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OLG Köln Beschluss vom 02.02.2010 - 9 U 133/09 - Kein Versicherungsschutz bei zweckwidriger Verwendung des Fahrzeugs mit rotem Kennzeichen
OLG Köln v. 02.02.2010: Kein Versicherungsschutz bei zweckwidriger Verwendung des Fahrzeugs mit rotem Kennzeichen
Das OLG Köln (Beschluss vom 02.02.2010 - 9 U 133/09) hat entschieden:
Nach den Sonderbedingungen zur Kraftfahrtversicherung für Kraftfahrzeug-Handel und - Handwerk versicherte und mit einem roten Kennzeichen versehene Fahrzeuge dürfen nur zu Prüfungs-, Probe – oder Überführungsfahrten in Betrieb gesetzt werden dürfen. Es besteht kein Versicherungsschutz, wenn das Fahrzeug zu einem anderen als den im Versicherungsantrag angegebenen Zweck verwendet wird. Werden Fahrzeugteile bei einem Diskobesuch am Wochenende entwendet, besteht keine Leistungspflicht.
Gründe:
I.
Die Berufung der Klägerin hat nach derzeitiger Sach- und Rechtslage keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen.
1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte aufgrund der abgeschlossenen Kraftfahrtversicherung Kfz-Handel und – Handwerk hinsichtlich des Q. mit dem roten Kennzeichen TV – ... ein Entschädigungsanspruch wegen eines Teilediebstahls vom 23.08.2008 gemäß § 12 Abs. 1 I b) AKB nicht zu.
2. Die Beklagte ist wegen des Verstoßes gegen die Verwendungsklausel nach den §§ 2 c Abs. 1 a) AKB, 6 Abs. 1 VVG a. F. leistungsfrei.
a) Das Fahrzeug Q. war mit dem roten Kennzeichen TV – ... versehen und nach § 2 Nr. 1 c) der Sonderbedingungen zur Kraftfahrtversicherung für Kraftfahrzeug-Handel und - Handwerk in Verbindung mit dem von der Klägerin abgeschlossenen Versicherungsvertrag (Anlagenheft) versichert. Danach sind je nach Inhalt des abgeschlossenen Versicherungsvertrages eigene und fremde Fahrzeuge mit rotem Versicherungskennzeichen nach § 28 FZV versichert.
Nach dieser Vorschrift dürfen Fahrten im Sinne von § 16 Abs. FZV mit dem roten Kennzeichen unternommen werden. § 16 FZV bestimmt, dass diese Fahrzeuge zu Prüfungs-, Probe – oder Überführungsfahrten in Betrieb gesetzt werden dürfen. Es besteht kein Versicherungsschutz, wenn das Fahrzeug zu einem anderen als den im Versicherungsantrag angegebenen Zweck verwendet wird, § 2 c Abs. 1 a) AKB. So liegt es hier.
Das Fahrzeug war nicht für eine Prüfungs-, Probe – oder Überführungsfahrt eingesetzt. Damit besteht keine Deckung in der Händlerversicherung. Eine Prüfungsfahrt von einem amtlich anerkannten Sachverständigen oder eine Überführungsfahrt, welche der Überführung des Fahrzeuges an einen anderen Ort dient, § 2 Nr. 24, 25 FZV, lag erkennbar nicht vor.
Eine Probefahrt ist anzunehmen, wenn eine Fahrt unternommen wird mit dem Ziele, die Leistung und Gebrauchsfähigkeit von Kraftwagen festzustellen, § 2 Nr. 23 FZV (vgl. Senat, r+s 2000, 189). Das kann von Herstellern, Händlern, Inhabern von Werkstätten oder auch Kaufinteressenten geschehen (vgl. BGH NJW 1961, 1399; NJW 1974, 1558; Senat, r+s 2000, 189; SP 2003, 387; Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., Kfz-Handel Rn 2).
Vorliegend ist der behauptete Versicherungsfall nicht anlässlich einer Probefahrt eingetreten, sondern bei dem Besuch einer Diskothek und dem Parken des Fahrzeugs dort. Es handelt sich nicht um eine Fahrt zur Prüfung der Leistung und Gebrauchsfähigkeit des Fahrzeugs, sondern um eine Ausflugsfahrt zum Wochenendvergnügen (vgl. Senat, r+s 2000, 189). Wie der Zeuge E. K. vor dem Landgericht bekundet hat, habe man zunächst eine Probefahrt gemacht. Am Samstagvormittag sei man sozusagen "überall" gewesen, beispielsweise in P.. Man habe einfach mal mit dem Wagen fahren wollen und sei "übers Land gefahren". Am Samstagabend habe man die Kinder abgegeben und der Zeuge und seine Ehefrau seien dann zum "Steffi" nach U. gefahren. Man habe den Wagen zwischen 10.00 und 11.00 Uhr (abends) dort abgestellt und sei nachts um 3.00 Uhr wieder rausgekommen. Die Zeugin K. hat diese Angaben bestätigt.
Auch wenn man annimmt, dass der Wagen erst am Sonntagabend zurückgegeben werden sollte, handelt es sich bei der Fahrt zur Diskothek nicht um eine Probefahrt. Für die Fahrt zum "Steffi" hätte zudem der C. zur Verfügung gestanden. Im Vordergrund stand nicht das Ausprobieren des Wagens, sondern die Fahrt zur Diskothek, die nicht der Feststellung der Leistung und Gebrauchsfähigkeit des Q. diente. Anlässlich des Aufenthalts in der Diskothek ist auch der behauptete Teilediebstahl entstanden.
b) Einer Kündigung des Versicherungsvertrages bedurfte es nicht, weil nicht die Versicherungsnehmerin die maßgebliche Obliegenheitsverletzung begangen hat, sondern der mitversicherte Fahrer durch missbräuchliche Verwendung des roten Kennzeichens (vgl. Prölls, a.a.O., § 6 VVG Rn 110).
c) Auf das Vorliegen der Voraussetzung nach § 2 c Abs. 1 f) AKB kommt es bei der Obliegenheitsverletzung nach a) nicht an. Im übrigen war der Klägerin als Versicherungsnehmerin klar, dass der Q. nicht nur zu einer Probefahrt verwendet werden sollte, sondern zu einer Vergnügungstour. Die Klägerin hat bei ihrer Anhörung vor dem Landgericht selbst angegeben, dass sie ihrem Neffen den Q. über das Wochenende gegeben habe, damit "die beiden mal was unternehmen konnten". Aus diesem Grund habe sie auch für das Wochenende die Kinder gehabt (Bl. 59 GA).
Danach besteht Leistungsfreiheit nach den §§ 6 Abs. 1 VVG a.F., 2 c) Abs. 1 a) AKB wegen missbräuchlicher Verwendung des roten Kennzeichens (vgl. Senat, a.a.O.; Knappmann, aaO., Kfz-Handel Rn 2 mit weiteren Nachweisen).
3. Ob die Voraussetzungen der erheblichen Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung einer Teileentwendung geben sind (vgl. BGH VersR 1990, 736; VersR 1998, 488) und der Senat insoweit an die Feststellungen des Landgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden ist – ein Tatbestandsberichtigungsantrag nach § 314 ZPO ist nicht gestellt – konnte offen bleiben.
II.
Die Voraussetzungen des § 522 Abs.2 Satz 1 Nr.2 und 3 ZPO liegen vor. Die Bedeutung der Sache geht nicht über den Einzelfall mit seinen Besonderheiten hinaus. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts auf Grund mündlicher Verhandlung nicht.
Der Senat weist vorsorglich auf die bei förmlicher Entscheidung nach § 522 Abs. 2 dem Rechtsmittelführer verlorengehende Möglichkeit kostensparender Rücknahme gemäß Nr. 1222 Kostenverzeichnis zum GKG hin.