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BGH Beschluss vom 04.03.2008 - VI ZR 66/07 - Zu den Sorgfaltspflichten der Partei bei eigener Erteilung eines Rechtsmittelauftrags an den Revisionsanwalt mittels Telefax

BGH v. 04.03.2008: Zu den Sorgfaltspflichten der Partei bei eigener Erteilung eines Rechtsmittelauftrags an den Revisionsanwalt mittels Telefax


Der BGH (Beschluss vom 04.03.2008 - VI ZR 66/07) hat entschieden:
Beabsichtigt eine in zweiter Instanz unterlegene Partei, dem Revisionsanwalt selbst einen Rechtsmittelauftrag zu erteilen, muss sie sich vergewissern, dass ein lediglich per Fax abgesandtes Auftragsschreiben, auf welches keine Reaktion erfolgt, den Revisionsanwalt auch tatsächlich erreicht hat und er zur Durchführung des Auftrags bereit ist.


Siehe auch Fax - Telefaxschreiben und Sendeprotokollen


Gründe:

I.

Die Beklagte zu 1 lieferte von 2001 bis Ende 2004 Reifendichtmittel und Kompressoren für das Ersatzteilgeschäft der Klägerin. Bemühungen im Jahr 2004, Lieferantin auch für die Serienfertigung zu werden, hatten keinen Erfolg; vielmehr teilte die Klägerin der Beklagten zu 1 mit, dass die Lieferbeziehungen zum Jahresende beendet würden. In der Folge erhoben die Beklagten u.a. in einem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 3. Februar 2005 den Vorwurf der Korruption und behaupteten, die Klägerin beziehe diese Komponenten von Mitbewerbern zu deutlich höheren Preisen. Der Verband der Kleinaktionäre und die Redaktion der Bild-Zeitung erhielten eine Kopie. Die Klägerin hat die Beklagten auf Unterlassung bestimmt bezeichneter Äußerungen in Anspruch genommen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat lediglich den Unterlassungsausspruch neu formuliert, um klarzustellen, dass das Verbot nur gegenüber Dritten gilt. Das Berufungsurteil ist den Beklagten am 21. Juli 2006 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 7. März 2007, eingegangen am selben Tag, haben die Beklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Fristversäumung beantragt und zugleich Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.


II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Denn sie ist nicht innerhalb der in § 544 Abs. 1 und 2 ZPO bestimmten Fristen eingelegt und begründet worden. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zurückzuweisen, weil die Beklagten nicht ausreichend dargetan und glaubhaft gemacht haben, dass die Fristversäumung unverschuldet im Sinne des § 233 ZPO erfolgte.

a) Die Beklagten behaupten, nach Zustellung des Berufungsurteils am 21. Juli 2006 habe eine Mitarbeiterin am 28. und 31. Juli 2006 mehrfach Telefonate mit der Kanzlei des ausfindig gemachten Revisionsanwalts geführt; der Geschäftsführer der Beklagten zu 2 habe versucht, den Revisionsanwalt wegen eines Termins zu erreichen. Da nach Auskunft der Kanzlei ein persönlicher Termin nicht notwendig gewesen sei, habe die Mitarbeiterin am 2. August 2006 ein Auftragsschreiben für die Mandatserteilung und das Urteil an die Anwaltskanzlei gefaxt. Danach habe bis zum 21. Februar 2007 kein Kontakt zwischen den Beklagten und der Anwaltskanzlei mehr bestanden. An diesem Tag habe sich eine Mitarbeiterin der Beklagten zu 1 nach dem Stand der Dinge erkundigt. Nunmehr habe man festgestellt, dass die Sendung vom 2. August 2006 in der Kanzlei nicht angekommen sei und zwar weder per Fax noch auf andere Weise. Die Bürovorsteherin habe keinerlei konkrete Erinnerung mehr an die seinerzeit geführten Gespräche. Die Beklagten sind der Ansicht, bei dieser Sachlage sei die Fristversäumung nicht von ihnen verschuldet, sie hätten davon ausgehen dürfen, ihrem Revisionsanwalt einen Auftrag zur Durchführung der Nichtzulassungsbeschwerde erteilt zu haben.

b) Dem kann nicht gefolgt werden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beschränken sich die Sorgfaltspflichten bei der Erteilung eines Rechtsmittelauftrags durch den Rechtsanwalt der Vorinstanz nicht darauf, rechtzeitig ein Auftragsschreiben zu versenden. Der Absender muss sich vielmehr grundsätzlich innerhalb der Rechtsmittelfrist (gegebenenfalls durch Rückfrage) vergewissern, ob der beauftragte Rechtsanwalt den Auftrag übernimmt; eine Ausnahme gilt nur, wenn zwischen dem Absender und dem Rechtsmittelanwalt im Einzelfall oder allgemein eine Absprache dahin besteht, dass dieser Rechtsmittelaufträge annehmen, prüfen und ausführen wird (vgl. BGH, Beschlüsse BGHZ 105, 116, 117 f. und vom 7. November 1995 - XI ZB 21/95 - NJW-RR 1996, 378).

Diese Sorgfaltsanforderung gilt nicht nur für den vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten, sondern auch, wenn der Rechtsmittelauftrag von der Partei selbst erteilt wird (vgl. BGH,Beschlüssevom19. September 1994 - II ZB 7/94 - NJW 1994, 3101, 3102 und vom 27. November 2001 - XI ZB 23/01 - NJOZ 2002, 912 = BGHR ZPO § 233 Rechtsmittelauftrag 35; von Pentz, NJW 2003, 858, 861) . Zutreffend verweist die Beschwerdeerwiderung darauf, dass die Beklagten hier nicht davon ausgehen konnten, ihr Rechtsmittelauftrag werde ohne jede Bestätigung und Rückmeldung angenommen, geprüft und ausgeführt. Für die Zusage einer Mandatsübernahme ist nichts vorgetragen und glaubhaft gemacht. Dagegen spricht schon, dass die Telefonate mit der Kanzlei ausschließlich mit der Kanzleivorsteherin, nicht aber mit dem Rechtsanwalt geführt wurden. Zutreffend weist die Beschwerdeerwiderung auch darauf hin, dass die vorgelegten Gesprächsnotizen dafür sprechen, dass ein Gespräch zwischen dem Beklagten zu 3 und dem Anwalt erforderlich werden würde. Da jegliche Rückmeldung der Kanzlei innerhalb der noch etwa drei Wochen dauernden Beschwerdefrist ausblieb, lag es nahe, dass die lediglich per Fax versandten Schriftstücke den Empfänger nicht erreicht hatten. Warum bei der vorliegenden Sachlage trotz eines ausreichenden Zeitfensters seitens der Beklagten nicht rückgefragt wurde, ob die Sendung angekommen sei, ist schlichtweg unverständlich.

Bei dieser Sachlage muss auf den Vortrag der Beschwerdeerwiderung, dass eine ausreichende Glaubhaftmachung fehle, und auf ihre Ausführungen zur sachlichen Unbegründetheit der Beschwerde nicht eingegangen werden.



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