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Amtsgericht Emden Urteil vom 15.11.2007 - 5 C 503/07 - Zur Mithaftung des Falschparkers mit einer Quote von 25% bzw. einem Viertel

AG Emden v. 15.11.2007: Zur Mithaftung des Falschparkers mit einer Quote von 25% bzw. einem Viertel


Das Amtsgericht Emden (Urteil vom 15.11.2007 - 5 C 503/07) hat entschieden:
Ist ein Fahrzeug auf einem Klinikgelände in einem dort ausgeschilderten absoluten Halteverbot abgestellt, so ist ein Unfall für den Halter nicht unabwendbar; Halter und Fahrer trifft eine Mithaftungsquote von 25%.


Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Kläger kann von den Beklagten wegen des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls vom 30.11.2006 auf dem Gelände des Klinikum Emden in Emden nach der unstreitig erfolgten Zahlung eines Betrages in Höhe von 209,11 Euro sowie den Ausgleich außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 46,41 Euro keinen weiteren Schadensersatz gemäß den §§ 7 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1 BGB i. V. m. den §§ 249 ff. BGB - hinsichtlich der Erstbeklagten jeweils i. V. m. § 3 Ziffer 1 PflichtVG - verlangen.

1. Die Beklagten haften dem Kläger für den streitgegenständlichen Verkehrsunfall gemäß § 17 Abs. 1, 2 StVG jedenfalls nicht mit einem höheren Haftungsanteil als 75 %.

a). Bereits nach dem eigenen Vortrage des Klägers war der Verkehrsunfall für den Fahrer seines beteiligten Fahrzeuges am Unfalltage nicht unvermeidbar i.S.v. § 17 Abs. 3 StVG.

aa). Als unabwendbar gilt ein Ereignis gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 StVG nur dann, wenn sowohl der Halter, als auch der Führer des Fahrzeuges die nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beachtet haben.

bb). Dieses Voraussetzung liegt aber bereits deshalb hier nicht vor, weil der Kläger unwidersprochen den Vortrag der Beklagten hingenommen und mithin gemäß § 138 Abs. 3 ZPO zugestanden hat, dass sein unfallbeteiligter Volvo V 70 mit dem amtlichen Kennzeichen EMD-...- nach seinem Vortrage zum Entladen auf Anweisung unbenannter Mitarbeiter des Klinikums Emden - zum Unfallzeitpunkt im absoluten Halteverbot abgestellt war.

Damit hat der Fahrer des klägerischen Fahrzeuges zugleich aber auch schuldhaft eine seiner in § 12 StVO für das Halten und Parken des Fahrzeuges niedergelegten Sorgfaltspflichten missachtet, wobei insoweit dahinstehen kann, ob vorliegend entsprechend § 12 Abs. 1 Ziffer 6a StVO mit Zeichen 283 ein Halteverbot ausgesprochen war, ob der Fahrer des klägerischen Fahrzeuges entgegen § 12 Abs. 3 Ziffer 8e StVO vor einem mit Zeichen 314 gekennzeichneten Parkplatz geparkt hat oder es sich insoweit um ein Parkverbot gemäß § 12 Abs. 3 Ziffer 2 StVO, wonach das Parken dort unzulässig ist, wo es die Benutzung gekennzeichneter Parkflächen behindert, gehandelt hat.

Dieses Verschulden entfällt auch nicht wegen der Behauptung des Klägers, das Fahrzeug sei dort lediglich auf Weisung unbenannter Mitarbeiter zum Zwecke des Entladens dort "geparkt" worden. Zum einen parkt nämlich nach § 12 Abs. 2 StVO jeder Fahrzeugführer, der sein Fahrzeug verlässt oder länger als drei Minuten hält. Zum anderen ist aus der auf Antrag des Klägers beigezogene Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Aurich zum Aktenzeichen 440 Js ... und der dort enthaltenen Anzeigenerstattung seitens des Fahrers des klägerischen Fahrzeuges, dem Zeugen ... , vom 04.12.2006 zu entnehmen, dass dieser im Zeitraum von 16.00 Uhr bis 17.30 Uhr den Pkw auf dem Gelände des Klinikum Emden "geparkt" hat, ohne dass der Fahrer des klägerischen Fahrzeuges hier auf eine Anweisung durch Mitarbeiter des Klinikums Emden - welche im Übrigen auch nicht der Zeuge ... in seiner Aussage vom 13.12.2006 erwähnt - oder auf die Vornahme lediglich eines Entladungsvorganges Bezug genommen hat; der Zeuge ... war vielmehr nach seiner Schadensanzeige zum Zeitpunkt des Schadensereignisses überhaupt nicht vor Ort zugeben, was aber zugleich die Vornahme lediglich eines Entladevorganges ausschließt. Zudem hat auch der unbeteiligte Zeuge ... im Ermittlungsverfahren in seiner Aussage vom 12.12.2006 bestätigt, dass das klägerische Fahrzeug im absoluten Halteverbot - nämlich im Bereich einer Feuerwehrzufahrt - stand.

cc.) Dem entsprechend ist - unabhängig davon, ob der Vortrag des Klägers über die Vornahme eines Entladungsvorganges auf Weisung von Mitarbeitern des Klinikum Emden überhaupt glaubhaft ist - bereits nach seinem eigenen Vortrage ein Parkverstoß gegeben, so dass der Unfall für den Fahrer des klägerischen Fahrzeuges auch nicht unvermeidbar i.S.v. § 17 Abs. 3 StVG war.

b). Bei der sodann nach § 17 Abs. 1. 2 StVG vorzunehmenden Abwägung der beiderseitigen Verschuldens- und Verursachungsbeiträge, bei welchem nur bewiesene oder unstreitige Tatsachen Berücksichtung finden können, haften aber die Beklagten für das Unfallereignis zu nicht mehr als 3/4.

Denn dem Parkverbot des Fahrers des klägerischen Fahrzeuges steht seitens der Zweitbeklagten lediglich ein unachtsames Verhalten auf einem Parkplatz gegenüber, welches jedenfalls nicht so schwer wiegt, als das hierdurch die Mithaftung des Klägers nach § 7 Abs. 1 StVG i. V. m. § 17 Abs. 1, 2 StVG vollständig entfallen könnte.

Dies gilt im Übrigen unabhängig davon, dass es entgegen der offensichtlich bewusst falsch vorgetragenen Behauptung des Klägers keine Einweisung der Zweitbeklagten während ihres Ausparkvorgang durch die Zeugen ... und ... gegeben haben kann; da im beigezogenen Ermittlungsverfahren sowohl der Zeuge ... als auch der Zeuge ... bekunden, sich zum Unfallzeitpunkt in einiger Entfernung vom Unfallort befunden zu haben.

2. Zugleich ist dem Kläger durch den streitgegenständlichen Verkehrsunfall vom 30.11.2006 lediglich ein nach den §§ 249 ff. BGB grundsätzlich ersetzbarer Schaden in Höhe von 278,81 Euro entstanden, welcher aus einem Nettosachschaden in Höhe von 258,81 Euro und einer - vorliegend in Anbetracht des verhältnismäßig geringen Sachschadens ausnahmsweise auch der Höhe nach gerechtfertigten - Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 Euro resultiert.

3. Von diesem Schaden des Klägers haben die Beklagten aber unstreitig bereits außergerichtlich 209,11 Euro und mithin mehr als 75 % beglichen, so dass dem Kläger kein weiterer Schadensersatz mehr zusteht.

4. Soweit der Kläger für eine Fahrt zu einem Volvo-Händler nach Bremerhaven Aufwendungen an Fahrzeit sowie Kilometergeld ersetzt verlangt, dringt er hiermit nicht durch.

Insoweit fehlt es bereits an einem schlüssigen Vortrag über die Notwendigkeit einer Fahrt zu einem Volvo-Händler nach Bremerhaven, zumal gerichtsbekannt ein solcher auch in Aurich-Schirum eine Werkstatt unterhält und der Kläger vorliegend Reparaturkosten auch nur fiktiv nach einem Kostenvoranschlag geltend macht, nicht aber die tatsächliche Reparatur seines Fahrzeuges vorgetragen hat.

Zudem haben die Beklagten zurecht darauf hingewiesen, dass für den Zeitaufwand des Geschädigten bei der außergerichtlichen Abwicklung von Schadensersatzansprüchen grundsätzlich keine Ersatzpflicht besteht (vgl. hierzu BGH, NJW 1980 S. 119), was auch für die vorgeblichen (fiktiven) Fahrkosten des Klägers gilt.

5. Schließlich haben die Beklagten auch die außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten des Klägers in Höhe von 46,41 Euro vollständig ausgeglichen, wobei insoweit auf die zutreffende Abrechnung der Erstbeklagten vom 16.04.2007 verwiesen wird.

Soweit der Kläger darüber hinaus weitere 12,00 Euro für eine Akteneinsicht beansprucht, fehlt es an einem hinreichen Vortrag des Klägers, dass er diesen Betrag tatsächlich an seinen außergerichtlichen Bevollmächtigten gezahlt hat und ihm insoweit nicht nur ein Freihalteanspruch nach § 251 BGB zur Seite steht.

6. Nach alledem wurden die berechtigten Schadensersatzansprüche des Klägers von den Beklagten bereits außergerichtlich vollständig ausgeglichen, so dass seine weitergehende Klage zurückzuweisen war. ..."



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