Das Verkehrslexikon
VGH München Urteil vom 12.01.1998 - 11 B 96.2895 - Zum Anspruch auf Anordnung eines eingeschränkten Halteverbots für parkende Fahrzeuge gegenüber einer Garagenausfahrt
VGH München v. 12.01.1998: Zum Anspruch auf Anordnung eines eingeschränkten Halteverbots für parkende Fahrzeuge gegenüber einer Garagenausfahrt
Der VGH München (Urteil vom 12.01.1998 - 11 B 96.2895) hat entschieden:
Die Anordnung von Parkeinschränkungen gegenüber einer Garage ist dann nicht geboten, wenn deren bestimmungsgemäße Benutzung mit mehrmaligen Rangieren möglich ist. Allein die Notwendigkeit eines zwei- bis dreimaligen Vor- und Zurücksetzens eines Fahrzeugs ("Rangieren") kann angesichts der heute in den Innenstädten allgemein vorzufindenden Verkehrs- und Parkraumsituation nicht als ernsthafte Beeinträchtigung der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs angesehen werden. Vielmehr sind derartige Rangier- bzw. Lenkmanöver, etwa beim Ein- und Ausfahren in eine bzw. aus einer Parklücke, schon nahezu als Regelfall zu betrachten. Sie können jedenfalls von einem durchschnittlich geschickten Kraftfahrzeugführer ohne ins Gewicht fallende Schwierigkeiten ausgeführt werden.
Siehe auch Schmale Straße - enger Straßenteil und Straßenverkehrsrechtliche Anordnungen
Tatbestand:
Der Kläger bewohnt ein eigenes Anwesen in der W. gasse in M., das mit einem Wohnhaus bebaut und in das eine Doppelgarage integriert ist. Einer der beiden Garagenstellplätze ist vermietet; auf dem anderen Stellplatz wird ein Fahrzeug abgestellt, dessen Halter die Ehefrau des Klägers ist. Der Kläger selbst besitzt einen Schwerbehindertenausweis, den ihm das Versorgungsamt Bayreuth am 20. Januar 1987 ausgestellt hat und der bis Oktober 2007 gültig ist. Aufgrund seiner Behinderung ist er selbst nicht in der Lage, ein Kraftfahrzeug zu führen; stattdessen wird er bei Bedarf von seiner Ehefrau gefahren.
Mit Schreiben vom 29. März 1993 beantragte der Kläger bei der Beklagten, in der W. gasse einen Schwerbehindertenparkplatz einzurichten und führte dazu aus, er sei zu 100% schwerbehindert und stehe vor dem Problem, dass seine Ehefrau - bedingt durch fehlende Einstellplätze in der W. gasse - selten einen Parkplatz bekomme und die Ein- und Ausfahrt zur eigenen Garage häufig durch andere parkende Fahrzeuge behindert werde. Diesen Antrag lehnte die Beklagte unter dem 7. April 1997 mit der Begründung ab, die für die Ausweisung eines Schwerbehindertenparkplatzes notwendigen Voraussetzungen seien nicht gegeben. Das Schreiben enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung.
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 13. Mai 1993 ließ der Kläger bei der Beklagten nochmals den Antrag stellen, in der W. gasse gegenüber dem Anwesen W. gasse Nr. 2 "eine Parkverbotszone auszuweisen, so dass der jeweilige Fahrer des PKW des Klägers diesen PKW problemlos aus der Garage des Anwesens W.gasse Nr. 2 herausfahren" könne. Dies sei zur Zeit nicht möglich, da die Fahrzeuge, die gegenüber der Garageneinfahrt abgestellt würden, das Ein- und Ausfahren in die bzw. aus der Garage unmöglich machten. Des weiteren ließ der Kläger beantragen, vor dem Anwesen W. gasse 2 oder in unmittelbarer Nähe dieses Anwesens einen Stellplatz mit Parksonderrecht gemäß § 45 Abs. 1 b Nr. 2 StVO auszuweisen. Hierzu wurde ausgeführt, aufgrund seiner Behinderung sei der Kläger, der sich von seiner Ehefrau fahren lasse, auf die Benutzung eines PKW angewiesen. Durch das Parken anderer Fahrzeuge im Bereich der der Garagenausfahrt gegenüberliegenden Straßenseite sei es nicht möglich, einen PKW aus der Garage herauszufahren, wodurch der Kläger zeitweise gehindert sei, sich frei zu bewegen. Durch die Schaffung einer "Parkverbotszone" mit einer Länge von 20 bis 30 m gegenüber der Ausfahrt des Anwesens W.gasse 2 könne gewährleistet werden, dass ein PKW jederzeit aus der Garage herausfahren bzw. in diese hineinfahren könne.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 24. Juni 1993 ab. Eine Rechtsbehelfsbelehrung war wiederum nicht beigefügt. Zur Begründung gab die Beklagte erneut an, die Voraussetzungen für die Anordnung eines Behindertenparkplatzes seien nicht gegeben. Dem Kläger stehe in zumutbarer Entfernung, nämlich auf seinem Grundstück, eine Garage zur Verfügung. Dort könne er ein Fahrzeug jederzeit abstellen. Auch sonst rechtfertigten die Verkehrsverhältnisse in der W.gasse nicht die beantragte Maßnahme. Es sei bereits gemäß § 12 StVO untersagt, vor Ein- und Ausfahrten verkehrsbehindernd zu parken. Dem Kläger wurde anheimgegeben, am Garagentor ein Schild mit dem Wortlaut "Bitte nicht im Bereich gegenüber der Garagenausfahrt parken" anzubringen. Ein solches nichtamtliches Hinweisschild könne anderen Verkehrsteilnehmern deutlich machen, dass es sich hier um eine für den Garagenbenutzer schwierige Zufahrt handele. Dies reiche aus, um die geschilderten Zufahrtsbehinderungen abzustellen.
Gegen diesen Bescheid legten die Bevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 26. Juli 1993 Widerspruch ein.
Das Landratsamt Wunsiedel wies den Widerspruch nach vorangegangener Einnahme eines Augenscheins, an dem auch der Kläger teilgenommen und bei dem die Polizei eine Fahrprobe vorgenommen hatte, mit Widerspruchsbescheid vom 18. November 1993 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf einen Sonderparkplatz, weil das Fahrzeug in der Garage selbst abgestellt werden könne. In der W.gasse herrsche Parkraumnot. Deshalb sei die ablehnende Entscheidung der Ausgangsbehörde ermessensfehlerfrei. Auch ein Anspruch auf Anordnung eines eingeschränkten Halteverbots bestehe nicht, da das Parken gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO in dem hier maßgeblichen Bereich ohnehin unzulässig sei.
Der Kläger erhob sodann Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth und beantragte,
den Bescheid der Beklagten vom 24. Juni 1993 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Landratsamts Wunsiedel vom 18. November 1993 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, für den Kläger vor seinem Anwesen ein Sonderparkrecht für Schwerbehinderte auszuweisen,
hilfsweise,
eine Parkverbotszone von etwa 30 m Länge anzuordnen.
Zur Klagebegründung wiederholte er im wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und verwies auf eine Äußerung der Polizeiinspektion Wunsiedel vom 24. Mai 1993, wonach die Aufstellung eines Parkverbotszeichen (Zeichen 286 - eingeschränktes Halteverbot -) in Betracht komme.
Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Sie verwies im wesentlichen auf die im Ausgangs- und Widerspruchsbescheid gegebene Begründung.
Das Verwaltungsgericht nahm am 24. Oktober 1995 einen Augenschein ein. Insoweit wird auf die darüber aufgenommene Niederschrift verwiesen.
Mit Urteil vom 27. März 1996 verpflichtete das Verwaltungsgericht die Beklagte, auf der dem Einfahrtsbereich der Garage des Klägers gegenüberliegenden Seite der W. gasse in M. ein eingeschränktes Halteverbot mit Zeichen 286 der Straßenverkehrsordnung anzuordnen und wies die Klage im übrigen ab. Auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils wird Bezug genommen.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 19. August 1996 legte die Beklagte Berufung ein und beantragte,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage auch insoweit abzuweisen, als das Verwaltungsgericht ihr stattgegeben habe.
Zur Berufungsbegründung führte sie folgendes aus: Der Kläger habe keinen Anspruch auf die verkehrsrechtliche Anordnung. Die Anbringung von Verkehrszeichen und der Erlass verkehrsordnender Maßnahmen ständen im Ermessen der Straßenverkehrsbehörde, das nur beschränkt nachprüfbar sei. Die hier vorliegenden örtlichen Verhältnisse führten jedenfalls nicht dazu, dass das Ermessen der Beklagten auf Null reduziert sei und sie deshalb zur Anordnung eines eingeschränkten Halteverbots verpflichtet werden könne. Es sei zwar zuzugeben, dass das Ein- und Ausfahren aus der Garage des Klägers, wenn Fahrzeuge auf der gegenüberliegenden Straßenseite parkten, nicht uneingeschränkt möglich sei. In einem solchen Falle werde ein zwei- bis dreimaliges Vor- und Zurücksetzen des Fahrzeugs erforderlich, wie die beim Augenschein vorgenommene Fahrprobe gezeigt habe. Es bestehe also auch dann, wenn andere Verkehrsteilnehmer verbotswidrig ihr Fahrzeug gegenüber der Einfahrt abgestellt hätten, die - wenn auch erschwerte - Möglichkeit, die Garage zu verlassen bzw. in die Garage einzufahren. Gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO dürfe auf schmalen Fahrbahnen gegenüber von Grundstücksein- und -ausfahrten nicht geparkt werden. Es müsse davon ausgegangen werden, dass dieses gesetzliche Parkverbot in der Regel von allen Verkehrsteilnehmern beachtet werde. Dass gleichwohl Fahrzeuge gelegentlich verbotswidrig abgestellt würden, sei auch im Falle der Aufstellung eines Verbotsschildes nicht auszuschließen. Im übrigen sei zu berücksichtigen, dass die W.gasse nur dem Anliegerverkehr diene, dort also kein erheblicher Verkehr stattfinde, durch den ein Rangieren erschwert werden könne. Im übrigen stehe es dem Kläger frei, durch die Anbringung eines privaten Hinweisschildes ("Bitte nicht im Bereich gegenüber der Garageneinfahrt parken") auf die örtliche Situation hinzuweisen. Die Beklagte habe im Rahmen ihrer Ermessensbetätigung berücksichtigt, dass es im Bereich der Altstadt sehr viele schmale Ortsstraßen gebe, in denen sich zahlreiche Garagen befänden. Wenn das hier beantragte Verkehrszeichen aufgestellt werde, sei zu befürchten, dass entsprechende Anträge auch von anderen Grundstückseigentümern gestellt würden. Eine Straßenverkehrsbehörde handele grundsätzlich nicht ermessenswidrig, wenn sie es ablehne, im Interesse eines Straßenanliegers Maßnahmen gegen das Blockieren seiner Garagenzufahrt durch rechtswidriges Abstellen von Kraftfahrzeugen zu treffen. Die Erwägung der Beklagten, dass, wenn sie einmal beginne, die privaten Garagenzufahrten durch verkehrsbeschränkende Maßnahmen offen zu halten, in der Stadt ein Wald von verdeutlichenden Schildern entstehe, der die Kraftfahrer letztlich nur verwirre, sei rechtlich nicht zu beanstanden. Daher sei die Klage zur Gänze abzuweisen.
Der Kläger beantragte,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ließ folgendes vortragen: Der Bereich gegenüber der hier fraglichen Garagenzufahrt werde immer wieder zugeparkt. Wenn dies geschehe, sei dem Kläger die Benutzung des PKW seiner Ehefrau, auf den er angewiesen sei, praktisch verwehrt. Werde aber ein Verbotsschild aufgestellt, so habe er eine rechtliche Handhabe gegen verbotswidrig abgestellte Fahrzeuge. Es treffe nicht zu, dass die W. gasse nur dem Anliegerverkehr diene und dort kein erheblicher Verkehr stattfinde. Vielmehr parkten in dem betreffenden Bereich Fahrzeuge von Besuchern der im Stadtkern gelegenen Geschäfte. Durch die Anbringung eines nichtamtlichen Hinweisschildes, wie von der Beklagten angeregt, könne die für den Kläger missliche Situation nicht nachhaltig entschärft werden. Im übrigen habe er bereits ein derartiges Hinweisschild angebracht und sei von der Beklagten unter Fristsetzung und Androhung von Zwangsgeldmaßnahmen aufgefordert worden, das Schild zu entfernen. Insoweit verhalte sich die Beklagte widersprüchlich, wenn sie ihn erneut auf die Anbringung eines derartigen Hinweisschildes verweise.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof wiederholten die Parteien ihre schriftsätzlich gestellten Anträge und begründeten sie. Die Beklagte wies ergänzend darauf hin, dass das vom Kläger angebrachte private Hinweisschild, zu dessen Entfernung sie ihn aufgefordert habe, nicht in der W. gasse angebracht worden sei, sondern in der N. Gasse, und damit bezweckt werde, dem Kläger dort einen Parkplatz freizuhalten. Die Baumaßnahmen in der W. gasse seien nunmehr abgeschlossen; eine kürzlich vorgenommene Messung habe ergeben, dass die Breite der W. gasse an der schmalsten Stelle im Bereich der Garagenausfahrt 5 m betrage. Sowohl der Kläger als auch die Beklagte übergaben mehrere Lichtbilder, die den Einfahrtsbereich der Garage in der W gasse zeigen. Ferner übergab die Beklagte einen Lageplan im Maßstab von 1 : 250. Die übergebenen Unterlagen wurden zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien und weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen sowie im übrigen auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Soweit das Verwaltungsgericht dem Hilfsantrag des Klägers stattgegeben und die Beklagte verpflichtet hat, auf der dem Einfahrtsbereich der Garage des Klägers gegenüberliegenden Seite der W. gasse ein eingeschränktes Halteverbot mit Zeichen 286 StVO anzuordnen, hält diese Entscheidung einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Denn der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die von ihm begehrte verkehrsrechtliche Anordnung trifft.
Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Danach ist die Beklagte als örtliche Straßenverkehrsbehörde zum Erlass des vom Kläger hilfsweise beantragten eingeschränkten Halteverbots zwar befugt; die Ablehnung dieses Antrags ist jedoch rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Dies hat das Verwaltungsgericht verkannt, weswegen das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage auch insoweit abzuweisen ist, als dem Hilfsantrag des Klägers stattgegeben wurde.
Zwar steht der vom Kläger begehrten Anordnung nicht bereits entgegen, dass gemäß § 12 Abs. 3 Ziffer 3 StVO vor Grundstücksein- und -ausfahrten, auf schmalen Straßen auch ihnen gegenüber, das Parken (ohnehin) unzulässig ist (vgl. BayVGH vom 6.4.1994 BayVBl 1995, 85). Denn auch bei Grundstücksein- und -ausfahrten kann der für das Ein- und Ausfahren notwendige Verkehrsraum durch eine besondere Anordnung festgelegt werden, wenn andere Fahrer diesen Raum nicht ohne weiteres erkennen können (vgl. BVerwG vom 22.1.1971 BVerwGE 37, 112/115). Im hier zur Entscheidung stehenden Fall fehlt es aber bereits an den rechtlichen Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO, weil eine Beeinträchtigung der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs, die die Beklagte zu einer Abwägung der insoweit durch § 45 StVO geschützten Individualinteressen des Klägers veranlassen müsste (vgl. BVerwG vom 4.6.1986, Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 16; Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 33. Aufl., RdNr. 28 a zu § 45 StVO m.w.N.), hier erkennbar nicht vorliegt.
In diesem Zusammenhang ist zunächst festzuhalten, dass die Polizeiinspektion Wunsiedel zwar zunächst die Auffassung vertreten hat, dass im Bereich der Garagenausfahrt des Klägers auf der gegenüberliegenden Straßenseite die Anordnung eines eingeschränkten Halteverbots in Betracht komme, wie aus ihrem Schreiben vom 24. Mai 1993 zu entnehmen ist. Nachdem am 9. Juni 1993 eine Ortseinsicht durchgeführt worden war, an der sowohl ein Vertreter der Polizeiinspektion Wunsiedel als auch ein Vertreter der Beklagten teilgenommen hatte, hielt die Polizeiinspektion Wunsiedel ihre zunächst geäußerte Ansicht jedoch nicht mehr aufrecht und vertrat nunmehr die Meinung, weder ein Parksonderrecht noch ein eingeschränktes Halteverbot werde für erforderlich bzw. zweckmäßig angesehen. Dies ergibt sich aus einem Aktenvermerk über eine in dieser Sache durchgeführte Ortseinsicht vom 9. Juni 1993. Bei einem weiteren Ortstermin, der am 29. September 1993 durchgeführt wurde, kehrte die Polizeiinspektion Wunsiedel dann wieder zu ihrer im Schreiben vom 24. Mai 1993 vertretenen Auffassung zurück, wonach die Anordnung eines eingeschränkten Halteverbots in Betracht zu ziehen sei, "weil das Alter der Ehefrau des Klägers und die damit verbundene Fahrweise eine Einschränkung der Parkmöglichkeiten für die Allgemeinheit rechtfertige". Dieser Ansicht ist jedoch nicht zu folgen.
Wie durch die am 29. September 1993 vorgenommene Ortseinsicht, an der der Kläger persönlich teilgenommen hat, bestätigt worden ist, ist eine Beeinträchtigung der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs durch im Bereich der Garagenausfahrt des Klägers auf der gegenüberliegenden Straßenseite gelegentlich geparkte Fahrzeuge nicht festzustellen. Denn eine Fahrprobe, die mit einem Polizeifahrzeug durchgeführt werden musste, weil die Ehefrau des Klägers mit ihrem Fahrzeug zu dem genannten Ortstermin nicht erschienen war, hat zweifelsfrei ergeben, dass bei der vorgefundenen Parksituation - zum Zeitpunkt der Ortseinsicht war die W. gasse seitlich gegenüber der Garagenausfahrt jeweils mit einem PKW beparkt - das Einfahren in die Garage des Klägers mit zweimaligem Rangieren und das Ausfahren aus der Garage mit dreimaligem Rangieren möglich ist, und zwar selbst dann, wenn sich bereits ein Fahrzeug in der Garage befindet. Die geschilderte Parksituation wurde ausweislich der über die Ortseinsicht vom 29. September 1993 aufgenommenen Besprechungsniederschrift als "Extremfall" bezeichnet. Allein die Notwendigkeit eines zwei- bis dreimaligen Vor- und Zurücksetzens eines Fahrzeugs ("Rangieren") kann aber angesichts der heute in den Innenstädten allgemein vorzufindenden Verkehrs- und Parkraumsituation nicht als ernsthafte Beeinträchtigung der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs angesehen werden. Vielmehr sind derartige Rangier- bzw. Lenkmanöver, etwa beim Ein- und Ausfahren in eine bzw. aus einer Parklücke, schon nahezu als Regelfall zu betrachten. Sie können jedenfalls von einem durchschnittlich geschickten Kraftfahrzeugführer - auf die Fertigkeit eines solchen ist nach der Rechtsprechung abzustellen (vgl. BayVGH vom 3.3.1997 Az. 11 B 95.1431) - ohne ins Gewicht fallende Schwierigkeiten ausgeführt werden. Die im hier gegenständlichen Fall dann, wenn gleichzeitig schräg versetzt auf der gegenüberliegenden Fahrbahnseite Fahrzeuge parken, notwendigen Fahrmanöver sind damit ohne weiteres zumutbar. Dies gilt umso mehr, als sich die Ehefrau des Klägers, die die hier inmitten stehende Garage mit ihrem Fahrzeug nutzt, in der mündlichen Verhandlung selbst als geübte Kraftfahrerin bezeichnet hat, weshalb davon auszugehen ist, dass sie die erforderlichen Lenkmanöver aufgrund ihrer Kenntnisse und Fertigkeiten auch tatsächlich durchführen kann. Die Auffassung, dass Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs hier nicht beeinträchtigt sind, wird bestätigt durch die - vom Kläger nicht bestrittenen - Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, wonach die Straßenbreite im Bereich der hier gegenständlichen Garageneinfahrt an der schmalsten Stelle 5 m beträgt, und durch die zu den Gerichtsakten gegebenen Lichtbilder, die die örtliche Situation im Bereich der W gasse zeigen und weitere Hindernisse nicht erkennen lassen. Diese Lichtbilder machen im übrigen auch sehr deutlich, dass die Garageneinfahrt des Klägers durch das große, in die Hauswand integrierte Garagentor für jeden dort vorbeifahrenden oder Parkabsichten hegenden Kraftfahrer erkennbar ist, zumal es noch zusätzlich mit einem Hinweisschild als Garageneinfahrt gekennzeichnet ist.
Zusätzlich gewinnt die Tatsache Bedeutung, dass nach den anlässlich der Ortseinsicht vom 29. September 1993 getroffenen Feststellungen selbst bei der damals vorgefundenen und als Extremfall gekennzeichneten Parksituation ein Ein- und Ausfahren in die Garage ohne jegliches Rangieren möglich ist, wenn in der Garage des Klägers kein zweites Fahrzeug abgestellt ist. Ob dem Kläger zugemutet werden kann, auf die Vermietung des zweiten Garagenplatzes aus diesem Grund zu verzichten, kann offenbleiben. Jedenfalls zeigt dies, dass das Ein- und Ausfahren auch bei gegenüber parkenden Fahrzeugen nicht immer mit einem Rangieraufwand verbunden ist.
Fehlen mithin im vorliegenden Fall bereits die rechtlichen Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 StVO, so erübrigt sich eine Prüfung der Frage, ob die Beklagte verkehrsbeschränkende Maßnahmen - gegebenenfalls welche - in Ausübung des ihr zustehenden Ermessens hätte treffen können oder müssen. Dies bedeutet, dass sich die Frage, ob die Beklagte als Straßenverkehrsbehörde mit der Ablehnung der Anordnung des vom Kläger begehrten eingeschränkten Halteverbots im Bereich seiner Garagenausfahrt ermessensfehlerhaft gehandelt hat, nicht stellt. Deshalb kann es auf sich beruhen, ob der Argumentation der Beklagten zu folgen wäre, dass sie, wenn sie einmal damit anfinge, Garagenzufahrten durch Verkehrsbeschränkungen zu sichern, in Zukunft jeden solchen Antrag auf seine konkrete Verträglichkeit mit den Verkehrsgegebenheiten in der jeweiligen Straße überprüfen und gegebenenfalls - insbesondere im Altstadtbereich - unzählige neue Schilder aufstellen müsste, um das Zuparken von Garageneinfahrten wirksam zu unterbinden, was zu einem unüberschaubaren Schilderwald und damit zu neuen Unzuträglichkeiten führte.
Steht dem Kläger demnach der geltend gemachte Anspruch nicht zu, so konnte der Berufung der Beklagten der Erfolg nicht versagt bleiben. Vielmehr war das verwaltungsgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Als unterlegener Teil hat der Kläger die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 1 VwGO vorliegt.