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OLG Stuttgart Urteil vom 13.12.2005 - 1 U 51/05 - Zur Ermittlung der Höhe des dem Geschädigten gemäß § 843 Abs. 1 BGB zu ersetzenden behinderungsbedingten Pflegemehrbedarfs

OLG Stuttgart v. 13.12.2005: Zur Ermittlung der Höhe des dem Geschädigten gemäß § 843 Abs. 1 BGB zu ersetzenden behinderungsbedingten Pflegemehrbedarfs


Das OLG Stuttgart (Urteil vom 13.12.2005 - 1 U 51/05) hat entschieden:
  1. Die Ermittlung der Höhe des dem Geschädigten gemäß § 843 Abs. 1 BGB zu ersetzenden behinderungsbedingten Pflegemehrbedarfs hat sich bei Übernahme der Pflege durch unentgeltlich tätige Angehörige regelmäßig an den Nettobezügen einer - fiktiv beschäftigten - Fremdkraft zu orientieren. Dabei ist für die Bemessung des konkreten Vergütungssatzes das jeweilige Anforderungs- und Leistungsprofil des konkreten Falles maßgeblich.

  2. Die Schadensfeststellung im Einzelfall unterliegt zwar den erleichternden Voraussetzungen des § 287 ZPO. Die Heranziehung willkürlich pauschaler Stundensätze trägt in der Regel den Erfordernissen einer möglichst konkreten und an den tatsächlichen Verhältnissen ausgerichteten Schadensermittlung nicht ausreichend Rechnung. Vorzuziehen ist die Orientierung an den Vergütungssätzen der jeweils einschlägigen Tarifbestimmungen (BAT bzw. KR je nach Tätigkeitsschwerpunkt).

  3. Zu den Einzelheiten der Ermittlung des Pflegemehraufwandes, insbesondere zur Zulässigkeit eines Sachverständigengutachtens bei der Feststellung des tatsächlichen Pflegebedarfs und der Ermittlung des sog. "Sowieso-Bedarfs".

Siehe auch Vermehrte Bedürfnisse und Stichwörter zum Thema Personenschaden


Gründe:

A.

Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen ärztlicher Behandlungsfehler anlässlich ihrer Geburt am ...c.1.1987 im Kreiskrankenhaus (Ortsname)..., dessen Träger der Beklagte ist, auf Ersatz behinderungsbedingten Pflegemehrbedarfs nach § 843 Abs.1 BGB in Anspruch.

Die Klägerin wurde mit einer schweren hypoxischen Hirnschädigung geboren und ist entsprechend schwerstbehindert (schwere spastische Diplegie, schwerer motorischer Entwicklungsrückstand). Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten von Prof. Dr. (Nachname...) (Bl. 102 ff.d.A.) Bezug genommen. Die Haftung des Beklagten dem Grunde nach steht auf Grund des Urteils des Senats vom 11.5.1995 - 14 U 39/92 - fest. Die Klägerin wird von ihren Eltern, vornehmlich ihrer Mutter zu Hause gepflegt und betreut. Mit ihrer Klage verlangt sie Ersatz behinderungsbedingten Pflegemehraufwandes für den Zeitraum vom 1.7.1997 bis zum 31.12.2003 in Höhe von 202.385,36 €, nachdem die Ansprüche für die Zeit bis zum 30.6.1996 durch Vergleich vor dem Senat vom 11.4.2000 (Bl. 190 ff. der Beiakte 14 U 9/99) durch eine Zahlung von weiteren 25.730.-DM abgefunden wurden. Bereits damals hatte der Sachverständige Prof. Dr. (Nachname...) im ersten Rechtszug ein schriftliches Gutachten erstattet (Bl. 64 ff. der Beiakte) und war im Berufungsverfahren vom Senat mündlich angehört worden (Bl. 164 ff.d.Beiakte).


I.

Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 159 ff.d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat erneut bei Prof. Dr. (Nachname...) ein schriftliches Gutachten eingeholt (Bl. 102 ff.d.A.), welches der Sachverständige schriftlich ergänzt hat (Bl. 126 ff.d.A.). Es hat der Klägerin einen Betrag von 114.577,21 € nebst Zinsen zugesprochen und die weitergehende Klage, insbesondere für den Zeitraum vom 1.7.1997 bis 31.12.1997, abgewiesen. Die Ansprüche für das Jahr 1997 seien verjährt.

Das Landgericht hat im Übrigen folgende Erwägungen zu Grunde gelegt:

Bei der Ermittlung des maßgeblichen Zeitaufwandes sei zu differenzieren zwischen eigentlichen Pflegeleistungen, die auch von einer Fremdkraft erbracht werden könnten, Bereitschaftszeiten, in denen nur gelegentliche Hilfeleistungen anfielen und solchen Betreuungsleistungen, die durch elterliche Nähe und Zuwendung geprägt und nicht ersatzfähig seien.

Im vorliegenden Fall betrage der tägliche Gesamtpflegebedarf - wie ihn Prof. Dr. (Nachname...) zutreffend ermittelt habe - 7,9 Stunden an Schultagen und 10,8 Stunden an schulfreien Tagen. Dabei seien Bereitschaftszeiten bereits berücksichtigt. Das Gutachten sei ein geeignetes und erforderliches Beweismittel, weil die Kammer die notwendige Sachkunde für eine eigene Schätzung nicht besitze.

Der „Sowiesobedarf“, der vom Gesamtbedarf abzuziehen sei, betrage entsprechend den Ansätzen der Klägerin 2 Stunden bis zur Vollendung des 14. und 1,5 Stunden bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Dementsprechend liege der behinderungsbedingte Mehrbedarf an Schultagen bei 5,9 bzw. 6,4 Stunden und an schulfreien Tagen bei 8,8 bzw. 9,3 Stunden (Urteil S.17/18, Bl. 173/174 d.A.). Bezogen auf den Zeitraum von Januar 1998 bis 31.12.2003 sei somit von 525 Schultagen und 1665 schulfreien Tagen auszugehen: 104 Tage im Jahr entfielen auf Wochenenden; kein Schulbesuch finde außerdem an 86 Ferientagen und 9 Feiertagen statt. Die Klägerin sei an 471 Tagen krank gewesen. Insgesamt lägen in der Zeit zwischen Januar 1998 und Dezember 2001 (37 Monate) 269,3 Schultage und 855,81 Tage ohne Schulbesuch. Der anschließende Zeitraum bis 31.12.2003 habe aus 255,15 Schultagen und 809,55 schulfreien Tagen bestanden. Insgesamt seien 18.284,23 Stunden als behinderungsbedingter Pflegemehrbedarf anzuerkennen (Urteil S. 20, Bl. 178 d.A.).

Dieser sei mit einem einheitlichen Betrag von 10,00 € pro Stunde zu vergüten. Die verschiedentlich praktizierte Anlehnung an die Vergütungssätze der Tarifgruppe VII des BAT sei zwar möglich und von der Kammer als Vergleich vorgeschlagen worden, was der Beklagte aber als übersetzt abgelehnt habe. Eine extreme Ausdifferenzierung sei weder geboten noch sinnvoll. In der obergerichtlichen Rechtsprechung sei die angemessene Vergütung „häufig“ auf 20.-DM/Stunde geschätzt worden. Die Kammer schätzte in Anlehnung hieran den angemessenen Betrag auf 10,00 €/Stunde, was insgesamt einen Betrag von 182.842,30 € ergebe.

Der sachliche Mehrbedarf betrage 250.-DM pro Monat, insgesamt also für die Zeit ab Januar 1998 9.180,00 €. Nach Abzug geleisteter Zahlungen von 25.564,59 € (50.000.-DM), 51.180,32 € (100.100.-DM) und 700,18 € (1.369,44 DM) stünden der Klägerin daher noch die zugesprochenen 114.577,21 € zu.


II.

Dagegen wenden sich beide Parteien mit ihren - selbständigen - Berufungen:

Während die Klägerin weitere 87.808,15 €, also insgesamt den eingeklagten Betrag von 202.385,36 € beansprucht, ist der Beklagte der Auffassung, nur 65.763,69 € zu schulden, die er inzwischen am 16.8.2005 gezahlt hat.

1. Die Klägerin hält an ihrer erstinstanzlichen Berechnung (Bl. 77 ff.d.A.), auf die Bezug genommen wird, fest. Die vom Landgericht vorgenommene Differenzierung zwischen eigentlichen Pflegeleistungen und sonstiger Betreuung sei schon im Ansatz verfehlt, weil im Falle der Beschäftigung einer Fremdkraft nur die reine Anwesenheitszeit zähle ohne zwischen „eigentlichem Pflegebedarf“ und „gelegentlichen Hilfeleistungen“ zu unterscheiden. Eine solche Unterscheidung sei bisher in der Rechtsprechung des Senats nie vorgenommen worden. Darüber hinaus sei auch die Ermittlung des Pflegebedarfs durch Sachverständigengutachten unzulässig, weil zur Bestimmung der tatsächlich geleisteten und erforderlichen Pflege nicht geeignet. Dies habe der Senat bereits mehrfach entschieden und eine gerichtliche Schätzung auf der Grundlage der Angaben der Eltern für ausreichend erachtet, nicht zuletzt, weil die Pflegezeit nicht „mit der Stoppuhr“ gemessen werden könne. Es sei grundsätzlich verfehlt, den Zeitaufwand der einzelnen Pflegeverrichtungen zu ermitteln und am Ende zu addieren, weil es nicht um eine Einstufung in der gesetzlichen Pflegeversicherung gehe, so dass die dafür geltenden Empfehlungen des MDK, die der Sachverständige zu Grunde gelegt habe, nicht maßgeblich seien. Anzusetzen sei vielmehr - wie im Tagesablaufplan der Eltern näher beschrieben - ein täglicher Gesamtpflegebedarf von 17 Stunden. Der Stundensatz sei nach BAT VII zu bemessen mit einem pauschalen Abschlag von 30 % für Steuern und Sozialabgaben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung der Klägerin (Bl. 223 ff.d.A.) und ihre Berufungserwiderung (Bl. 220 ff.d.A.) verwiesen.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 22.4.2005 - 15 O 400/03 - abzuändern und den Beklagten zur Zahlung weiterer 87.808,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit abzüglich bereits gezahlter 65.763,69 € zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und das Urteil - unter Abweisung der Klage im Übrigen - dahingehend abzuändern, dass der Beklagte nicht mehr als 65.763,69 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins hieraus seit 14.7.2004 zu bezahlen hat.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

2. Der Beklagte rügt die Bemessung des Stundensatzes und die Ermittlung der Zahl der Schul- bzw. schulfreien Tage. Zu Grunde zu legen sei die Vergütung nach BAT VII, nicht der gegriffene Betrag von 10,00 € pro Stunde. Bei Errechnung der Stundenzahl habe das Landgericht zu viele schulfreie Tage angenommen, weil es nicht berücksichtigt habe, dass ein Teil der Feiertage und der Ferientage auf Wochenenden entfielen und demnach nicht doppelt angesetzt werden könnten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung der Beklagten (Bl. 195 ff.d.A.) Bezug genommen.


B.

Während die Berufung der Klägerin zur Gänze unbegründet ist, hat diejenige des Beklagten teilweise Erfolg und führt zu einer Abänderung des angefochtenen Urteils dahingehend, dass der Beklagte an die Klägerin für den Zeitraum 1.1998 bis 31.12.2003 noch einen Betrag 84.269,16 € nebst gesetzlichen Zinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen hat, von dem die inzwischen geleistete weitere Zahlung von 65.763,69 € abzuziehen ist. Die Ansprüche für das Jahr 1997 (1.7.-31.12.1997) sind dagegen - wie das Landgericht zutreffend entschieden hat - verjährt.


I.

1. Dass der Beklagte der Klägerin dem Grund nach für die materiellen Folgen ihrer schweren Behinderung vertraglich und deliktisch einzustehen hat, steht aufgrund des - rechtskräftigen - Urteils des Senats vom 11.5.1995 - 14 U 39/92 - fest. Zu den nach § 843 Abs.1 BGB zu ersetzenden Schadensfolgen gehören auch behinderungsbedingte Mehraufwendungen für Pflege, auch wenn diese - wie hier - nicht von fremden Pflegekräften, sondern von Angehörigen, erbracht wird. Entsprechend dem Rechtsgedanken des § 843 Abs.4 BGB kommt der Umstand, dass die Pflege unentgeltlich erfolgt, dem Schädiger nicht zu Gute. Auch ist unerheblich, ob auf Seiten der pflegenden Angehörigen Verdienstausfall oder sonstige Vermögenseinbußen entstehen. Dies ist seit langem anerkannt (BGH, Urteil vom 22.11.1988 - VI ZR 126/88, BGHZ 106, 28 = NJW 1989, 1273; Urteil vom 10.11.1998 - VI ZR 354/07, NJW 1999, 421; Urteil vom 8.6.1999 - VI ZR 244/98, NJW 1999, 2819; Senat, Urteil vom 24.11.1988 - 14 U 12/88; Urteil vom 25.8.1994 - 14 U 25/93; Urteil vom 8.8.2000 - 14 U 21/00; OLG Hamm DAR 1994, 496; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2003, 90). Voraussetzung des Anspruchs auf Ersatz des Pflegemehrbedarfs ist, dass es sich bei den Pflegeleistungen um Aufwendungen handelt, die das Maß einer „normalen“ elterlichen Zuwendung übersteigen und sie ihrer Art nach auch von Fremdkräften erbracht werden könnten.

2. Demnach kann die Klägerin grundsätzlich finanziellen Ausgleich für die Pflegeleistungen ihrer Eltern beanspruchen. Dass diese das Maß „normaler“ elterlicher Zuwendung und Betreuung für die geltend gemachten Zeitraum 10-16-jährige Klägerin bei weitem übersteigen und ihrer Art nach in vergleichbarer Weise von Fremdkräften übernommen werden könnten, ist unstreitig ( vgl. zu dieser Einschränkung BGH, Urteil vom 8.6.1999 - VI ZR 244/98, NJW 1999, 2819).

3. Die Höhe der - in Anwendung des § 287 ZPO zu bemessenden - Ansprüche richtet sich danach, welcher Pflegebedarf als behinderungsbedingt anzusehen ist. Dabei ist der Gesamtpflegebedarf um die nicht behinderungsbedingten Aufwendungen (sog. „Sowiesobedarf“) zu reduzieren, für die der Schädiger nicht einzustehen hat. Der „Sowiesobedarf“ ist seinem Umfang nach altersabhängig, weil ein Kind mit fortschreitender Entwicklung immer weniger der elterlichen Betreuung bedarf. Der festgestellte Pflegemehrbedarf ist - soweit möglich - „marktgerecht“ zu bewerten. Dabei geht es um die angemessene Abgeltung der tatsächlich geleisteten Pflegetätigkeit, nicht um die fiktive Abgeltung der Pflegebedürftigkeit. Als Orientierungsmaßstab dienen dabei die Nettobezüge einer - fiktiv beschäftigten - Fremdkraft (BGH, Urteil vom 10.11.1998 - VI ZR 354/97, NJW 1999, 421; Senat, Urteil vom 24.11.1988 - 14 U 12/88; Urteil vom 25.8.1994 - 14 U 25/93; Urteil vom 8.8.2000 - 14 U 21/00). Dabei ist das jeweilige Anforderungs- und Leistungsprofil des konkreten Falles maßgeblich (Senat, Urteil vom 8.8.2000 - 14 U 21/00), wobei - je nach gegebenem Pflegeschwerpunkt - im Regelfall die Anwendung der Vergütungsgruppe BAT VII (Heilerziehungspflege) oder KR III (bei überwiegender Krankenpflege) in Betracht kommt. Zur Ermittlung des Nettobetrags ist von der Bruttovergütung ein pauschaler Abschlag für - nicht angefallene - Steuern und Sozialabgaben vorzunehmen, der in den letzten Jahren in der Regel mit 30 % bemessen wurde (Senat, Urteil vom 8.8.2000 - 14 U 21/00).

An diesen Grundsätzen, die im Folgenden näher dargestellt werden, hält der Senat im Interesse einer möglichst gleichmäßigen und gerechten Handhabung vergleichbarer Fälle im OLG-Bezirk fest, zumal sie - soweit ersichtlich - von den übrigen Landgerichten weitgehend einheitlich praktiziert werden. Der Senat folgt dem angefochtenen Urteil daher insoweit nicht, als das Landgericht an Stelle der - von beiden Parteien befürworteten - Vergütungssätze von BAT VII einen - einheitlichen - Stundenlohn von 10,00 € (netto) zu Grunde gelegt hat. Dies erscheint im Übrigen - von grundsätzlichen Bedenken abgesehen - schon deshalb zweifelhaft, weil die Annahme eines unveränderten Lohnniveaus seit 1998 mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt.

4. Im Einzelnen gilt:

a) Der Pflegebedarf der Klägerin kann - wie es das Landgericht getan hat - auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens ermittelt werden. Dagegen bestehen keine Bedenken, insbesondere ist ein Gutachten kein „ungeeignetes“ Beweismittel. Bereits im vorangegangenen, den Zeitraum bis zum 30.6.1997 betreffenden Verfahren 14 U 9/99 hat dies der Senat dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er selbst den Sachverständigen Prof. Dr. (Nachname...) (auch) im zweiten Rechtszug zum Gutachter bestellt (vgl. das Sitzungsprotokoll Bl. 163 ff.d.Beiakte) und auf der Grundlage seines Gutachtens den Parteien den abgeschlossenen Vergleich vorgeschlagen hat. Es ist daher wenig verständlich, dass die Klägerin ungeachtet dessen auch im zweiten Rechtszug der Ansicht ist, ein Sachverständigengutachten sei ein unzulässiges Beweismittel und der Pflegebedarf könne - allein - im Wege der richterlichen Schätzung ermittelt werden. Dies hat der Senat auch in früheren Entscheidungen bei der Ermittlung des behinderungsbedingten Pflegemehrbedarfs nie vertreten. So war in vielen Fällen eine Beweisaufnahme schon nicht erforderlich, weil der notwendige Pflegebedarf zwischen den Parteien unstreitig war (etwa 1 U 144/04). In anderen Fällen waren die wesentlichen Tatsachen nicht im Streit oder anderweit festgestellt, so dass der Bedarf ohne fachkundige Hilfe geschätzt werden konnte. So wurde insbesondere auch im - von der Klägerin zitierten - Urteil des Senats vom 24.11.1988 (14 U 12/88) ein Gutachten keineswegs - generell - für unzulässig erklärt. Die von der Klägerin aus dem Zusammenhang gegriffenen Ausführungen (Urteil S. 22/23) betreffen ausschließlich die angemessene Berücksichtigung von Zeiten mit „Rufbereitschaft“, in denen eine Pflege im eigentlichen Sinn nicht stattfand, die Pflegeperson aber gleichwohl anwesend sein musste, um im Bedarfsfall eingreifen zu können. Der Senat hat insoweit ausgeführt, dass die Zeiten einer solchen Zuwendung nicht „mit der Stoppuhr“ gemessen werden könnten und insoweit auch ein Sachverständiger - nicht anders als der Richter - auf Schätzungen und Wertungen angewiesen wäre. Dies bedeutet aber nicht, dass ein Gutachten generell ungeeignet wäre, um die Zeiten notwendiger Pflege und Betreuung möglichst exakt ermitteln zu können, wie dies mit Hilfe des Sachverständige Prof. Dr. (Nachname...) im vorliegenden Fall geschehen ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie hier zum Teil - auch medizinische Fragen (Epilepsie und Anfallbereitschaft) zu klären sind, die entsprechende Fachkenntnisse erfordern.. Ist dies der Fall, kann es sogar geboten sein, sich die notwendige Beurteilungsgrundlage durch Sachverständigengutachten zu verschaffen.

b) Das Landgericht hat den Pflegebedarf auch der Höhe nach zutreffend nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. (Nachname...) ermittelt. Auch der Senat hält die Ausführungen des Sachverständigen (Bl. 102 ff., 126 ff.d.A.) in der Sache für überzeugend, zumal sie die Klägerin mit ihrer Berufung inhaltlich auch nicht konkret angreift.

aa) Der Senat hat bereits im Vorprozess (14 U 9/99) zum Ausdruck gebracht (vgl. den Vergleichsvorschlag vom 9.2.2000, Bl. 170 ff.d.Beiakte), dass er die methodische Vorgehensweise des Sachverständigen, der den Tagesablauf der Klägerin, auch wie er von ihren Eltern geschildert wird, beleuchtet und zeitlich bewertet hat, für einen gangbaren Weg der Ermittlung des Pflegeaufwandes erachtet, auf der die Schadensschätzung nach § 287 ZPO beruht. Soweit - wie hier - Art und Schwere der Behinderung keinen nahezu ununterbrochenen pflegerischen Einsatz („Rund-um-die-Uhr -Pflege“) erfordern, ist es im Rahmen des § 287 ZPO möglich und sachlich gerechtfertigt, den notwendigen Zeitaufwand an Hand der einzelnen Verrichtungen zu ermitteln und Zeiten, in denen die bloße Präsenz der Pflegeperson erforderlich ist, durch einen angemessenen Zuschlag zu berücksichtigen oder aber auch umgekehrt von der Präsenzzeit der Pflegeperson entsprechende Abschläge zu machen, die die Möglichkeit der anderweiten Befassung berücksichtigen. Das Bestreben um eine „marktgerechte Vergütung“ der Leistungen der Eltern bedeutet nicht, dass die Klägerin in jeder Hinsicht so zu stellen ist, als ob sie eine professionelle Fremdkraft in Anspruch genommen hätte. Die Orientierung an den Kosten einer Fremdpflegekraft erzwingt insbesondere nicht die vollständige Berücksichtigung aller Beaufsichtigungszeiten. Aus dem Umstand, dass eine Fremdkraft möglicherweise ganztätig beschäftigt werden müsste, ist für die Frage der marktgerechten Vergütung von unentgeltlichen Pflegeleistungen Angehöriger nichts Entscheidendes herzuleiten.

Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Klägerin bei so gut wie allen Verrichtungen (Nahrungsaufnahme, Körperpflege, hauswirtschaftliche Versorgung) fremder Hilfe bedarf, sie regelmäßig durchbewegt werden muss und für jede Ortsveränderung auf Unterstützung durch Dritte angewiesen ist. Dies schließt es nicht aus, im Ansatz eine konkrete Betrachtung der einzelnen Pflegetätigkeiten vorzunehmen und den Gesamtbedarf durch Addition der einzelnen Zeiten festzustellen.

bb) Die einzelnen Ansätze des Sachverständigen, denen das Landgericht gefolgt ist, erscheinen auch in der Sache plausibel und gut nachvollziehbar, zumal sie von der Berufung - soweit es um den Zeitbedarf an sich geht - nicht in Zweifel gezogen werden. Die Beurteilung steht mit der Lebenserfahrung im Einklang und berücksichtigte auch die Schilderung der Eltern der Klägerin. Daher erscheint auch das Ergebnis überzeugend, wonach an Schultagen eine Pflege im Umfang von 7,9 Stunden und an schulfreien Tagen von 10,8 Stunden erforderlich und angemessen ist. Dabei ist insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin im Hinblick auf die Gefahr von Grand-Mal-Anfällen vermehrter Beobachtung bedarf; insoweit hat der Sachverständige einen - sicher nicht zu gering bemessenen - Zuschlag von 90 Minuten pro Tag vorgenommen (Bl. 107 d.A.). Ferner hat er für weitere, nicht exakt zu bemessende Hilfeleistungen (Heben, Tragen, Wenden, Schieben im Rollstuhl) zusätzliche 60 Minuten angesetzt (Bl. 107 d.A.). Auch dies hält der Senat, ebenso wie die übrigen Zeitansätze, für realistisch.

cc) Nicht in die Bemessung des Zeitaufwandes Eingang gefunden hat allerdings die Tatsache, dass die Klägerin - wie der Sachverständige bestätigt hat - behinderungsbedingt häufiger erkrankt als nicht behinderte Kinder; dies schlägt sich zwangsläufig in einer entsprechenden, allerdings zeitlich kaum exakt fassbaren Erhöhung des Pflegeaufwandes nieder. Ebenfalls nicht gesondert berücksichtigt hat der Sachverständige „Zeiten geteilter Zuwendung“, in denen zwar keine aktive Pflege und Betreuung stattfindet, in denen aber die Eltern gleichwohl gebunden und durch die Notwendigkeit der Beobachtung beansprucht sind. Eine angemessene Berücksichtigung beider Gesichtspunkte im Rahmen des § 843 Abs.1 BGB erscheint geboten. Andererseits ist eine exakte zeitliche Abschätzung und Bewertung kaum möglich. Der Senat hält daher - in Anwendung des § 287 ZPO - einen pauschalen Zuschlag von 10 % auf den sich ergebenden Gesamtbetrag für gerechtfertigt.

dd) Es ergibt sich für die folgende Berechnung somit ein täglicher Pflegeaufwand an Schultagen von 7,9 Stunden und 10,8 Stunden an schulfreien Tagen (Wochenenden, Feiertage unter der Woche, Schulferien und Krankheitstage ohne Schulbesuch). Da die ermittelten Zeiten aber ohnehin nur eine - möglichst genaue - Schätzung sein können und zwangsläufig nicht minutengenau mit der Wirklichkeit übereinstimmen, hält der Senat eine Aufrundung auf 8 Stunden an Schultagen und 11 Stunden an schulfreien Tagen für sachgerecht.

c) Von diesem absoluten Pflegebedarf sind diejenigen Zeiten in Abzug zu bringen, in denen auch ein gesundes Kind der elterlichen Betreuung und Pflege bedarf (sog. „ Sowieso-Bedarf“ ). Da Kinder mit zunehmender Selbständigkeit immer weniger der Betreuung und Beaufsichtigung bedürfen, ist der Senat in der Vergangenheit von einer altersmäßigen Staffelung des Sowieso-Bedarfs ausgegangen. Dementsprechend sind sich die Parteien auch einig, dass der Sowieso-Bedarf bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres der Klägerin 2 Stunden beträgt und im Folgezeitraum bis zur Volljährigkeit mit 1,5 Stunden zu veranschlagen ist. Daraus leitet sich für die Zeit bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres am ... .1.2001 an Schultagen ein ersatzfähiger Pflegemehrbedarf von 6 Stunden, an schulfreien Tagen von 9 Stunden, im Folgezeitraum ein solcher von 6,5 bzw. 9,5 Stunden ab, der den weiteren Berechnungen zu Grunde zu legen ist.

1. Dieser Pflegemehraufwand ist nach gefestigter Rechtsprechung des Senats (vgl. nur Urteil vom 8.8.2000 - 14 U 21/00) unter Berücksichtigung der Löhne zu vergüten, die bei Beschäftigung einer Fremdkraft anfielen. Dabei ist der Nettolohn zu Grunde zu legen, weil Steuern und Sozialabgaben tatsächlich nicht zu entrichten sind.

a) Das Landgericht hat bei der Ermittlung des Stundensatzes einen Betrag von 10,00 € pro Stunde zu Grunde gelegt (Urteil S.19/20, Bl. 177/178 d.A.), obwohl selbst die Klägerin nur den - geringeren - Nettolohn der Vergütungsgruppe VII des BAT beansprucht und auch die Kammer diese Sätze ihrem gerichtlichen Vergleichsvorschlag zu Grunde gelegt hatte (Bl. 66 d.A.). Die Kammer hat den von ihr zu Grunde gelegten Pauschalsatz von 10,00 € damit begründet, dass eine „extreme Ausdifferenzierung“ weder geboten noch sinnvoll sei und auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung „häufig“ 20.-DM pro Stunde geschätzt worden seien.

b) Der Senat teilt diese Meinung nicht und hält an seiner Auffassung fest, dass - ohne Bindung bis ins letzte Detail der tariflichen Regelung - die Anknüpfung an die Tariflöhne . als Orientierungsrahmen eine gerechtere und marktkonforme Grundlage vermittelt. Ein einheitlicher Satz von 10,00 € pro Stunde lässt sich auch kaum rational begründen. Der Senat unterstreicht deshalb, auch aus Gründen der Rechtssicherheit und Einheitlichkeit der Rechtsprechung im OLG-Bezirk, die Grundlagen seiner Schadensschätzung, wonach Pflege- und Betreuungsleistungen von Angehörigen im Regelfall mit den Sätzen der Vergütungsgruppe VII des BAT bzw. KR III zu vergüten sind. Dass in der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung „häufig“ ein Stundensatz von 20.- DM angenommen worden sei, ist nicht ersichtlich. Insbesondere im Falle der vom Landgericht genannten Entscheidung des OLG Düsseldorf (NJW-RR 2003, 90) war die Höhe des Stundensatzes von 10,00 € zwischen den Parteien unstreitig, so dass hierüber letztlich gar nicht zu entscheiden war und die Frage auch nicht weiter problematisiert wurde.

c) Zu Gunsten der Klägerin sind allerdings - teilweise - Überstundenzuschläge (Überstundentarif) zu berücksichtigen. Dass Pflege- und Betreuungszeiten von mehr als 8 Stunden pro Tag - entsprechend den Bestimmungen des BAT - mit dem entsprechenden Zuschlag zu vergüten sind, hat der Senat bereits entschieden (vgl. Urteil vom 8.8.2000 - 14 U 21/00). Er hat allerdings zu erkennen geben, dass dies nur insoweit uneingeschränkt gelten kann, als die Zahl der „Überstunden“ die gesetzliche und tarifliche Höchstgrenze regelmäßiger Mehrarbeit (10 Stunden) nicht übersteigt, weil andernfalls auch bei einer Beschäftigung von Fremdkräften die Pflege auf zwei oder mehr Personen verteilt werden müsste. Diese Frage stellt sich im vorliegenden Fall aber nicht, weil der höchste zu ersetzende Aufwand - an schulfreien Tagen ab dem Jahre 2001 - bei 9,5 Stunden liegt, so dass der über 8 Stunden hinausreichende Zeitbedarf durch „reguläre“ Mehrarbeit (Überstunden) abgedeckt werden könnte und eine zweite Pflegekraft nicht zwingend notwendig wäre.

d) Von den als Bruttobezüge angegebenen Sätzen der Vergütungstabelle zu BAT VII ist ein Abzug für Steuern und Sozialabgaben vorzunehmen, um den Nettolohn zu bestimmen. Soweit - was allerdings nicht vorgetragen ist - die Tätigkeit der Mutter der Klägerin im Rahmen der gesetzlichen Pflegeversicherung der Rentenversicherungspflicht unterliegen sollte (vgl. dazu BGH, Urteil vom 10.11.1998 - VI ZR 354/97, NJW 1999, 421), wäre dies in den Rechtsbeziehung zwischen den Parteien nicht beachtlich, weil insoweit ein Forderungsübergang nach § 116 SGB X stattfände, so dass die Klägerin diesbezüglich nicht aktivlegitimiert wäre.

Den vorzunehmenden Abschlag hat der Senat in der Vergangenheit in der Regel mit einem Pauschalsatz von 30 % berücksichtigt (Urteil vom 8.8.2000 - 14 U 21/00). Dies hat auch die Beklagte ihren Berechnungen (Bl. 205 ff.d.A.) zu Grunde gelegt. Der Senat sieht daher im vorliegenden Fall keine Veranlassung, im Hinblick auf die in den letzten Jahren ständig gestiegene Abgabenlast auf Arbeitsentgelt einen pauschalen höheren Abzug - etwa 35 % -vorzunehmen.

2. Bei der Ermittlung der zu ersetzenden Stundenzahl hat das Landgericht, was die Berufung der Beklagten zu Recht beanstandet, nicht berücksichtigt, dass ein Teil der Feiertage, Ferientage und auch Krankheitstage auf Tage entfällt, an denen ohnehin ein Schulbesuch nicht stattgefunden hätte (insbesondere an Wochenenden) und auch im Übrigen Überschneidungen im Bereich der schulfreien Tage denkbar sind. Die Krankheitstage, die sicher teilweise auch an ohnehin schulfreien Tagen gelegen haben, entziehen sich allerdings einer differenzierteren Betrachtung, weil nicht vorgetragen ist, wann genau die Klägerin erkrankt war. Insoweit kann konkreter Vortrag aber schwerlich erwartet und verlangt werden, weil den Eltern nicht ohne Weiteres zumutbar ist, allein aus forensischen Gründen exakt Buch zu führen. Soweit es aber um die Überschneidung von Ferien- und Feiertagen einerseits, Wochenenden andererseits geht, ist eine genaue Ermittlung der schulfreien Tage an Hand des jeweiligen Kalenders möglich und im Interesse einer realistischen Schadensschätzung nach § 287 ZPO auch geboten. Bei der nachfolgenden Berechnung des Senats sind daher zwar die Krankheitstage durchweg als gesonderte schulfreie Tage ausgewiesen. Für die Ferien - und Feiertage gilt dies aber nur insoweit, als sie nicht auf ein - ohnehin schulfreies - Wochenende entfallen sind und die Feiertage nicht in den Schulferien gelegen haben.


II.

Es ergeben sich somit folgende Ansprüche:

1. Zeitraum vom 1.7.-31.12.1997

Die Ansprüche der Klägerin für diesen Zeitraum sind, wie das Landgericht zutreffend entschieden hat, verjährt und können daher nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden. Die Verjährungsfrist betrug - nach „altem“ Recht - gemäß §§ 197, 218 Abs.2 BGB a.F. 4 Jahre beginnend mit Ablauf des 31.12.1997 (§§ 201, 198 BGB a.F.). Die Verjährung war vor dem 1.1.2002 gemäß Art. 229 § 6 Satz 2 EGBGB i.V. m. § 852 Abs.2 BGB wegen Verhandlungen mit der Haftpflichtversicherung des Beklagten gehemmt in der Zeit vom 12.3.2001 bis zum 31.12.2001. Für die Zeit danach richtet sich die Hemmung durch Verhandlungen nach Art. 229 § 6 Abs.1 Satz 1 EGBGB i.V.m. 203 BGB n.F.. Soweit die Verhandlungen bis zum 8.1.2002 andauerten, bestand die Hemmung nach Art. 229 § 6 Abs.1 Satz 1 BGB i.V.m. § 203 BGB in der seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung bis zu diesem Zeitpunkt fort. Die Verjährung wurde durch die Zustellung des Mahnbescheids am 29.1.2002 gemäß § 204 Abs.1 Nr.3 BGB n.F. erneut gehemmt, diesmal bis 6 Monate nach der Aufforderung des Gerichts zur Anspruchsbegründung am 13.5.2002 (§ 204 Abs.2 BGB n.F.), weil es anschließend zum Stillstand des Mahnverfahrens kam, nachdem die Klägerin den Anspruch zunächst nicht begründete. Daher endete die Hemmung mit Ablauf des 13.11.2002.

Die Verjährung war somit insgesamt für ungefähr 20,5 Monaten gehemmt, so dass sie jedenfalls Mitte September 2003 vollendet war und daher durch die Anspruchbegründung am 13.11.2003 (Bl. 11) nicht mehr wirksam gehemmt werden konnte.

Dass die Berufung der Beklagten auf die Verjährungseinrede gegen Treu und Glauben verstoßen könnte, ist nicht ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht näher begründet. Insbesondere hatte weder der Beklagte noch seine Haftpflichtversicherung berechtigtes Vertrauen in die Nichtausübung der Verjährungseinrede geweckt. Der Eintritt der Verjährung beruht letztlich darauf, dass die - schon damals anwaltlich vertretene - Klägerin der Aufforderung zur Begründung ihres Anspruch nicht rechtzeitig Folge leistete.

2. Zeitraum 1.1.1998 - 31.12.1998

Für diesen Zeitraum ergeben sich nach dem Kalender und den vorgelegten Aufstellungen über die Ferien- und Krankheitstage (nach Bl. 53 d.A.) 78 Schultage und 287 schulfreie Tage.

a) An Schultagen sind 6 Stunden Pflegemehrbedarf zu berücksichtigen (8 Stunden abzgl. 2 Stunden „Sowieso-Bedarf“), so dass sich in 1998 insgesamt an Schultagen 468 Stunden ergeben .

b) An schulfreien Tagen beträgt der Mehrbedarf 9 Stunden (11-2), so dass sich insgesamt 2.583 Stunden ergeben . Davon sind 287 zum Überstundentarif, 2.296 zum Normaltarif zu berechnen.

c) Die Vergütung (netto bei 30 % Abschlag) nach BAT VII für das Jahr 1998 betrug im Normaltarif (NT) 7,09 € netto (10,13 € x 0,7) und im Überstundentarif (ÜT) 8,92 € (12,74 x 0,7) pro Stunde.

d) Daraus ergeben sich bei 2.764 Stunden im NT zu 7,09 € insgesamt 19.596,76 € sowie - bei 287 Stunden im ÜT zu je 8,92 € - weitere 2.560,04 €.

e) Zusammen: 22.156,08 €.

3. Zeitraum 1.1.-31.12.1999

In diesen Zeitraum fallen 95 Schultage (260 Wochentage abzüglich 8 Feiertagen abzüglich 97 Krankheitstagen und 60 Ferientagen) sowie 270 schulfreie Tage . Dies ergibt an Schultagen also 570 (95 x 6) Stunden und an schulfreien Tagen 2160 (270 x 8 Stunden) Stunden zum Normaltarif, insgesamt also 2.730 Stunden im Normaltarif sowie 270 Stunden im Überstundentarif . Der NT nach BAT VII betrug nach Abzug von 30 % in 1999 7,32 € pro Stunde, so dass sich insoweit ein Anspruch von 19.983,60 € errechnet. Der ÜT abzüglich 30 % betrug 8,99 €, was zu weiteren 2.427,30 €, insgesamt also einem Betrag von 22.410,90 € führt.

4. Zeitraum 1.1.2000 -31.12.2000

In diesen Zeitraum fallen 135 Schultage (260 Wochentage abzüglich 10 Feiertage, 52 Ferientage an Wochentagen sowie 63 Krankheitstage) und - da Schaltjahr - 231 schulfreie Tage . Also sind zu vergüten 2.658 Stunden im Normaltarif (810 Stunden an Schul- und 1.848 an schulfreien Tagen) und 231 Stunden im Überstundentarif (jeweils 1 Stunde an schulfreien Tagen).

Der NT abzüglich 30 % betrug 7,46 €, der ÜT abzüglich 30 % 9,33 €. Es ergeben sich also 2.658 Stunden zu je 7,46 € (19.828,68 €) und 231 Stunden zu 9,33 € (2.155,29 €), was eine Gesamtforderung von 21.983,91 € ergibt.

5. Zeitraum 1.1.2001- 31.12.2001

Am ... .1.2001 hatte die Klägerin (... .1.2001) das 14. Lebensjahr vollendet, was zu einer Reduzierung des Sowieso-Bedarfs von bis dahin 2 Stunden auf nunmehr 1,5 Stunden/Tag führte. Im Hinblick darauf, dass es sich bei der Bemessung des Sowieso-Bedarfs ohnehin nur um eine vereinheitlichende Schätzung handeln kann, hält es der Senat für vertretbar, bereits ab 1.1.2001 einen Sowieso-Bedarf von nur noch 1,5 Stunden zu Grunde zu legen.

Im Jahr 2001 fielen 129 Schultage (260 Wochentage abzüglich 11 Feiertage unter der Woche, 61 Krankheitstage und 59 Ferientage wochentags) und 236 schulfreie Tage an.

Der NT abzüglich 30 % betrug 7,51 €, der ÜT abzüglich 30 % 9,42 €.

Zu vergüten sind im NT 838,5 (129 x 6,5) Stunden an Schultagen sowie 1.888 Stunden (276 x 8) Stunden an schulfreien Tagen, insgesamt also 2.726,5 Stunden zu je 7,51 €, was einen Betrag von 20.476,02 € ergibt.

Hinzukommen 354 (236 x 1,5) Stunden im ÜT zu je 9,42 € , was 3.334,68 € ergibt.

Die Gesamtforderung für 2003 beträgt somit 23.810,70 €.

6. Zeitraum 1.1.2002 - 31.12.2002

In diesen Zeitraum fallen 120 Schultage (260 Wochentage abzüglich 12 Feiertage, 70 Krankheitstage und 58 Ferientage) sowie 245 schulfreie Tage.

Dies ergibt im NT 780 (120 x 6,5) Stunden an Schultagen und 1.960 (245 x 8) Stunden an schulfreien Tagen, insgesamt also 2.740 Stunden im NT.

Ferner ergeben sich 367,5 Stunden im ÜT an schulfreien Tagen (245 x 1,5).

Der NT abzüglich 30 % betrug 7,64 €, der entsprechenden ÜT 9,55 €.

Daraus ergibt sich im NT eine Forderung von 20.933,60 € (2.740 x 7,64 €) und im ÜT von 3.509,63 € (367,5 x 9,55 €), insgesamt ein Anspruch in Höhe von 24.443,23 €.

7. Zeitraum 1.1.2003 bis 31.12.2003

In diesen Zeitraum fallen 165 Schultage (260 Wochentage abzüglich 11 Feiertage, 23 Krankheitstage und 61 Ferientage) sowie 200 schulfreie Tage . Daraus ergeben sich 1.072,5 (165 x 6,5) Stunden im NT an Schultagen und 1.600 ( 200 x 8) Stunden im NT an schulfreien Tagen, insgesamt also 2.672,5 Stunden zum Normaltarif. Ferner sind zu erstatten 300 (200 x 1,5) Stunden im ÜT an schulfreien Tagen.

Der NT abzüglich 30 % betrug zu 7,83 €, der entsprechende ÜT 9,79 €.

Dies ergibt im NT eine Forderung von 20.925,68 € (2.672,5 x 7,83 €) und 2.937,00 € (300 x 9.79 €) im ÜT, insgesamt also ein Gesamtbetrag von 23.862,68 €.

8. Gesamtbetrag:

Die Addition dieser Beträge ergibt:

- 22.156,08 € in 1998
- 22.410,90 € in 1999
- 21.983,91 € in 2000
- 23.810,70 € in 2001
- 24.443,23 € in 2002
- 23.862,68 € in 2003

138.667,75 € insgesamt.

9. Entsprechend den obigen Ausführungen hält der Senat für „Zeiten geteilter Aufmerksamkeit“ sowie zum Ausgleich eines nicht konkret zu erfassenden Mehraufwandes an Krankheitstagen einen pauschalen Aufschlag von 10 % für angemessen, so dass sich insgesamt ein Betrag von 152.534,25 € ergibt (138.667,75 x 1,1).

10. Hiervon abzusetzen sind die bereits gezahlten Beträge von 51.180,32 €, 25.564,59 € sowie 700,18 €, so dass beim personellen Mehrbedarf ein Gesamtbetrag von 75.089,16 € verbleibt.

11. Ebenfalls zu ersetzen ist der - in der Berufung nicht angegriffene - sachliche Mehrbedarf , den das Landgericht auf einen angemessenen Gesamtbetrag von 9.180,00 € geschätzt hat, so dass im Ergebnis eine Forderung von 84.269,16 € besteht.

12. Der Umstand, dass der Beklagte inzwischen eine weitere Zahlung von 65.763,69 € geleistet hat, ist entsprechend dem Antrag der Klägerin im Tenor zu berücksichtigen.


III.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 BGB, die prozessualen Nebenentscheidungen aus den §§ 92 Abs.1, 97 Abs.1, 708 Ziff.10, 711 ZPO.


IV.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestehen nicht.