Das Verkehrslexikon
Landgericht Koblenz Urteil vom 02.02.2010 - 6 S 236/09 - Keine An- und Abmeldekosten bei nicht notwendig kausaler Anschaffung eines Neufahrzeugs nach Verkehrsunfall
LG Koblenz v. 02.02.2010: Keine An- und Abmeldekosten bei nicht notwendig kausaler Anschaffung eines Neufahrzeugs nach Verkehrsunfall
Das Landgericht Koblenz (Urteil vom 02.02.2010 - 6 S 236/09) hat entschieden:
Liegt kein technischer oder wirtschaftlicher Totalschaden vor und wird der Schaden demzufolge fiktiv auf Reparaturkostenbasis abgerechnet, entschließt sich der Geschädigte jedoch dazu, sich ein neues Fahrzeug anzuschaffen, so steht ihm kein Anspruch auf Ersatz der Ab- und Anmeldekosten zu, weil zwischen Unfall und deren Entstehung kein Kausalzusammenhang besteht.
Gründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz über den vom Amtsgericht ausgeurteilten Betrag hinaus gegen die Beklagte gemäß § 7 StVG. Die Kammer nimmt voll inhaltlich Bezug auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils.
Hinsichtlich der weiter geltend gemachten Rechtsanwaltskosten für die Deckungszusage des Prozesses in Höhe von 120,67 € schließt sich die Kammer der Meinung des Landgerichts München (Juristisches Büro 1993, 163) an, dass es sich nicht um eine so genannte besondere Angelegenheit im Sinne des § 19 RVG handelt, sondern um einen Annex zur Hauptsache und damit nicht besonders vergütet wird.
Jedoch führt die Gegenmeinung zum gleichen Ergebnis. Dabei braucht nicht auf das hier streitige Vorliegen eines separaten Auftrages für die Deckungsanfrage durch die Klägerin ohne ausdrücklichen Hinweis auf die Vergütungspflicht durch den Prozessbevollmächtigten eingegangen zu werden. Denn wie der Amtsrichter zu Recht ausführt, hat die Klägerin zum Verzugseintritt in Bezug auf den Schaden durch die Einholung einer Deckungszusage nicht schlüssig vorgetragen.
Zwar erfordert grundsätzlich die Erstattungsfähigkeit von Anwaltskosten für die Geltendmachung von Schadensersatz keinen Verzug. Dennoch wird für den Fall, dass die Kosten in der Folgezeit für den Ersatzpflichtigen vermeidbar sind und erst durch weitere Handlungen des Gläubigers entstehen, aus § 242 BGB eine Mahnung oder Ähnliches als notwendig erachtet. Der Schuldner soll die Möglichkeit der Reaktion haben.
In den Akten ist eine Fristsetzung zur Schadensbegleichung, die Ankündigung der Klageerhebung und Inanspruchnahme einer Rechtsschutzversicherung nachweislich im von der Klägerin vorgelegten Schreiben vom 23.09.2008 an die Beklagte erwähnt. Darin wird jedoch ausgeführt, dass bereits die Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung vorliegt. Inwieweit die Beklagte also konkret vor der Entstehung dieser Kosten gewarnt war, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar. Eine Erstattungsfähigkeit scheidet aus diesem Grund aus.
Die Klägerin kann zudem keine pauschalen An- und Abmeldekosten von 80,00 € von der Beklagten verlangen. Es handelt sich dabei nicht um notwendige unfallbedingte Kosten. Wie der Amtsrichter ausgeführt hat, sind diese Kosten allein auf die Entscheidung der Klägerin für ein neues Auto zurückzuführen. Das Fahrzeug der Klägerin war weder tatsächlich noch wirtschaftlich total beschädigt und die Abrechnung erfolgte entsprechend der anerkannten Grundsätze auf Reparaturkostenbasis. Weitere Kosten sind in diesem Zusammenhang nicht zu erstatten. Das geht auch aus der von der Klägerin selbst vorgelegten Literatur (Blatt 188 f. der Akte) zu den Ummeldekosten hervor Desgleichen kann wegen tatsächlichem Anfall der Kosten auch keine Pauschale nach Schätzung gemäß § 287 ZPO verlangt werden. Denn üblicherweise wird von einer Behörde darüber ein Beleg ausgestellt. Das Aufbewahren und die Vorlage sind nicht unzumutbar. Dies ergibt sich gleichfalls aus der zitierten Literatur, auf die sich die Klägerin bezieht. Einen eng begrenzten Ausnahmefall trägt die Klägerin selbst nicht vor.
Zudem scheitert ein Anspruch auf weiteren Nutzungsausfallschaden von 290,00 €.
Ursprünglich hat die Klägerin 15 Tage Nutzungsausfalldauer á 29,00 € mithin einen Gesamtbetrag von 435,00 € geltend gemacht. Die Beklagte hat darauf 5 Tage á 29,00 €, mithin 145,00 €, entsprechend der im außerprozessualen Gutachten festgestellten fiktiven Reparaturdauer gezahlt. Beim Nutzungsausfallschaden ist jedoch auf den tatsächlichen Ausfall der Nutzungsmöglichkeit abzustellen, wie der Amtsrichter zu Recht feststellt. Da die Klägerin in keiner Weise konkret darlegt, wie lange ihr der PKW bis zur Veräußerung nicht zur Verfügung stand, kann ein weitergehender Nutzungsausfall als die gezahlten fünf Tage nicht angenommen werden, zumal der Gutachter nach Besichtigung am 29.07.2008 in seinem Gutachten erwähnt, dass das Fahrzeug wegen einer Notreparatur nach dem Unfall am 28.07.2008 nutzbar sei. Nachvollziehbar ist daher lediglich ein Nutzungsausfall von maximal zwei Tagen.
Die Frage von fiktivem Nutzungsausfall dergestalt, dass ohne eine Reparatur bei fahrbarem PKW eine fiktive Überlegungszeit einzubeziehen ist, stellt sich überhaupt nicht.
Die Klägerin kann zudem keine weiteren außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten von 186,59 € von der Beklagten verlangen. Die Beklagte hat über einen bereits von der Beklagten außergerichtlich gezahlten Betrag weitere 229,90 € begehrt. Davon hat das Amtsgericht 43,31 € zugesprochen. Einen weitergehenden Anspruch hat die Klägerin nicht. Da weitere Schadenspositionen, wie vorstehend ausgeführt, nicht begründet sind, verbleibt es bei dem vom Amtsgericht zugrunde gelegten Gegenstandswert von 4.313,00 €.
Die Kammer kann sich zudem nicht der Auffassung der Klägerin anschließen, dass die für die außergerichtliche Tätigkeit berechnete Geschäftsgebühr mit 1,7 statt 1,3 zu bemessen sei. Denn es handelt sich in Bestätigung der Auffassung des Amtsrichters nicht um eine überdurchschnittliche Angelegenheit. Gegenrechnungen der Parteien sind auch in Verkehrsunfallangelegenheiten üblicherweise zu prüfen. Das Argument, dass es sich vorliegend um einen Personenschaden handelt, was gleichfalls zur Überdurchschnittlichkeit führe, überzeugt nicht. Es handelte sich vorliegend um eine äußerst leichte Verletzung der Klägerin, die mit einem Schmerzensgeld im untersten Bereich zu bewerten war. Der Arbeitsaufwand durch Einholen von wenigen Attesten im Gegensatz zu Personenschäden mit erheblichen Verletzungen und Einholen und Bewerten von Gutachten ist nicht vergleichbar und rechtfertigt keine Erhöhung.
Dem Einwand der Klägerin, dass dem Anwalt bei der Bemessung der Gebühr immer ein nicht zu beanstandender Spielraum von 30 % gegeben sei, kann die Kammer zudem nicht folgen. Dies führte dazu, dass in durchschnittlichen Angelegenheiten immer eine überdurchschnittliche Gebühr ohne Beanstandungsmöglichkeit berechnet werden könne. Insoweit schließt sich die Kammer der Auffassung des OLG Düsseldorf (Versicherungsrecht 2008, 1347 m.w.N.) an.
Nach alledem hat die Berufung keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zu zulassen.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts erfordert keine Entscheidung des Revisionsgerichts, § 543 Abs. 2 ZPO.
Der Streitwert wird festgesetzt auf 490,67 €.