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OLG Köln Urteil vom 27.04.2010 - 9 U 128/08- Zur Pflicht, bei einer Befragung durch die Versicherung Vorschäden wahrheitsgemäß zu offenbaren
OLG Köln v. 27.04.2010: Zur Pflicht, bei einer Befragung durch die Versicherung Vorschäden wahrheitsgemäß zu offenbaren
Das OLG Köln (Urteil vom 27.04.2010 - 9 U 128/08) hat entschieden:
Das Nichtbeantworten der Frage nach Vorschäden im Schadenfragebogen der Versicherung stellt noch keine Obliegenheitsverletzung dar. Wird der Versicherungsnehmer jedoch durch Mitarbeiter der Versicherung persönlich nach vorhandenen Vorschäden befragt, muss er diese wahrheitsgemäß beantworten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt Versicherungsleistungen aus einem mit der Beklagten bestehenden Teilkaskoversicherungsvertrag. In das Versicherungsverhältnis der Parteien waren die als Anlage B 1 (GA 34 ff) vorgelegten AKB der Beklagten, Stand 01.05.2005, einbezogen. Versichertes Fahrzeug war ein Audi TT Roadster, amtliches Kennzeichen …, welches der Kläger ausweislich des Kaufvertrages (GA 80 r) am 10.05.2006 erworben hatte. Ein Vorbesitzer hatte mit diesem Fahrzeug einen schweren Unfall erlitten, infolge dessen - unstreitig - der Totalschaden wie aus den zur Akte gereichten Lichtbildern (GA 51 ff) sowie dem damaligen Schadengutachten vom 06.10.2005 (GA 271 ff) ersichtlich eingetreten war.
Der Kläger zeigte der Beklagten an, dass das Fahrzeug am 23.01.2007 von einem Parkplatz vor seiner Wohnung gestohlen worden sei. In dem Vordruck ""Fragebogen zum Diebstahlschaden"" der Beklagten vom 23.02.2007 beantwortete der Kläger die Frage nach reparierten Vorschäden mit ""ja"" und erläuterte dies mit der Angabe ""ca. 2. 000 € Radio Diebstahl Schaden Bild liegt bei""; die Ankreuzmöglichkeiten bei der weiteren Frage nach ""Schäden beim Vorbesitzer"" ließ er unausgefüllt. In dem zugehörigen "Ermittlungsbogen" ließ der Kläger die Rubrik zur Frage ""Weitere innerhalb des letzten Jahres durchgeführte größere Reparaturen"" frei und beantwortete die Fragen nach ""Anzahl und Art der Vorschäden 1. reparierte: ... 2. unreparierte: ..."" nur zu Ziffer 1. mit der Angabe "Radiodiebstahl". Hinsichtlich der Gestaltung und Ausfüllung der Schadenformulare im Einzelnen wird auf die zur Akte gereichten Erklärungen vom 23.02.2007 (GA 51 ff) Bezug genommen.
Im Verfahren vor dem Landgericht war unstreitig, dass der Kläger bei Ankauf des Fahrzeugs von dem fraglichen Unfallschaden erfahren hatte. Der Kläger hat insoweit behauptet, dass ihm das Fahrzeug in ordnungsgemäß repariertem Zustand verkauft worden sei. Der PKW habe entsprechend dem von der Beklagten eingeholten Gutachten der DEKRA vom 22.03.2007 (GA 5 r - 7) einen Wiederbeschaffungswert von 22. 500 €. Dieser Betrag ist Gegenstand seines Zahlungsantrags.
Die Beklagte hat das vorgetragene äußere Bild des Diebstahlgeschehens bestritten. Sie hat sich überdies wegen des nicht offenbarten Vorschadens darauf berufen, von ihrer Leistungspflicht befreit zu sein. Zugleich hat sie ihre Leistungsfreiheit u.a. daraus hergeleitet, dass der Kläger – unstreitig – im Versicherungsantrag vom 28.05.2006, in dem ""Fragebogen zum Diebstahlschaden"" vom 23.03.2007, in der polizeilichen Diebstahlanzeige vom 23.01.2007 und schließlich in seiner zeugenschaftlichen Vernehmung im beigezogenen Ermittlungsverfahren am 22.02.2007 jeweils unterschiedliche und stark differierende Angaben zur Laufleistung des Fahrzeugs gemacht hat.
Mit Urteil vom 06.08.2008, auf welches hinsichtlich der weiteren Einzelheiten - einschließlich Fassung der erstinstanzlich gestellten Anträge - gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Falschangaben des Klägers zu dem Vorschaden eine schuldhafte Obliegenheitsverletzung darstellten und die Beklagte leistungsfrei geworden sei. Es komme deshalb nicht darauf an, dass er wegen seiner erschütterten Glaubwürdigkeit den Beweis des äußeren Bildes eines Diebstahls nicht mittels der einzig ihm zur Verfügung stehenden Mittel der Parteivernehmung bzw. –anhörung führen könne.
Hiergegen wendet sich das Rechtsmittel des Klägers, mit welchem er fehlerhafte Tatsachenfeststellungen sowie eine fehlerhafte Rechtsanwendung rügt und die Entscheidung zur Leistungsfreiheit wegen des verschwiegenen Vorschadens als überraschend beanstandet. Er behauptet nunmehr, von dem Vorschaden erstmals aus der Klageerwiderung erfahren zu haben. Im Übrigen wiederholt und vertieft er seine erstinstanzlichen Ausführungen. Er stellt den Einwand der Beklagten unstreitig, dass bei der – uneingeschränkt weiterverfolgten – Klageforderung der vereinbarte Selbstbehalt in der Teilkaskoversicherung von 150 € nicht berücksichtigt worden ist.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Köln vom 06.08.2008 – 20 O 29/08 – aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 22. 500 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.08.2007 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil, wobei auch sie ihren Vortrag erster Instanz wiederholt und vertieft. Sie verweist nunmehr darauf, dass (unstreitig) am 25.06.2007 zwischen dem Kläger und den Zeugen O und M ein Gespräch stattgefunden habe mit dem Ziel, offene Frage der Beklagten zu klären. Sie behauptet, dass der Kläger die ausdrückliche Nachfrage der Zeugen nach Vorschäden verneint habe. Sie vertritt nunmehr ergänzend die Auffassung, dass der Kläger ihr den früheren Totalschaden des Fahrzeugs arglistig verschwiegen habe.
Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie auf die Sitzungsniederschriften vom 03.03.2009, 07.07.2009 und 23.03.2010 Bezug genommen.
Der Senat hat den Kläger zum äußeren Bild des Diebstahlgeschehens angehört und aufgrund des Beweisbeschlusses vom 07.04.2009 in Verbindung mit dem Beschluss vom 25.08.2009 Beweis erhoben zum Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs durch Vernehmung der Zeugen Q und B L (Sitzungsniederschrift vom 07.07.2009, GA 247 ff) sowie Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen T vom 28.01.2010 (GA 334 ff).
Die Ermittlungsakten der StA Krefeld - 7 UJs 61/07- waren zu Informationszwecken beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
II.
Die Berufung ist zulässig. In der Sache führt sie nicht zum Erfolg. Dem Kläger steht kein Anspruch gemäß §§ 1, 49 VVG a.F. i.V. mit §§ 12 (1) I b), 13 der in den Teilkaskoversicherungsvertrag der Parteien einbezogenen AKB der Beklagten auf Erstattung von 22. 500 € (abzüglich des Selbstbehaltes) für den PKW Audi TT zu.
Es bedarf beim gegenwärtigen Sachstand keiner Vertiefung, ob der Kläger den ihm obliegenden Beweis des äußeren Bildes eines Diebstahlgeschehens am 23.01.2007 nach dem Ergebnis seiner Anhörung vor dem Senat geführt hat. Denn auf der Grundlage des im Berufungsverfahren maßgeblichen Sach- und Streitstandes kann die Beklagte sich mit Erfolg auf die Verletzung einer Aufklärungsobliegenheit nach § 7 I Abs. 2 S. 4, V Abs. 4 AKB i.V. mit § 6 Abs. 3 VVG berufen, weil der Kläger ihr den während der Besitzzeit eines früheren Halters aufgetretenen Vorschaden arglistig verschwiegen hat.
1. Unstreitig hatte das versicherte Fahrzeug einen erheblichen Vorschaden erlitten. Ausweislich des aus Anlass des damaligen Unfalls des Vorbesitzers Ba eingeholten Sachverständigengutachtens vom 06.10.2005 war ausgehend von Reparaturkosten von über 30. 000 € wirtschaftlicher Totalschaden eingetreten.
2. Der Kläger verletzte objektiv seine Aufklärungsobliegenheit, indem er diesen Vorschaden nicht spätestens bei der unstreitigen Unterredung mit Mitarbeitern der Beklagten am 25.06.2007 angab.
a) Gemäß § 7 I Abs. 2 S. 4 AKB ist der Versicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalls verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes dienlich sein kann. Dazu gehört auch die Pflicht, den Versicherer wahrheitsgemäß und vollständig über solche Umstände zu informieren, die für die Höhe des Schadens von Bedeutung sind. Es ist allgemein anerkannt, dass Fragen des Versicherers nach Vorschäden zur Aufklärung sachdienlich und vom Versicherungsnehmer richtig und vollständig zu beantworten sind (vgl. BGH VersR 2002, 173; Senat in Schaden-Praxis 2005, 207).
b) Der Senat hat bei seiner Entscheidung davon auszugehen, dass dem Kläger der erhebliche Vorschaden des Fahrzeugs bekannt war. Denn er ist nach Maßgabe des § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO damit ausgeschlossen, seine fragliche Kenntnis erstmals im Berufungsverfahren zu bestreiten.
Im Verfahren vor dem Landgericht hat der Kläger in der Replik vom 13.03.2008 (GA 78) vortragen lassen: ""Bei dem Ankauf des Fahrzeugs wurde mit dem Verkäufer … auch darüber gesprochen, dass das Fahrzeug Vorschäden hat. Diese Vorschäden seien jedoch laut Angaben des [Verkäufers] ordnungsgemäß instand gesetzt worden."" In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 18.06.2008 hat der Kläger sodann ausweislich des Sitzungsprotokolls (GA 87) seine (fehlenden) Angaben in den Schadenformularen – nur – mit dem angeblichen Irrtum erklärt, dass er diese als Fragen ausschließlich nach Vorschäden während seiner Besitzzeit verstanden habe. Uneingeschränkt eingeräumt hat er indes, dass ihm der frühere Schaden bekannt war (vgl. GA 87: ""Mir war allerdings der Vorschaden bekannt"").
Es kann dahinstehen, ob auch dieser Erklärung des Klägers als Partei Geständniswirkung i.S. des § 288 ZPO zukommt (vgl. hierzu den Überblick bei Zöller-Greger, ZPO, 27. Aufl., § 288 Rn. 3 c; verneinend wohl BGH NJW-RR 2006, 672). Denn jedenfalls seine zitierte Einlassung in der Replik zu der in der Klageerwiderung eingeführten Darstellung eines ganz bestimmten Unfallschadens hat Geständniswirkung i.S. des § 288 ZPO (vgl. BGH NJW-RR 2007, 1563; NJW-RR 2006, 281 und 2005, 1297) und führt unabhängig davon zumindest dazu, dass die Kenntnis des Klägers von dem Vorschaden als unstreitig zu behandeln ist. Das Landgericht hat deshalb zutreffend und mit der Wirkung des § 314 ZPO im Tatbestand des angegriffenen Urteils (LGU 3, GA 96) festgehalten, dass er bei dem Erwerb des Fahrzeugs ""… über die erhebliche Vorschädigung des Wagens aufgrund eines schweren Unfalls eines Vorbesitzers in Kenntnis gesetzt"" worden war. Sein erstmals in der Berufungsbegründung erfolgtes Bestreiten ist deshalb unbeachtlich.
c) Es steht außer Frage, dass der Kläger den Vorschaden nicht auf die entsprechenden Nachfragen der Beklagten in den Schadenanzeigeformularen angegeben hat. In dem ""Fragebogen zum Diebstahlschaden"" vom 23.02.2007 wird bei der Frage nach Vorschäden unterschieden nach ""a) reparierte"", ""b) unreparierte"" und ""c) "Schäden beim Vorbesitzer"", wobei jeweils ""ja"" oder ""nein"" anzukreuzen ist. Richtigerweise hätte der Kläger den hier fraglichen Vorschaden zu lit. c) eintragen, die Alternative ""ja"" ankreuzen und nähere Angaben machen müssen. Tatsächlich hat er zu lit. c) keinerlei Angaben gemacht. Dieses Offenlassen im Schadenanzeigeformular stellt bei isolierter Betrachtung indes noch keine Obliegenheitsverletzung dar (vgl. Stiefel/Hofmann, AKB, 17. Aufl., § 7 AKB Rn. 26 a.E.; Prölss/Martin-Knappmann, VVG, 27. Aufl., § 7 AKB Rn. 12 m.w.N.).
Ob sich eine Obliegenheitsverletzung dennoch unter ergänzender Heranziehung der weiteren Angaben des Klägers vom 23.02.2007 in dem zugleich ausgefüllten ""Ermittlungsbogen"" begründen lässt, in welchem er bei der erneuten Frage nach ""Anzahl und Art der Vorschäden"" bei ""reparierten"" Vorschäden wiederum nur den ""Radiodiebstahl"" angegeben hat, bedarf keiner Vertiefung. Denn spätestens anlässlich der persönlichen Befragung durch zwei Mitarbeiter der Beklagten am 25.06.2007 wäre der Kläger zur Offenbarung des Vorschadens verpflichtet gewesen. Dies gilt unabhängig davon, ob er dezidiert nach Vorschäden jeglicher Art, also auch solchen vor seiner Besitzzeit, gefragt worden ist. Aufgrund der im Streitfall obwaltenden Umstände wäre ein redlicher Versicherungsnehmer nämlich gehalten gewesen, von sich aus und auch ohne ausdrückliche Nachfrage den kapitalen Vorschaden zu offenbaren. Dass zwischen dem Kläger und zwei Mitarbeitern der Beklagten am 25.06.2007 eine Unterredung aus Anlass des vorgetragenen Versicherungsfalls stattgefunden hat, ist unstreitig. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang auch unwidersprochen vorgetragen, dass dem Kläger der Zweck des Gesprächs, nämlich noch offene Fragen zu klären, vorab mitgeteilt worden war. Seine lückenhaften Einträge zu Vorschäden in der Schadenanzeige vom 23.02.2007 lassen es als nachvollziehbar erscheinen, dass der Kläger bei dieser Gelegenheit auch eingehend hierzu befragt worden ist. Doch auch unabhängig hiervon und dahin gestellt, ob der Kläger die von der Beklagten behauptete grundsätzliche Nachfrage nach Vorschäden am 25.06.2007 durch das Bestreiten des Inhalts seiner angeblichen Antworten mit Schriftsatz vom 20.08.2009 überhaupt erheblich bestritten hat mit der Folge des § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO, ist von einem arglistigen Verschweigen auszugehen.
Der Kläger hat, wie ausgeführt, seine Kenntnis von dem Vorschaden eingeräumt. Damit einher geht sodann aber das Wissen um eine überaus erhebliche Vorschädigung des Fahrzeugs und entsprechende Wertminderung; allenfalls mag ihm zuzugestehen sein, dass er nicht um das ganz exakte Ausmaß oder den Umstand des wirtschaftlichen Totalschadens gewusst habe. Denn das Fahrzeug war zum Zeitpunkt seines Erwerbs erst ca. 2 Jahre alt, und er wusste, dass es zu dem massiven Frontschaden schon während des Besitzes eines mit dem Verkäufer nicht identischen früheren Besitzers gekommen war. In Ansehung des Werts von Fahrzeugen dieses Typs, des geringen Alters und der noch niedrigen Laufleistung (15.000 km gemäß Kaufvertrag des Klägers aus Mai 2006) musste der Kläger jedenfalls davon gewusst haben, dass der Schaden zu ganz erheblichen Reparaturkosten und einer bedeutenden Werteinbuße geführt hatte. Es lag sodann aber auf der Hand und war für den Kläger ohne weiteres zu erkennen, dass es für die Regulierungsentscheidung der Beklagten von größtem Interesse war, hiervon zu erfahren, da sie im Rahmen der Wertermittlung vollständig auf wahrheitsgemäße Angaben zum Zustand des nunmehr nicht mehr vorhandenen Fahrzeugs angewiesen war. Der Kläger war deshalb gehalten, jedenfalls im Zuge des der Klärung noch offener Fragen der Beklagten dienenden Gesprächs am 25.06.2007 den Vorschaden auch ungefragt zu offenbaren.
3. Der Kläger hat nicht nur die gesetzliche Vorsatzvermutung des § 6 Abs. 3 VVG a.F. nicht widerlegt. Die Beklagte wendet vielmehr zutreffend ein, dass er den Vorschaden arglistig verschwiegen hat.
Von einem arglistigen Verschweigen ist auszugehen, wenn ein Versicherungsnehmer nicht nur wissentlich Falsches bekundet hat, sondern bewusst auf die Regulierungsentscheidung des Versicherers Einfluss nehmen wollte (OLG Saarbrücken VersR 2008, 1643). Das ist in aller Regel der Fall, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherer über den Wert der versicherten und zu entschädigenden Sache oder über diesen Wert bestimmende Faktoren in erheblichem Maße zu täuschen versucht (OLG Saarbrücken a.a.O.).
Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Vorschaden, um den der Kläger wusste, hatte ein ganz erhebliches Ausmaß. Nach dem Gutachten des Sachverständigen T vom 28.01.2010 bedingte der damalige Schaden auch im Fall seiner Behebung nicht nur eine deutliche merkantile Wertminderung (mindestens 5. 000 €). Sondern vor allem führt das Gutachten eindringlich vor Augen, wie gering im Hinblick auf den eigentlich erforderlichen Kostenaufwand einer Reparatur die Chance einzuschätzen ist, dass ein solcherart massiv beschädigtes Fahrzeug mehr als allenfalls optisch ordnungsgemäß instand gesetzt worden sein könnte. Es erscheint deshalb eher fern liegend anzunehmen, dass dem Kläger im Zuge der Benutzung des Fahrzeugs fortbestehende Mängel nicht aufgefallen sein könnten.
Aber auch unabhängig hiervon musste es sich dem Kläger geradezu aufdrängen, dass die Beklagte ein offenkundiges und nachhaltiges Interesse daran hatte, von dem erheblichen Frontschaden zu erfahren, nachdem dies die Höhe der von ihr zu leistenden Entschädigung unmittelbar beeinflussen musste. Hat der Kläger die Beklagte also über erhebliche wertrelevante Umstände bewusst und mit dem Ziel, die Regulierungsentscheidung in seinem Sinn zu beeinflussen, getäuscht, trifft ihn der Vorwurf einer arglistigen Verletzung seiner Aufklärungsobliegenheiten. In die Beurteilung hat insoweit auch durchaus das Verhalten des Klägers im vorliegenden Verfahren einzufließen. Denn nachdem er vor dem Landgericht die Kenntnis des Vorschadens noch uneingeschränkt hat einräumen und sich auf ein Missverständnis der Fragen in dem Schadenformular hat zurückziehen lassen, wirft sein Bestreiten der Kenntnis im Berufungsverfahren und erst angesichts der von der Kammer konstatierten Obliegenheitsverletzung zumindest Fragen nach der Redlichkeit des Klägers auf.
4. Ob der Kläger den ihm obliegenden Beweis geführt hat, dass seine Pflichtwidrigkeit zu keinen nachteiligen Folgen, auch nicht in Form von Feststellungsnachteilen, für die Beklagte geführt habe, kann offenbleiben. Denn auch i.S. der Relevanzrechtsprechung folgenlose falsche Angaben zu Vorschäden bzw. das Verschweigen derselben sind generell geeignet, die Interessen des Versicherers zu gefährden (BGH a.a.O.; Senat a.a.O.; OLG Düsseldorf Schaden-Praxis 2006, 430).
Dass den Kläger ein gewichtiges Verschulden trifft, ergibt sich bereits aus der Berechtigung des Vorwurfs der Arglist.
In Fällen arglistiger Falschangaben hängt die Leistungsfreiheit des Versicherers nicht davon ab, dass der Versicherungsnehmer vorgängig über die Konsequenzen wissentlich falscher Angaben auch bei folgenlos bleibenden Verletzungen der Auskunftsobliegenheit belehrt worden war (BGH VersR 2009, 968; OLG Düsseldorf a.a.O. m.w.N.). Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die in der Schadenanzeige vom 23.02.2007 enthaltene Belehrung bei der persönlichen Unterredung vier Monate später am 25.06.2007 hätte wiederholt werden müssen.
5. Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung, und eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 22. 500 €.