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Landgericht Berlin Beschluss vom 25.01.2011 - 506 Qs 8/11 - Zur Unzulässigkeit einer vorzeitigen Sperrfristverkürzung zu einem zukünftigen Zeitpunkt

LG Berlin v. 25.01.2011: Zur Unzulässigkeit einer vorzeitigen Sperrfristverkürzung zu einem zukünftigen Zeitpunkt


Das Landgericht Berlin (Beschluss vom 25.01.2011 - 506 Qs 8/11) hat entschieden:
Die Vorschrift des § 69 a Abs. 7 StGB ist grundsätzlich nicht geeignet, die Verkürzung einer Sperrfrist für einen in der Zukunft liegenden Zeitpunkt anzuordnen. Die Ausnahmeregelung des § 69 a Abs. 7 StGB erlaubt vielmehr die vorzeitige Aufhebung einer erteilten Sperrfrist, wenn der Zweck der Maßregel vorzeitig erreicht wurde, weil Grund zu der Annahme besteht, dass der Täter im Zeitpunkt des Beschlusses nicht mehr zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist, wobei diese Feststellung nur nach eingehender Prüfung getroffen werden kann und allein die Teilnahme an einer Nachschulung nicht ausreichend ist.


Gründe:

Dem Verurteilten wurde durch rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom 30. September 2010 - rechtskräftig bezüglich der Rechtsfolge seit dem 25. Oktober 2010 - die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen entzogen, nachdem er am 6. Juli 2010 ein Vergehen der fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs begangen hatte. Darüber hinaus wurde ihm eine Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis von neun Monaten erteilt. Von Seiten des Amtsgerichts und der Amtsanwaltschaft war dem Verurteilten signalisiert worden, dass - bei Teilnahme eines mindestens 10-stündigen Verkehrserziehungskurses - eine Verkürzung der Sperrfrist bis zu 2 Monaten wohlwollend geprüft werde.

Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 29. November 2010 hat der Verurteilte die Verkürzung der Sperrfrist um 2 Monate beantragt und zur Begründung ausgeführt, dass er in dem Zeitraum vom 18. November 2010 bis zum 2. Dezember 2010 an einer verkehrspsychologischen Interventionsmaßnahme bei der … GmbH nach dem Modell "…-Mobil" teilgenommen habe. Eine entsprechende Teilnahmebestätigung wurde dem Antrag nachgereicht.

Mit angefochtenem Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 16. Dezember 2010 hat dieses den Antrag des Verurteilten mit der Begründung zurückgewiesen, dass zum jetzigen Zeitpunkt keine ausreichenden Gründe ersichtlich seien, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass der Verurteilte bereits jetzt nicht mehr ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sei. Die Erkenntnisse aus dem Aufbauseminar der … müssten sich noch über einen längere Zeitspanne festigen und bedürften der Bewährungsprobe über einen gewissen Zeitraum.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde des Verurteilten.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber – zum jetzigen Zeitpunkt - unbegründet. Die Kammer schließt sich der von der Amtsanwaltschaft zitierten Auffassung des LG Ellwangen in dessen Beschluss vom 2. Juli 2001 (Blutalkohol 2002, 223) an.

Danach ist die Vorschrift des § 69 a Abs. 7 StGB grundsätzlich nicht geeignet, die Verkürzung einer Sperrfrist für einen in der Zukunft liegenden Zeitpunkt anzuordnen. Die Ausnahmeregelung des § 69 a Abs. 7 StGB erlaubt vielmehr die vorzeitige Aufhebung einer erteilten Sperrfrist, wenn der Zweck der Maßregel vorzeitig erreicht wurde, weil Grund zu der Annahme besteht, dass der Täter im Zeitpunkt des Beschlusses nicht mehr zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist, wobei diese Feststellung nur nach eingehender Prüfung getroffen werden kann und allein die Teilnahme an einer Nachschulung nicht ausreichend ist. Vorliegend konnte eine derartige Feststellung zum jetzigen Zeitpunkt insbesondere deshalb nicht getroffen werden, weil es bisher an konkreten Angaben darüber fehlt, ob und in welcher Weise sich die Trinkgewohnheiten des Verurteilten seit seiner Tat im letzten Sommer verändert haben. Soweit der Verurteilte über seinen Verteidiger in dessen Schriftsatz vom 29. November 2010 vortragen ließ, er habe seine Einstellung und Verhaltensweisen im Hinblick auf den Alkoholkonsum geändert, schätze nunmehr die Alkoholgefahr realistisch ein, erkenne den Eigenanteil an der alkoholbedingten Auffälligkeit und halte sich nunmehr an Trinkregeln, sind diese Ausführungen zu allgemein gehalten, um bereits zum jetzigen Zeitpunkt eine nicht mehr vorhandene Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen bejahen zu können.

Ist der Zweck der Maßregel zum Zeitpunkt des Beschlusses noch nicht erfüllt, so dass eine sofortige Aufhebung der erteilten Sperrfrist nicht in Betracht kommt, würde es der Gesetzessystematik widersprechen, wenn stattdessen die Prognose getroffen werden könnte, dass dieses zu einem künftigen Zeitpunkt, der bereits jetzt feststehe, der Fall sein werde. Die Ausnahmeregelung des § 69 a Abs. 7 StGB hat gerade nicht den Sinn, eine nachträgliche Berichtigung der zugrunde liegenden Verurteilung vorzunehmen und die ursprüngliche tatrichterliche Prognose bezüglich der Erforderlichkeit der Maßregeldauer durch eine neue Prognose zu ersetzen.

Die Kammer weist jedoch darauf hin, dass das Amtsgericht Tiergarten wie auch die Amtsanwaltschaft die wohlwollende Prüfung eines erneuten Antrages im April 2011 auf vorzeitige Aufhebung der Sperrfrist signalisiert haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.



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