Das Verkehrslexikon
OLG Frankfurt am Main Urteil vom 09.06.2009 - 3 U 211/08 - Schadensteilung bei Fahrzeugtür-Beschädigung durch Einparkenden
OLG Frankfurt am Main v. 09.06.2009: Zu den Sorgfaltsanforderungen beim Einparken auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz
Das OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 09.06.2009 - 3 U 211/08) hat entschieden:
Ungeachtet besonderer Umstände im Einzelfall sind an die Sorgfalt des Fahrers eines Fahrzeugs, der auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz in eine rechtwinklig zur Durchfahrtrichtung angeordnete Parklücke einparken will, sowie an die Sorgfaltspflicht des Fahrers oder Mitfahrers eines neben dieser Parklücke abgestellten weiteren Fahrzeugs beim Aussteigen gleich hohe Anforderungen zu stellen, so dass in der Regel bei einer Kollision des einparkenden Fahrzeugs mit einer teilweise geöffneten Fahrzeugtür eines geparkten Fahrzeugs eine hälftige Schadenaufteilung angemessen.
Gründe:
I.
Der Kläger nimmt die Beklagten auf Schadensersatz wegen eines Parkplatzunfalls vom 12.5.2007 auf dem Parkdeck des X-Marktes in … in Anspruch. Die Beklagte zu 1) stieß beim Einfahren auf einen (90°) rechtswinklig linksseitig anordneten Parkplatz im Unterdeck des X-Parkplatzes gegen die Schmalseite der zum Teil geöffneten Fahrertür des Klägerfahrzeugs, das der Fahrer im Begriff war zu verlassen. Links neben dem Klägerfahrzeug waren zuvor 2 Parkplätze frei. Streitig zwischen den Parteien ist, ob die Fahrertür plötzlich und unvermittelt während es Einfahrvorgangs geöffnet worden ist.
Der Kläger hat behauptet, sein Sohn, der Fahrer des Fahrzeugs, sei zunächst im Fahrzeug sitzen geblieben, während er selbst auf der rechten Seite ausgestiegen und sich bereits hinter dem Heck befunden habe. Der links neben dem Fahrzeug befindliche Parkplatz sei frei gewesen. Sein Sohn habe sodann mit Blick nach links die Fahrertür etwa ein bis zwei Handbreit geöffnet, während die linke Parklücke immer noch frei gewesen sei. In diesem Moment sei die Beklagte zu 1) mit ihrem Pkw mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit herangefahren und ohne Zögern in die freie Parklücke nach links eingebogen. Vermutlich aufgrund ihrer überhöhten Kurvengeschwindigkeit sei sie zu weit nach außen geraten. Das Beklagtenfahrzeug habe das Klägerfahrzeug beginnend im Bereich der hinteren linken Tür, wo die Lackierung leicht beschädigt worden sei, und im weiteren Verlauf die Linke A.-Säule des … beschädigt und sei quasi an der leicht geöffneten Fahrertür hängen geblieben, wodurch die Fahrertür gestaucht und ebenfalls stark beschädigt worden sei.
Nachdem der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. SV1 in seinem Gutachten vom zwar 20.4.2008 (Blatt 73 d.A.) ausgeführt hatte, dass die Beschädigung an der hinteren linken Tür nicht durch den Anstoß des Beklagtenfahrzeugs entstanden, sondern eine Folge des Schließens der deformierten vorderen Tür gewesen sei, hat der Kläger auf Befragen in der mündlichen Verhandlung vom 1.7.2008 erklärt, die Fahrertür habe sich nicht mehr schließen lassen und zum notdürftigen Festhalten der Tür sei ein Abschleppgurt benutzt worden; bei dieser Gelegenheit müsse die Tür gegen die hintere Tür gestoßen und der dort beobachtete Schaden entstanden sein. Der Kläger hat einen Reparaturschaden von 4038,93 € sowie Sachverständigen-, Abschlepp- und Fahrtkosten sowie Entschädigung für Nutzungsausfall, insgesamt 5.172,18 € geltend gemacht.
Die Beklagten haben behauptet, während des Einfahrens in die Parklücke, neben der sich das Fahrzeug des Klägers befunden habe, sei plötzlich und unvermittelt am Fahrzeug des Klägers die Tür geöffnet worden. Trotz einer Vollbremsung habe die Beklagte zu 1) eine Kollision mit der Tür nicht vermeiden können. Der Kläger selbst habe vorgerichtlich den Hergang auch dahingehend (richtiger) beschrieben, dass es beim vorsichtigen Öffnen zur Kollision mit dem Fahrzeug der Unfallbeteiligten gekommen sei (vgl. Blatt 35 d.A.).
Die Beklagten bestreiten darüber hinaus die Höhe des geltend gemachten Schadens. Der Kläger habe die Forderung auf Zahlung der Gebühren des Sachverständigen abgetreten und sei deshalb nicht aktivlegitimiert. Sie haben die Unfallbedingtheit der Kosten für die öffentlichen Verkehrsmittel sowie die geltend gemachte Kostenpauschale von 30 € als überhöht bestritten.
Die Beklagten haben im übrigen Verwirkung des Schadensersatzes geltend gemacht, nachdem sich durch das Sachverständigengutachten herausgestellt habe, dass der Kläger einen Vorschaden an der hinteren linken Tür habe abrechnen wollen.
Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie Vernehmung des Fahrers des Klägerfahrzeugs (Sohn des Klägers) als Zeugen durch Urteil vom 19.8.2008 der Klage in Höhe von 4.914,18 € stattgegeben, die in Höhe von 30 € geltend gemachte Unkostenpauschale abgewiesen, ebenso einen Teil der Nutzungsausfallentschädigung, soweit sie über den Zeitraum von fünf Tagen hinaus beansprucht wurde, den der Sachverständige als angemessen erachtet hatte.
Das Landgericht hat die vollständige Ersatzpflicht der Beklagten dem Grunde nach mit der Begründung festgestellt, dass denjenigen die volle Ersatzpflicht für den entstanden Schaden treffe, der auf einem Parkplatz bei der Einfahrt in eine Parkbucht gegen eine geöffnete Fahrzeugtür stoße. Zwar gelte angesichts des Umstandes, dass das Parkgelände von jedermann benutzt und befahren werden könne, öffentliches Straßenverkehrsrecht. Es sei aber zu beachten, dass die Verkehrsfläche primär dem Parken und nicht dem Vorwärtskommen diene. Parkbuchten seien zum Ein- und Aussteigen bestimmt. Insofern seien die Sorgfaltspflichten der Beteiligten gegenüber dem Aussteigen aus einem Kraftfahrzeug an einer Verkehrsstraße umgekehrt zu gewichten. Wer in eine Parkbucht einfahre, neben der unmittelbar ein anderes Fahrzeug sich befinde, müsse jederzeit damit rechnen, dass in diesem Fahrzeug eine Person sitze, die aussteigen möchte und die Tür öffne. Die einfahrende Beklagte zu 1) habe daher äußerste Sorgfalt zu beachten gehabt und nicht darauf vertrauen können, wie im fließenden Verkehr einfach einfahren zu dürfen. Angesichts der Enge von Parkbuchten im Verhältnis zu den gleichzeitig gestiegenen Abmessungen der Fahrzeuge müsse damit gerechnet werden, dass Aussteigende den Raum der angrenzenden Parkbucht kurzzeitig in Anspruch nehmen. Dem sei die Einfahrtgeschwindigkeit anzupassen. Sofern die Beklagte zu 1) jederzeit bremsbereit eingefahren wäre, hätte das Unfallereignis vermieden werden können, denn die Beklagte zu 1) sei gegen die Tür gefahren; es sei nicht die Tür gegen das bereits eingefahrene Fahrzeug geschlagen worden.
Solche Unfallereignisse seien alltäglich und deshalb nicht unabwendbar. Bei der Abwägung der jeweiligen Verursachungs- und Verschuldensanteile sei aber zu berücksichtigen, dass das Klägerfahrzeug gestanden habe und die größere Betriebsgefahr vom Beklagtenfahrzeug ausgegangen sei und überdies gelte auf Parkflächen eine erhöhte Sorgfaltspflicht des Einfahrenden. Die Beklagte zu 1) habe deshalb den Schaden allein zu tragen.
Mit der hiergegen rechtzeitig eingelegten und rechtzeitig begründeten Berufung rügen die Beklagten zunächst, das Landgericht habe sich nicht mit dem gegen den Kläger sprechenden Anscheinsbeweis auseinandergesetzt. Dieser Anscheinsbeweis bestehe zulasten dessen, der die Fahrzeugtür öffne. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass die Tür am Fahrzeug des Klägers plötzlich und unvermittelt geöffnet worden sei, als die Beklagte zu 1) gegen das Fahrzeug gefahren sei. Nach der Aussage des vom Kläger benannten Zeugen Dr. Z1 stehe fest, dass das Öffnen der Tür nur drei bis vier Sekunden gedauert und sich der Zeuge noch im Fahrzeug befunden habe. Damit habe nach dieser Zeugenaussage die typische Situation vorgelegen, dass sich der Unfall beim Türöffnen ereignete.
Aus den Gründen des Urteils ergebe sich nicht, wie das Landgericht zu der Erkenntnis gekommen sei, die Beklagte zu 1) sei zu schnell in die Parklücke eingefahren. Der Zeuge habe auf Nachfrage des Beklagtenvertreters bei seiner Vernehmung erklärt, er könne gerade keine Angaben zu der Fahrgeschwindigkeit der Beklagten zu 1) machen. Die Beweisaufnahme habe letztlich bestätigt, dass sich der Unfall im zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem Türöffnen ereignet habe; der Beweis des ersten Anscheins spreche gegen den Kläger. Dieser sei weder durch das Sachverständigengutachten noch die Zeugenaussage entkräftet worden. Es sei deshalb nicht nachvollziehbar, weshalb die Beklagten den Schaden allein tragen sollten. Nach der Rechtsprechung sei im Gegenteil von einer erhöhten Sorgfaltspflicht des die Tür öffnenden Fahrers / Mitfahrers auszugehen.
Das Landgericht sei auch nicht auf die Einwendungen der Beklagten zur Höhe des Schadens eingegangen. Die Ausführungen des Gerichts zur Höhe des Schadens seien unzutreffend.
Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19.8.2008 (2-17 O 65/07) abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen
sowie im Wege der Anschlussberufung,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten als Gesamtschuldner des weiteren zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Kosten in Höhe von 546,69 € zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.6.2007 zu zahlen.
Der Kläger weist darauf hin, dass auch in zweiter Instanz der Vortrag der Beklagten zum Unfallhergang und insbesondere zum eigenen Fahrverhalten substanzlos geblieben sei. Dies rechtfertige keine begründeten Angriffe gegen die tatrichterlichen Feststellungen.
Entgegen der Meinung der Beklagten handle es sich dem Sachverständigengutachten zufolge bei dem Schaden an der hinteren linken Tür nicht um einen Vorschaden; dieser sei vielmehr erst nach der Kollision beider Fahrzeuge entstanden. Das ergebe sich auch unschwer aus der Zeugenaussage Dr. Z1. Weder dem Kläger noch dem Zeugen sei bei der Schadensfeststellung bewusst gewesen, ob der Kratzer an der hinteren Tür direkt auf die Kollision zurückzuführen gewesen sei. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers habe selbst anhand der Lichtbilder den Eindruck gewonnen, dass dieser Schaden direkt mit dem Kontakt der Fahrzeuge zu tun habe.
Bezüglich der vorgerichtlichen Anwaltskosten sei das Landgericht unzutreffend und überraschend davon ausgegangen, dass das Anspruchsschreiben des Bevollmächtigten des Klägers vom 4.6.2007 zum ersten Rechtszug gehöre. Soweit das Landgericht möglicherweise davon ausgehe, der Auftrag zur Klageerhebung habe bereits bei Abfassung dieses Schreibens bestanden, sei dies unrichtig. Dies ergebe sich auch aus dem Antrag vom 27.8.2008 gemäß § 321a ZPO (Blatt 126f d.A.).
II.
Der Berufung hat teilweise Erfolg.
1. Den Ausgangspunkt für den Haftung der Unfallbeteiligten dem Grunde nach, nämlich die Anwendung der Straßenverkehrsordnung, hat das Landgericht zutreffend festgestellt, weil es sich bei dem Unfallort zwar um einen Firmenparkplatz, jedoch auch um ein bestimmungsgemäß jedermann zugängliches Gelände handelt. Ebenso hat es hinsichtlich der zu verteilenden Haftungsanteile die §§ 7, 17 StVG herangezogen.
a) Danach gilt zunächst für den Haftungsanteil des Klägerfahrzeugs § 14 Abs. 1 StVO, wonach von einer aus einem Kraftfahrzeug aussteigenden Person gefordert wird, dass durch ihr Verhalten eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Ob diese Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind, ist im angefochtenen Urteil nicht konkret festgestellt. Aus der Beweisaufnahme, insbesondere der Aussage des Sohnes des Klägers, der Fahrer dessen Fahrzeugs und im Ergebnis Mitverursacher des Unfalls gewesen ist, ergibt sich dazu, er habe sich vor dem Aussteigen durch Schulterblick vergewissert, dass er ungefährdet aussteigen könne. Bereits als er die Fahrertür lediglich teilweise (zunächst ein kleines Stück, sodann etwas weiter) für 3 bis 4 Sekunden geöffnet gehabt habe, ohne einen Fuß aus dem Fahrzeug zu setzen, sei die Beklagte zu 1) beim Einparken gegen die Tür gefahren. Der zum Unfallhergang im gleichen Termin angehörte Kläger ist zum Unfallhergang nicht befragt worden. Seiner Darstellung in der Klageschrift zufolge habe er sich zur Zeit des Zusammenstoßes hinter dem Heck seines Fahrzeugs befunden und gesehen, dass das Beklagtenfahrzeug sich viel zu schnell genähert habe und dann zügig ohne Zögern in die Parklücke eingefahren sei. Diese Darstellung spricht für fehlende Sorgfalt der Beklagten zu 1). Auf der anderen Seite erscheint es zweifelhaft, dass der Schulterblick die geeignete Vorsichtsmaßnahme vor dem Aussteigen gewesen ist. Ein direkter Blick aus dem Fenster der Fahrertür quer über die links daneben befindliche freie Parkfläche auf den herannahenden Verkehr – soweit einsehbar – wäre vorzuziehen gewesen.
b) Für die Bewertung des Haftungsanteils der Beklagten zu 1) ist § 1 StVO maßgeblich, wonach das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme gilt, dass ein Verhalten erfordert, dass kein anderer geschädigt oder gefährdet wird. Ob insoweit eine Sorgfaltspflichtverletzung seitens der Beklagten zu 1) festgestellt werden kann, richtet sich danach, inwieweit ihre Geschwindigkeit, insbesondere beim Einbiegen in die Parklücke der Situation angemessen gewesen ist und in wieweit sie in der Lage gewesen ist zu erkennen, dass sich noch eine Person im Fahrzeug des Klägers befand, mit deren Aussteigen aus dem Fahrzeug jederzeit zu rechnen gewesen ist. Weiterhin kann die Vorschrift zum Abbiegen (§ 9 Abs. 1 StVO) herangezogen werden, aufgrund derer ein Abbiegevorgang rechtzeitig und deutlich unter Verwendung der Fahrtrichtungsanzeiger anzukündigen ist. Allerdings bezieht sich auch diese Vorschrift in erster Linie auf den fließenden Verkehr auf einer Straße.
c) Das Landgericht ist den näheren Umständen des Unfallherganges nicht nachgegangen, weil es einen Grundsatz aufgestellt hat, dass – wer auf einem Parkplatz bei der Einfahrt in eine Parkbucht gegen eine geöffnete Fahrzeugtür stößt – den entstandenen Schaden in vollem Umfang zu tragen habe. Einen diesem Ergebnis zugrunde zu legender Anscheinsbeweis, das heißt ein Erfahrungssatz dahingehend, dass der Führer eines Fahrzeugs, welches beim Einfahren auf einen rechtwinklig zu seiner Fahrtrichtung angeordneten Parkplatz gegen eine leicht geöffnete Tür des stehenden Fahrzeugs stößt, in der Regel in einem Maße grobfahrlässig unaufmerksam gewesen ist, dass ihn das alleinige Verschulden am Zusammenstoß trifft, existiert nicht. Das Landgericht hat diese Ansicht auch nicht belegt.
2. Die Regelung § 14 Abs. 1 StVO steht dem vom Landgericht angenommenen Anscheinsbeweis direkt entgegen, wenngleich dem Landgericht grundsätzlich darin gefolgt werden kann, dass hier eine Regelung zum Schutz des fließenden Verkehrs getroffen worden ist. Das ergibt sich bereits aus dem 2. Absatz der Vorschrift, der in Satz 1 Maßnahmen gegen Verkehrsstörungen (und Unfälle) festlegt. Jedenfalls dürfte die Vorschrift nicht speziell auf die Verkehrssituation von Großparkplätzen zugeschnitten sein. Es erscheint aber zweifelhaft, die grundsätzlich auch auf einem öffentlichen Parkplatz geltende gesetzliche Regelung wegen der besonderen Verkehrssituation in ihr Gegenteil zu verkehren.
a) Soweit ersichtlich gibt es zur Frage der Haftungsverteilung bei einer Kollision mit einer (teilweise) geöffneten Fahrzeugtür im Zusammenhang mit dem Einparken auf einem Kundenparkplatz keine obergerichtliche Rechtsprechung und auch keine, die die vom Landgericht vertretene Auffassung teilt.
Das AG Weilburg hat am 7.8.2001 (Schaden-Praxis 2002, 89) entschieden, dass wer auf einem Parkplatz seiner Sorgfaltspflicht beim Aussteigen nicht nachkomme und mit der aufschwingenden Tür ein gerade einparkendes Fahrzeug beschädige, mit einer Quote von 70 % für den entstandenen Schaden hafte. Insoweit besteht jedoch ein Unterschied im der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt, da das Landgericht vorliegend ausdrücklich festgestellt hat, dass die Beklagte zu 1) gegen die Tür gefahren sei, nicht dagegen die Fahrertür des Klägerfahrzeugs gegen das einparkende Fahrzeug gestoßen sei. Diese Feststellung ist auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens nicht zu beanstanden.
Das AG Ibbenbühren (Schaden-Praxis 2002, 232) hat entschieden, dass beim Öffnen der Tür eines stehenden Pkw (auch auf einem Parkplatz) die gesteigerten Sorgfaltspflichten des § 14 StVO zu beachten seien, so dass der Fahrer die linke Wagentür nur öffnen dürfe, wenn er sicher sein könne, das andere von hinten nahende Fahrzeuge nicht gefährdet werden. Auch insoweit besteht ein Unterschied zum vorliegenden Sachverhalt, weil ein rechtwinklig zur Durchfahrt auf einem Parkplatz abgestelltes Fahrzeug nicht ohne weiteres die Sicht auf ein in der Parkplatzdurchfahrt sich näherndes Fahrzeuges zulässt, das in die neben dem geparkten Fahrzeug freie Lücke einparken will.
Das AG Neubrandenburg hat entschieden (ZfSch 2003,2 131), das bei einer Kollision zwischen zwei Fahrzeugen beim Öffnen der Fahrertür eines Pkw der Beweis des ersten Anscheins dafür spreche, dass der die Tür Öffnende den Unfall dadurch allein verursacht und verschuldet habe, dass er sich beim Türöffnen nicht so verhalten habe, dass jede Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen gewesen wäre. Diese Entscheidung betrifft jedoch den fließenden Verkehr neben einer (Schräg)-Parklücke am Fahrbahnrand.
Das OLG Celle hat – allerdings im Zusammenhang mit der Regel „rechts vor links“ – entschieden (Schaden-Praxis 1996, 339), es sei anerkannt, dass einem jeden Kraftfahrer auf öffentlichen Parkplätzen wegen der ständig zu erwartenden Ein- und Ausparkvorgänge besonders hohe Sorgfalts- und Rücksichtspflichten obliegen.
Auch das OLG Köln (VersR 1995, 719) hat die ständig wechselnde Verkehrssituation auf öffentlichen Parkplätzen als Grund dafür angeführt, dass der sonst geltende Vertrauensschutz des Vorfahrtberechtigten nicht uneingeschränkt gelte, er vielmehr in besonderem Maße auch mit Vorfahrtverletzungen zu rechnen habe und sich deshalb bei Sichtbehinderung nur in den Kreuzungsbereich hineintasten dürfe.
b) Allen diesen Entscheidungen kann eine ausreichende Stütze für die im angefochtenen Urteil vertretene Rechtsansicht nicht entnommen werden. Richtig ist allerdings der Ansatzpunkt des Landgerichts, dass die Verkehrssituation auf einem Parkplatz für ein Möbelhaus nicht vom Vorwärtskommen, sondern vom Parken und damit vom ruhenden Verkehr bestimmt wird. Es ist jedoch auch nicht zu verkennen, dass ständig mit Ein – und Ausparkvorgängen sowie dem Be- und Entladen auch sperriger Gegenstände sowie Fußgängerverkehr mit Einkaufswagen zu rechnen ist. Diese Situation erfordert besondere Umsicht durch eine vollständige Konzentration auf die gesamte Umgebung.
Das gilt nicht nur für ankommende und einparkende Fahrzeuge sowie deren Fahrer und Mitfahrer, sondern auch für ein- und aussteigende, be- und entladende Personen.
Ungeachtet besonderer Umstände im Einzelfall sind daher an die Sorgfalt des Fahrers eines Fahrzeugs, der auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz in eine rechtwinklig zur Durchfahrtrichtung angeordnete Parklücke einparken will, sowie an die Sorgfaltspflicht des Fahrers oder Mitfahrers eines neben dieser Parklücke abgestellten weiteren Fahrzeugs beim Aussteigen gleich hohe Anforderungen zu stellen, so dass in der Regel bei einer Kollision des einparkenden Fahrzeugs mit einer teilweise geöffneten Fahrzeugtür eines geparkten Fahrzeugs eine hälftige Schadenaufteilung angemessen erscheint.
c) Besondere, den Haftungsanteil erhöhende Umstände können vorliegend allenfalls in dem Umstand gesehen werden, dass der Fahrer des stehenden Fahrzeugs des Klägers durch die Beklagte zu 1) erkennbar gewesen und die Betriebsgefahr des in Bewegung befindlichen Fahrzeugs höher zu veranschlagen ist. Andererseits war vorliegend aufgrund der unstreitig freistehenden weiteren 2 Parkplätze neben dem stehenden Klägerfahrzeug für den aussteigenden Fahrer eine gute Einsehbarkeit in den Bereich gegeben, von dem aus die Beklagte zu 1) auf den (einen) freien Parkplatz eingefahren ist, so dass ihr Fahrzeug rechtzeitig bemerkt werden konnte. Folglich kann auf der Grundlage etwa gleichgelagerter Aufmerksamkeitspflicht und Erkennbarkeit der Gefahrensituation nur der Schluss etwa gleicher Unaufmerksamkeit gezogen werden, nachdem beide Fahrzeugführer angegeben haben, die jeweils andere Partei nicht wahrgenommen zu haben.
3. Zur Schadenhöhe aus dem Unfall haben die Beklagten nur pauschal auf den erstinstanzlichen Vortrag Bezug genommen. Dem Kläger steht entsprechend der Haftungsquote der Beklagten die Hälfte des erstinstanzlich zuerkannten Schadenersatzes zu. Die Absetzungen durch das Landgericht sind – mit Ausnahme vorgerichtlicher Anwaltskosten – nicht angriffen worden.
a) Dass es sich bei dem Lackschaden an der hinteren linken Tür um einen verschwiegenen Vorschaden handelt, lässt sich nach Vorlage des Gutachtens Dr. SV1 nicht aufrecht erhalten. Danach handelt es sich um eine Beschädigung infolge des Schließens der verzogenen Fahrertür, mithin um einen adäquat verursachten Folgeschaden.
b) Ein Beweisantritt (§ 420 ZPO) der Beklagten zur behaupteten Abtretung der Gebührenforderung des (vorgerichtlichen) Sachverständigen und deswegen fehlender Aktivlegitimation des Klägers ist nicht ersichtlich. Dagegen hat der Kläger eine Zahlungsbestätigung des Sachverständigen vom 27.7.2007 (Bl. 39 d.A.) vorgelegt. Der Teilanspruch zu den Sachverständigenkosten ist damit begründet.
c) Das Bestreiten der Unfallbedingtheit der (zweifachen) Fahrtkosten ist nicht nachvollziehbar. Die Notwendigkeit einer Rückfahrt nach dem Unfall sowie Hin- und Rückfahrt zur Werkstatt zwecks Auftragerteilung / Besprechung der Kfz.-Reparatur liegt auf der Hand.
4. Die mit der Anschlussberufung geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten für eine Zahlungsaufforderung an die Beklagte sind begründet, soweit die Beklagte in der Hauptsache in Anspruch genommen werden kann (50 %). Dem Bevollmächtigten des Klägers stand nach der BGH-Rechtsprechung ein Gebührenanspruch in der geltend gemachten Höhe nach dem Vergütungsverzeichnis (VV), Ziff. 2300 zu § 2 Abs. 2 RVG zu, weil er zunächst mit der außergerichtlichen Interessenwahrnehmung beauftragt gewesen ist (Gerold / Schmidt, RVG, 18. Aufl., 2300, 2301 VV Rn 11). Diese Kosten kann der Kläger als Vermögensschaden gegenüber den Beklagten beanspruchen. Der von ihnen zitierten Ansicht des OLG Hamm (NJWRR 2006, 242) ist nicht zu folgen, weil die Anknüpfung des Gebührenanspruchs an die Rechtspflichten des Rechtsanwalts außer Acht lässt, dass „Herr“ des Vertrages mit dem Anwalt der Mandant ist, der auch bei zutreffender Beratung durch den Anwalt aus Kosten- oder anderen Gründen eine abweichende Entscheidung über den Umfang der Auftragerteilung treffen kann.
Die Tatsache der Auftragerteilung des Klägers zur Klageerhebung nach der anwaltlichen Anspruchserhebung gegenüber der Beklagten zu 2) mit Schreiben vom 4.6.2007, nämlich am 20.6.2008 (Bl. 127 d.A.), ist von den Beklagten nicht bestritten worden, ebenso wenig wie die zutreffende Berechnung der Anwaltskosten nach dem auf die Hälfte reduzierten Streitwert.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind vorliegend nicht erfüllt.