebene Haltverbot nach Auffassung der Kammer rechtswidrig, denn die Umzugsfirma war als privater Dritter zu einer derartigen Anordnung nicht befugt. Eine entsprechende Anordnungsbefugnis steht gemäß § 45 Abs. 1 bis 3, 6 StVO vielmehr ausschließlich der zuständigen Behörde zu,
vgl. BVerwG, Urteil vom 26.06.1970 - VII C 10.70 - BVerwGE 35, 334 ff; OVG NRW, Urteil vom 28.11.2000 - 5 A 4522/99 - NJW 2001, 1961 f.
Eine straßenverkehrsrechtliche Anordnung des Beklagten, die fraglichen Haltverbotsschilder in der Zeit vom 13.11-17.11.2006 vor dem Haus Clarenbachstr. 194 aufzustellen, liegt hier nicht vor. Vielmehr hatte der Beklagte dem Umzugsunternehmen Gebrüder Hausmann unter dem 16.11.2005 eine als „Anordnung einer straßenverkehrsrechtlichen Maßnahme und Ausnahmegenehmigung gem. §§ 45 und 46 der Straßenverkehrsordnung (StVO)“ bezeichnete Dauergenehmigung erteilt, nach der diesem für die Zeit vom 02.12.2005 bis 01.12.2006 gestattet wurde, zur Durchführung von Möbelumzügen für die Dauer der Ladetätigkeit im gesamten Stadtgebiet Köln auf öffentlichen Parkplätzen (- zonen), im eingeschränkten Haltverbot (mit Ausnahme Rathausvorplatz/Historisches Rathaus), auf gebührenpflichtigen Parkplätzen und auf Bewohnerparkplätzen Haltverbotszonen einzurichten. Dem Umzugsunternehmen war damit nur ein äußerst grober Rahmen gesteckt, innerhalb dessen es über die Aufstellung der Schilder frei entscheiden konnte. Das Unternehmen war daher nicht lediglich technisches Ausführungsorgan des Beklagten, so dass die im Einzelfall von dem Unternehmen aufgestellten Schilder dem Beklagten nicht mehr als straßenverkehrsrechtliche Anordnungen zugerechnet werden können. Dies gilt auch unter Berücksichtigung von Ziffer 1 Absatz 3 der Auflagen/Bedingungen, die der Dauergenehmigung vom 16.11.2005 beigefügt waren. Soweit es dort heißt, dass die Anordnung/Ausnahmegenehmigung für den Einzelfall als erteilt gilt, sofern nicht innerhalb eines Arbeitstages nach Eingang der vorgesehenen schriftlichen Anzeige durch den Beklagten schriftlich oder fernmündlich widersprochen wird, so ersetzt diese Fiktion nicht die erforderliche verkehrsrechtliche Anordnung.
Dennoch war das hier streitige Haltverbot nicht nichtig. Ein Verwaltungsakt ist gemäß § 44 Abs. 1 VwVfG NRW dann nichtig, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller Umstände offenkundig ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Denn der Beklagte hat durch die Genehmigung vom 16.11.2005 eine straßenverkehrsrechtliche Anordnung getroffen, deren Inhalt und rechtliche Tragweite durch Auslegung zu ermitteln war. Dies gilt in gleicher Weise für die Frage, ob durch den fehlenden Widerspruch nach Eingang der schriftlichen Anzeige über die Aufstellung der Schilder vom 13.11.2006 eine straßenverkehrsrechtliche Anordnung als erteilt gelten konnte. Es kann daher von einem willkürlichen, jeder gesetzlichen Grundlage entbehrenden Handeln, dem eine Rechtswirksamkeit nicht zugesprochen werden kann, nicht die Rede sein,
vgl. BVerwG, Urteil vom 26.06.1970 - VII C 10.70 - BVerwGE 35, 334 ff; OVG NRW, Urteil vom 28.11.2000 - 5 A 4522/99 - NJW 2001, 1961 f.
Die Anordnung der Entfernung des Fahrzeuges des Klägers war schließlich zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig und entsprach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit. Die Kammer hat keinen Zweifel, dass das Fahrzeug des Klägers in erheblicher Weise die Funktionsfähigkeit der zum Zwecke eines Umzugs eingerichteten Haltverbotszone beeinträchtigte. Dabei kommt es nicht darauf an, ob im Zeitpunkt der Durchführung der Abschleppmaßnahme ein Umzugswagen bereits vor Ort war. Allerdings war dies entgegen dem ursprünglichen Vorbringen des Klägers ausweislich des von ihm selbst im Termin vorgelegten Fotos und nach der Aussage der Zeugin S. offenbar der Fall. Im Übrigen hatte der freigesperrte Raum nach den Angaben des Beklagten eine Länge von 18 m. Dies Längenangabe ist für die Kammer anhand der Fotos auch ohne Weiteres nachvollziehbar. Die Einschätzung, für den Umzug, für den ein Wagen mit einer Länge von 11 m vorgesehen war, einen freien Raum von insgesamt 18 m zu benötigen, um den Möbelwagen ordnungsgemäß zu beladen, ist zur Überzeugung der Kammer nicht zu beanstanden.
Bedenken gegen die Höhe der geltend gemachten Abschleppkosten bestehen ebenfalls nicht. Auch die vom Beklagten erhobene Verwaltungsgebühr in Höhe von 52,00 Euro ist nicht zu beanstanden. ..."