Das Verkehrslexikon

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OVG Münster Urteil vom 29.09.2009 - 8 A 1531/09 - Fahrzeuge eines Kommunalen Ordnungsdienstes dürfen nicht ohne Ausnahmegenehmigung mit Blaulicht und Einsatzhorn ausgestattet werden

OVG Münster v. 29.09.2009: Fahrzeuge eines Kommunalen Ordnungsdienstes dürfen nicht ohne Ausnahmegenehmigung mit Blaulicht und Einsatzhorn ausgestattet werden


Das OVG Nordrhein-Westfalen in Münster (Urteil vom 29.09.2009 - 8 A 1531/09) hat entschieden:
  1. Unter dem "Vollzugsdienst der Polizei" im Sinne von § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVZO (Ausstattung mit Blaulicht) ist der Vollzugsdienst der Polizei im formell- institutionellen Sinn als (Vollzugs-)Polizeibehörde zu verstehen, nicht aber der Vollzugsdienst einer Ordnungsbehörde.

  2. Eine Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO zur Ausstattung von Fahrzeugen eines Kommunalen Ordnungsdienstes mit Blaulicht und Einsatzhorn kann ermessensfehlerfrei mit der Begründung versagt werden, eine Ausnahmesituation sei nicht gegeben, weil der Bedarf an Blaulichtfahrzeugen zur Bewältigung von Gefahrensituationen, in denen höchste Eile geboten ist, derzeit durch die Polizei gedeckt wird.


Tatbestand:

Mit Schreiben vom 12. April 2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 StVZO zur Ausstattung von vier näher bezeichneten Fahrzeugen ihres Ordnungsdienstes mit blauem Blinklicht und Einsatzhorn. Zur Begründung führte die Klägerin aus, die Tätigkeit ihres Ordnungsdienstes mache regelmäßig die Inanspruchnahme von Wegerechten erforderlich. Beispiele für solche Einsatzlagen seien die Absicherung von Unfallstellen, die Unterstützung von Mitarbeitern, die in Not geraten seien und das Verbringen von aufgegriffenen Personen in den Polizeigewahrsam. Eine entsprechende Ausnahmegenehmigung habe die Beklagte der Stadt E. im Jahre 2006 erteilt.

Mit Bescheid vom 10. Oktober 2007 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Kraftfahrzeuge der Ordnungsämter dienten nicht dem "Vollzugsdienst der Polizei" i.S.d. § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVZO und könnten daher nicht ohne Ausnahmegenehmigung mit Blaulicht und Einsatzhorn ausgerüstet werden. Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 70 Abs. 1 StVZO im Ermessensweg komme nicht in Betracht, weil keine Ausnahmesituation gegeben sei. Dabei sei der Wille des Verordnungsgebers zu berücksichtigen, die Anzahl der Fahrzeuge, die mit Blaulicht ausgestattet würden, möglichst gering zu halten. Daher sei die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen äußerst restriktiv zu behandeln. Die Ausstattung der von der Klägerin benannten Einsatzfahrzeuge mit blauem Blinklicht und Einsatzhorn sei daran gemessen nicht erforderlich. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Voraussetzungen für die Verwendung von blauem Blinklicht und Einsatzhorn bei Einsätzen des Kommunalen Ordnungsdienstes (im Folgenden: KOD) gegeben seien. Derartige Einsätze des KOD seien der Einsatzleitstelle des Polizeipräsidiums Wuppertal, das vor der Bescheidung des Antrags um Stellungnahme gebeten worden sei, nicht bekannt geworden. Fälle, in denen höchste Eile geboten sei, etwa um Menschenleben zu retten oder um schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden, würden der Polizei, der Feuerwehr und dem Rettungsdienst gemeldet und von diesen Stellen zuständigkeitshalber bearbeitet. Eine Ermessensreduzierung auf Null liege nicht vor. Der Fall der Stadt E., der eine Ausnahmegenehmigung erteilt worden sei, sei anders gelagert.

Die Klägerin erhob am 24. Oktober 2007 Widerspruch. Zur Begründung trug sie vor: Eine Ausnahmegenehmigung sei bereits nicht erforderlich, weil die Ordnungsbehörde als "Polizei im materiell-rechtlichen Sinne" unter die Blaulicht-Berechtigung nach § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVZO falle. Jedenfalls komme eine analoge Anwendung dieser Bestimmung in Betracht. Im Übrigen bleibe es dabei, dass die Möglichkeit zur Wahrnehmung von Wegerechten dringend erforderlich sei, um die Aufgaben, für die die Ordnungsbehörde originär zuständig sei, effektiv wahrnehmen zu können. Bei zahlreichen Aufgaben der Ordnungsbehörde sei höchste Eile geboten. Warum der Fall der Klägerin anders liegen solle als derjenige der Stadt E., sei nicht ersichtlich.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2008, zugestellt am 6. März 2008, wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Dabei wiederholte und vertiefte sie im Wesentlichen die Begründung des angefochtenen Ablehnungsbescheids.

Die Klägerin hat am 1. April 2008 Klage erhoben.

Zur Begründung hat sie ergänzend vorgetragen, historische und sachliche Gründe sprächen dafür, dass § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVZO mit dem Begriff "Polizei" einheitlich die für die Gefahrenabwehr zuständigen Behörden erfasse. Für die Sonderrechtsregelung des § 35 Abs. 1 StVO sei eine weite Auslegung des Polizeibegriffs anerkannt. Unter Berücksichtigung dieser weiten Auslegung seien die Einsatzfahrzeuge des KOD Teil des "Vollzugsdienstes der Polizei" i.S.d. § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVZO. Jedenfalls sei die Beklagte verpflichtet, die beantragte Ausnahmegenehmigung zu erteilen, da ihr Ermessen auf Null reduziert sei. Die Ordnungsbehörden seien zunehmend - auch seitens der Polizei - gefordert, Aufgaben der Gefahrenabwehr stärker vor Ort wahrzunehmen und eigene Vollzugskräfte einzusetzen sowie Streifengänge und -fahrten durchzuführen. Dabei gerate der KOD in eilbedürftige Situationen, in denen die Voraussetzungen für eine Verwendung des Blaulichts und des Einsatzhorns gegeben seien. Die Beklagte sei zudem aus Gründen der Selbstbindung verpflichtet, die beantragte Ausnahmegenehmigung zu erteilen, weil sie den Städten E. und Duisburg im Jahr 2006 eine entsprechende Ausnahmegenehmigung gewährt habe. Zumindest liege ein Ermessensfehlgebrauch vor. Insbesondere habe die Beklagte nicht berücksichtigt, dass die Klägerin ihr gesetzlich übertragene hoheitliche Aufgaben wahrnehme und dass diese Aufgabenwahrnehmung in der Wegerechtsregelung des § 38 Abs. 1 StVO ausdrücklich aufgeführt sei. Nach § 13 Satz 1 OBG obliege es der Klägerin, ihre Aufgaben mit eigenen Dienstkräften wahrzunehmen. Sie sei nun aber gezwungen, die Polizei auch in dringenden Gefahrensituationen, denen sie mit eigenen Kräften schneller begegnen könnte, wenn ihre Fahrzeuge über Sonderrechte verfügten, hinzuzurufen. Es gehe lediglich um vier Fahrzeuge, so dass nicht zu befürchten sei, dass die Zahl der Fahrzeuge, die mit Sondersignaleinrichtungen ausgerüstet seien, überhand nehme.

Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass sie für die Ausstattung ihrer Einsatzfahrzeuge für den Kommunalen Ordnungsdienst mit blauem Blinklicht und Einsatzhorn keiner Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 StVZO bedarf,

hilfsweise,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 10. Oktober 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2008 zu verpflichten, eine Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 StVZO zum Führen einer Kennleuchte für blaues Blinklicht (Rundumlicht) und Einsatzhorn für die Fahrzeuge:

VW-Transporter, amtliches Kennzeichen, Opel-Kombi, amtliches Kennzeichen , VW-Golf, amtliches Kennzeichen ..., Ford-Focus, amtliches Kennzeichen ...,

zu erteilen,

äußerst hilfsweise,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 10. Oktober 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2008 zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin vom 12. April 2007 auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 StVZO zum Führen einer Kennleuchte für blaues Blinklicht (Rundumlicht) und Einsatzhorn für die Fahrzeuge:
VW-Transporter, amtliches Kennzeichen, Opel-Kombi, amtliches Kennzeichen , VW-Golf, amtliches Kennzeichen ..., Ford-Focus, amtliches Kennzeichen ...,

unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ergänzend vorgetragen: Hätte der Verordnungsgeber gewollt, dass Ordnungsbehörden Kraftfahrzeuge mit Blinklicht und Einsatzhorn führen dürften, hätte er § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVZO entsprechend geändert. Da von einem engen Polizeibegriff auszugehen sei, komme eine analoge Anwendung nicht in Betracht. Auch § 35 Abs. 1 StVO beinhalte keinen ausufernd weiten Polizeibegriff. Die Klägerin habe bisher nicht vorgetragen, dass sie in einer besonderen Gefahrenlage mangels Blaulicht-Berechtigung zu spät an dem Gefahrenort eingetroffen sei. Den Ordnungsbehörden sei die Erfüllung ihrer Aufgaben grundsätzlich ohne Sonderrechte möglich, möge im Einzelfall durch die Hinzuziehung der Polizei auch eine geringfügige zeitliche Verzögerung eintreten. Ein Anspruch auf Erteilung der Ausnahmegenehmigung ergebe sich nicht aus der Tatsache, dass den Städten E. und Duisburg im Jahr 2006 befristete Ausnahmegenehmigungen zugesprochen worden seien. Im Juli 2007 habe das Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein- Westfalen (MBV) Bedenken gegen diese Genehmigungspraxis geäußert. Man sei übereingekommen, dass zukünftig die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen in dem in Rede stehenden Bereich restriktiv gehandhabt werden solle, um den Missbrauch der Blaulichteinrichtungen und eine sinkende Akzeptanz von Blaulichteinsätzen in der Bevölkerung zu verhindern. Dies gelte unabhängig davon, ob - wie im Fall der Klägerin - nur vier Fahrzeuge mit Blaulicht ausgerüstet werden sollten. Es sei vereinbart worden, dass die bisher erteilten Ausnahmegenehmigungen lediglich bis zu deren Auslaufdatum geduldet würden. Für die Klägerin könne sich vor diesem Hintergrund über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung kein Anspruch ergeben. In den Jahren ab 2007 gestellte Ausnahmegenehmigungsanträge der Städte F., N., H. und I. habe die Beklagte abgelehnt; den Genehmigungsantrag der Stadt N1. habe sie mit Blick auf das anhängige Klageverfahren zurückgestellt. Das MBV habe seinen Standpunkt in dieser Angelegenheit zuletzt im Erlass vom 27. Februar 2009 verdeutlicht und darauf hingewiesen, dass insofern mit dem Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen Einvernehmen bestehe.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 28. Mai 2009 abgewiesen und die Berufung zugelassen.

Zur Begründung der Berufung trägt die Klägerin vor: Der Wortlaut des § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVZO spreche nicht dagegen, dass der Begriff der Polizei in einem materiellen Sinn zu verstehen sei. Im Zusammenhang mit der Entstehungsgeschichte des § 52 Abs. 3 StVZO sei die Entwicklung, die zur Bildung des KOD geführt habe, zu berücksichtigen. Die Polizei habe lange Zeit ihre Aufgaben in der Gefahrenabwehr insbesondere durch Streifengänge und - fahrten wahrgenommen und dadurch in der Öffentlichkeit Präsenz gezeigt. Sie habe erst in den letzten zehn bis zwanzig Jahren damit begonnen, sich zunehmend auf ihre Eilkompetenz zurückzuziehen und den Streifendienst zu reduzieren. Die Städte seien gedrängt worden, einen eigenen KOD aufzubauen, um diese von ihrem Zuständigkeitsbereich umfasste Aufgabe selbst wahrzunehmen. Ein auf die Besonderheiten des KOD abstellender, enger Begriff des "Vollzugsdienstes der Polizei" konkretisiere den Polizeibegriff im materiellen Sinne hinreichend und sei geeignet, die Berechtigung im ordnungsbehördlichen Bereich auf den KOD zu beschränken. Die Gefahr einer missbräuchlichen Nutzung des Blaulichts sei äußerst gering. Bei der Entscheidung über die Ausnahmegenehmigung dürfe nicht übersehen werden, dass die Eilbedürftigkeit bei der Gefahrenabwehr zum Teil erst während des Einsatzes entstehe und es dann je nach Situation nicht tunlich sei, den Einsatz zu unterbrechen und die Polizei hinzuzurufen. Bei Eilbedürftigkeit sei zwar auch die Polizei zuständig; allerdings erlösche die Zuständigkeit der Ordnungsbehörden nicht. Ein regelmäßiger Bedarf an Einsätzen mit Blaulicht und Martinshorn könne daher nicht in Abrede gestellt werden. Im Rahmen der Ermessensausübung habe der Gesichtspunkt, dass die Klägerin die für ihre Aufgabenerfüllung erforderliche Sachausstattung benötige und dazu auch die Ausrüstung der Fahrzeuge des KOD mit Blaulicht und Einsatzhorn gehöre, stärker gewichtet werden müssen.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts E. vom 28. Mai 2009 zu ändern und festzustellen, dass sie für die Ausstattung ihrer Einsatzfahrzeuge für den Kommunalen Ordnungsdienst mit blauem Blinklicht und Einsatzhorn keiner Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 StVZO bedarf,

hilfsweise

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 10. Oktober 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 27. Februar 2008 zu verpflichten, entsprechend dem Antrag vom 12. April 2007 eine Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 StVZO zum Führen einer Kennleuchte für blaues Blinklicht (Rundumlicht) und Einsatzhorn für vier Dienstfahrzeuge zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:

Die zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

A.

Der auf die Feststellung gerichtete Hauptantrag, dass die Klägerin für die Ausstattung ihrer Einsatzfahrzeuge für den KOD mit blauem Blinklicht und Einsatzhorn keiner Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 StVZO bedarf, ist zulässig (dazu I.), aber unbegründet (dazu II.).


I. Der Antrag ist zulässig.

Er ist insbesondere nicht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO gegenüber einem Verpflichtungsantrag auf Erteilung der Ausnahmegenehmigung subsidiär.

Ist ein Kläger der Auffassung, eine von ihm ausgeübte Betätigung oder ein konkretes Vorhaben bedürfe keiner behördlichen Genehmigung, so steht § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO einer - gegebenenfalls mit einem hilfsweisen Verpflichtungsantrag kombinierten - Klage auf Feststellung der Erlaubnisfreiheit nicht entgegen, weil vom Rechtsstandpunkt des Klägers aus eine auf Erlaubniserteilung gerichtete Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO nicht in Frage kommt. Mit der Erhebung der Verpflichtungsklage müsste er seinen Rechtsstandpunkt aufgeben und überdies noch die Prozesskosten tragen, sofern das Gericht ebenfalls die Betätigung oder das Vorhaben für erlaubnisfrei hielte und somit die Verpflichtungsklage mangels Erteilungsanspruchs abweisen würde.
Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1972 - I C 33.68 -, BVerwGE 39, 247 = juris Rn. 7 f.; OVG NRW, Beschluss vom 22. November 2006 - 8 B 1695/06 -, NWVBl. 2007, 234 = juris Rn. 20; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 43 Rn. 131, m.w.N.
So liegt der Fall hier. Die Klägerin steht auf dem Standpunkt, für die Ausrüstung der Fahrzeuge ihres KOD mit Blaulicht und Einsatzhorn bedürfe es keiner Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 StVZO, weil die Berechtigung dazu bereits aus §§ 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 55 Abs. 3 Satz 1 StVZO (analog) folge.


II. Der Antrag ist jedoch unbegründet.

Die Ausstattung der Einsatzfahrzeuge des KOD der Klägerin mit Blaulicht und Einsatzhorn bedarf einer Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 StVZO.

Die Klägerin kann die Berechtigung zur streitgegenständlichen Ausstattung der Fahrzeuge ihres KOD ohne Vorliegen einer Ausnahmegenehmigung weder in unmittelbarer (dazu 1.) noch in analoger (dazu 2.) Anwendung der Vorschrift aus § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVZO - die übrigen Nummern der Norm greifen nicht zugunsten der Klägerin ein - in Verbindung mit § 55 Abs. 3 Satz 1 StVZO herleiten.

1. Gemäß § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVZO dürfen Kraftfahrzeuge, die dem Vollzugsdienst der Polizei, der Militärpolizei, der Bundespolizei oder des Zolldienstes dienen, insbesondere Kommando-, Streifen-, Mannschaftstransport-, Verkehrsunfall-, Mordkommissionsfahrzeuge, mit einer oder mehreren Kennleuchten für blaues Blinklicht (Rundumlicht) ausgerüstet sein. Kraftfahrzeuge, die auf Grund des § 52 Abs. 3 StVZO Kennleuchten für blaues Blinklicht führen, müssen mit mindestens einer Warneinrichtung mit einer Folge von Klängen verschiedener Grundfrequenz (Einsatzhorn) ausgerüstet sein (§ 55 Abs. 3 Satz 1 StVZO). Andere Fahrzeuge als die in § 55 Abs. 3 Satz 1 StVZO genannten Kraftfahrzeuge dürfen nach Satz 3 der Bestimmung mit dem Einsatzhorn nicht ausgerüstet sein.

Die streitbefangenen Kraftfahrzeuge der Klägerin fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVZO. Sie dienen nicht dem - als Tatbestandsvariante allein in Betracht zu ziehenden - Vollzugsdienst der Polizei. Darunter ist allein der Vollzugsdienst der Polizei im formell- institutionellen Sinn als (Vollzugs-)Polizeibehörde, nicht aber der Vollzugsdienst einer Ordnungsbehörde zu verstehen.

a) Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVZO und dem Aufbau der Vorschrift.

Dass mit "Polizei" die Polizei im formell-institutionellen Sinn als (Vollzugs- )Polizeibehörde gemeint ist, entspricht dem allgemeinen Sprachgebrauch. Denn der Begriff "Polizei" wird heute gemeinhin zur Kennzeichnung der "Vollzugspolizei" als Polizeibehörde mit den Dienstzweigen Schutzpolizei, Kriminalpolizei, Bereitschaftspolizei und Wasserschutzpolizei verwendet.
Vgl. dazu Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 14. Aufl. 2008, § 1 Rn. 5; siehe auch OVG NRW, Urteil vom 12. Mai 2000 - 8 A 2698/99 -, NZV 2000, 514 = juris Rn. 41, wo unter "Polizei" die "Vollzugspolizei" im Sinne des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein- Westfalen verstanden wird.
Die Vollzugspolizei ist zudem die Stelle, die herkömmlich und typischerweise als zum Führen von Blaulicht und Einsatzhorn berechtigt angesehen wird. Hätte der Verordnungsgeber vor diesem Hintergrund gewollt, dass auch der Vollzugsdienst einer Ordnungsbehörde § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVZO unterfallen soll, hätte er dies ausdrücklich geregelt.

Nichts anderes ergibt sich, bezieht man die verschiedenen rechtlichen Bedeutungsgehalte des Begriffs "Polizei" in die Betrachtung ein.

Der Polizeibegriff hat eine materielle und eine formell-institutionelle Seite. Polizei im materiellen Sinn ist - im Anschluss an das sog. Kreuzberg-Urteil des preußischen Oberverwaltungsgerichts vom 14. Juni 1882 (PreußOVGE 9, 353) - die mit Zwangsgewalt verbundene Funktion der öffentlichen Verwaltung, Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren und bereits eingetretene Störungen zu beseitigen. Der materielle Polizeibegriff bezeichnet als Polizei nicht einen Teil der Verwaltungsorganisation, sondern die Gefahrenabwehraufgaben und -befugnisse der öffentlichen Verwaltung.
Vgl. Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 14. Aufl. 2008, § 1 Rn. 13; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Aufl. 2007, § 1 Rn. 2.
Neben diesem materiellen Polizeibegriff steht ein formell-institutioneller. Dieser bezeichnet die Summe der sachlichen Zuständigkeiten der Polizeibehörden im organisationsrechtlichen Sinn. Er fordert die Zugehörigkeit zu einer bestimmten oder hinreichend bestimmbaren Kategorie staatlicher Behörden. Bezeichnet werden damit diejenigen Stellen, die dem "Organisationsbereich Polizei" zuzurechnen sind.
Vgl. Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 14. Aufl. 2008, § 1 Rn. 14 f.; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Aufl. 2007, § 1 Rn. 14.
Davon ausgehend könnten unter das Tatbestandsmerkmal "Vollzugsdienst der Polizei" - legt man den materiellen Polizeibegriff zugrunde - alle Behörden subsumiert werden, deren Aufgabe die Gefahrenabwehr ist, mithin auch die Ordnungsbehörden.

53 Gegen eine solche Auslegung spricht aber, dass der Verordnungsgeber mit der Bestimmung der Stellen, deren Kraftfahrzeuge mit Blaulicht und Einsatzhorn ausgerüstet werden dürfen, in § 52 Abs. 3 Satz 1 StVZO einen Ab- und Eingrenzungszweck verfolgt.
Vgl. insoweit BVerwG, Urteile vom 19. Oktober 1999 - 3 C 40.98 -, DÖV 2000, 779 = juris Rn. 20 f., und vom 21. Februar 2002 - 3 C 33.01 - , NZV 2002, 426 = juris Rn. 21; OVG NRW, Urteile vom 8. März 2006 - 8 A 1117/05 -, VRS 110, 455 = juris Rn. 48, und vom 1. April 2008 - 8 A 4304/06 -, NWVBl. 2008, 427 = juris Rn. 32.
Dieser Zweck kann nur mit dem trennschärferen formell-institutionellen Polizeibegriff, nicht jedoch mit dem materiellen Polizeibegriff erreicht werden. Legte man dem Verständnis des Tatbestandsmerkmals "Vollzugsdienst der Polizei" den materiellen Polizeibegriff zugrunde, fielen darunter nämlich nicht nur die allgemeinen Ordnungsbehörden, sondern auch sämtliche Sonderordnungsbehörden wie Immissionsschutzbehörden, Wasserbehörden, Bauordnungsbehörden oder Veterinärbehörden.

Wäre es dem Verordnungsgeber darum gegangen, jedwede Gefahrenabwehrbehörde zur Ausstattung ihrer Vollzugsdienstfahrzeuge mit Blaulicht und Einsatzhorn zu berechtigen, hätte er auf die gesonderte Aufführung der Militärpolizei und der Bundespolizei als ausgewählte Polizeibehörden des Bundes,
vgl. zu den verschiedenen Gefahrenabwehrbehörden des Bundes: Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Aufl. 2007, § 9 Rn. 438 ff.,
verzichten können. Wie die zusätzliche Nennung des Zolldienstes in § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVZO zeigt, hat der Verordnungsgeber aber gerade durch deren Aufzählung bestimmte Stellen der öffentlichen Verwaltung berechtigt.
Vgl. insoweit auch OVG NRW, Urteil vom 12. Mai 2000 - 8 A 2698/99 -, NZV 2000, 514 = juris Rn. 27, wo von "Organisationen" gesprochen wird, deren Fahrzeuge mit Blaulicht und Einsatzhorn ausgerüstet werden dürfen; OVG Saarl., Beschluss vom 29. August 2006 - 1 Q 12/06 -, juris Rn. 9 (konkret-institutioneller - organisatorischer - Begriff des Katastrophenschutzes); HambOVG, Beschluss vom 24. Mai 2006 - 3 Bs 155/05 -, juris Rn. 5 (konkret-institutioneller - organisatorischer - Begriff des Rettungsdienstes); VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28. Juli 1998 - 10 S 2332/97 -, juris Rn. 20 ("Fahrzeuge bestimmter konkreter Organisationen").
Dem steht nicht entgegen, dass nicht alle Bundesländer neben den Polizeibehörden vorrangig für die Gefahrenabwehr zuständige Ordnungsbehörden eingerichtet haben. Zwar ist der Polizeibegriff des § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVZO ein bundesrechtlicher; sein Inhalt kann nicht von der jeweiligen landesrechtlichen Ausgestaltung der Gefahrenabwehrverwaltung abhängen.
Vgl. zum Rückgriff auf - gegebenenfalls divergierende - landesrechtliche Vorschriften zur Auslegung der Begrifflichkeiten des § 52 Abs. 3 Satz 1 StVZO: OVG NRW, Urteil vom 12. Mai 2000 - 8 A 2698/99 -, NZV 2000, 514 = juris Rn. 14 (dort offen gelassen); OVG Saarl., Beschluss vom 29. August 2006 - 1 Q 12/06 -, juris Rn. 9; NdsOVG, Beschluss vom 1. November 2002 - 12 ME 636/02 -, juris Rn. 6.
Aber auch die vier Bundesländer (Baden-Württemberg, Bremen, Saarland und Sachsen), die am Einheitssystem der alleinigen Zuständigkeit der Polizeibehörden für die Gefahrenabwehr festgehalten haben, haben eine organisatorische Aufspaltung in Polizeibehörden (im Saarland: Polizeiverwaltungsbehörden) und in einen separaten Polizeivollzugsdienst (im Saarland: Vollzugspolizei) vorgenommen. Dieser handelt nur, wenn bei Gefahr im Verzug ein rechtzeitiges Tätigwerden der zuständigen Behörde nicht erreichbar erscheint sowie wenn unaufschiebbare Maßnahmen zu treffen oder Vollzugshilfe bzw. Vollzugsmaßnahmen erforderlich sind. Trotz aller terminologischen und sachlichen Unterschiede kann man daher für alle Bundesländer sagen, dass es sich bei den beiden Behördengruppen auf der einen Seite um die "entpolizeilichten Ordnungsbehörden" und auf der anderen Seite um die Polizei im organisatorischen Sinne mit dem "Recht des ersten Zugriffs" handelt.
Vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Aufl. 2007, § 1 Rn. 15 und § 9 Rn. 446 ff.; Lisken, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 3. Aufl. 2001, Kapitel C Rn. 105; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl. 1986, S. 51 f.; sowie § 60 Abs. 1 und 2 BWPolG, §§ 70, 71 BremPolG, §§ 1 Abs. 1, 82 Abs. 1 SaarlPolG, §§ 59 Nr. 2, 71 SächsPolG.
Nur letztere sind als (Vollzugs-)Polizei im formell-institutionellen Sinn anzusehen und von § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVZO erfasst. Eine bundeseinheitliche Handhabung der Regelung ist damit gewährleistet.

Dass die Polizeibehörden ihre öffentliche Präsenz durch Streifengänge und -fahrten in den letzten Jahren verringert haben mögen und die Städte dadurch - wie die Klägerin geltend macht - zum Aufbau eines eigenen KOD gezwungen worden seien,
vgl. zu dieser Entwicklung auch Kutscha, LKV 2007, 306,
der funktional (vollzugs-)polizeiliche Aufgaben wahrnehme und wie eine Polizeibehörde agiere, ändert an der begrifflichen Unterscheidung der Behördenzweige, die § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVZO zugrunde liegt, nichts. Dadurch wird ein ordnungsbehördlicher Vollzugsdienst nicht zu einer Polizeibehörde im formell-institutionellen Sinne.

b) Auch die Entstehungsgeschichte der heutigen Fassung des § 52 Abs. 3 StVZO zeigt, dass es dem Verordnungsgeber darum ging, den Kreis der blaulichtberechtigten Stellen möglichst eng zu halten.

In der Ursprungsfassung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vom 13. November 1937 (RGBl. I S. 1215, 1231) sah § 52 Abs. 3 StVZO lediglich vor, dass Kenn-Scheinwerfer (Scheinwerfer mit farbigem Licht zur Kennzeichnung besonderer Fahrzeuge) nur mit Genehmigung geführt werden dürfen, ohne die insoweit berechtigten Stellen gesondert aufzuführen. Eine präzisere Gestalt erhielt die Norm dann durch die Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vom 25. November 1951 (BGBl. I S. 908, 915). Danach durften Polizei-, Zollgrenzdienst-, Zollfahndungs-, Bundesgrenzschutz- und Feuerwehrfahrzeuge des Vollzugsdienstes mit einem zusätzlichen Scheinwerfer für blaues Licht (Kennscheinwerfer) ausgerüstet sein, der nur in Ausübung hoheitlicher Aufgaben zur Sicherung des Verkehrsvorrechts verwendet werden darf. Art. 1 Nr. 23 der Verordnung zur Änderung von Vorschriften des Straßenverkehrsrechts vom 14. März 1956 (BGBl. I S. 199, 202) setzte dieses um Präzision und Detailliertheit bemühte Regelungskonzept fort. Er gab § 52 Abs. 3 a) StVZO eine mit dem heutigen § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVZO nahezu identische Fassung, indem er als blaulichtberechtigt "Kraftfahrzeuge, die dem Vollzugsdienst der Polizei, der Militärpolizei, des Bundesgrenzschutzes, des Zollgrenzdienstes oder der Zollfahndung dienen, insbesondere Kommando-, Streifen-, Mannschaftstransort-, Verkehrsunfall-, Mordkommissionsfahrzeuge" neben anderen in § 52 Abs. 3 b) bis e) StVZO im Einzelnen benannten Fahrzeuggruppen aufzählte. Art. 1 Nr. 16 der Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vom 16. November 1970 (BGBl. I S. 1615, 1617) änderte § 52 Abs. 3 Nr. 1 - vormals Buchstabe a) - StVZO lediglich sprachlich ab, strich die Nummer 3 ("Einsatz- und Kommandofahrzeuge des Technischen Hilfswerks") und fügte eine neue Nummer 5 hinzu ("Kraftfahrzeuge, die nach ihrer Einrichtung zur Beförderung von Blutkonserven geeignet und nach dem Kraftfahrzeugschein als Kraftfahrzeug des Blutspendedienstes anerkannt sind"), die allerdings durch Art. 1 Nr. 31 der Einunddreißigsten Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 23. März 2000 (BGBl. I S. 310, 315) wieder gestrichen wurde. Diese Neufassungen und Änderungen des § 52 Abs. 3 StVZO veranschaulichen, dass der Verordnungsgeber die Stellen, die er jeweils als blaulichtberechtigt ansieht, möglichst genau bezeichnet, um den Kreis der Blaulicht-Berechtigten einzugrenzen. Dementsprechend heißt es in der amtlichen Begründung zu Art. 1 Nr. 16 der Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vom 16. November 1970 (VkBl. 1970, 830, 831 f.), dass die Zahl der Fahrzeuge, die mit blauem Blinklicht ausgerüstet werden, möglichst gering bleiben soll, um die Wirkung des Blaulichts nicht zu beeinträchtigen. Dieser restriktiven Regelungsintention liefe es zuwider, dem Begriff "Polizei" in § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVZO einen Bedeutungsgehalt beizulegen, der den Anwendungsbereich der Vorschrift durch die Einbeziehung des Vollzugsdienstes von Ordnungsbehörden um ein Vielfaches erweiterte.

c) Dass unter "Vollzugsdienst der Polizei" nur die Polizei im formell- institutionellen Sinn zu verstehen ist, entspricht im Anschluss daran dem Sinn und Zweck des § 52 Abs. 3 Satz 1 StVZO.

§ 52 Abs. 3 Satz 1 StVZO ist über seine Funktion als Befugnisnorm hinaus als Verbot zu verstehen, andere als die dort aufgeführten Fahrzeuge mit einer Blaulichteinrichtung zu versehen. Dies ist notwendig, um - erstens - die Wirkung blauer Blinklichter nicht dadurch zu beeinträchtigen, dass die mit einer Inflationierung von Fahrzeugen mit Blaulichtgebrauch, ohne dass dessen Notwendigkeit am Erscheinungsbild der Fahrzeuge erkennbar wäre, verbundene verminderte Akzeptanz von Blaulichteinsätzen in der Bevölkerung in der Tendenz sogar noch verstärkt wird, und weil - zweitens - mit jedem genehmigten Vorhandensein einer Blaulichtanlage die Gefahr des Fehlgebrauchs und sogar des Missbrauchs und damit die Gefahr schwerster Unfälle vergrößert wird.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Februar 2002 - 3 C 33.01 -, NZV 2002, 426 = juris Rn. 18 und 21; OVG NRW, Urteile vom 12. Mai 2000 - 8 A 2698/99 -, NZV 2000, 514 = juris Rn. 27, vom 8. März 2006 - 8 A 1117/05 -, VRS 110, 455 = juris Rn. 48, und vom 1. April 2008 - 8 A 4304/06 -, NWVBl. 2008, 427 = juris Rn. 32.
Mit Rücksicht auf die restriktive Zielsetzung des § 52 Abs. 3 Satz 1 StVZO ist die Auslegungsvariante vorzugswürdig, die den Kreis der blaulichtberechtigten Fahrzeuge auf den Vollzugsdienst der Polizei im formell-institutionellen Sinn beschränkt und aus ihm die Fahrzeuge eines KOD ausklammert.

d) Für ein enges Verständnis des Begriffs "Vollzugsdienst der Polizei" lassen sich schließlich systematische Erwägungen anführen.

Gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 StVO darf blaues Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn nur dann verwendet werden, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwenden, flüchtige Personen zu verfolgen oder bedeutende Sachwerte zu erhalten. Es ordnet an: "Alle übrigen Verkehrsteilnehmer haben sofort freie Bahn zu schaffen" (§ 38 Abs. 1 Satz 2 StVO). Blaues Blinklicht allein darf nur von den damit ausgerüsteten Fahrzeugen und nur zur Warnung an Unfall- oder sonstigen Einsatzstellen bei Einsatzfahrten oder bei der Begleitung von Fahrzeugen oder von geschlossenen Verbänden verwendet werden (§ 38 Abs. 2 StVO).

Auch wenn die Wegerechtsbestimmung des § 38 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 StVO nichts darüber aussagt, welche Fahrzeuge welcher Stellen Blaulicht und Einsatzhorn zu verwenden berechtigt sind, können ihr Grundgedanken entnommen werden, die Rückschlüsse auf die zum Führen von Blaulicht berechtigten Stellen zulassen: Der Normgeber hat die Notwendigkeit gesehen, den Schutz hochrangiger Rechtsgüter dadurch zu gewährleisten, dass er mittels Einsatzes von Blinkleuchten und Einsatzhorn Vorrechte im Straßenverkehr einräumt. Dieser Einsatz wird jedoch nur bestimmten Behörden und Organisationen erlaubt, indem deren Fahrzeuge mit derartigen Signaleinrichtungen ausgerüstet sein dürfen. Dabei handelt es sich um solche Behörden und Organisationen, die typischerweise dem Schutz der in § 38 Abs. 1 Satz 1 StVO aufgeführten Rechtsgüter dienen.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12. Mai 2000 - 8 A 2698/99 -, NZV 2000, 514 = juris Rn. 27.
In Situationen, in denen zur Lebensrettung oder Abwehr schwerster Gesundheitsgefahren oder zur Verfolgung flüchtiger Personen höchste Eile geboten ist, werden aufgrund ihrer Eilzuständigkeit (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 3 PolG NRW) aber nach wie vor typischerweise die Fahrzeuge der (Vollzugs-)Polizei eingesetzt und nicht die Fahrzeuge des Vollzugsdienstes einer Ordnungsbehörde.

Aus der von der Klägerin zur Stützung ihres Standpunktes angeführten Sonderrechtsregelung des § 35 Abs. 1 StVO ergibt sich nichts Gegenteiliges.

Nach dieser Vorschrift sind von den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung die Bundeswehr, die Bundespolizei, die Feuerwehr, der Katastrophenschutz, die Polizei und der Zolldienst befreit, soweit das zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist.

Es kann dahinstehen, ob § 35 Abs. 1 StVO den Polizeibegriff in einem weiteren Sinne verwendet.
Vgl. dazu KG, Beschluss vom 14. April 1982 - 3 Ws [B] 40/82 -, VRS 63, 148, 149; OLG Celle, Beschluss vom 6. Oktober 1987 - 3 Ss [OWi] 189/87 -, VRS 74, 220 (jeweils für Beamte der Steuerfahndung); König, in: Hentschel/König/ Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl. 2009, § 35 StVO Rn. 3; Heß, in: Jagow/Burmann/Heß, Straßenverkehrsrecht, 20. Aufl. 2008, § 35 StVO Rn. 2; Kullik, NZV 1994, 58, 59.
Das Sonderrecht des § 35 Abs. 1 StVO steht zwar in einem engen faktischen Zusammenhang mit der aus § 52 Abs. 3 Satz 1 StVZO herzuleitenden Berechtigung, Blaulicht zu führen. Die Normbereiche decken sich jedoch nicht, so dass die jeweils gebrauchten Polizeibegriffe nicht inhaltsgleich sein müssen. Die Inanspruchnahme von Sonderrechten nach § 35 Abs. 1 StVO - etwa beim Parken auf Gehwegen oder beim Befahren einer Fußgängerzone - ist nämlich nicht zwingend an das Verwenden von Blaulicht und Einsatzhorn gekoppelt, mag auch die Nichtbeachtung von Verkehrsregeln, soweit zulässig, in der Regel im Sicherheitsinteresse durch Blaulicht und Einsatzhorn anzuzeigen sein.
Vgl. NdsOVG, Beschluss vom 13. Januar 1997 - 12 M 6603/96 -, zfs 1997, 397 = juris Rn. 8; KG, Urteile vom 20. März 2003 - 12 U 199/01 -, NZV 2003, 481 = juris Rn. 25, und vom 25. April 2005 - 12 U 123/04 -, NZV 2005, 636 = juris Rn. 4; König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl. 2009, § 35 StVO Rn. 4.
Das Sonderrecht nach § 35 Abs. 1 StVO ist so auch von dem Wegerecht gemäß § 38 Abs. 1 StVO, das mit der Verwendung von Blaulicht und Einsatzhorn einhergehen muss, zu unterscheiden. Das Sonderrecht befreit die Verkehrsteilnehmer von der Beachtung der Vorschriften der Straßenverkehrsordnung. Anderen Verkehrsteilnehmern legt § 35 Abs. 1 StVO aber anders als § 38 Abs. 1 StVO keine Pflichten auf.
Vgl. dazu BayVGH, Beschluss vom 13. September 2005 - 11 CS 05.987 -, juris Rn. 34; Kullik, NZV 1994, 58.
Aufgrund der unterschiedlichen normativen Ausrichtungen kann der Polizeibegriff des § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVZO mithin ohne Normwiderspruch enger sein als der des § 35 Abs. 1 StVO, ohne dass der Senat dies im vorliegenden Zusammenhang entscheiden müsste.

2. Aus dem Vorstehenden ergibt sich zugleich, dass eine analoge Anwendung des § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVZO auf Kraftfahrzeuge des KOD einer Ordnungsbehörde auszuscheiden hat. Mangels planwidriger Regelungslücke ist für eine Analogie kein Raum. Hätte der Verordnungsgeber gewollt, dass Kraftfahrzeuge, die der KOD einer Ordnungsbehörde einsetzt, blaulichtberechtigt sein sollen, hätte er § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVZO - um Unklarheiten bei einem derart breiten und bedeutsamen Einsatzfeld zu vermeiden - im Zuge einer der Änderungen der Vorschrift klarstellend ergänzt. Ausnahmesituationen kann durch Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 70 Abs. 1 StVZO Rechnung getragen werden.


B.

Der auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 StVZO gerichtete Hilfsantrag ist zulässig, aber unbegründet.

Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 10. Oktober 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 27. Februar 2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Gemäß § 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO kann die höhere Verwaltungsbehörde - hier also die Beklagte (vgl. § 68 Abs. 1 StVZO, § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Bestimmung der zuständigen Behörden nach der StVZO vom 6. Januar 1999, GV. NW. S. 32, zuletzt geändert durch die Verordnung zur Änderung verkehrsrechtlicher Zuständigkeitsbestimmungen vom 6. Februar 2007, GV. NRW. S. 45) - in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte einzelne Antragsteller unter anderem von den Vorschriften des § 52 StVZO Ausnahmen genehmigen.

§ 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO stellt die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung in das Ermessen der Behörde.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht gemäß § 114 Satz 1 VwGO nur, ob das Ermessen überhaupt ausgeübt worden ist, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind und ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist.

Gemessen an diesem Maßstab lässt die Ablehnungsentscheidung der Beklagten Ermessensfehler nicht erkennen.


I.

Die Beklagte hat von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung des § 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO entsprechenden Weise Gebrauch gemacht.

Zweck der Regelung ist es, besonderen Ausnahmesituationen Rechnung zu tragen, die bei strikter Anwendung der Bestimmungen, von denen dispensiert werden soll, nicht hinreichend berücksichtigt werden können. Ob ein solcher Ausnahmefall vorliegt, bemisst sich nach dem Ergebnis des Vergleichs der Umstände des konkreten Falls mit dem typischen Regelfall, welcher dem generellen Verbot zugrunde liegt. Das so gewonnene Merkmal einer Ausnahmesituation ist sodann unverzichtbarer Bestandteil der einheitlich zu treffenden Ermessensentscheidung. Für die Erteilung der Ausnahmegenehmigung zur Ausstattung eines Fahrzeugs mit Blaulicht muss die Behörde insbesondere die § 52 Abs. 3 Satz 1 StVZO zugrunde liegende Erwägung berücksichtigen, dass die Zahl der mit Blaulicht ausgerüsteten Fahrzeuge möglichst gering bleiben muss. Auf der anderen Seite ist die Ermessensentscheidung maßgeblich daran auszurichten, ob das Kraftfahrzeug, für das die Ausnahmegenehmigung beantragt wird, ebenso wie die Fahrzeuge der von der vorgenannten Vorschrift erfassten Organisationen typischerweise in Situationen eingesetzt wird, in denen zur Lebensrettung oder Abwehr schwerster Gesundheitsgefahren höchste Eile geboten ist.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Februar 2002 - 3 C 33.01 -, NZV 2002, 426 = juris Rn. 20; OVG NRW, Urteile vom 12. Mai 2000 - 8 A 2698/99 -, NZV 2000, 514 = juris Rn. 18, 24, 26 f. und 32, vom 8. März 2006 - 8 A 1117/05 -, VRS 110, 455 = juris Rn. 46, und vom 1. April 2008 - 8 A 4304/06 -, NWVBl. 2008, 427 = juris Rn. 30.
Eine Ausnahmegenehmigung ist danach zu erteilen, wenn dies geboten ist, um ansonsten nicht beherrschbaren Gefahren begegnen zu können,
vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Februar 2002 - 3 C 33.01 -, NZV 2002, 426 = juris Rn. 21 f.; OVG NRW, Urteile vom 8. März 2006 - 8 A 1117/05 -, VRS 110, 455 = juris Rn. 48, und vom 1. April 2008 - 8 A 4304/06 -, NWVBl. 2008, 427 = juris Rn. 32,
oder wenn es sich um einen atypischen Sonderfall handelt, dem nur durch die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung Rechnung getragen werden kann.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12. Mai 2000 - 8 A 2698/99 -, NZV 2000, 514 = juris Rn. 52.
Beides kann der Fall sein, wenn der Bedarf an Blaulichtfahrzeugen - zum Beispiel zur Bewältigung von Notfallsituationen - aus der Sicht des Zeitpunktes der gerichtlichen Entscheidung im relevanten örtlichen Bereich nicht bereits anderweitig gedeckt ist. Bedarf, Bedarfsdeckung und eine mögliche Ermessensreduzierung auf Null hängen entscheidend von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 3 B 63.08 -, juris Rn. 3; OVG NRW, Urteile vom 12. Mai 2000 - 8 A 2698/99 -, NZV 2000, 514 = juris Rn. 63, und vom 1. April 2008 - 8 A 4304/06 -, NWVBl. 2008, 427 = juris Rn. 41, 45 und 89.
Von diesen Maßstäben hat sich die Beklagte bei der Betätigung ihres Ermessens leiten lassen. Sie hat ihre Entscheidung maßgeblich auf die Erwägung gestützt, dass unter Berücksichtigung des Willens des Verordnungsgebers, die Vergabe von Blaulicht-Berechtigungen restriktiv zu handhaben, keine Ausnahmesituation gegeben sei, in der die Ausstattung von Dienstfahrzeugen des KOD der Klägerin mit Blaulicht und Einsatzhorn geboten sei.

Diese Einschätzung ist nicht zu beanstanden.

Um Gefahrensituationen zu begegnen, in denen höchste Eile und die Inanspruchnahme von Wegerechten nach § 38 Abs. 1 StVO unter Einsatz von Blaulicht und Einsatzhorn geboten ist, bedarf es der von der Klägerin begehrten Ausstattung ihrer Fahrzeuge nicht. Der diesbezügliche Bedarf wird von den Blaulichtfahrzeugen der Polizei gedeckt.

Wie im Zusammenhang mit der Auslegung des § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVZO ausgeführt, ist es typischerweise Aufgabe der Polizei, aufgrund ihrer Eilzuständigkeit in eilbedürftigen Situationen etwa zur Lebensrettung, zur Abwehr schwerster Gesundheitsgefahren oder zur Verfolgung flüchtiger Personen einzuschreiten. Es ist nicht erkennbar, dass durch die von der Polizei im Zuständigkeitsbereich der Klägerin vorgehaltenen Blaulichtfahrzeuge der Bedarf zur Bewältigung solcher Notfallsituationen nicht gedeckt ist. Dafür spricht auch die von der Beklagten eingeholte Stellungnahme des Polizeipräsidiums X. zu dem Antrag der Klägerin. Darin wird ausgeführt, dass nach polizeilicher Einschätzung Einsätze, bei denen die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 StVO für die Mitarbeiter des KOD vorlägen, so gut wie nicht gegeben seien. Dringende Einsätze liefen bei der Polizei auf und würden über 24 Stunden von ihr wahrgenommen. Es besteht kein Anlass, an dieser Lagebeurteilung der örtlichen Polizeibehörde zu zweifeln.

Zwar können die von der Klägerin beispielhaft zur Begründung ihres Antrags genannten Gefahrensituationen bzw. Einsatzzwecke zum Einsatz von Blaulicht und Einsatzhorn und zur Inanspruchnahme von Wegerechten berechtigen. Allerdings bedeutet dies zum einen nicht, dass der Blaulicht- und Einsatzhorngebrauch in jeder dieser Einsatzlagen geboten ist. Zum anderen heißt dies nicht, dass es dazu zwingend der Vergabe einer Blaulicht- Berechtigung für die Fahrzeuge des KOD der Klägerin bedarf, weil die Gefahrensituation andernfalls nicht beherrscht werden könnte. Auch wenn die Polizei ihre öffentliche Präsenz durch Streifenfahrten und -gänge reduziert haben und der Aufbau des KOD dazu dienen mag, dies zu kompensieren, ist nicht zu erkennen, dass aufgrund dessen Situationen aufgetreten sind bzw. typischerweise aufzutreten drohen, in denen gerade der Umstand, dass die Fahrzeuge des KOD der Klägerin nicht mit Blaulicht und Einsatzhorn ausgestattet sind, dazu führt, dass einer Gefahr nicht effektiv begegnet werden konnte bzw. typischerweise nicht effektiv begegnet werden könnte.

Im Schriftsatz vom 25. Juli 2008 nennt die Klägerin lediglich zwei Einzelfälle vom 30. April 2006 - die nächtliche Schlangenlinienfahrt eines betrunkenen Fahrers - und vom 3. Juni 2008 - die Bedrohung zweier Mitarbeiter des KOD durch eine bewaffnete alkoholisierte Person -, in denen ihr KOD eine Gefahrensituation mit Blaulicht und Einsatzhorn nach ihrer Auffassung schneller entschärft hätte. In beiden Fällen wurde die Gefahr - so die Klägerin selbst - aber letztlich durch die Alarmierung der Polizei abgewehrt.

Aus der mit Schriftsatz vom 20. Mai 2009 von der Klägerin übersandten Einsatzübersicht ergibt sich nichts anderes. Diese enthält eine Aufstellung von Einsätzen im Zeitraum vom 17. Dezember 2008 bis zum 13. Mai 2009, bei denen nach Ansicht der Klägerin "Blaulicht und/oder Martinshorn notwendig" gewesen wären. Offenbar hat der KOD der Klägerin aber auch die aufgeführten Gefahrensituationen ohne mit Blaulicht und Einsatzhorn ausgestattete Fahrzeuge beherrscht bzw. hätte diese notfalls unter Hinzuziehung der Polizei beherrschen können.

Nach alledem mag es aus der Sicht der Klägerin zweckmäßig erscheinen, die Fahrzeuge ihres KOD mit Blaulicht und Einsatzhorn auszurüsten, weil ihr dies die Aufgabenerfüllung in bestimmten Einsatzlagen - wie etwa beim Transport in Gewahrsam genommener Personen, die während der Fahrt zu randalieren beginnen - erleichtern würde. Eine zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung führende Ausnahmesituation folgt daraus indessen noch nicht.

Das Berufungsvorbringen, die Beklagte hätte dem Gesichtspunkt, dass die Klägerin die für ihre Aufgabenerfüllung erforderliche Sachausstattung benötige und dass dazu auch die Ausrüstung der Einsatzfahrzeuge des KOD mit Blaulicht und Einsatzhorn gehöre, stärkere Aufmerksamkeit widmen und ihn in die Abwägung einbeziehen müssen, führt nicht auf einen Ermessensfehler. Dass die Klägerin für ihre Aufgabenerfüllung eine ausreichende Sachausstattung benötigt, sagt nichts darüber aus, ob ihre Fahrzeuge mit Blaulicht und Einsatzhorn versehen werden müssen und konnte daher bei der Ermessensentscheidung nicht entscheidungserheblich ins Gewicht fallen. Auch der Hinweis der Klägerin auf § 13 Satz 1 OBG, wonach die Ordnungsbehörden die ihnen obliegenden Aufgaben mit eigenen Dienstkräften durchführen, führt insoweit nicht weiter. Die Klägerin ist an der Erfüllung ordnungsbehördlicher Aufgaben mit eigenen Dienstkräften auch dann nicht gehindert, wenn die Fahrzeuge ihres KOD nicht mit Blaulicht und Einsatzhorn ausgestattet sind.

Die Erwägung der Beklagten, die Zahl der Fahrzeuge, die mit Blaulicht und Einsatzhorn ausgerüstet sind, möglichst gering zu halten, da Einsätze unter Verwendung dieser Einrichtungen und Inanspruchnahme von Sonderrechten ein erhebliches Risiko für die Verkehrssicherheit darstellen, bleibt sachgerecht und zutreffend, auch wenn die Klägerin für das Führen von Blaulichtfahrzeugen nur besonders geschulte Kräfte einsetzen will. Das Gleiche gilt für die Überlegung der Beklagten, dass die Warnfunktion der Signale bei einer Ausweitung des Kreises der Blaulicht-Berechtigten geschwächt wird. Die Ausstattung weiterer Fahrzeuge mit Blaulicht und Einsatzhorn lässt erwarten, dass auch die Zahl der Einsätze zunimmt, in denen von diesen Signalen Gebrauch gemacht wird.


II.

Die Beklagte hat auch die rechtlichen Grenzen des ihr zustehenden Ermessens nicht überschritten. Namentlich verstößt die Ablehnung nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung.

Eine Selbstbindung der Verwaltung ist anzunehmen, wenn die Behörde ihr Ermessen durch die ständige gleichmäßige Übung einer bestimmten Verwaltungspraxis in der Vergangenheit gebunden hat. Dadurch sind Ausnahmen zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, aber jedenfalls nur unter besonderen Umständen möglich.
Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 22. Januar 1969 - VI C 52.65 -, BVerwGE 31, 212 = NJW 1969, 811 = juris Rn. 50.
Ein Anspruch auf "Gleichbehandlung im Unrecht" besteht nicht. Eine Selbstbindung kommt nur in Bezug auf eine rechtmäßige Verwaltungspraxis in Betracht.

Die Behörde hat zudem die Möglichkeit, sich für die Zukunft ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus sachlichen Gründen von einer in der Vergangenheit geübten Praxis zu lösen und für künftige Fälle ihr Ermessen in anderer Weise auszuüben. Hier kommt es nur darauf an, dass die Neuausrichtung der Ermessenspraxis für die Zukunft eine allgemeine ist und nicht nur für den einen zur Entscheidung stehenden Fall vorgenommen wird.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 8. April 1997 - 3 C 6.95 -, BVerwGE 104, 220 = NVwZ 1998, 273 = juris Rn. 20, und vom 11. Mai 2006 - 5 C 10.05 -, BVerwGE 126, 33 = NVwZ 2006, 1184 = juris Rn. 63; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 40 Rn. 124; Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, § 40 Rn. 31.
Daran gemessen verstößt die Ablehnungsentscheidung nicht deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung, weil die Beklagte den Städten E. und Duisburg im Jahr 2006 Ausnahmegenehmigungen zur Ausstattung von Ordnungsamtsfahrzeugen mit Blaulicht und Einsatzhorn erteilt hat.

Die Beklagte hat sich von einer etwaigen dahingehenden Genehmigungspraxis jedenfalls ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz gelöst. In den Jahren ab 2007 gestellte Ausnahmegenehmigungsanträge der Städte F., N., H. und I. lehnte die Beklagte ab. Einen weiteren Antrag der Stadt N1. hätte sie nach ihrem Vorbringen abgelehnt, wenn sie dieses Verwaltungsverfahren nicht im Hinblick auf das vorliegende Streitverfahren ausgesetzt hätte.

Die (Neu-)Ausrichtung der Ermessenspraxis der Beklagten für die Zukunft ist allgemeiner Art und bezieht sich nicht nur auf den Einzelfall. Dies ergibt sich aus den Erlassen des MBV vom 24. Oktober 2007 - III B 2-21-31/2010 - und vom 27. Februar 2009 - III.6-21-31/2010 -, welche die Ermessensausübung der Beklagten in dieser Angelegenheit steuern. Bereits in dem Erlass vom 24. Oktober 2007 heißt es, das MBV sehe die Voraussetzungen für die Erteilung der in Rede stehenden Ausnahmegenehmigungen nicht als gegeben an. Die Beklagte sei bereits vor einiger Zeit gebeten worden, in der Vergangenheit erteilte befristete Ausnahmegenehmigungen nicht mehr zu verlängern. Im Erlass vom 27. Februar 2009 hat das MBV weiter ausgeführt, aufgrund der besonderen Gefahrenlagen, die durch den Einsatz von Blaulicht und Einsatzhorn entstehen könnten, sei zur Beibehaltung der Akzeptanz bei anderen Verkehrsteilnehmern ein restriktiver Einsatz erforderlich. Das MBV habe die Bezirksregierungen deshalb bei Anfragen immer wieder angehalten, die Gewährung von Ausnahmegenehmigungen in diesem Bereich äußerst restriktiv zu handhaben. Da der Erlass im Einvernehmen mit dem Innenministerium erging, besteht kein Anlass, dieses - wie von der Klägerin angeregt - eigens zu seiner Auffassung in dieser Sache zu befragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.



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