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OLG Brandenburg Urteil vom 04.11.2010 - 12 U 53/10 - Bei Verunreinigung einer Autobahn durch auslaufendes Öl stehen öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche neben zivilrechtlichen Ersatzansprüchen

OLG Brandenburg v. 04.11.2010: Bei Verunreinigung einer Autobahn durch auslaufendes Öl stehen öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche neben zivilrechtlichen Ersatzansprüchen.


Das OLG Brandenburg (Urteil vom 04.11.2010 - 12 U 53/10) hat entschieden:
  1. Nach dem Schadensbegriff des § 7 StVG, der demjenigen des BGB entspricht, ist eine Sache beschädigt, wenn entweder ihre Substanz nicht unerheblich verletzt oder ihre Brauchbarkeit zu ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung nicht unerheblich beeinträchtigt worden ist, ohne dass zugleich in ihre Substanz eingegriffen werden müsste. In dem Auslaufen von Öl liegt sowohl eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Verwendung der Fahrbahn bzw. des Standstreifens als auch eine Substanzverletzung.

  2. Zwar kommen im Fall der Beseitigung einer Verunreinigung einer öffentlichen Straße durch Öl oder Treibstoff öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche nach § 7 Abs. 3 BFStrG oder aus §§ 45 Abs. 1 Nr. 2 BbgBKG, 17 Abs. 1 S. 1 BbgStrG gegenüber dem Schadensverursacher in Betracht. Diese sind jedoch nicht als lex specialis gegenüber den zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen aus Gefährdungs- bzw. Deliktshaftung anzusehen. Vielmehr stehen die jeweiligen Ansprüche konkurrierend nebeneinander.

Gründe:

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gemäß den §§ 517 ff ZPO eingelegte Berufung des Klägers ist begründet.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz in der geltend gemachten Höhe aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, 6 Abs. 1 AuslPflVG zu.

1. Der Kläger ist zur Geltendmachung des Anspruchs in eigenem Namen zur Zahlung an sich aufgrund einer verfassungsrechtlich begründeten Prozessstandschaft berechtigt. Der Anspruch nach § 7 Abs. 1 StVG setzt voraus, dass bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges eine Sache beschädigt wird. Hier ist durch die von dem bei dem Mitglied des Beklagten pflichtversicherten Fahrzeug verursachte Ölspur die Bundesautobahn A … beschädigt worden, die gem. §§ 2 Abs. 2, 5 Abs. 1 BFStrG im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland als Träger der Straßenbaulast steht. Zwar wird die Verwaltung der Bundesfernstraßen und Bundesautobahnen nach Art. 90 Abs. 2 GG durch die Länder im Auftrag des Bundes durchgeführt, so dass die Straßenbaulast durch die jeweilige Landesbehörde - hier das Landesamt für Straßenwesen - wahrgenommen wird. Die sich aus der Verwaltungskompetenz des Landes ergebende „faktische Baulast“ ist jedoch von der „finanziellen Baulast“ zu unterscheiden. Diese wirkt sich zwar in erster Linie im Verhältnis von Bund und Land als Träger der Auftragsverwaltung aus, auf sie kommt es aber auch an, wenn es im Verhältnis zu einem Dritten wie hier dem Beklagten nicht um den Ersatz von Schäden durch pflichtwidriges Verwaltungshandeln, sondern um die Kosten vorgenommener, durch die Verkehrssicherung erforderter Maßnahmen geht (vgl. BGH NVwZ 1990, 297, 298; Sauthoff, Öffentliche Straßen, Rn. 909). Rechtsträger des Anspruchs auf Schadensersatz im Zusammenhang mit einer Sachbeschädigung einer Bundesautobahn ist danach die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Landesamt für Straßenwesen als Vertretungsbehörde gem. § 3 Abs. 1 g FStrVO. In den Fällen, in denen die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften die Fernstraßen im Auftrag des Bundes verwalten, sind sie berechtigt, Ansprüche, die im Zusammenhang mit der Wahrnehmung der ihnen übertragenen Aufgaben entstehen, im eigenen Namen kraft unmittelbaren Verfassungsrechts geltend zu machen. Die Übertragung der Erfüllung von originären Bundesaufgaben auf die Länder beinhaltet notwendigerweise auch die Übertragung der Befugnis zur eigenen Geltendmachung von Ersatzansprüchen, die sich im Zusammenhang mit der Auftragsverwaltung ergeben. Mit der Verfolgung von Ersatzansprüchen wegen Beschädigung der im Eigentum des Bundes stehenden Sache nimmt der Kläger daher in der Art einer verfassungsrechtlich begründeten Prozessstandschaft die ihm gem. Art. 90 Abs. 2 GG übertragenen Aufgaben wahr (vgl. BGH NJW 1979, 864; Schneider MDR 1989, 193, 198).

Auch die weiteren Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 7 Abs. 1 StVG liegen vor. Nach dem Schadensbegriff des § 7 StVG, der demjenigen des BGB entspricht, ist eine Sache beschädigt, wenn entweder ihre Substanz nicht unerheblich verletzt oder ihre Brauchbarkeit zu ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung nicht unerheblich beeinträchtigt worden ist, ohne dass zugleich in ihre Substanz eingegriffen werden müsste (vgl. BGH NJW-RR 2008, 406; BGH NJW 2007, 1205, 1206 jeweils m.w.N.; OLG Köln VersR 1983, 287). In dem Auslaufen von Öl liegt sowohl eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Verwendung der Fahrbahn bzw. des Standstreifens als auch eine Substanzverletzung (vgl. Schneider a.a.O., S. 194), wobei es nicht darauf ankommt, dass durch die Ölspur lediglich der Standstreifen der Autobahn verunreinigt worden ist, da auch der Standstreifen der Autobahn zu dem bestimmungsgemäßen Gebrauch gehört und zudem die Autobahnauffahrt und der Parkplatz, den der Schadensverursacher schließlich angesteuert hat, ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Der Schaden ist auch bei dem Betrieb des bei dem Mitglied des Beklagten versicherten Kraftfahrzeuges entstanden. Dahinstehen kann, ob der Kläger die von der T… GmbH für die Schadensbeseitigung in Rechnung gestellten Kosten beglichen hat, da bereits die Belastung mit einer entsprechenden Verbindlichkeit einen ersatzfähigen Schaden darstellt.

2. Der hier gegenüber dem Haftpflichtversicherer geltend gemachte Anspruch ist entgegen der Auffassung des Landgerichts auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass dem Kläger gegenüber dem Schadensverursacher auch öffentlich-rechtliche Ansprüche auf Kostenerstattung zustehen, die vorrangig im Wege eines öffentlich-rechtlichen Leistungsbescheides geltend zu machen sind. Eine derartige Subsidiarität von zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen gegenüber öffentlich-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen besteht nicht. Der dahingehenden, von einigen Instanzgerichten vertretenen Auffassung (vgl. AG Euskirchen Schaden-Praxis 2009, 359; LG Bielefeld Schaden-Praxis 2010, 4; LG Baden-Baden Schaden-Praxis 2009, 387), der sich das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung angeschlossen hat, folgt der Senat nicht. Zwar kommen in dem hier vorliegenden Fall der Beseitigung einer Verunreinigung einer öffentlichen Straße durch Öl oder Treibstoff öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche nach § 7 Abs. 3 BFStrG oder aus §§ 45 Abs. 1 Nr. 2 BbgBKG, 17 Abs. 1 S. 1 BbgStrG gegenüber dem Schadensverursacher in Betracht. Diese sind jedoch nicht als lex specialis gegenüber den zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen aus Gefährdungs- bzw. Deliktshaftung anzusehen. Vielmehr stehen die jeweiligen Ansprüche konkurrierend nebeneinander, wobei die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche tatbestandlich umfassender sind und in den öffentlich-rechtlich geregelten Bereich hineinreichen (vgl. Schneider a.a.O., S. 193). Bei einer Anwendung der zivilrechtlichen Haftungsvorschriften neben den öffentlich-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen werden auch nicht zwingende öffentlich-rechtliche Vorschriften umgangen, da die Ansprüche zum Teil jeweils unterschiedliche Inhalte haben und gegenüber unterschiedlichen Anspruchsgegnern geltend gemacht werden können. So richtet sich beispielsweise der Kostenerstattungsanspruch aus § 7 Abs. 3 BFStrG nur gegen den Schadensverursacher, nicht aber gegen den Haftpflichtversicherer. Daraus folgt auch nicht, dass die Behörde bei der Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche nicht an geltende Ermessensvorschriften oder den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebunden wäre. Denn auch im Rahmen des zivilrechtlichen Verfahrens ist zu prüfen, ob eine entsprechende Anspruchsgrundlage besteht und die geltend gemachten Kosten in der Höhe erforderlich und erstattungsfähig sind, so dass das Argument, es fehle an einer internen Überprüfung im Wege eines Widerspruchsverfahrens, fehlgeht, da im Falle der Nichtzahlung durch den Schadensverursacher bzw. den Haftpflichtversicherer im Rahmen einer gerichtlichen Geltendmachung das Bestehen des Anspruchs ebenfalls gerichtlich überprüft wird. Soweit der Beklagte in der Berufungserwiderung darauf abstellt, dass bei öffentlich-rechtlichen Ansprüche Ermessensgesichtspunkte zu beachten seien, während zivilrechtliche Schadensersatzansprüche eine solche Ermessenskorrektive nicht kennen, steht dem entgegen, dass in den Fällen, in denen eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt und von einer Durchsetzung der Kostenerstattungspflicht Abstand zu nehmen ist, dies auch in Zivilverfahren dem Kläger im Wege der unzulässigen Rechtsausübung nach § 242 BGB entgegenhalten werden kann. Schließlich weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass für ihn die Geltendmachung vor den Zivilgerichten auch mit Nachteilen verbunden ist, indem er zunächst einen gerichtlichen Vollstreckungstitel erwirken muss, statt selbst einen Leistungsbescheid zu erlassen. Zudem wäre in Fällen, wie dem vorliegenden, in denen der Schadensverursacher keinen Sitz im Inland hat und Ansprüche gegen ihn damit faktisch nicht oder nur mit größten Schwierigkeiten vollstreckt werden können, der Kläger bei einem Ausschluss von zivilrechtlichen Erstattungsansprüchen dadurch schlechter gestellt, weil er den öffentlich-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch nur gegenüber dem Schadensverursacher geltend machen könnte, nicht jedoch gegenüber dem Haftpflichtversicherer, so dass die Gefahr bestünde, dass der Kläger in den Fällen, in denen wie hier ein öffentlich-rechtlicher Leistungsbescheid gegenüber einen im Ausland ansässigen Verkehrsteilnehmer nicht erwirkt werden kann, seine Forderung nicht durchsetzen könnte. Eine solche Ungleichbehandlung gegenüber einem Schädiger, der eine private Straße verunreinigt, ist jedoch sachlich nicht gerechtfertigt.

Soweit ersichtlich, ist auch in der höchst- bzw. obergerichtlichen Rechtsprechung ein Ausschluss von zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen wegen vermeintlich vorgehender öffentlich-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche nicht ansatzweise diskutiert worden. Der Kläger verweist zu Recht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die nicht von einer Verdrängung der allgemeinen zivilrechtlichen Haftungsnormen aus Gefährdungs- oder Verschuldenshaftung im Zusammenhang mit einer Verunreinigung der Straße durch öffentlich-rechtliche Kostenerstattungsansprüche ausgeht. So hat der Bundesgerichtshof eine Haftung des Kfz-Halters und damit auch des Haftpflichtversicherers aus § 7 Abs. 1 StVG i.V.m. § 3 Nr. 1 PflVG a. F. in einem Fall bejaht, in dem ein Lkw auf einer Bundesautobahn in Brand geraten war und dadurch die Ladung des Fahrzeuges, bestehend aus 25 t Orangen, unbrauchbar wurde und entsorgt werden musste (vgl. BGH NJW-RR 2008, 406). Der Bundesgerichtshof bejahte eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG, da durch den Brand des Lkws die Bundesautobahn in ihrer Substanz nicht unerheblich verletzt bzw. in ihrer Brauchbarkeit nicht unerheblich beeinträchtigt worden war, weshalb die Straße gereinigt und die die Fahrbahn blockierende Ladung abtransportiert werden musste. Obwohl zugleich damit auch ein Fall des § 7 Abs. 3 BFStrG vorlag, ist der Bundesgerichtshof von einer Anwendbarkeit der zivilrechtlichen Vorschriften ohne weiteres ausgegangen. In einem anderen Fall, in dem es darum ging, dass bei einem Brand eines Fahrzeuges auf einer Kreisstraße Öl aus der Zugmaschine auslief und die Straße verunreinigte, hat der Bundesgerichtshof ungeachtet der Tatsache, dass gegen den Schadensverursacher verschiedene Gebührenbescheide für von der Feuerwehr erbrachte Hilfsleistungen sowie für die Entsorgung des durch das Öl kontaminierten Erdreiches ergingen, als zivilrechtliche Anspruchsgrundlage auf § 7 Abs. 1 StVG abgestellt (vgl. BGH NJW 2007, 1205). In dieser Entscheidung ging der BGH entsprechend seiner bisherigen Rechtsprechung davon aus, dass lediglich Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag durch die öffentlich-rechtlichen Kostenbestimmungen ausgeschlossen werden, nicht jedoch Ansprüche aus § 7 Abs. 1 StVG. Die Entscheidung des BGH vom 19.07.2007 (VersR 2007, 1707) betraf ebenfalls lediglich den Ausschluss von Aufwendungsersatzansprüchen nach den §§ 683, 670 BGB, die in dem dortigen Fall allein geltend gemacht worden waren. Auch das OLG Köln ist in einer älteren Entscheidung vom Bestehen eines Ersatzanspruches nach § 7 Abs. 1 StVG bei verkehrsgefährdenden Verunreinigungen auf der Straßenoberfläche ausgegangen und hat dementsprechend eine Haftung des Haftpflichtversicherers bejaht (vgl. OLG Köln a.a.O.). Das OLG Koblenz hat zwar einen zivilrechtlichen Ersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag neben dem Kostenerstattungsanspruch nach dem jeweiligen Straßengesetz der Länder verneint mit der Begründung, dass Straßengesetz sei insoweit als erschöpfende Sonderregelung anzusehen (vgl. GewArch 1978, 351). In dem dortigen Fall ging es jedoch ebenfalls nur um Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag und nicht ausdrücklich auch um Ansprüche aus Gefährdungshaftung.

3. Der Anspruch des Klägers ist auch der Höhe nach in vollem Umfang begründet. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senates fest, dass die in der Rechnung der T… GmbH vom 22.04.2008 aufgeführten Kosten zur Schadensbeseitigung erforderlich und angemessen waren.

a) Aufgrund der glaubhaften Bekundungen des Zeugen K… steht für den Senat fest, dass die zu beseitigende Ölspur eine Länge von mindestens 4,5 km aufgewiesen hat. Der Zeuge K… hat bekundet, er sei am 14.04.2008 von Mitarbeitern, die bereits zum Reinigen eines anderen Straßenabschnittes eingesetzt waren, über Funk informiert worden, dass in Höhe der Anschlussstelle P… eine Ölspur festgestellt worden sei. Er habe über Funk den Umfang der Ölspur hinsichtlich Länge und Breite abgefragt. Der Zeuge habe sich dann selbst vor Ort begeben und dort festgestellt, dass die Ölspur beginnend von der Beschleunigungsspur der Anschlussstelle sich über den Standstreifen der Autobahn bis zur Höhe des Parkplatzes K… hingezogen habe. Auf dem Parkplatz habe der Lkw mit tropfendem Öl gestanden. Da sich der Parkplatz in Höhe des Streckenkilometers 310,7 und die Anschlussstelle P… in Höhe des Streckenkilometers 315,5 befinde, habe er auf diese Weise eine Länge der Ölspur von etwa 4.500 m geschätzt, wobei es sich nach seinem Empfinden noch um eine - zugunsten des Beklagten - eher großzügige Schätzung handele. Die Breite der Ölspur sei unterschiedlich gewesen und habe zwischen 30 und 80 cm betragen. Zwar hat der Zeuge auf Befragen eingeräumt, dass er oder seine Mitarbeiter nicht die Entfernung mit einem geeichten Handroller abgefahren haben. Dies führt jedoch nicht dazu, dass den Bekundungen des Zeugen hinsichtlich der Länge der Ölspur nicht zu folgen wäre. Der Zeuge hat angegeben, die Entfernung anhand der Streckenkilometer ermittelt zu haben. Selbst wenn der Zeuge die Entfernungsangabe von 4,5 km nur überschlägig und nicht auf den letzten Meter genau abgegeben haben sollte, bildet dies jedenfalls eine hinreichende Grundlage für eine im Rahmen des § 287 ZPO zulässige Schadensschätzung. Auch im Übrigen bestehen keine Bedenken, den Bekundungen des Zeugen K… zu folgen. Der Zeuge hat detailliert, nachvollziehbar und widerspruchsfrei den Ablauf der Schadensaufnahme, soweit er sich an sie noch erinnern konnte, geschildert und auch kenntlich gemacht, dass er zur Vorbereitung seiner Zeugenaussage vorab in die ihm vorliegenden Unterlagen Einsicht genommen hat. Einseitige Belastungstendenzen zulasten des Beklagten waren nicht ersichtlich.

b) Der Kläger ist ferner berechtigt, den von der T… GmbH in der Rechnung vom 22.04.2008 zur Pos. 02.01.0250 abgerechneten Einheitspreis von 1,94 € erstattet zu verlangen. Nach der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht aufgrund der glaubhaften Bekundungen der Zeugin P… fest, dass der Kläger die T… GmbH aufgrund eines in einem vorangegangenen öffentlichen Ausschreibungsverfahren erteilten Zuschlages, in dem die T… GmbH das wirtschaftlich günstigste Angebot abgegeben hat, beauftragt hat. Der erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erfolgte Beweisantritt der Zeugin P… war in zweiter Instanz noch zu berücksichtigen, da der Tatsachenvortrag, zu dem die Zeugin benannt worden ist, vom Landgericht bei seiner Entscheidung für unerheblich gehalten worden ist (§ 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Zeugin hat bestätigt, dass eine öffentliche Ausschreibung für die Beseitigung von Ölverunreinigungen auf Autobahnen im Bereich der Autobahnmeistereien B… und G… durchgeführt worden ist und die entsprechenden Ausschreibungsunterlagen durch die Zeugin selbst am 15.01.2008 ausgearbeitet und am 01.02.2008 durch die Vergabeabteilung auf der entsprechenden Internetplattform veröffentlicht worden seien. Daraufhin seien lediglich zwei Angebote von Firmen eingegangen, die rechnerisch und fachlich geprüft worden seien. Aufgrund des wirtschaftlich günstigeren Angebotes sei der Fa. T… GmbH der Zuschlag erteilt worden, wobei das Angebot der T… GmbH im Paket um rd. 10.000,00 € günstiger ausgefallen sei als dasjenige des zweiten Anbieters. Beide Angebote hätten den Anforderungen nach der Leistungsbeschreibung entsprochen, wonach eine 24-stündige Rufbereitschaft, der Nachweis geeigneter Maschinen und Personal sowie der Nachweis eines Fachbetriebs nach § 19 WHG bzw. § 52 KrW/AbfG erforderlich gewesen sei. Die Zeugin selbst habe das Angebot technisch überprüft und - insbesondere auch im Hinblick auf den von dem Beklagten als überhöht beanstandeten Einheitspreis für die Ölspurbeseitigung - keinen Anlass zu weiteren Nachfragen gesehen. Die Angaben der Zeugin P…, die nach eigenen Angaben seit 2006 zuständige Sachbearbeiterin war, sind für den Senat ebenfalls glaubhaft und stimmen mit den vom Kläger in dem vorliegenden Rechtsstreit eingereichten Unterlagen überein.

Steht damit zur Überzeugung des Senates fest, dass der Auftrag an die T… GmbH auf der Grundlage eines vorangegangenen Ausschreibungsverfahrens erfolgt ist, kann sich der Beklagte nicht mit Erfolg auf ein Bestreiten der Ortsüblichkeit und Angemessenheit der berechneten Preise hinsichtlich der Beseitigung der Ölspur berufen. Die Tatsache, dass die Erforderlichkeit der Leistung durch einen Schädiger ausgelöst worden ist, der als Schadensersatzpflichtiger gegenüber der geschädigten Öffentlichen Hand die Vergütung letztlich zu ersetzen hat, rechtfertigt nicht das Absehen von geltenden Vergaberechtsgrundsätzen (vgl. OLG Karlsruhe OLGR 2009, 355). Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass der T… GmbH aus vergaberechtlichen Gründen der Zuschlag erteilt werden musste, da sie das wirtschaftlich günstigste Angebot abgegeben hatte. Im Übrigen hat der für eine Verletzung der Schadensminderungspflicht durch den Kläger darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht substanziiert vorgetragen, dass andere Unternehmen bereit gewesen wären, sich an dem Ausschreibungsverfahren unter Zugrundelegung des genannten Preises von 0,60 € bzw. 0,50 €/m beseitigter Ölspur zu beteiligen, und dass zudem die Anforderungen an eine 24-stündige Rufbereitschaft und über die nach § 19 WHG und § 52 KrW/AbfG erforderlichen Voraussetzungen erfüllt waren. Soweit der Beklagte auf die in Nordrhein-Westfalen berechneten Preise verweist, ist die Situation insoweit nach Auffassung des Senates nicht vergleichbar, da zum einen das Autobahnstreckennetz in Nordrhein-Westfalen bedeutend umfassender ist als in Brandenburg und zum anderen die Preise auf der Grundlage eines Einsatzes von vor Ort ansässigen Unternehmen kalkuliert sind, während bei einem Einsatz in Brandenburg derartige Angebote nicht kostendeckend sein dürften. So hat auch die im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat anwesende Justitiarin des Klägers ebenso wie die Zeugin P… bestätigt, dass Bewerbungen von Unternehmen aus anderen Bundesländern aufgrund der Erforderlichkeit der ständigen Rufbereitschaft nicht eingehen, weil eine Beauftragung im Hinblick auf die Entfernungen für sie wirtschaftlich nicht rentabel sei.

c) Die weiteren Positionen der Rechnung der T… GmbH vom 22.04.2008 sind durch den Beklagten nicht bestritten worden.

4. Die geltend gemachte Zinsforderung ist aus §§ 286, 288 Abs. 1 S. 1 BGB begründet.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die hier entscheidungserhebliche Frage, inwieweit zivilrechtliche Schadensersatzansprüche aus Gefährdungs- oder Deliktshaftung durch konkurrierende öffentlich-rechtliche Kostenerstattungsansprüche verdrängt werden, ist durch den Bundesgerichtshof bereits höchstrichterlich dahingehend entschieden worden, dass eine Haftung aufgrund zivilrechtlicher Ansprüche auch in diesen Fällen gegeben ist. Die Entscheidung des Senats erfolgt im Einklang mit dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung, so dass weder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache vorliegt (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordern (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird gem. § 3 ZPO i.V.m. § 47 Abs. 1 S. 1 GKG auf 7.939,29 € festgesetzt.



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