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„Die Feststellungen des angegriffenen Urteils tragen den Schuldspruch wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften (bisher) nicht. Aus der von dem Bußgeldgericht vorgenommenen Beweiswürdigung kann nämlich nicht auf die Fahrereigenschaft des Betroffenen geschlossen werden. Ob ein Lichtbild die Feststellung zulässt, dass der Betroffene der angebliche Fahrzeugführer ist, hat allein der Tatrichter zu entscheiden. Es kann daher mit der Rechtsbeschwerde grundsätzlich nicht beanstandet werden, der Betroffene sei entgegen der Überzeugung des Tatgerichts nicht mit der auf dem Lichtbild abgebildeten Person identisch. Grundsätzlich ist die Überprüfung der tatrichterlichen Überzeugung dem Rechtsbeschwerdegericht versagt. Hinsichtlich der Identifizierung eines Betroffenen anhand eines Lichtbildes sind der freien Beweiswürdigung durch den Tatrichter jedoch Grenzen gesetzt. So lässt etwa ein sehr unscharfes Foto oder ein Foto, auf dem das Gesicht zwar nicht oder nur in einem geringen Teil abgebildet wird, eine Identifizierung durch bloßen Vergleich mit dem in der Hauptverhandlung anwesenden Betroffenen nach den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens regelmäßig nicht zu. Je nach Qualität und Inhalt des Bildes können sich ein Vergleich mit den persönlich anwesenden Betroffenen oder einem Vergleichsbild und der Schluss auf seine Täterschaft von vornherein als schlecht, unmöglich und willkürlich erweisen. Sieht der Tatrichter den Betroffenen gleichwohl aufgrund des Lichtbildes als überführt an, so leidet das Urteil an einem Rechtsfehler, der im Rechtsbeschwerdeverfahren mit der Sachrüge beanstandet werden kann. So ist es durch das Rechtsbeschwerdegericht überprüfbar, ob ein Messfoto ein geeignetes Beweismittel ist (BGHSt 41, 376 ff.). Daraus folgt für die Anforderungen an die Urteilsgründe, dass diese so gefasst sein müssen, dass das Rechtsbeschwerdegericht prüfen kann, ob das Belegfoto geeignet ist, die Identifizierung einer Person zu ermöglichen. Hier hat das Gericht in den Urteilsgründen nicht ausdrücklich und eindeutig auf das in den Akten befindliche Messfoto (hinsichtlich dessen ein Beweisverwertungsverbot nicht besteht - vgl. Beschluss des BbgOLG vom 22. Februar 2010 - 1 Ss (OWi) 23 Z/10) nach § 267 Abs. 1 S. 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG Bezug genommen und es damit nicht zum Bestandteil der Urteilsurkunde gemacht. Die bloße Mitteilung der Fundstelle in den Akten genügt insoweit nicht (Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl., § 267 Rdnr. 8 m. w. N.). Soweit die Tatrichterin (UA S. 3 und S. 5 mit den Worten ÿausweislich des Frontfotos Bl. 7 der Bußgeldakte“ bzw.“ wie sich aus dem Frontfoto Bl 7 der Bußgeldakte ergibt“ das Messfoto erwähnt, ist hier keine Bezugnahme auf dieses Lichtbild zu erkennen, sondern lediglich die Beschreibung eines Beweiserhebungsvorganges.
Das Rechtsbeschwerdegericht kann und darf daher nicht aus eigener Anschauung beurteilen ob das Messfoto als Grundlage einer Identifizierung tauglich ist oder eine so schlechte Qualität aufweist, dass eine Identifizierung, auch unter Zuhilfenahme sachverständiger Beratung, nicht möglich ist. Ohne eine entsprechende Bezugnahme hätte es einer ausführlichen Beschreibung des Lichtbildes nach Inhalt und Qualität bedurft. Eine solche lässt sich dem Urteil jedoch nicht entnehmen. Aufgrund dieses Darstellungsmangels ist das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufzuheben (§ 79 Abs. 35. 1 OWiG, § 353 StPO).“
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