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Amtsgericht Köln Urteil vom 20.05.2009 - 143 C 56/08 - Zu den Mietwagenkosten bei fiktiver Schadensabrechnung des Leasinggebers für eine Leasingfahrzeug

AG Köln v. 20.05.2009: Zu den Mietwagenkosten bei fiktiver Schadensabrechnung des Leasinggebers für eine Leasingfahrzeug


Das Amtsgericht Köln (Urteil vom 20.05.2009 - 143 C 56/08) hat entschieden:
Wenn der tatsächliche Sachschaden an einem Fahrzeug eines Leasingunternehmens lediglich fiktiv abgerechnet hat, kann der Leasinggeber gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB nur insoweit Ersatz für die Mietwagenkosten verlangen, wie sie in dem der Abrechnung zugrundeliegenden Sachverständigengutachten als erforderlich angesehen wurden.


Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Haftung für Mietwagenkosten bei fiktiver Abrechnung der Reparaturkosten.

Die Klägerin ist Leasinggesellschaft und als solche Eigentümerin des Fahrzeuges Audi Avant TTI mit dem amtlichen Kennzeichen …. Am 30. August 2006 verursachte der Fahrer dieses Fahrzeuges einen Verkehrsunfall, für den Versicherungsnehmer der Beklagten unstreitig in vollem Umfang haftet. Die Klägerin ließ das Fahrzeug bei der Firma N. Lackiererei GmbH in Berlin in der Zeit vom 31. August 2006 bis zum 12. September 2006 für brutto 4.282,64 € (netto 3.691,93 €) reparieren. Gegenüber der Beklagten rechnete sie diesen Schaden fiktiv gemäß des Gutachtens vom 31. August 2006 in Höhe von netto 3 743,86 € ab. Diese Position, die Kosten des Sachverständigengutachtens sowie die unfallbedingten Nebenkosten und rechtsanwaltliche Vergütung in Höhe von 374,90 € zahlte die Beklagte, lehnte jedoch eine Zahlung der Mietwagengebühren am 02. November 2006 ab. Nach dem Leasingvertrag war die Klägerin verpflichtet, ihren Leasingnehmer einen Mietwagen zu stellen. Infolgedessen wurden ihr, ebenfalls von der Firma N. Lackiererei GmbH, für die Zeit vom 31. August 2006, 13.55 Uhr bis 13. September 2006, 9.45 Uhr 13 Tage zu je netto 96,75 € für die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges Audi Avant TTI in Rechnung gestellt, insgesamt 1.257,76 €. Diesen Betrag begehrt die Klägerin nunmehr von der Beklagten.

Erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 06. Mai 2009 erklärte die Klägerin, nunmehr konkret abrechnen zu wollen.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 1 257,78 € sowie außergerichtliche Kosten in Höhe von 84,50 € jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 09. November 2006 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, dass das Fahrzeug nach dem Unfall uneingeschränkt fahrfähig und verkehrssicher gewesen sei und es im übrigen möglich sei, für die selbe Zeit einen Mietwagen unter 580,00 € anzumieten.


Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nur in geringem Umfang begründet.

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte lediglich noch einen Anspruch auf Zahlung von weiteren 305,00 € Mietwagenkosten gemäß §§ 7 StVG, 3 PflVG.

Insoweit handelt es sich angesichts der 100 % igen Haftung ihres Leasingnehmers, dem Versicherungsnehmer der Beklagten, und der ihrer eigenen vertraglichen Verpflichtung, ihrem Leasingnehmer ein Ersatzfahrzeug zu stellen, um einen eigenen Schaden der Klägerin.

Die Klägerin kann nunmehr auch nicht, nachdem sie bereits im Jahr 2006 die fiktive Abrechnung gewählt hat, zur Abrechnung nach konkreten Schadenspositionen übergehen. Denn unabhängig davon, ob damit eine Klageänderung oder nur eine tatsächliche Ergänzung des Sachverhaltes vorliegt, handelt es sich nur um eine Absichtserklärung der Klägerin; eine tatsächliche Abrechnung ist nicht erfolgt.

Da die Klägerin jedoch den tatsächlichen Sachschaden lediglich fiktiv abgerechnet hat, kann sie gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB nur insoweit Ersatz für die Mietwagenkosten verlangen, wie sie in dem der Abrechnung zugrundeliegenden Sachverständigengutachten als erforderlich angesehen wurden (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juli 2003 in NZV 2003, 569). Das Gutachten des Ingenieurbüros C. vom 31. August 2006, welches die Klägerin ihrer fiktiven Abrechnung zugrundelegte, sah jedoch eine angemessene Reparaturzeit von lediglich 4 – 5 Arbeitstagen vor. Anhaltspunkte dafür, dass dieses Gutachten unrichtig sei, sind weder ersichtlich, noch von der Klägerin vorgetragen. Vielmehr ergibt sich aus der von der Klägerin selbst vorgelegten Reparaturrechnung, dass insgesamt 248 Arbeitseinheiten abgerechnet wurden, wobei je 10 Arbeitseinheiten einer Stunde entsprechen. Daraus ergibt sich eine Nettoreparaturdauer eingesetzter Arbeitszeit von 24,8 Stunden, also etwa 3 Tagen. Selbstverständlich sind hierzu Verzögerungen durch Trocknungen der Lackierung, Beschaffung von Ersatzmaterialien und ähnlichem zu berücksichtigen. Allerdings ergibt sich nicht, dass das Sachverständigengutachten von vorneherein von einer nicht ausreichend langen Reparaturdauer ausging. Die Klägerin hat daher lediglich Ersatzanspruch auf Ersatz fiktiver Mietwagenkosten für die Dauer von 5 Tagen.

2. Bereits auf der Grundlage der von der Klägerin selbst vorgelegten Mietwagenrechnung ergibt sich für 5 Tage lediglich ein Betrag von 483,75 €. Die Klägerin hat jedoch diesen Mietwagen ohne vorherige Erkundigungen auf dem Mietwagenmarkt unmittelbar von dem Reparaturbetrieb in Anspruch genommen. Insoweit liegt ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht des § 254 Abs. 2 BGB vor, weil die Klägerin als Leasinggesellschaft und damit professionell auf dem Automarkt (wenn auch nicht dem Mietmarkt) tätige Firma gehalten war, sich zumindest im örtlichen Bereich des anspruchsberechtigten Leasingnehmers nach vergleichbaren Mietwagentarifen zu erkundigen. Der Klägerin kann daher nur derjenige Betrag zustehen, zudem ohne größeren Aufwand ein vergleichbares Fahrzeug im örtlichen Mietwagenmarkt zu mieten gewesen wäre. Diesen Betrag schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen U. auf 305,00 €. Denn dieser hat für die Anmietung eines vergleichbaren Fahrzeugs für die Dauer von 5 Tagen bei der Anmietung per Telefon ein Mittelwert von 449,36 € brutto und bei der Anmietung per Internet 327,02 € ermittelt. Im Mittel ergibt dies einen Betrag von 388,19 € brutto = 326,21 € netto. Da sich nach den Angaben des Sachverständigen die Mietwagenpreise seit 2006 lediglich unwesentlich verändert haben, nimmt das Gericht hierzu gemäß § 287 ZPO auf der Grundlage der allgemeinen Preissteigerungsrate im Bereich Verkehr von ca. 6,5 % einen entsprechenden 6,5 % igen Abschlag vor, woraus sich ein Betrag von 305,00 € ergibt.

Soweit die Klägerin einwendet, dass aus diesen Beträgen nicht hervorgehe, ob hierzu evtl. Vollkaskoversicherungen oder ähnliche Kosten kommen, greift dieser Einwand nicht durch. Vielmehr ergibt sich dies auch in der von der Klägerin selbst vorgelegten Mietwagenrechnung nicht, so dass davon auszugehen ist, dass sich hier wie dort um einen Pauschaltarif handelt. Diesen wollte die Klägerin konkret abrechnen, so dass sie sich auf eine abweichende Abrechnung bei der fiktiven Rechnung nicht berufen kann.

3. Dementsprechend stehen der Kläger auch nur verringerte Rechtsanwaltskosten auf der Grundlage eines um die konkreten Mietwagenkosten von 1.257,56 € verminderten und die tatsächlich abrechnungsfähigen Mietwagenkosten von 305,00 € erhöhten Gegenstandswertes von insgesamt 4.525,16 € netto zu. Sie hatte damit Anspruch auf Netto – Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 411,30 €, von denen die Beklagte bereits 374,90 € gezahlt hat, so dass ein Restbetrag von netto 36,40 € verbleibt.

Im übrigen war die Klage abzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, 96 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.



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